Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130571/2/SR/Sta

Linz, 16.08.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des Mag. O S,
S, S, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17. Juli 2007, GZ. FD-StV-348357-2006 Scha, wegen Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrages zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

 

 Rechtsgrundlage:

§ 71 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 2. Jänner 2007, GZ.
FD-StV-348357-2006 Scha, wurde der Einspruch des Berufungswerbers (in der Folge: Bw) gegen die Strafverfügung des Magistrats (gemeint: des Bürgermeisters) der Stadt Wels gemäß § 49 Abs. 1 VStG iVm. §§ 32 und 33 AVG iVm. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz als verspätet zurückgewiesen.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 30. November 2006, Zl. FD-StV-348357-2006, hinterlegt und zur Abholung bereit gehalten ab Montag, den 4. Dezember 2006, bei der Postservicestelle S, der Bw wegen Übertretung der §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 2 Oö. Parkgebührengesetz, LGBl. Nr. 28/1988 iVm. §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 und 2 Parkgebühren-Verordnung der Stadt Wels 2001 gemäß § 6 Abs. 1 lit. a Oö. Parkgebührengesetz iVm. § 9 Park­gebühren-Verordnung der Stadt Wels 2001, mit einer Geldstrafe von 43 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) bestraft worden sei.

 

Nach den Postvermerken am Rückschein des RSa-Briefes (Strafverfügungen seien zu eigenen Handen zuzustellen) sei das Schreiben nach zwei Zustellversuchen am 1. und 4. Dezember 2006 bei der Post-Servicestelle S hinterlegt und ab 4. Dezember 2006 zur Abholung bereit gehalten worden. Mit diesem Datum würde die hinterlegte Sendung als zugestellt gelten (§ 17 Abs. 3 Zustellgesetz). Am Montag, den 4. Dezember 2006 habe daher der Lauf der Frist für die Einbringung des Rechts­mittels begonnen. Gemäß § 49 Abs. 1 VStG könne der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben. Bei einer Fristsetzung nach Wochen würde die Frist zur Einbringung des Rechtsmittels daher am Montag, den 18. Dezember 2006 enden (§ 32 Abs. 2 AVG).

 

Gegen die Strafverfügung vom 30. November 2006 habe der Bw mit Datum vom 20. Dezember 2006 per Post Einspruch erhoben (Abfassungsdatum des Einspruchs und Aufgabe-Poststempel der Post-Servicestelle S). Das Ende der Frist sei nicht auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag ge­fallen und habe sich daher nicht verlängert (§ 33 Abs. 2 AVG). Der fragliche Einspruch gelte demgemäß als verspätet eingebracht, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

 

1.2. In der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Berufung führte der Bw aus, dass unzutreffend die verspätete Einspruchseinbringung festgestellt worden sei. Die Hinterlegung eines Schrift­stücks finde in seinem Zustellbereich regelmäßig mit dem auf den zweiten Zustell­versuch folgenden Tag statt (so auch bei der Hinterlegung des Bescheides vom 2. Jänner 2007). Dies sei der 5. Jänner 2007 gewesen. Nach § 32 AVG habe die Frist somit mit dem auf das fristauslösende Ereignis folgenden Tag, also am 6. Dezember 2006, zu laufen begonnen. Der
20. Dezember 2006 sei somit der letzte Tag der Frist und der Einspruch rechtzeitig eingebracht gewesen.

 

In eventu stellte er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Begründend dazu führte der Bw aus, dass er als Konzipient in einer Anwaltskanzlei arbeite und es wegen der (allgemein bekannt langen) Arbeitstage nicht möglich ge­wesen sei, das Schriftstück während der Woche zu beheben. Freitags habe er beide Male nach der Arbeit eine Pfadfindergruppe betreut. Am Samstag den 9. Dezember 2006 sei seine Frau außer Haus gewesen und er habe sowohl die eigenen Kinder als auch das Kind einer befreundeten Familie betreut. Am Samstag den 16. Dezember 2006 habe er mit Hilfe angereister Helfer ein schon länger geplantes ganztägiges Umbauprojekt in seiner Wohnung durchgeführt. Am 20. Dezember 2006 habe er das Schreiben beheben können, da er in Krankenstand gewesen sei und er es auf dem Weg vom Arzt habe mitnehmen können. Er sei somit an der Behebung des Schrift­stückes durch unabwendbare Ereignisse verhindert gewesen; es treffe ihn höchstens ein minderer Grad des Versehens.

 

1.3. Mit Erkenntnis vom 31. Jänner 2007, VwSen-130515/2/SR/CR, hat der Oö. Ver­waltungssenat die Berufung als unbegründet abgewiesen und den angefochtenen Bescheid bestätigt. 

 

1.4. Ohne weiteres Ermittlungsverfahren hat die Behörde erster Instanz den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Bescheid vom 17. Juli 2007, GZ. FD-StV-348357-2006 Scha, "als inhaltlich mangelhaft" zurückgewiesen.

 

Begründend hat die Behörde erster Instanz im Wesentlichen ausgeführt, dass der Wiedereinsetzungswerber bereits im Wiedereinsetzungsverfahren ausdrückliche Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages zu machen habe und laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes derartige Mängel im Hinblick auf § 13 Abs. 3 AVG nicht verbesserungsfähig seien. Da der Antrag keine Angaben über die Rechtzeitigkeit enthalten habe, sei er spruchgemäß zurückzuweisen gewesen.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 19. Juli 2007 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende am 2. August 2007 – und damit rechtzeitig per e-mail eingebrachte Berufung, mit der u.a. erschließbar die Aufhebung des angefochtenen Bescheides angestrebt wird.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde erster Instanz und unter Berücksichtigung der Berufungsschrift festgestellt, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einer Frist einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Nach § 71 Abs. 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

 

4.2. Der Bw erlangte erst mit Zustellung des Bescheides der Behörde erster Instanz vom 2. Jänner 2007, GZ. FD-StV-348357-2006 Scha, Kenntnis von der verspäteten Einspruchserhebung.

 

Da die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid innerhalb offener Frist eingebracht wurde, ist auch der gleichzeitig  eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag als rechtzeitig zu betrachten und es bedurfte diesbezüglich keiner weiteren Zeitangaben. Der Berufungs- und Wiedereinsetzungsantragsbegründung ist schlüssig zu entnehmen, dass der Bw den Fristenlauf falsch berechnet hat und daher bis zum Zurückweisungsbescheid von einer rechtzeitigen Einspruchserhebung ausgegangen ist. In vergleichbaren Fällen hat der Verwaltungsgerichtshof die Antragsstellung für rechtzeitig und zulässig erachtet (siehe VwGH vom 21.11.2002, 2002/07/0126, u.a.).

 

Im Hinblick auf die zitierte Judikatur zu § 13 Abs. 3 AVG ist darauf hinzuweisen, dass diese die Rechtslage vor der Änderung des § 13 Abs. 3 AVG (BGBl I Nr. 158/1998, Art. I) betroffen hat. Aufgrund der Neufassung des § 13 Abs. 3 AVG hat der VwGH  in der Folge die angesprochenen Mängel für verbesserbar angesehen.

 

Unabhängig davon, dass die Behörde erster Instanz im Falle eines mangelhaften Wiedereinsetzungsantrages den Bw gemäß § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung auffordern hätte müssen, ist im vorliegenden Fall von einer rechtzeitigen und begründeten Antragsstellung auszugehen. Ob das Vorbringen des Bw, der als Konzipient in einer Anwaltskanzlei tätig ist, geeignet erscheint dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben, ist im zu führenden Verfahren zu prüfen (siehe beispielsweise Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1071 Z. 17b f).

 

4.3. Die Behörde hat aufgrund der Aktenlage den Antrag auf Wiedereinsetzung unzutreffend als unzulässig zurückgewiesen. Der Berufung war stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Auf das weitere Berufungsvorbringen war nicht mehr einzugehen.

 

  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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