Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280966/14/Kl/Pe

Linz, 02.08.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn E A, vertreten durch Jura Rechtsanwälte Dr. G S, B, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29.1.2007, Ge96-2-2007, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 13.4.2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird hinsichtlich Fatum 1 keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

       Hinsichtlich Faktum 2 wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Der Berufungswerber hat einen Verfahrenskostenbeitrag von 100 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe (Faktum 1), für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten. Hinsichtlich Faktum 2 entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29.1.2007, Ge96-2-2007, wurden über den Berufungswerber eine Geldstrafen von je 500 Euro in zwei Fällen und Ersatzfreiheitsstrafen von je 20 Stunden in zwei Fällen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs.5 Z1 und 118 Abs.3 ASchG iVm 1. § 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) und 2. § 30 Abs.1 BauV verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der A GmbH mit dem Sitz in W, R, zu verantworten hat, dass Arbeitnehmer am 13.11.2006 auf der Baustelle Spar-Markt in 4600 Wels, Negrellistraße, auf dem Dach (Dachneigung ca. 2°; Absturzhöhe ca. 5 m) mit dem Montieren einer Vordachkonstruktion aus Stahlelementen beschäftigt waren,

1.        ohne dass Absturzsicherungen (Geländer an den Absturzkanten bzw. Abgrenzungen) oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 BauV vorhanden waren. Die Arbeitnehmer waren auch nicht mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt.

2.        ohne den Arbeitern bei diesen Arbeiten an absturzgefährlichen Stellen, bei denen durch technische Schutzmaßnahmen kein ausreichender Schutz erreicht wurde, Sicherheitsgeschirre oder Sicherheitsgürtel einschließlich der zugehörigen Ausrüstung, wie Sicherheitsseile (Fangseile), Karabinerhaken, Falldämpfer, Seilkürzer und Höhensicherungsgeräte, zur Verfügung gestellt zu haben.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass nicht zu entnehmen sei, welcher Arbeiter welche Arbeiten durchgeführt habe und welchem Arbeiter der Berufungswerber die Schutzmittel nicht zur Verfügung gestellt habe. Allein der Vorwurf, dass die Arbeitnehmer keine persönliche Schutzausrüstung vorlegen konnten, erfülle nicht den Tatbestand, sie hätten ja auch die Schutzausrüstung zu Hause vergessen können. Alle Mitarbeiter hätten die einschlägige Aufklärung und Information über Unfallverhütung und die Notwendigkeit der Verwendung von Schutzeinrichtungen erhalten und seien mehrmals mündlich und schriftlich unterwiesen worden, bei Bedarf auch jedenfalls die Sicherheitsgeschirre anzulegen, so auch Herr K. Das Unternehmen beschäftige ca. 80 Mitarbeiter auf zahlreichen Baustellen und werde vom Berufungswerber als Geschäftsführer geleitet. Dieser können nicht jeden Mitarbeiter konkret auf jeder Baustelle kontrollieren. Allerdings seien mehrfach den Mitarbeitern die Kündigung bzw. Entlassung angedroht worden, wenn ganz offensichtlich Weisungen nicht befolgt werden. Es wäre aber erforderlich, Personen namentlich zu nennen, welche sich weisungswidrig verhalten haben, um sie entsprechend disziplinieren zu können. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.4.2007, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates haben an der mündlichen Verhandlung teilgenommen; die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen DI H M, Arbeitsinspektorat Wels, und J K, Arbeitnehmer, geladen und einvernommen.

 

Aufgrund des Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

4.1. Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GmbH mit dem Sitz in W.

Am 13.11.2006 waren Arbeitnehmer des genannten Unternehmens, nämlich der verunfallte J K, ein Lehrling und ein Leasingarbeiter mit dem Montieren einer Vordachkonstruktion aus Stahlelementen auf der Baustelle Spar-Markt in Wels, Negrellistraße, beschäftigt. Die Dachneigung betrug ca. 2°, die Absturzhöhe ca. 5 m. Konkret war ein Eingangsvordach zu montieren, wofür eine Arbeitsdauer von einem Tag berechnet wurde. Dazu mussten die Träger gesetzt werden. Hiefür mussten am Dach für den Zimmerer jene Stellen angezeichnet werden, wo dieser die Halterungen für das Vordach zu montieren hatte. Der Dachträger wird auf das Dach gehoben und vom Zimmerer in die Halterungen montiert. Sodann hätte nur die Konstruktion an den Bindern von vorne angeschraubt werden müssen. Ein Gerüst wurde am Firmenbus mitgenommen, allerdings nicht aufgebaut und verwendet, weil auf der Baustelle von der Baufirma eine Scherenbühne vorhanden war, welche dann auch benützt wurde. Die Scherenbühne wurde als Aufstiegshilfe für den Arbeitnehmer K und den Lehrling verwendet um auf das Dach zu gelangen. Eine Absicherung der Dachkante war nicht vorhanden. Es war kein Gerüst vorhanden. Auch war keine Möglichkeit gegeben, sich mit einer persönlichen Schutzausrüstung anzuhängen. Eine persönliche Schutzausrüstung, wie Sicherheitsgurte und Sicherheitsseile, wurde nicht verwendet. Dem Arbeitnehmer K und dem Lehrling wurde jeweils eine persönliche Schutzausrüstung von der Firma zur Verfügung gestellt, allerdings nach den Angaben des Lehrlings nicht im verwendeten Firmenbus mitgeführt. Ob dem Leasingarbeiter eine persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt wurde, konnte nicht erhoben werden. Dieser war als Kranfahrer eingesetzt.

Der Arbeitnehmer K ist Vorarbeiter und leitete die Partie auf der Baustelle. Er bestimmt selbständig, welche Sicherheitsmaßnahmen zu treffen sind. Der Berufungswerber war vor dem Kontrollzeitpunkt nicht auf der Baustelle und führt auch sonst keine Baustellenkontrollen durch. Gelegentlich wird eine Baustelle vom Vorgesetzten des Vorarbeiters, dem Abteilungsleiter Schneiderbauer, vorgenommen. Dieser kommt bei Schwierigkeiten auf die Baustellen. Anweisungen, welche Schutzausrüstung konkret auf der Baustelle zu verwenden ist, gibt es nicht. Es gibt in der Firma regelmäßige Unterweisungen und wird auch ein Handbuch ausgehändigt und muss dies unterschrieben werden. Hinsichtlich des Sicherheitsgeschirrs ist jeder Mitarbeiter für sich selbst verantwortlich, dass er es mitnimmt. Es gibt im Betrieb Kurse und Vorträge. Es gibt auch Anweisung, die Schutzausrüstung mitzunehmen.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen, welche glaubwürdig wirkten. Auch wurden die Aussagen durch im Akt befindliche Fotos belegt. Im Übrigen wird der Sachverhalt auch vom Berufungswerber nicht bestritten.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 147/2006, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 242/2006, müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

 

Es sind daher Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen wie Dachfangerüste oder Dachschutzblenden gemäß §§ 8, 9 und 10 BauV vorzusehen.

 

Gemäß § 7 Abs.4 BauV kann die Anbringung von Absturzsicherungen (§ 8) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) entfallen, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit ist. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer entsprechend § 30 sicher angeseilt sein.

 

Gemäß § 161 BauV sind Übertretungen dieser Verordnung nach § 130 Abs.5 Z1 ASchG zu bestrafen.

 

5.2. Zum Faktum 1:

 

Aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes wurden am 13.11.2006 durch Arbeitnehmer der A GmbH Arbeiten auf dem Dach vorgenommen, nämlich Vorbereitungsarbeiten zur Montage des Vordaches, wie das Kennzeichnen jener Stellen, wo Halterungen zu Montieren waren, durchgeführt. Diese Arbeiten waren auch in der Nähe der Dachkante erforderlich. Eine Absicherung war nicht gegeben. Die Absturzhöhe betrug ca. 5 m. Auch waren die Arbeitnehmer nicht durch Sicherheitsgurt und Sicherheitsseil gesichert. Vielmehr war eine Möglichkeit zum Anhängen gar nicht gegeben. Es wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung zu Faktum 1 erfüllt. Selbst der Einwand, dass es sich nur um kurzfristige Arbeiten handelte, konnte nicht zum Erfolg führen, da die Arbeitnehmer auch nicht durch Anseilen gesichert waren. Auch der Einwand, dass das Straferkenntnis die Namen der Arbeitnehmer nicht anführt, führt nicht zum Erfolg, zumal aus dem Sachverhalt eindeutig hervorgeht, dass jedenfalls der Arbeitnehmer K das Dach betreten hat und Arbeiten durchgeführt hat, wobei dieser Arbeitnehmer dann auch vom Dach abstürzte. Dieser Arbeitsunfall war Ursache der Unfallerhebung und Anzeige durch das Arbeitsinspektorat. Auch haben die Erhebungen an Ort und Stelle, dokumentiert durch Fotos, ergeben, dass jedenfalls auch der Lehrling auf dem Dach beschäftigt war. Darüber hinaus ist aber anzuführen, dass es sich bei den erforderlichen Absturzsicherungen um technische Einrichtungen handelt, welche nicht vorhanden waren. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist beim Fehlen von technischen Schutzmaßnahmen im Gegensatz zur persönlichen Schutzausrüstung die namentliche Nennung von Arbeitnehmern nicht erforderlich.

 

Weiters bekämpft der Beschuldigte in seiner Berufung die Annahme eines Verschuldens und beruft sich auf ein von ihm aufgestelltes Kontrollsystem. Diese Ausführungen konnten aber im Grunde des Beweisverfahrens den Beschuldigten nicht entlasten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus. Im Sinn der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist der Berufungswerber nicht ausreichend nachgekommen. Es ist ihm zwar zuzubilligen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, sondern die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich überträgt und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle beschränkt. Der Unternehmer ist dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt. Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der vom verunfallten Arbeitnehmer erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmervorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem, Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war.“

 

Im Sinn dieser Judikatur reicht es daher nicht aus, dass der Berufungswerber sich auf die Anweisungen laut Handbuch stützt, wobei diese Anweisungen nur allgemeiner Natur sind und nicht auf eine konkrete Baustelle gerichtet sind. Auch reicht es nicht aus, dass ein geschulter Mitarbeiter wie der Vorarbeiter für eine Baustelle eingesetzt wird. Vielmehr hätte der Berufungswerber nach der vorzitieren Judikatur auch eine Kontrolle des Vorarbeiters vornehmen müssen bzw. Maßnahmen treffen müssen, dass die Anweisungen des Berufungswerbers auch tatsächlich eingehalten werden. Wie aber das Beweisverfahren gezeigt hat und der Berufungswerber selbst in der mündlichen Verhandlung ausführte, werden Kontrollen der einzelnen Baustellen nicht durchgeführt. Es gab daher auch der Vorarbeiter an, dass er selbständig tätig ist. Insbesondere ist hervorzuheben, dass der Vorarbeiter auch in Eigenverantwortung die Schutzeinrichtungen bestimmt. Konkrete Vorgaben seitens des Berufungswerbers gibt es nicht. Es ist daher eine Vorsorge dahingehend, dass die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften mit gutem Grund erwartet werden kann, nicht getroffen und keine Maßnahmen zur Einhaltung gesetzt. Es war daher auch vom Verschulden des Berufungswerbers auszugehen.

Insbesondere ist aber zu berücksichtigen, dass trotz Nichtvorliegens von technischen Schutzmaßnahmen auch eine persönliche Schutzausrüstung nicht verwendet wurde, zumal auch Anschlagpunkte und daher Vorkehrungen zur Befestigung nicht vorhanden waren. Da weder der Berufungswerber noch eine von ihm bevollmächtigte Person konkrete Anweisungen für die konkrete Baustelle und die konkreten Arbeiten hinsichtlich der Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat und auch die Einhaltung der entsprechenden Sicherheitsvorschriften weder vom Berufungswerber noch von einer von ihm beauftragten Person kontrolliert wurden, ist ein lückenloses Kontrollnetz nicht nachgewiesen. Dem Berufungswerber ist daher der Entlastungsnachweis nicht gelungen, weshalb zumindest von Fahrlässigkeit des Berufungswerbers auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung gemäß § 19 Abs.1 VStG insbesondere auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen, da durch die Tatbegehung in hohem Maße die geschützten Interessen, nämlich Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet und auch beeinträchtigt wurden. Insbesondere waren aber auch die nachteiligen Folgen aus dem Arbeitsunfall beim Unrechtsgehalt der Tat zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.2 VStG hat die belangte Behörde keine mildernden Umstände vorgefunden. Insbesondere waren aber vier einschlägige Verwaltungsvorstrafen zu verzeichnen und als straferschwerend zu werten. Es geht daher die belangte Behörde zu recht davon aus, dass das Strafausmaß so festzusetzen ist, dass der Berufungswerber auch in Hinkunft von strafbaren Handlungen gleicher Art abgehalten wird. Die wirtschaftlichen Verhältnisse wurden mit einem Einkommen von 1.500 Euro netto monatlich, kein Vermögen und keine Sorgepflichten geschätzt und zugrunde gelegt. Auch in der Berufung wurden keine geänderten Verhältnisse bekannt gegeben. Auch wurden keine weiteren strafmildernde Umstände vorgebracht. Es war daher im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat die verhängte Geldstrafe als sehr milde bemessen anzusehen. Insbesondere im Hinblick auf die vorliegenden Verwaltungsvorstrafen ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen. Es war daher die Geldstrafe und die Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

Die Voraussetzungen gemäß § 21 VStG für ein Absehen von der Strafe liegen jedoch nicht vor, weil entgegen den Ausführungen des Berufungswerbers von geringfügigem Verschulden nicht auszugehen ist. Das Verfahren hat nämlich gezeigt, dass ein Kontrollsystem und entsprechende Vorsorgemaßnahmen nicht getroffen wurden. Darüber hinaus nimmt der Verwaltungsgerichtshof Geringfügigkeit des Verschuldens nur dann an, wenn das Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Weiters ist die kumulativ erforderliche Voraussetzung der unbedeutenden Folgen ebenfalls nicht gegeben. Auch war ein Überwiegen von Milderungsgründen nicht festzustellen und daher nicht von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG auszugehen. Es war daher das Strafausmaß zum Faktum 1 zu bestätigen.

 

5.4. Zum Faktum 2:

 

Das Beweisverfahren hat insbesondere gestützt auf die Zeugenaussagen ergeben, dass zwar vom Berufungswerber dem Vorarbeiter J K und dem Lehrling eine persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt wurde, diese aber von den jeweiligen Arbeitnehmern in Eigenverantwortung zur Baustelle mitzunehmen ist. Der Leasingarbeiter war als Kranfahrer eingesetzt und bedurfte daher keiner persönlichen Schutzausrüstung. Es ist daher zwar der vom anzeigenden Arbeitsinspektorat ermittelte Sachverhalt dahingehend richtig, dass auf der Baustelle eine persönliche Schutzausrüstung nicht vorhanden war und auch nicht verwendet wurde, nicht richtig ist jedoch, dass eine solche grundsätzlich nicht zur Verfügung gestellt wurde. Es hat daher der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nach § 30 Abs.1 BauV nicht begangen. Vielmehr wäre ihm zur Last zu legen, dass er nicht gesorgt hat, dass die persönliche Schutzausrüstung verwendet wurde. Ein solcher Tatvorwurf wurde aber nicht erhoben.

Es war daher die Verwaltungsübertretung zum Faktum 2 nicht gegeben, daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

6. Weil die Berufung zum Faktum 2 Erfolg hatte, entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG. Hinsichtlich Faktum 1 wurde der Berufung keine Folge gegeben und war daher ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 100 Euro, festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Kontrollsystem, persönliche Schutzausrüstung, zur Verfügung, nicht verwendet

 

 

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