Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-162437/2/Ki/Jo

Linz, 20.08.2007

 

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des R S, G, B, vom 08.08.2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 31.07.2007, VerkR96-3487-2007, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird bestätigt, der Straf- und Kostenausspruch behoben, an deren Stelle wird dem Rechtsmittelwerber in Anwendung des § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung erteilt und das Wort "Straferkenntnis" durch den Begriff "Bescheid" ersetzt. Der Rechtsmittelwerber hat keinerlei Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.  

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 21 Abs.1, 24 und 51 VStG; § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat den Berufungswerber mit dem oben angeführten Straferkenntnis für schuldig befunden, er sei mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl es auch mit dem Geschädigten zu keiner gegenseitigen Namens- und Anschriftsnachweisung gekommen war. Als Tatort wurde "Gemeinde Ansfelden, Privatstraße Ortsgebiet, Ansfelden, 4053 Haid, Ikeaplatz 1 (Kundenparkplatz)", als Tatzeit "19.02.2007, 15:45 Uhr" und als Fahrzeug "Kennzeichen , Personenkraftwagen M1, Kia Picanto, schwarz" festgestellt. Er habe dadurch § 4 Abs.5 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 08.08.2007 Berufung erhoben und ausgeführt, dass der Unfallgegner am Unfallort unmissverständlich seine alleinige Schuld eingestanden hätte. Er hätte in Anwesenheit einer Zeugin glaubhaft versichert, keine, wie auch immer gearteten Ansprüche an ihn zu stellen. An seinem PKW sei zum Zeitpunkt des Unfalls kein Schaden erkennbar gewesen, aus diesem Grund habe er es nicht für erforderlich gehalten die nächste Polizeidienststelle zu kontaktieren oder die Personalien mit dem Unfallgegner auszutauschen. Der Unfallgegner habe ihm glaubhaft versichert, in Anwesenheit einer Zeugin, sich um seine Schadensregulierung selbst zu bemühen, da er alleine für die Entstehung des Verkehrsunfalls verantwortlich sei und keine Ansprüche an ihn stellen werde. Er bitte um Aufhebung der Verwaltungsstrafe.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Polizeiinspektion Ansfelden vom 29.03.2007 zu Grunde. Danach habe der andere Unfallbeteiligte am 19.02.2007 um 16.50 Uhr telefonisch angezeigt, dass sich am 19.02.2007, gegen 15.45 Uhr ein Verkehrsunfall mit Sachschaden auf dem Kundenparkplatz des Einrichtungshauses "Ikea" zwischen seinem Fahrzeug und einem PKW mit dem Kennzeichen  ereignet hätte. Der Lenker dieses PKW`s hätte den anderen Unfallbeteiligten kurz angeschrien und sei dann, ohne jeglichen Daten- oder Identitätsaustausch in das Einrichtungshaus gegangen, obwohl durch den Zusammenstoß beide beteiligten Fahrzeuge beschädigt worden seien. Nach einem Telefonat mit seinem Versicherungsvertreter habe der Unfallbeteiligte den Vorfall bei der Polizei telefonisch angezeigt.

 

Erhebungen durch die Polizeiinspektion Ansfelden bestätigten, dass am Fahrzeug des anderen Unfallbeteiligten ein Sachschaden entstanden ist.

 

Der Berufungswerber schilderte den Vorfall in einer am 20.02.2007 bei der Polizeiinspektion Gallneukirchen aufgenommenen Niederschrift derart, dass er seinen PKW am 19.02.2007, gegen 15.45 Uhr auf einem Parkplatz des Einrichtungshauses Ikea in Haid geparkt habe. Der Parkplatz rechts von seinem PKW sei frei gewesen. Er habe sich in Begleitung seiner Lebensgefährtin befunden, diese sei am Beifahrersitz gesessen. Zum Zwecke des Aussteigens hätten beide die Türen geöffnet, in diesem Moment habe es rechts geknallt. Die Beifahrertür seiner Lebensgefährtin sei nur halb geöffnet gewesen und er habe auch noch einen PKW rechts vorbeifahren sehen. Dieser habe die Beifahrertüre gerammt. Er sei aus dem Fahrzeug ausgestiegen und habe den Lenker zur Rede gestellt. Er habe ihn auf die Schrittgeschwindigkeit hingewiesen, da der andere Lenker seiner Meinung nach viel zu schnell eingeparkt hätte. Letzterer habe sich nicht entschuldigt, der Berufungswerber habe daraufhin einen Zettel aus seiner Aktentasche geholt und sich Uhrzeit, das Kennzeichen und die Marke des anderen PKW notiert. Der Lenker des anderen PKW habe ihn gefragt, warum er sich das notieren würde, er habe geantwortet, für den Fall, dass später Stress kommen werde und dass er die Daten habe und auch damit er es zur Anzeige bringen könne, falls er an seinem PKW einen Schaden feststelle. Der andere Lenker habe nur gemeint, er mache sowieso keinen Stress, er sei Schuld. Aufgrund dieser Aussage habe er es nicht für notwendig empfunden, eine Anzeige zu machen. Er habe bei seinem PKW vorerst keinen Schaden festgestellt, der andere Lenker sei nach Begutachtung des Schadens wortlos in den Ikea reingegangen.

 

Später habe sich der Berufungswerber noch seine Brieftasche aus seinem PKW geholt und habe sich den anderen PKW angesehen. Er habe am linken Kotflügel eine tiefe Schramme gesehen und der linke Außenspiegel sei nur noch an Kabeln heruntergehängt.

 

Dieser Umstand wurde von der Lebensgefährtin des Berufungswerbers, ebenfalls bei einer niederschriftlichen Einvernahme bei der Polizeiinspektion Gallneukirchen am 20.02.2007, bestätigt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit.a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalls nicht Hilfe leistet.

 

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Als Verkehrsunfall ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat.

 

Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen und letztlich unbestritten geht hervor, dass es zwischen dem Lenker des anderen Fahrzeuges und dem Berufungswerber zu einem Verkehrsunfall im Sinne der StVO 1960 gekommen ist, in dem einerseits die Beifahrerin des Berufungswerbers die Fahrzeugtüre öffnete und der andere Lenker gegen diese Fahrzeugtüre gefahren ist, wobei jedenfalls dessen Fahrzeug beschädigt wurde. Dieser Umstand hat jedenfalls die Verpflichtung des § 4 StVO 1960 in Bezug auf den Berufungswerber ausgelöst.

 

Voraussetzung für die Meldepflicht ist als objektives Tatbestandsmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei jedoch der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind, oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte.

 

Gegenständlich hat der Berufungswerber erkannt, dass der andere Unfallbeteiligte einen Sachschaden erlitten hat, sodass die Voraussetzungen für die Meldepflicht sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht jedenfalls gegeben waren.

 

Ausgeführt wird dazu, dass die in § 4 Abs.5 StVO 1960 normierte Meldepflicht nach einem Verkehrsunfall ohne Rücksicht darauf besteht, ob das den Unfall bedingende Verhalten rechtswidrig und schuldhaft war. Es kommt daher im vorliegenden Falle nicht darauf an, wer letztlich Verschulden an dem Vorfall hatte, maßgeblich ist, dass das Verhalten des Berufungswerbers bzw. seiner Beifahrerin, nämlich das Öffnen der Beifahrertüre, ursächlich für den gegenständlichen Verkehrsunfall gewesen ist.

 

Darauf hingewiesen wird auch, dass grundsätzlich von einem fachlich befähigten Kraftwagenlenker zu erwarten ist, dass er die entsprechenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften kennt, ein allfälliger Rechtsirrtum vermag daher in der grundsätzlichen Schuldfrage nicht zu entlasten.

 

Da es sohin nicht zu einem Identitätsaustausch gekommen ist und andererseits der Berufungswerber nicht die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall verständigt hat, hat er den ihn zur Last gelegten Sachverhalt verwirklicht, der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Dazu wird festgestellt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG ein Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung besteht. Maßgeblich für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass einerseits das Verschulden geringfügig ist und andererseits die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

 

Wenn auch dem Berufungswerber zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten ist, so erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im vorliegenden konkreten Falle aufgrund der besonderen Umstände, dass dieses Verschulden eher geringfügiger Natur ist.  Letztlich hat es eine Kontaktaufnahme zwischen den Unfallbeteiligten gegeben und – unbestritten – hat der Unfallbeteiligte zunächst die Schuld auf sich genommen bzw. hat der Berufungswerber an seinem PKW keinen Schaden festgestellt. Erst nach Kontaktnahme mit seinem Versicherungsvertreter hat der andere Unfallbeteiligte den Vorfall der Polizei gemeldet und damit die weitere behördliche Vorgangsweise ausgelöst.

 

Zu Gute zu halten ist dem Berufungswerber auch, dass er sich jedenfalls das Kennzeichen des anderen notiert hat, um allenfalls weitere Kontakte anzubahnen. Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass durch das Verhalten des Berufungswerbers es zu keinen Unklarheiten gekommen ist. Die Schadensfrage scheint auch ohne die polizeiliche Meldung zu klären gewesen sein.

 

Zu berücksichtigen ist auch, dass der Rechtsmittelwerber bisher verwaltungsstrafrechtlich unbescholten war.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht daher davon aus, dass das Verschulden des Herrn S eher geringfügiger Natur ist und weiters sind durch die Tat auch keine bedeutenden Folgen eingetreten. Aus diesem Grunde konnte von einer Bestrafung abgesehen werden, wobei jedoch, um den Beschuldigten vor weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, eine Ermahnung ausgesprochen werden musste.

 

Da der Ausspruch einer Ermahnung für das erstinstanzliche Verfahren keine Kostenfolge hat und der Rechtsmittelwerber im Berufungsverfahren einen Teilerfolg zu verbuchen hatte, trifft ihn keine Pflicht, Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

  

 

 

                                                        Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

                                                                                                                                                      

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum