Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150531/4/Lg/Gru

Linz, 14.08.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Dr. H B, Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4. Jänner 2007, Zl. BauR96-5-2005/Stu, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Maut­gesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. 

 

II.                  Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 80 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er es als Lenker des Pkws mit dem behördlichen Kennzeichen zu vertreten habe, dass er am 28. Dezember 2004 um 12.30 Uhr die mautpflichtige A1 bei km 173.800, Gemeinde Ansfelden, benützt habe, ohne eine gültige Mautvignette ordnungsgemäß am Fahrzeug angebracht zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahr­zeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Fahrzeug eine Mautvignette angebracht gewesen, welche abgelaufen gewesen sei.

 

2. In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, dass die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land unzulässigerweise im Sinne einer dem Artikel 94 B-VG entgegenstehenden gewaltenübergreifenden Doppelfunktion tätig geworden sei und dass die Regelung des Bundesstraßen-Mautgesetzes dazu führe, dass die Bezirkshauptmannschaft als ein Mischorgan mit Entscheidungsbefugnis tätig werde und für die Nichtzahlung eines privatrechtlichen Entgelts eine Verwaltungsstrafe verhänge, was jedoch dem Gewaltenteilungsprinzip widerspreche.

 

Weiters führt der Bw aus, dass es sich bei der Maut nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz nicht um eine Abgabe, sondern um ein (privatrechtliches) Entgelt handle und werde auf die bereits im Einspruch zitierten Entscheidungen verwiesen. Durch das Lösen einer Mautkarte entstehe ein entgeltlicher Benützungsvertrag und lasse auch das Anbringen einer Vignette keinen Unterschied zum Lösen einer Mautkarte erkennen. Darin liege tatsächlich bei der Straßenbenützung im Falle vom Bundesstraßen-Mautgesetz umfassten Straßen ein Vertrag des Privatrechts vor und handle es sich sohin in der Folge um ein privatrechtliches Entgelt.

 

Wenn nunmehr dem Bw vorgeworfen werde, dass er dieses privatrechtliche Entgelt nicht geleistet habe, so überprüfe unzulässigerweise eine Verwaltungsbehörde die Entrichtung dieses Entgelts. Diese Aufgabe obliege jedoch den ordentlichen Gerichten und nicht der Verwaltungsbehörde. Keinesfalls könne sohin die allenfalls vorliegende Verletzung eines Vertrages nicht zu einer Kontrolle einer Verwaltungs­behörde führen, sondern bedürfe es hier der Kontrolle durch ordentliche Gerichte und nicht der Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Dieses Vorbringen habe zwar die nunmehr belangte Behörde in ihrem nunmehr bekämpften Straferkenntnis angegeben, doch habe die Behörde willkürlich ohne jegliche Begründung diesem Vorbringen keine Beachtung geschenkt. Die Verweisung auf einen anderen Rechtsweg könne nicht als hinreichendes Eingehen auf das Vorbringen des Bw betrachtet werden. Es wäre die Verwaltungsbehörde verpflichtet gewesen, Angaben dahingehend zu tätigen, woraus ersichtlich sei, wie sie zu ihrer Entscheidung gekommen sei. Auch wenn es im Sinne der Rechtsprechung zulässig sei, auf andere Bescheide – aber auch nur dann, wenn sie der Partei bekannt seien und wenn darüber hinaus auf das Vorbringen hinreichend eingegangen werde – zu verweisen, so genüge in der gegenständlichen Angelegenheit der Verweis auf den anderen Rechtsweg keinesfalls. Die Behörde hätte darzulegen gehabt, warum sie zur Erlassung der nunmehr vorliegenden Entscheidung befugt sei. Dies habe sie jedoch nicht getan. Aus diesem Grund sei der Bescheid aufzuheben.

 

Es wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Erkenntnisses an die Erstbehörde zurückzu­verweisen; in eventu die Strafe ganz nachzusehen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Dem Akt liegt eine Anzeige der Landesverkehrsabteilung OÖ. vom 29.12.2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz lediglich eine abgelaufene Mautvignette mit der Lochung 3.11.2004 aufgeklebt gewesen. In der Anzeige finden sich noch folgende Aussagen des Bw: "Ich habe eine Anwaltskanzlei in Wien und habe insgesamt 5 Firmenfahrzeuge. Ein Mitarbeiter von mir dürfte übersehen haben, auf diesen PKW eine gültige Autobahnvignette anzubringen." Die Bezahlung einer Ersatzmaut sei vom Bw mit der Begründung abgelehnt worden, dass er Anwalt sei und gegenständliche Mautübertretung gemeinsam mit der Geschwindigkeitsübertretung durch seine Kanzlei "regeln" werde.

In der Anzeige findet sich der Hinweis über eine weitere erfolgte Anzeige gegen den Bw wegen Übertretung der StVO.

 

Nach Strafverfügung vom 5. Jänner 2005 äußerte sich der Bw in Teilen der später eingebrachten Berufung. Weiters ist er der Ansicht, dass es anlässlich der Mautentrichtung zu einem entgeltlichen Benützungsvertrag zwischen ASFINAG und dem Straßenbenützer gekommen sei. Aus diesem Grund sei es verfassungswidrig, dass die Überprüfung der Entrichtung des Entgelts durch die Verwaltungsbehörde erfolgt sei. Der Bw verweist in diesem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung und führt verschiedene Erkenntnisse an, wie z.B. VwGH 98/06/0002 vom 27.2.1998, VwGH 2001/06/0096 vom 20.9.2001, VwGH 2001/06/0132 vom 30.3.2004; OGH 2 Ob 33/01v vom 22.2.2001, OGH 2 Ob 133/00y vom 26.4.2001.

 

Im BStMG sei keine Materie normiert, die der Verwaltung zugewiesen wäre. Tatsächlich lege das BStMG die Inhalte des Vertrages, den die einzelnen Straßenbenützer mit der Asfinag abschließen würden, fest. Materiell handle es sich daher beim BStMG im Wesentlichen um allgemeine Geschäftsbedingungen, denen der Gesetzgeber die Form eines Bundesgesetzes gegeben habe. Da bei mangelnder Leistung eines privatrechtlichen Entgeltes keine verwaltungsrechtliche Norm übertreten werde, sondern allenfalls die Verletzung eines Vertrages vorliegen würde, sei eine Verwaltungsbehörde sicher nicht zur Kontrolle berufen und könne dies nicht in einem Verwaltungsstrafverfahren geahndet werden.

 

Die Bestimmung des § 20 BStMG normiere einen gewaltenverbindenden Rechtsweg, der sich mit den Bestimmungen des B-VG (insbesondere Art. 94 B-VG) ebenso wenig wie mit den Grundprinzipien der österreichischen Verfassung sowie des österreichischen Rechtsstaates in Übereinstimmung bringen ließe. Die Strafe sei daher verfassungswidrig und es wird daher die Einstellung des Verwaltungs­straf­verfahrens beantragt.

 

Zur Einkommenserhebung teilte der Bw mit, dass er aus seiner Kanzlei monatlich einen Betrag von 500 Euro als Privatentnahme beziehe und für zwei minderjährige Kinder und seine Gattin zu sorgen habe.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

  

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Auszugehen ist von folgendem Sachverhalt:

Unbestritten ist, dass der Bw der Lenker war, dass am gegenständlichen Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine gültige Mautvignette angebracht war. Unstrittig ist ferner, dass ein Ersatzmautangebot gem.
§ 19 Abs. 2 BStMG erfolgt ist, dieses aber abgelehnt wurde.

 

4.2. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 ist der Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

 

4.3. Der Ansicht des Bw, die ASFINAG habe Ansprüche ausschließlich über den Zivilrechtsweg (ordentliches Gericht) geltend zu machen, ist mit § 14 iVm § 15 Abs. 1 Ziffer 9 BStMG entgegenzuhalten, wonach die ASFINAG in der Mautordnung Festlegungen über die Beschaffenheit der Vignette, Bestimmungen über ihre Anbringung am  Fahrzeug und über das Mitführen an Stelle der Anbringung sowie Informationen über ihre Gültigkeitsdauer (§§ 11 Abs. 1 bis 3, 31 Abs. 6) zu treffen hat. Aus diesen Gesetzesstellen ergibt sich somit in einer für den Gesetzesanwender eindeutigen Weise, dass es weiterer Festlegungen, u.a. über die konkreten Lenkerpflichten, bedurfte und hierfür die Erlassung einer Mautordnung vorgesehen war, aus welcher ersehen werden kann, was unter einer ordnungsgemäß entrichteten Maut iSd § 20 BStMG zu verstehen ist. Die ASFINAG wurde somit im Rahmen der im Gesetz angeführten Regelungen zur Erlassung einer Verordnung zwecks Schaffung einheitlicher Bedingungen für die Benützung der Mautstrecken ermächtigt. Insoweit wurde die ASFINAG mit einer hoheitlichen Aufgabe betraut und ist in diesem Umfange als sogenanntes beliehenes Unternehmen zu qualifizieren. Die von der ASFINAG i.S.d. Verordnungsermächtigung erlassene Mautordnung trifft für den allgemein bestimmten Adressatenkreis der Benützer mautpflichtiger Bundesstraßen unmittelbar verbindliche Regelungen und ist damit als Durchführungsverordnung im Sinne des Art. 18 Abs. 2 B-VG zu qualifizieren (siehe zur vergleichbaren Rechtslage  u.a. VwGH 2001/06/0173 v. 18.6.2003).

Daraus ergibt sich weiters, dass die Nichteinhaltung der Bestimmungen in der Mautordnung iVm § 20 BStMG das Delikt der "Mautprellerei" und damit eine Verwaltungsübertretung darstellt, welches durch die Bezirksverwaltungsbehörden zu ahnden ist. Etwaige verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmungen teilt der Unabhängige Verwaltungssenat nicht und ist der Bw auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg zu verweisen.

 

Wenn der Bw moniert, dass im bekämpften Straferkenntnis auf von ihm geäußerten Vorbringen nicht eingegangen bzw. die Zuständigkeit nicht entsprechend begründet wurde, ist dem entgegenzuhalten, dass ein in der Begründung des bekämpften Bescheides gelegener Mangel bei Zutreffen des Spruches der Entscheidung im verwaltungs­gerichtlichen Verfahren unbeachtlich ist. Selbst eine unrichtige Begründung macht einen dem Gesetz entsprechenden Spruch eines Bescheides nicht rechtswidrig (vgl. VwGH 86/10/103 vom 6.10.1986, VwGH 92/05/0340 vom 16.3.1993 und VwGH 94/17/0148 vom 13.4.1994). Darin dass die Behörde richtigerweise – wenn auch ohne Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – ihre Zuständigkeit bejaht hat, ist keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Es ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er verabsäumt hat, vor Benützung einer Mautstrecke eine gültige Mautvignette ordnungsgemäß aufzukleben und er sich über die gesetzlichen Bestimmungen des BStMG nicht ausreichend informiert hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Überwiegende Milderungs­gründe i.S.d. § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Unrechtsgehalt nicht als geringfügig zu veranschlagen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt. VwGH vom 23.10.2007, Zl.: 2007/06/0256-3

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