Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 31.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann aus Anlass der Beschwerden der G B GmbH, vertreten durch Geschäftsführer MJ, Fabrikstraße 10, 4400 Steyr, und der LR, H 13, S/Steyr, wegen Verletzung subjektiver Rechte am 30. Jänner 2007 durch eine in der "Bar M" durchgeführte Kontrolle und Anfertigung eines Fotos von LR zu Recht erkannt:

 

        I.      Soweit sich die Beschwerde der G B GmbH gegen die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes der Erwerbsausübungsfreiheit durch Durchführung der Kontrolle wendet, wird dieser keine Folge gegeben und diese Maßnahme als nicht rechtswidrig festgestellt.

 

      II.      Den Beschwerden der GB GmbH und der LR wegen Verletzung im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz in Ausformung des Willkürverbotes durch Durchführung der Kontrolle und Anfertigen eines Fotos, wird keine Folge gegeben; diese Maßnahme wird als nicht rechtswidrig festgestellt.

 

    III.      Soweit die Beschwerde der LR geltend macht, durch das Anfertigen eines Fotos einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, wird dieser keine Folge gegeben und diese Maßnahme als nicht rechtswidrig festgestellt.

 

   IV.      Soweit sich die Beschwerde der LR gegen eine Verletzung der Achtung des Privat- und Familienlebens durch Anfertigen eines Fotos wendet, wird dieser keine Folge gegeben und diese Maßnahme als nicht rechtswidrig festgestellt.

 

     V.      Die Erstbeschwerdeführerin, vertreten durch MJ, hat dem Bund (Verfahrenspartei: Sicherheitsdirektor der Sicherheitsdirektion Oberösterreich) Aufwendungen in Höhe von 1.094,20 Euro als obsiegender Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

 

   VI.      Die Beschwerdeführerin LR hat dem Bund (Verfahrenspartei: Sicherheitsdirektor der Sicherheitsdirektion Oberösterreich) Aufwendungen in Höhe von 1.641,30 Euro als obsiegender Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Art. 129a Abs.1 Z.2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67a Abs.1 Z.2 und § 67c  Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004; § 79a AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003

 

 

Entscheidungsgrüde:

 

1. Mit Eingabe vom 13. März 2007 wurde von den rechtsfreundlich vertretenen Rechtsmittelwerbern Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Betreten des Lokals "Bar M" und Kontrolle der dort beschäftigten Damen und Anfertigen von Fotos, auch von der Kellnerin des Lokals, erhoben.

Als Beschwerdegründe wurden angeführt, die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin seien in ihrem Grundrecht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz

(Art. 7 B-VG) verletzt. Denn die belangte Behörde habe ohne gesetzliche Ermächtigung das Lokal der Erstbeschwerdeführerin betreten und die dort beschäftigten Damen kontrolliert. Die einschreitenden Beamten hätten Fotos angefertigt, zu deren Erstellung sie nicht ermächtigt waren. Durch die ungesetzliche Vorgangsweise, die Kontrolle der Reisepässe der anwesenden Damen und deren Ablichtung mit einer Digitalkamera sei die GB GmbH in ihrer Erwerbsausübung eingeschränkt worden.

Die anwesenden Personen seien in ihrem Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden, weil sowohl die beschäftigten Damen als auch die schon seit Jahren im Lokal tätige Kellnerin, die Zweitbeschwerdeführerin, gegen ihren Willen fotografiert worden seien. Diese Demütigung beeinträchtige die Menschenwürde auf das Gröblichste.

Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sei verletzt worden, weil die Kellnerin verheiratet sei und einen Sohn habe.

 

Abschließend wurden die Anträge auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und Fällung folgenden Erkenntnisses gestellt:

 

" 1.)  Durch den Vorfall am 30.01.2007 gegen 21.00 h

a)     ist die Erstbeschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit,

b)     sind die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz in der Ausformung des Willkürverbotes,

c)      ist die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht keiner unmenschlich oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden und der Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt worden.

2.)  Der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde ist schuldig, der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin gem. § 79a AVG die Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen."

 

Weil als belangte Behörde in der Beschwerde die Polizeidirektion Steyr angeführt ist, wurde zunächst diese zur Erstattung einer Gegenschrift eingeladen.

Im Schreiben vom 16. April 2007 wurde klargestellt, dass die beschwerderelevante Kontrolle der Organe des Landeskriminalamtes nicht dem Polizeidirektor von Steyr, sondern unmittelbar dem Sicherheitsdirektor für das Bundesland Oberösterreich zurechenbar ist und dieser belangte Behörde ist. Die mit 21. Mai 2007 datierte Gegenschrift des Sicherheitsdirektors der Sicherheitsdirektion Oberösterreich führt an, das bordellartige Lokal "Bar M" in Steyr sei am 30. Jänner 2007 gegen 21.00 Uhr auf den Grundlagen des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung, der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 9. Mai 1974 über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, des Aidsgesetzes 1993 und des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch Beamte des Landeskriminalamts einer Bordell-Kontrolle unterzogen worden. Das Foto der Zweitbeschwerdeführerin R sei in einem Ermittlungsverfahren wegen grenzüberschreitenden Prostitutions- und Menschenhandels benötigt worden. Das Bild der Zweitbeschwerdeführerin sei einer Vertrauensperson vorgelegt, die Beschwerdeführerin jedoch nicht als die unbekannte Übernehmerin identifiziert worden. Eine Überprüfung an Ort und Stelle und Verifizierung der Echtheit aufgrund der Komplexität sei im gegenständlichen Fall unmöglich gewesen und es sei zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit von den Dokumenten und den Dokumenteninhabern Lichtbilder angefertigt worden. Die Anfertigung der Fotos der Zweitbeschwerdeführerin sei freiwillig erfolgt. Die Zustimmung lasse sich auch daraus erschließen, dass keinerlei Abwehrhandlungen durch die Betroffene auf dem Foto ersichtlich sei und von ihr ein Lächeln zu vernehmen sei. Damit aber liege auch keine Verletzung subjektiver Rechte und somit kein Beschwerdegrund gemäß § 88 Abs.1 SPG vor.

Gemäß Judikatur des VfGH sei das schlichte Fotografieren im Zuge einer Amtshandlung kein tauglicher Beschwerdegegenstand, da ein derartiges Vorgehen naturgemäß weder als Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch noch als Anwendung physischen Zwangs und damit als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person beurteilt werden könne. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Fotos aus strafprozessualen Gründen angefertigt worden seien. Die Beschwerdemöglichkeit des § 88 Abs.2 SPG finde nur Anwendung auf Verhaltensweisen und Amtshandlungen im Zusammenhang mit Materien, die unter § 2 Abs.2 SPG iVm

§ 3 SPG subsumierbar seien, nicht jedoch auf schlichte Verhaltensweisen, die Sicherheitsbehörden oder ihre Organe im Dienste der Strafjustiz setzen würden.

Abschließend wurde ein Kostenbegehren gestellt.

 

1.4. Die Gegenschrift wurde den Beschwerdeführern gemeinsam mit der Ladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung übermittelt.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Akt der Sicherheitsdirektion Oberösterreich,

Zl. 1-518/07, sowie durch Einsicht in die Beschwerde und die Gegenschrift und hat am 3. Juli 2007 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Als Zeugen wurden BI G M und GI W N einvernommen.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Am 30. Jänner 2007 gegen 21.00 Uhr wurde das Lokal "Bar M" in 4400 Steyr, Fabrikstraße 10, durch Beamte des Landeskriminalamtes einer Kontrolle unterzogen. In dem Lokal findet auch Bordellbetrieb statt. Die Beamten BI G M und GI W N haben ihr Dienstkraftfahrzeug, das nicht als Polizeiauto erkennbar ist, in einiger Entfernung vom Lokal geparkt und sind zu Fuß zur Kontrolle ins Lokal gegangen. Das Lokal wurde um ca. 20.00 Uhr geöffnet. Ca. eine halbe Stunde vor der Kontrolle war LR, die Kellnerin, im Lokal anwesend. Es kann nicht festgestellt werden, ob zu diesem Zeitpunkt bereits ein Gast im Lokal aufhältig war. Annähernd gleichzeitig mit den Beamten hat eine Prostituierte, eine Schwarzafrikanerin, das Lokal betreten und war, nachdem sie sich vorher in den ersten Stock begeben hatte, im Lokal anwesend. Die Beamten haben sich mit ihrer Dienstmarke und ihrem Dienstausweis ausgewiesen und daraufhin Frau R aufgefordert, sich anlässlich der Kontrolle ebenfalls auszuweisen. Sie hat ihren österreichischen Führerschein vorgelegt, der fotografiert wurde. Von Frau R wurde ein Foto im Bereich der Bar, dieser Bereich wird auch als "Küche" bezeichnet, angefertigt. Vor Anfertigen des Fotos wurde Frau R über die Rechtsgrundlage belehrt, sie hat diese aber, wie sich erst anlässlich der gegenständlichen Beschwerde herausgestellt hat, nicht verstanden.

Die Kontrolle wurde aufgrund des Hinweises, im Großraum Amstetten, St. Valentin und Steyr würden Prostituierte mit gefälschten Ausweisen arbeiten, die von einer weiblichen Person, die als "Übernehmerin" fungiere, in die Bordelle verbracht werden würden, durchgeführt.

Das von Frau R angefertigte Bild diente zur Identifizierung gegenüber einem Informanten und wurde ausschließlich für dienstliche Zwecke angefertigt. Frau R hat im Zuge der Amtshandlung geäußert, sie sei nur Angestellte im Gastgewerbe und habe Familie. Dennoch hat sie sich zum Anfertigen des Fotos im Barbereich positioniert und in die Kamera gelächelt.

Für die Polizeibeamten war aufgrund des Verhaltens der Frau R nicht erkennbar, dass diese sich nicht freiwillig fotografieren hat lassen. Von den Polizeibeamten wurde weder physischer Zwang angewandt noch ein solcher für den Fall angedroht, dass sich Frau R nicht fotografieren hätte lassen. Die Amtshandlung erfolgte in ruhiger Atmosphäre ohne Besonderheiten.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich in den wesentlichen Punkten  widerspruchsfrei aus den vorliegenden Dokumenten und den Aussagen in der mündlichen Verhandlung.

 

Gemäß Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z.2 AVG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sogenannte Maßnahmenbeschwerden), ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehls mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl. VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl. VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl. mwN Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundes­verfassungs­rechts, 8. A, 1996, Rz 610).

Gemäß Judikatur des VfGH ist das Vorliegen einer faktischen Amtshandlung allein durch das "schlichte Fotografieren im Zuge einer Amtshandlung" zu verneinen,  sofern die Verwendung der so erhobenen Daten nur behördeninternen gesetzlichen Verpflichtungen dient (VfSlg 11.936/1988).

Im konkreten Fall konnte keine Anwendung physischen Zwangs oder die Erteilung eines Befehls mit unverzüglichem Befolgungsanspruch festgestellt werden, weshalb die Anträge der beiden Beschwerdeführer, auf Feststellung der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Erwerbsausübungsfreiheit, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz in der Ausformung des Willkürverbotes und des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden sowie auf Achtung des Privat- und Familienlebens, zurückzuweisen waren.

 

Soweit mit dem Beschwerdevorbringen gleichzeitig der Eingriff in subjektive Rechte durch schlichtes Polizeihandeln (§ 88 Abs.2 SPG) angesprochen wird, ist auszuführen:

 

Gemäß Art. 6 StGG kann jeder Staatsbürger an jedem Orte des Staatsgebietes seinen Aufenthalt und Wohnsitz nehmen, Liegenschaften jeder Art erwerben und über dieselben frei verfügen, sowie unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig ausüben.

 

Art.6 Abs.1 StGG garantiert jeder inländischen - natürlichen oder juristischen - Person das Recht auf freie Erwerbstätigkeit. Das Recht erfasst sowohl den Erwerbsantritt wie auch die Erwerbsausübung, daher auch die Fortsetzung eines befugterweise angetretenen Berufes. Der VfGH nimmt an, dass nur solche Maßnahmen, die die Erwerbstätigkeit unmittelbar betreffen, in das Grundrecht eingreifen ("Intentionalität").

Ist eine Beeinträchtigung der Erwerbstätigkeit hingegen bloß eine "faktische Verhinderung" oder eine "Nebenwirkung" einer Maßnahme, die andere Zwecke verfolgt, so liegt ein Grundrechtseingriff nicht vor (Mayer, B-VG³ [2002] I.1 und I.2).

 

Im konkreten Fall erfolgte das Einschreiten aufgrund § 24 StPO 1975, weil der Verdacht bestanden hat, dass eine gerichtlich strafbare Handlung bereits begangen wurde, nämlich die Übernahme von Prostituierten mit gefälschten Ausweisen durch eine sogenannte "Übernehmerin".

Sollte es durch das Einschreiten der Polizeibeamten zu einer Beeinträchtigung des Geschäftsablaufs des Bordells gekommen sein, so wäre dies lediglich eine Auswirkung der rechtmäßig durchgeführten Kontrolle gewesen.

 

Gemäß Art.2 des Staatsgrundgesetzes vom 21.12.1876 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl 1867/142 idF StGBl 1920/303, BGBl 1920/1, 1974/8, 1982/262, 1988/684 sind vor dem Gesetze alle Staatsbürger gleich.

Aus diesem Grundrecht hat der VfGH nicht nur ein Willkürverbot, sondern auch ein Verbot unsachlicher Differenzierung abgeleitet. Das Recht auf Gleichbehandlung wird verletzt, wenn die Behörde Willkür übt. Ob dies der Fall ist, ist nach dem "Gesamtbild des Verhaltens der Behörde" zu beurteilen. Es kommt dabei auf das objektiv zu beurteilende Verhalten, nicht auf die Motive des Organwalters an. Die Judikatur nimmt Willkür jedenfalls dann an, wenn die Behörde die Rechtslage in "besonderem Maße", "gehäuft" oder "völlig" verkennt.

 

Im konkreten Fall wurde festgestellt, dass das Einschreiten der Polizeibeamten im Dienste der strafgerichtlichen Erhebungen aufgrund eines konkreten Hinweises, dass sich unter anderem im Bereich Steyr illegale Prostituierte aufhalten, erfolgte.

Eine – wenn auch vermehrte – Kontrolle von Lokalen, die bordellartig geführt werden, ist damit sachlich begründet und eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in der Ausformung des Willkürverbotes daher nicht feststellbar. Auch das Anfertigen des Fotos von der Kellnerin erfolgte in Anbetracht des Ziels der Kontrolle, nämlich die sogenannte "Übernehmerin" ausfindig zu machen, nicht willkürlich.

 

Gemäß Art.2 der europäischen Menschenrechtskonvention, BGBl 1958/210 idF BGBl 1964/59, 1970/330, 1972/84, 1990/64, 1990/558, 1994/593, BGBl III 1998/30, darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Judikatur beurteilt Amtshandlungen im Hinblick auf Art.3 MRK stets nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; eine Rechtsverletzung liegt dann vor, wenn eine Maßnahme aufgrund des Gesamtbildes des behördlichen Einschreitens angesichts der konkreten Umstände als unangemessen anzusehen ist (Mayer, B-VG³ [2002]  Art.3 MRK I.2.).

 

Im konkreten Fall ist das Fotografieren einer Person zur Feststellung der Identität bzw. zur Gegenüberstellung mit einer Vertrauensperson das gelindeste Mittel zur Feststellung, ob Frau R die gesuchte "Übernehmerin" ist. Das Vorladen von Personen zur Polizei ist für die vorgeladenen Personen mit einem größeren Weg - und Zeitaufwand verbunden. Daher ist das Ablichten von Personen nur für dienstliche Zwecke das mit dem gelindesten Eingriff verbundene Mittel um diese identifizieren zu können.

Eine Verletzung des Art.3 MRK liegt durch das Fotografieren der Frau R zur Vorlage des Bildes gegenüber Vertrauenspersonen im Rahmen dienstlicher Erhebungen daher auch nicht vor.

 

Gemäß Art.8 MRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Abs.2 leg.cit).

 

Für den privaten Charakter eines Lebensbereiches, das sogenannte "Privatleben" ist dessen "Nichtöffentlichkeit" von Bedeutung. Wer seine private Sphäre der Öffentlichkeit zugänglich macht, kann damit insoweit deren Zugehörigkeit zum Privatleben aufheben. Der Begriff "Familienleben" umfasst die Beziehung von Ehepartnern untereinander und zu ihren Kindern sowie zu "nahen Verwandten".

 

Im konkreten Fall wurde die Beschwerdeführerin in einem als Bordell geführten Gastgewerbebetrieb fotografiert. Dieses Bordell ist nicht nur einem bestimmten, abgegrenzten Personenkreis und damit der Öffentlichkeit zugänglich. Das bloße Anfertigen eines Fotos für dienstliche Zwecke greift nicht in das Privatleben der Beschwerdeführerin ein, selbst dann, wenn es ihr unangenehm ist, an ihrer Arbeitsstätte, einem Bordell, fotografiert zu werden.

Durch das Anfertigen eines Fotos an der Arbeitsstätte der Beschwerdeführerin ist kein Eingriff in ihr Familienleben ersichtlich.

 

Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass durch das Handeln der Polizeibeamten auf der Grundlage der StPO auch kein Eingriff in ein einfachgesetzliches Recht stattgefunden haben kann.

 

Auch aus diesen Gründen war den Beschwerdepunkten nicht Folge zu geben.

 

5. Gemäß § 79a Abs.1 AVG hat die im Verfahren nach § 76c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder vom Beschwerdeführer vor Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist gemäß § 79a Abs.3 die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Nach § 79a Abs.4 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs.1 neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

Nach § 79a Abs.6 AVG ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Einen solchen Antrag hat die belangte Behörde in der Gegenschrift und ergänzend in der mündlichen Verhandlung gestellt.

 

Gemäß § 79a Abs.7 AVG gelten die §§ 52 bis 54 VwGG auch für den Aufwandersatz im Maßnahmenbeschwerdeverfahren nach § 79a Abs.1 AVG.

 

Nach § 52 Abs.1 VwGG ist im Fall der Anfechtung mehrerer Verwaltungsakte durch einen oder mehrere Beschwerdeführer in einer Beschwerde die Frage des Anspruchs auf Aufwandersatz so zu beurteilen, wie wenn jeder der Verwaltungsakte in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre.

 

Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde von zwei Beschwerdeführerinnen eingebracht, die sich in mehreren Rechten beeinträchtigt fühlten. Es war daher nach der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003) der Erstbeschwerdeführerin für zwei Beschwerdegegenstände ein Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand in Höhe von insgesamt 1.094,20 Euro sowie an Stempelgebühren je die Eingabegebühr für die Beschwerden (2 x 13,20 Euro) und der Zweitbeschwerdeführerin der Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand für drei Beschwerdegegenstände in Höhe von 1.641,30 Euro sowie an Stempelgebühren je die Eingabegebühr für die Beschwerden (3 x 13,20 Euro) dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde auf Antrag zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs.4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die neue Regelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren für den Erstbeschwerdeführer in Höhe von 26,00 Euro und für die Zweitbeschwerdeführerin in Höhe von 39,00 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

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