Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280959/13/Kl/Pe

Linz, 14.08.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Ing. R B, vertreten durch Anwaltsgesellschaft mbH H & P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.11.2006, Ge96-129-2005/HW, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7.2.2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.11.2006, Ge96-129-2005/HW, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen in sechs Fällen von insgesamt 5.700 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 196 Stunden, wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm § 48 Abs.7, Abs.6 und Abs.4 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin B – B- u S-Bgesellschaft m.b.H., Geschäftsanschrift, folgende Übertretungen der BauV zu verantworten hat:

Bei der am 20.7.2005 durchgeführten Besichtigung von Organen des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten, Wien, der Baustelle in, auf der die Arbeitnehmer der B – B- u S-Bgesellschaft m.b.H. mit Bewehrungsarbeiten in der Baugrube beschäftigt waren, wurden folgende Mängel festgestellt:

1a)        Bei der ca. 4,30 m tiefen Baugrubenwand (Bereich Gst.Nr.), in steifen bzw. halbfesten bindigen Bodenmaterial (Lehm), war die Erdwand von der Sohle bis zu einer Höhe von ca. 1,30 m in einem Böschungswinkel von ca. 60° ausgeführt, die restlichen ca. 3,00 m wiesen jedoch einen Böschungswinkel von ca. 90° auf.

1b)        Bei der ca. 4,80 m tiefen Baugrubenwand (Bereich Gst.Nr.), in steifen bzw. halbfesten bindigen Bodenmaterial (Lehm), war die Erdwand in einem Böschungswinkel von ca. 80° ausgeführt.

1c)        Bei der ca. 2,70 m tiefen Baugrubenwand (Bereich Rampe, Richtung), in steifen bzw. halbfesten bindigen Bodenmaterial (Lehm), war die Erdwand in einem Böschungswinkel von ca. 82° ausgeführt.

1d)        Bei der ca. 2,60 m tiefen Baugrubenwand (Bereich Kran, Richtung), und bei der ca. 2,20 m tiefen Baugrubenwand (Bereich Kran, Lagerung, Richtung), in steifen bzw. halbfesten bindigen Bodenmaterial (Lehm), war die Erdwand in einem Böschungswinkel von ca. 90° ausgeführt.

Dies stellt eine Übertretung des § 48 Abs.7 iVm Abs.2 BauV BGBl. Nr.340/1994 dar, wonach Baugruben von mehr als 1,25 m Tiefe erst betreten werden dürfen, wenn Sicherungsmaßnahmen gemäß § 48 Abs.2 BauV durchgeführt wurden, sodass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können. Geeignete Maßnahmen sind Abböschungen, Einbringen von Verbauen oder Bodenverfestigung. Bei Ausführen einer Böschung darf der Böschungswinkel bei steifen oder halbfesten bindigen Böden, wie Lehm, höchstens 60° betragen.

2)            In der Baugrubenwand im Bereich Bauhütte (Richtung) befanden sich auf einer Länge von ca. 7 m und einer Höhe von ca. 3,30 m überhängende Wandteile. Diese Überhänge bestanden bereits seit 14.7.2005.

Dies stellt eine Übertretung des § 48 Abs.6 der BauV, BGBl. Nr. 340/1994, dar, wonach überhängende Wandteile sofort zu beseitigen sind.

3)            Die Ränder innerhalb von 50 cm der Baugrubenwände – der Rand Gst.Nr. Richtung war mit Aushubmaterial und der Randbereich Kran Richtung war mit Bewehrungsmaterial belastet. Es wurden auch keine Schutzmaßnahmen gegen Einsturz des Randes und Hineinfallen von gelagertem Material innerhalb eines Schutzstreifens von 50 cm Breite getroffen.

Dies stellt eine Übertretung des § 48 Abs.4 der BauV, BGBl. Nr. 340/1994, dar, wonach wenn keine Sicherungsmaßnahmen gegen Einsturz des Randes und Hineinfallen von gelagertem Material getroffen sind, der Rand von Gruben, Gräben oder Künetten innerhalb eines Schutzstreifens von 50 cm nicht belastet werden darf.

 

In der Begründung stützt sich die bescheiderlassende Behörde auf die §§ 1, 3 und 4 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz sowie die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und kommt zu dem Ergebnis, dass kein Werkvertrag vorliege, weil unklar sei, worin das Werk bestanden haben soll. Allein das Verlegen von Bewehrungsstahl sei kein Werk sondern eine bloße Tätigkeit und sei daher der Abschluss eines Werkvertrages über einfache bloß mengenmäßig bestimmte Arbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf erbracht werden müssen, unmöglich. Es habe daher der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer die Pflicht des Arbeitgebers nach dem ASchG zu verantworten.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach, insbesondere wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft. Es wurde dargelegt, dass die Behörde in verfehlter Weise zur Ansicht gelangte, dass eine Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des AÜG vorliege. Der Berufungswerber stützt sich auf Subunternehmerverträge zwischen der Firma B – B- u S-Bgesellschaft m.b.H. und der Firma E GmbH einerseits sowie der Firma E GmbH und der Firma E GesmbH andererseits. Nach den gewerberechtlichen Erfordernissen wird das Eisenbiegen dem Schlossereihandwerk zugerechnet und stellt sohin ein eigenständiges Gewerbe dar. Im Gegensatz dazu sind die Eisenverlegearbeiten (Eisenflechterarbeiten) aber ein reglementiertes Gewerbe (Baumeister). Dem Eisenflechter obliegt dabei die Herstellung des Tragegerüstes aus Bewehrungsstahl eines im Stahlbetonbau auszuführenden Bauwerkes. Die Werkleistung besteht dabei in der lagerichtigen Verlegung der bauseits bzw. vom Biegebetrieb bereitgestellten und allenfalls von Eisenbiegern vorgefertigten Betonstähle bzw. Betonstahlkonstruktionen. Wichtigste Leistungsmerkmale sind die Termintreue sowie die Einhaltung der richtigen Abstände der statisch wirksamen Stähle zueinander und der Abstand der Konstruktion zur Schalung. Die Firma B hat das Liefern und Verlegen von Bewährungseisen und somit zwei Gewerke übernommen. Das einer Baumeisterkonzession bedürftige Eisenverlegen wurde an Subunternehmer weitervergeben, die dieses dann unter eigener Verantwortung und Erfolgshaftung anzufertigen haben. Es ist daher klar und für jedermann erkennbar, dass es sich hiebei um ein eigenständiges unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk handelt. Die vom Subunternehmer erbrachte Dienstleistung wird von diesem ausschließlich selbst erbracht, ohne dass es zu einer Vermengung von Personal kommen würde. Auch besteht zwischen Werkbesteller und Subunternehmer eine Unabhängigkeit in zeitlicher und technischer Hinsicht, dies trotz des Umstandes, dass terminliche Abstimmungen erfolgen. Auch benötigt man beim Eisenverlegen als Werkzeug Zangen und als Material Bindedraht und Abstandhalter. Nach der gesetzlich typisierten Form des Werkvertrages ist als Grundmodell jene Form des Werkvertrages vorgesehen, wonach der Werkbesteller eigenes Material zur zielgerichteten Bearbeitung und darauffolgenden Retournierung übergibt. Wesen des Werkvertrages ist demnach die Bearbeitung einer Sache. Beim Eisenverlegen wird der bereits gebogene und auf der Baustelle abgelieferte Baustahl von den Eisenverlegern in gewisser Form bearbeitet. Dieser wird mit Material und Werkzeug wie Bindedraht, Abstandhalter, Messgeräte und vor allem Zangen bearbeitet, wobei diese Dinge immer von Subunternehmern in deren eigenen Verantwortung beigebracht werden müssen. Auch stehe das Personal des jeweiligen Subunternehmers niemals unter der Dienst- und Fachaufsicht der Firma B und bestehe völlige Eigenständigkeit bei der Erbringung der Werkleistung. Der Subunternehmer habe für den Erfolg einzustehen und es wurde daher mangelhafte Sachverhaltsermittlung geltend gemacht. Die Strafbemessung wurde dahingehend angefochten, dass dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen sei, wie die Strafzumessung vorgenommen worden sei. Es wurde daher die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses, in eventu die Reduzierung auf eine angemessene Strafhöhe, beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.2.2007, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und an der der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz teilgenommen haben. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen Frau A P, Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in Wien, und Herr Ing. G F, E GmbH, geladen und einvernommen.

 

4.1. Aufgrund des Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass bei einer Kontrolle des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten in Wien am 20.7.2005 bei der Baustelle in, Arbeitnehmer in der Baugrube mit Bewehrungsarbeiten beschäftigt waren, wobei an verschiedenen Grundstücken die verschieden tiefe Baugrubenwand, bei steifen bzw. halbfesten bindigen Bodenmaterial (Lehm) einen Böschungswinkel von ca. 90°, 80° bzw. 82° aufwies, obwohl der Böschungswinkel bei steifen oder halbfesten bindigen Böden wie Lehm höchstens 60° betragen darf. Darüber hinaus befanden sich auf einer Länge von ca. 7 m und einer Höhe von ca. 3,30 m überhängende Wandteile. Darüber hinaus waren an näher bezeichneten Stellen die Ränder der Baugrubenwände mit Aushubmaterial und Bewehrungsmaterial belastet.

Dies ist aufgrund der der Anzeige beigeschlossenen Skizzen und der weiters vom Arbeitsinspektorat vorgelegten Fotos, welche dem erstbehördlichen Akt einliegen, sowie der Aussage des zeugenschaftlich einvernommenen Organs des Arbeitsinspektorates erwiesen und wurde im Übrigen auch vom Berufungswerber nicht bestritten.

 

4.2. Aufgrund des Firmenbuchauszuges steht fest, dass der Berufungswerber handelsrechtlicher Geschäftsführer der B – B- u S-Bgesellschaft m.b.H. mit Sitz in ist.

Generalunternehmer des Projektes ist die Firma G. Von der Firma G wurde durch die B – B- u S-Bgesellschaft m.b.H. die Herstellung, Lieferung und Verlegung von Bewehrungsstahl übernommen. Konkret wurde an der Baustelle die Fundamentplatte gemacht, nämlich die Armierungsarbeiten, nämlich die Verlegung des Baustahles und Verbringung in die richtige Form gemäß den vorgegebenen Plänen. Der Baustahl stammt von der Firma B, wird aber von dieser zugekauft. Auch das Biegen des Baustahles wird an Spezialfirmen vergeben. Ebenso wird das Verlegen des Baustahles an Spezialfirmen weitervergeben. Konkret wurden die Verlegearbeiten zur Gänze an die Firma E GmbH in vergeben. Es wurde die Verlegung von 80 t Baustahl zu 200 Euro pro Tonne bei einer Mindestverlegemenge von 3 t pro Tag vergeben. Als voraussichtlicher Beginn der Arbeiten wurde Juli 2005 festgelegt. Die Firma B hat selber keine Arbeitnehmer für Verlegearbeiten. Diese Arbeiten werden selbst nie durchgeführt. Von vornherein ist nicht bekannt, ob die genannte Firma die Arbeiten selbst durchführt oder ihrerseits weitervergibt. Es wurde dann bekannt, dass die E GmbH die Arbeiten weitervergeben hat an die E HgmbH in, nämlich zu einem Preis von 165 Euro je Tonne, wobei die Verlegung von 80 t für die genannte Baustelle vereinbart wurde. Herr Ing. L ist Sachbearbeiter der Firma B und schloss den Vertrag im Namen der Firma B ab und stellte den Kontakt zum Generalunternehmer her. Er war nicht Montageleiter.

Der einvernommene Zeuge Ing. F ist Geschäftsführer der E GmbH, welche über eine Berechtigung für das Baumeistergewerbe verfügt. Arbeitnehmer dieser Firma waren nie auf der Baustelle, da der Auftrag zur Gänze an die E HgmbH weitervergeben wurde. Grundsätzlich führt die E GmbH Verlegearbeiten durch und beschäftigt auch entsprechende Arbeitnehmer. Seit Mai 2005 bestehen Geschäftsbeziehungen mit der E HgmbH und es wurden die Standardauftragsbestimmungen vereinbart. Die Baustelle wird von der E HgmbH selbständig abgewickelt. Von der E GmbH wird einmal in der Woche ein Wochenterminplan für die Verlegearbeiten mit dem Kunden besprochen und sind im Rahmen dieses Wochenplanes die Arbeiten selbständig durchzuführen, wobei die notwendigen Werkzeuge und Arbeitsmittel wie Zangen, Abstandhalter und Bindedraht von der Firma E zur Verfügung gestellt werden.

Die E HgmbH hat beim Magistrat der Stadt Wien am 18.5.2005 um das Baumeistergewerbe angesucht und beschäftigt einen Arbeitnehmer, der als Baumeister befähigt ist. Dieser wurde als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt.

Weisungen an die E GmbH wurden von der B nicht erteilt, auch gab es keine zeitlichen Vorgaben von der Firma B, in welchem Zeitraum die Arbeiten zu erbringen sind.

 

Diese Feststellungen gründen sich im Wesentlichen sowohl auf die Aussagen des Berufungswerbers in der mündlichen Verhandlung wie auch auf die glaubwürdigen Aussagen des einvernommenen Zeugen Ing. F. Die Aussagen werden auch durch entsprechende Unterlagen, die vorgelegt wurden, wie Subaufträge und Anmeldung beim Magistrat Wien, belegt. Es kann daher von der Richtigkeit dieser Angaben ausgegangen werden.

 

4.3. Anlässlich der Kontrolle an der Baustelle wurden vom Organ des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten Fotos angefertigt und Kontakt mit zwei Polieren, nämlich von der Firma B und der Firma G aufgenommen. Auf die Frage nach den Eisenbiegern wurde die Firma B benannt und nach den Angaben der Poliere die Daten der Arbeitnehmer aufgenommen. Ein Arbeitnehmer benannte die Firma L in, die Firmen E oder E wurden nicht gekannt. Auch waren an der Baustelle Firmenschilder nicht vorhanden, weder von der Firma E noch von der Firma E noch von der Firma B. Auch war kein Firmenbus der genannten Firmen an der Baustelle zu sehen. Es waren drei Arbeitnehmer in der Baugrube, zwei außerhalb beschäftigt. Der Polier gab an, dass das Material von der Firma B geliefert werde. Über Befragen gab dieser an, dass er Arbeitnehmer von der Firma B anfordern würde. Eine Überprüfung der Daten der angetroffenen Arbeitnehmer bei der Sozialversicherung durch das Kontrollorgan ergab Beschäftigungsverhältnisse zur L GesmbH, S WgesmbH, R B GmbH, E HgesmbH, T H GmbH, wobei teilweise für einen Arbeitnehmer mehrere Arbeitgeber ausgeworfen wurden. Die Firma B kommt nicht vor.

Dies geht aus der schlüssigen und glaubwürdigen Aussage der einvernommenen Zeugin P hervor und kann ebenfalls als erwiesen zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 309/2004 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) gilt dieses Bundesgesetz für die Beschäftigung von Arbeitnehmern. Arbeitnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses tätig sind. Arbeitgeber im Sinn dieses Bundesgesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, Personengesellschaft des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaft, die als Vertragspartei des Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer die Verantwortung für das Unternehmen oder den Betrieb trägt (§ 2 Abs.1 leg.cit.). Arbeitgeber sind verpflichtet, für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen (§ 3 Abs.1 leg.cit.).

 

Gemäß § 9 Abs.1 und 2 ASchG liegt eine Überlassung im Sinn dieses Bundesgesetzes vor, wenn Arbeitnehmer Dritten zur Verfügung gestellt werden, um für sie und unter deren Kontrolle zu arbeiten. Überlasser ist, wer als Arbeitgeber Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung an Dritte verpflichtet. Beschäftiger ist, wer diese Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einsetzt. Für die Dauer der Überlassung gelten die Beschäftiger als Arbeitgeber im Sinn dieses Bundesgesetzes.

 

5.2. Um den Berufungswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer der B – B- u S-Bgesellschaft m.b.H. verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung ziehen zu können, ist es daher erforderlich, dass der genannten Gesellschaft Arbeitgebereigenschaft hinsichtlich der zum Tatzeitpunkt angetroffenen Arbeitnehmer zukommt bzw. dass sie Beschäftiger der angetroffenen Arbeitnehmer ist.

 

Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass Arbeitnehmer der B – B- u S-Bgesellschaft m.b.H. nicht auf der Baustelle angetroffen wurden. Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen und auch aus den Erhebungen des Kontrollorgans bei der Sozialversicherung. Vielmehr ergibt sich aus den nachgewiesenen Vereinbarungen, dass die Verlegearbeiten (Eisenflechter) von der E HgmbH als Subauftrag zur Gänze übernommen wurde. Letztgenanntes Unternehmen scheint auch teilweise bei der Sozialversicherung als Arbeitgeber der angetroffenen Arbeitnehmer auf. Für eine Annahme, dass die E HgmbH Arbeitnehmer der E GmbH bzw. der B – B- u S-Bgesellschaft m.b.H. zur Verfügung stellt, gibt es keine Anhaltspunkte. Dass einige Arbeitnehmer durch andere Unternehmen zur Sozialversicherung angemeldet wurden, hindert ein Beschäftigungsverhältnis für die E HgmbH nicht und lässt eher einen Schluss auf Arbeitskräfteüberlassung an dieses Unternehmen zu.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz – AÜG ist die Überlassung von Arbeitskräften die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte.

 

Gemäß § 4 AÜG ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1.             kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkvertrages abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2.             die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

3.             organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4.             der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

 

Anhand der genannten Kriterien ist daher eine Arbeitskräfteüberlassung an die B – B- u S-Bgesellschaft m.b.H. nicht vorliegend, zumal keine Anhaltspunkte bestehen, dass die Arbeitnehmer organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen. Dass eine Koordination mit der Baustellenleitung hergestellt werden muss bzw. auch eine Kontaktperson im Hinblick auf die zeitliche Abstimmung der Baustelle benannt ist, beweist noch keine Dienst- und Fachaufsicht. Das Ermittlungsverfahren hat auch erwiesen, dass die Eisenflechterarbeiten mit Material und Werkzeug, nämlich Zangen, Bindedraht usw. des Subunternehmers geleistet werden. Die Firma B stellt kein Material und Werkzeug zur Verfügung. Davon ist jedoch zu unterscheiden, dass der zu verarbeitende gebogene Baustahl vorgefertigt vom Berufungswerber zur Baustelle geliefert wird. Genau dies ist ein Unterscheidungsmerkmal gemäß § 4 Abs.2 Z1 AÜG, weil ein vom Werkbesteller abweichendes und unterscheidbares Werk hergestellt wird. Nach den Feststellungen wird nämlich der gebogene Baustahl vom Berufungswerber geliefert, wobei diese Arbeiten vom Berufungswerber durchgeführt werden, wo hingegen das Verlegen dieses vorgefertigten Baustahles zur Gänze und unabhängig vom Berufungswerber durch das Subunternehmen durchgeführt wird. Für diese Verlegung hat auch das Subunternehmen den Erfolg zu gewährleisten.

Es ist daher sowohl nach der äußeren Erscheinungsform, nämlich nach den genannten Vereinbarungen von Subaufträgen, wie auch nach dem wirtschaftlichen Gehalt – wie oben dargelegt – von keiner Arbeitskräfteüberlassung auszugehen.

Dazu wird auch auf die entsprechende Literatur in der Zeitschrift für Arbeitsrecht und Sozialrecht, Heft Nr. 1/2002, 37. Jahrgang, „Einsatz von Werkverträgen im Ausländerbeschäftigungsrecht – dargestellt am Beispiel von Eisenarmierungsarbeiten, von Hofrat Dr. Heinz Bachler“ sowie die darin zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen. Darin wird insbesondere dargelegt, dass wenn „seitens der Baufirma der gesamte Armierungsauftrag (also Biegen und Verlegen) an einen Stahlhändler oder Biegebetrieb vergeben wird, dieser die Verlegearbeiten meist an Verlegebetriebe weiter vergibt. Die beauftragten Biegebetriebe führen in den seltensten Fällen selbst Verlegearbeiten durch. Manchmal werden bei größeren Aufträgen vom beauftragten Verlegebetrieb einzelne Teile an einen Sub-Verlegebetrieb weitergegeben. Eisenflechter ist in Österreich kein eigenständiger Beruf, sondern wird die Tätigkeit im Rahmen des Baumeistergewerbes ausgeübt. Dem Eisenflechter obliegt die Herstellung des Traggerüstes aus Bewehrungsstahl eines im Stahlbetonbau auszuführenden Bauwerkes (zumeist an Ort und Stelle), wobei der Bewehrung die Aufgabe zufällt, dem Stahlbeton die dem Beton fehlende Zugfestigkeit zu liefern und ihm damit Biegefestigkeit zu verleihen. Die Werkleistung besteht in der lagerichtigen Verlegung der bauseits bzw. vom Biegebetrieb bereitgestellten und allenfalls von Eisenbiegern vorgefertigten Betonstähle bzw. Betonstahlteilkonstruktionen in bauseits hergestellten Formen (Schalung), wobei als wichtigste Leistungsmerkmale neben der Termintreue zur Einhaltung des Betoniertermines der richtige Abstand der statisch wirksamen Stähle zueinander und der Abstand der Konstruktion zur Schalung hervorzuheben sind. Weiters komme es auf die plangerechte Ausführung des Bewehrungsplanes und die Maßnahmen zur Lagesicherung an. Das fertige Werk des Eisenflechters wird vor dem Betoniervorgang vom Auftraggeber und vom Planverfasser abgenommen. Das Abnahmeprotokoll gilt in der Praxis als Übergabe des Werkes an den Auftraggeber.“

Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.9.1998, 97/09/0150, wird der Schluss gezogen, dass Eisenflechtarbeiten grundsätzlich als „werkvertragsfähig“ gelten. Es kommt auf die Unterscheidbarkeit der angeblich weitergegebenen Leistungen an. Unter weiteren Judikaturnachweisen wird ausgeführt, dass „die einfache Art der Tätigkeit nicht das ausschlaggebende Merkmal ist, sondern nur in Verbindung mit weiteren typischen Abgrenzungskriterien… Es kommt nicht, für sich gesehen, allein auf die Art der verrichteten Tätigkeit an, sondern auf die Gefahr der Verwischung der Grenzen zwischen den Arbeitserfolgen.“

Insbesondere wird unter Punkt 6.1 des zitierten Aufsatzes ein Beispiel angeführt, dass „der Gesamtauftrag betreffend Armierung eines Stahlbetonbaus an ein Eisenbiegeunternehmen (kurz: Eisenbieger) vergeben wird, dieses vergibt die Eisenflechtarbeiten einem Subunternehmer weiter. Von der Art der Tätigkeit her handelt es sich um relativ einfach abgrenzbare Werke. Während der Eisenbieger grundsätzlich nicht an der Baustelle tätig wird, sondern in seiner eigenen Fabrikationsstätte – schließlich ist für das Biegen von oft dicken Stahlbetonstäben an exakt definierten Stellen und die Vorfertigung von Bewehrungselementen ein nicht zu unterschätzender Maschinenpark nötig –, tritt der Eisenflechter in der Regel erst auf der Baustelle des zu errichtenden Stahlbetonbaues in Erscheinung. Er fügt die vom Eisenbieger vorgefertigten Teile an der Baustelle zur Gesamtbewehrung oder zu Bewährungskörpern zusammen. Nur wenn auch der Eisenbieger Teilverlegungsarbeiten selbst ausführt oder vorzufertigende Teile erst an der Baustelle herstellt, kann es zu Unterscheidungsproblemen kommen. Ein Abgrenzungsproblem entsteht oft durch eine an der Baustelle anwesende „Aufsichtsperson“, welche die Bewehrungspläne von der Bauleitung entgegennimmt und mit mehr oder weniger genauen Anweisungen an den Leiter der Eisenflechter weitergibt. Gehen die Anweisungen über solche hinaus, die rein auf den Arbeitserfolg abstellen (z.B. Anweisungen im Rahmen der Koordinierung des Gesamtbaufortschrittes, welche Planabschnitte in welcher Reihenfolge auszuführen sind), betreffen sie auch die persönliche Gestaltung der Leistung und engen die eigene Gestaltungsmöglichkeit des Eisenflechters bei der Erbringung seiner Leistung ein (z.B. Anweisungen, in welcher Reihenfolge einzelne Bewehrungselemente zu verlegen sind oder Anordnungen betreffend zeitlichen Einsatzes bestimmter Arbeitskräfte – das muss der Eisenflechter selbst wissen, anordnen und Fehler im Rahmen seiner Gewährleistung bzw. Haftung für die rechtzeitige Werkerfüllung selbst verantworten), liegt also die Fach- und Dienstaufsicht beim Auftraggeber, so liegt zumindest ein auf persönliche Abhängigkeit der Eisenflechter vom Eisenbieger deutendes Indiz vor, wenn nicht gar bereits der Tatbestand des § 4 Abs.2 Z3 AÜG erfüllt ist. Unschädlich für die Beurteilung als Erbringung eines selbständigen Werkes sind die in Verträgen regelmäßig vorkommenden Klauseln „Verlegeprogramme einvernehmlich festzulegen“, „Leistungen einvernehmlich mit der Bauführung durchzuführen“ oder die Einrichtung einer „Koordinierungsstelle“, denn eine auf den Baufortschritt bezogene einvernehmliche oder koordinierte Auftragsausführung ist mit weisungsgebundener Ausführung nicht gleichzuhalten. Gleichermaßen unschädlich ist auch die Verpflichtung, vor Arbeitsbeginn etwa Bestätigungen über die Anmeldung zur Sozialversicherung bzw. der arbeitsmarktrechtlichen Berechtigungen nach dem AuslBG der Bauleitung zu übergeben.“

 

Nach diesen Ausführungen kann anhand der festgestellten Sachverhalte eindeutig die Leistung als Eisenbieger durch den Berufungswerber von der Leistung der Eisenflechter konkret vor Ort an der Baustelle unterschieden werden. Dabei ist die bekannte Kontaktperson bzw. die Aufsichtsperson, die im Hinblick auf den Arbeitserfolg notwendig ist, unschädlich für die Beurteilung als Erbringung eines selbständigen Werkes. Auch die in den Subverträgen aufscheinende Pflicht zur Meldung zur Sozialversicherung bzw. Bestätigung der arbeitsmarktrechtlichen Berechtigungen ist nicht hinderlich.

Auch wird auf Punkt 6.1.2 des Aufsatzes hingewiesen, welcher jene Konstruktion darlegt, die auch im vorliegend vom Berufungswerber geltend gemacht wird, nämlich dass ein Gesamtauftrag betreffend Armierung eines Stahlbetonbaues an einen Eisenbieger vergeben wird, welcher die Eisenflechtarbeiten einem Eisenflechter vergibt, der den gesamten Auftrag einem anderen Eisenflechter weitergibt. Tritt der erstgenannte Eisenflechter bei der Erfüllung des Auftrages insbesondere an der Baustelle nicht in Erscheinung, so wird die Baustelle auch nicht Teil seiner betrieblichen Sphäre, weil er an der Baustelle seine betriebstypischen Erwerbszwecke nicht verfolgt. Der übernommene Auftrag wird daher nicht im Betrieb des erstgenannten Eisenflechters erfüllt, sondern allenfalls in der betrieblichen Sphäre des vorgeordneten Auftraggebers.

Sowohl die Berufungsausführungen des Berufungswerbers als auch die Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung in Zusammenhalt mit den vorgelegten Unterlagen weisen demnach keine Arbeitskräfteüberlassung an den Berufungswerber nach, sondern ist vielmehr aufgrund des festgestellten Sachverhaltes unter Zugrundelegung der obigen rechtlichen Ausführungen von einem Werkvertrag und daher von einer Weitervergabe der Eisenflechterarbeiten auszugehen. Es war daher der Berufungswerber weder selbst Arbeitgeber noch im Wege der Arbeitskräfteüberlassung Beschäftiger und daher nicht gemäß §§ 3 und 9 ASchG verantwortlich für die an der Baustelle anwesenden Eisenflechter.

 

Es hat daher der Berufungswerber mangels Arbeitgebereigenschaft die ihm vorgeworfene Tat verwaltungsstrafrechtlich nicht zu verantworten, weil er sie nicht begangen hat. Es war daher gemäß § 45 Abs.1 Z2 erste Alternative VStG das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Eisenbieger, Eisenflechter, Werkvertrag, keine Arbeitskräfteüberlassung, Subauftrag

 

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