Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162173/6/Bi/Hu

Linz, 10.09.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J R, R, vertreten durch Herrn RA Dr. G H, B, vom 11. April 2007 gegen die Punkte 1)a), 1)b), 2), 3)a) und 3)b) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 22. März 2007, VerkR96-136-2007, wegen Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am  6. September 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straf­erkenntnis in den Punkten 1)a), 2), 3)a) und 3)b) aufgehoben und das Verwaltungs­­strafverfahren jeweils eingestellt wird.

     Im Punkt 1)b) wird die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis vollin­haltlich bestätigt.

 

II. In den Punkten 1)a), 2), 3)a) und 3)b) entfällt jeglicher Verfahrenskosten­beitrag.

     Im Punkt 1)b) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrens­kosten der Erstinstanz den Betrag von 20 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten ua wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1)a) §§ 102 Abs.1 iVm 101 Abs.1 lit.e und 134 Abs.1 KFG 1967, 1)b) §§ 102 Abs1 iVm 101 Abs.1 lit.a und 134 Abs.1 KFG 1967, 2) § 61 Abs.1 StVO 1960, 3)a) und 3)b) jeweils Art.7 Abs.2 EG-VO 3820/85 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1)a) 150 Euro (48 Stunden EFS), 1)b) 100 Euro (36 Stunden EFS), 2) 50 Euro (24 Stunden EFS), 3)a) und 3) b) jeweils 110 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am 4. Dezember 2006 um 12.06 Uhr den Lastkraftwagen ..... (A) im Ortsgebiet Braunau/Inn auf der Bauhofstraße bis auf Höhe des Hauses Nr..... gelenkt und

1) sich, obwohl ihm diese zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt habe, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des KFG entsprochen habe, da festgestellt worden sei,

a) dass die Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert gewesen sei, obwohl die Ladung und auch einzelne Teile dieser auf dem Fahrzeug so verwahrt und durch geeignete Mittel gesichert sein müssen, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet werde. Die einzelnen Teile dieser Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Die Ladung oder einzelnen Teile seien erforderlichenfalls zB durch Zurrgurte, Klemmbalken, Trans­port­­schutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungs­­­­­­sicherungs­mittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liege auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausge­füllt sei. Es sei festgestellt worden, dass die Ladung, bestehend aus Bauschutt (Industrie­­ofenbruch) und Metallteilen, nicht gesichert gewesen sei, zumal schwere Metallteile (Schmelztiegel) völlig ungesichert auf dem Bauschutt gelegen seien und die Lade­kante (Container) überragt hätten.

b) dass das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lkw von 19.000 kg durch die Beladung um 660 kg überschritten worden sei.

2) habe er die Ladung am Fahrzeug nicht so verwahrt, dass niemand gefährdet, behindert oder belästigt und die Straße weder beschädigt nicht verunreinigt worden sei, zumal während der Fahrt Bauschutt verloren und die Fahrbahn verunreinigt worden sei.

3) habe er als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güter­beförderung im innerstaatlichen Straßenverkehr eingesetzt sei und dessen höchstzu­lässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger und Sattelanhänger 3,5t über­steige, folgende Übertretung begangen: Es sei festgestellt worden, dass er nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden keine Unterbrechung der Lenkzeit von mindestens 45 Minuten eingelegt habe, obwohl eine solche einzulegen sei, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung – gemeint wohl: Ruhezeit – kann durch Unterbrechungen von jeweils 15 Minuten ersetzt werden, welche in der Lenkzeit so einzufügen sind, dass Abs.1 eingehalten wird.

a) am 4.12.2006 seien nach einer Lenkzeit von 07.05 Uhr bis 12.06 Uhr, ds 5 Stunden und 1 Minute, nur maximal 10 Minuten Lenkpause eingehalten worden.

b) am 1.12.2006 seien nach einer Lenkzeit von 07.05 Uhr bis 13.00 Uhr, dass seien 5 Stunden und 55 Minuten, nur 30 Minuten Lenkpause eingehalten worden.

Gleichzeitig wurden ihm anteilig Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 52 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung (und im Punkt 4) Berufung gegen die Strafhöhe) eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 6. September 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechts­vertreters Mag. C S, der Vertreterin der Erstinstanz Frau E M und des Meldungslegers GI K-H R (Ml) durchgeführt, in deren Verlauf der Bw die Strafausmaß-Berufung gegen Punkt 4) zurückzog. Die Berufungs­entscheidung wurde mündlich verkündet.     

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei unbescholten, obwohl er seit 21 Jahren im Güterverkehr tätig sei, und er sei auch in der Vergangenheit sorgfältig und gewissenhaft gewesen. Die Fahrzeitüberschreitungen seien, wenn überhaupt, so geringfügig, dass sie unbedeutend seien und mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden könne. Dass bei Lkw-Unfällen Übermüdung schuld sei, sei im Güterfernverkehr grundsätzlich richtig, aber er sei im Güternahverkehr tätig. Seine Fahrzeiten könne man nicht mit denen eines Fernfahrers vergleichen, er fahre Kurzstrecken und mache in regelmäßigen Abständen ohnehin kleinere Pausen. Er habe am Vorfallstag Container in Ranshofen abgeholt und ins Industriegebiet Braunau bringen müssen; die reine Fahrzeit für die 3-4 km betrage 10 Minuten. Beim Abladen der Container habe er mehrere Pausen von einigen Minuten eingehalten, die er für Rauchen oder Jause genutzt habe. Für eine größere Pause habe keine Notwendigkeit bestanden, was auch sein Arbeitgeber J P. bestätigen könne. Die Verordnung Nr.3820/85 sei für ihn gar nicht anwendbar, zumal gemäß Art.4 Z6 Fahrzeuge im Rahmen der Müllabfuhr ausgenommen seien. Die Fa P. entsorge den Hausmüll der Stadt Braunau, wobei die städt. Müllabfuhr den Müll anliefere und der finale Abtransport zur Mülldeponie von der Fa. P. übernommen werde. Auftraggeber sei der Bezirksabfallverband, dh eine öff. Interessenvertretung iSd zweier Urteile des EUGH.

Er habe vor Fahrtantritt keine Gesamtverwiegung vornehmen können, sondern das Gewicht nach Erfahrungswerten geschätzt. Er habe den vollständig beladenen Container aufheben und auf den Lkw verladen müssen. Es habe kein Anzeichen für eine Überladung gegeben und er habe auch beim Fahren nichts bemerkt, obwohl er seit 21 Jahren bei dieser Firma arbeite und beim Aufheben des Containers eine Über­ladung in der Regel bemerke. Hier habe es sich um 660 kg zu gesamt 19.000 kg gehandelt. Die Überladung sei auch nicht durch über die Bordwand ragende Metall­teile offensichtlich gewesen, zumal solche keine Rückschlüsse zugelassen hätten. Er habe die Beladung des Containers nicht selbst vorgenommen; wenn überhaupt, treffe ihn nur ein geringfügiges Verschulden. Er könne nur für eine mangelhafte Verwahrung am Fahrzeug gemäß § 61 StVO bestraft werden, sei aber nicht Normadressat gemäß § 101 Abs.1 lit.e KFG. Der Tatvorwurf sei unrichtig. Eine Notwendigkeit einer Sicherung beim Transport derartiger Ladungen habe nicht bestanden, er habe bisher dabei noch nie Ladung verloren. Er habe mittels Stapler verladene Schmelztiegel befördert, die nicht von Hand ausrichtbar seien. In den Zwischenräumen sei "Bruch­material" verladen gewesen, dh eine Art Tonröhren mit erheblichem Eigengewicht. Er habe aber darauf geachtet, dass im hinteren Teil des Containers die Ladung nicht überstehe und diese habe auch nicht annähernd die Ladekante erreicht, sodass während der Fahrt nichts verlorengehen habe können. Die Anbringung eines Netzes sei nicht notwendig und wäre sinnlos gewesen. Die Fa P. habe in der Vergangenheit die Sicherung mittels Planen ausprobiert, die sich aber nicht am Container befestigen hätten lassen und dabei sei ein solcher Sog entstanden, dass die Befestigungen abgerissen und die Planen verlorenge­gangen seien. Dabei sei auch durch die Sogwirkung der Bauschutt aus dem Container geweht worden. Diese Effekte treten bei normaler Fahrt nicht auf. Ein vollständig geschlossener Container komme nicht in Frage, weil dabei eine Be- und Entladung mit Staplern unmöglich sei und der Container wegen des Gewichts der Schmelztiegel erheb­lichen Schaden erleiden würde. Es sei unrichtig, dass schwere Metallteile ungesichert im Container auf dem Bauschutt gelegen wären.

Der Berufung beigelegt wurden Lichtbilder einer "ähnlichen" Ladung und ausgeführt, die Schmelztiegel lägen nicht auf dem Bauschutt auf, sondern seien in diesem mehr oder weniger fest verankert und die Zwischenräume würden mit Bruchmaterial ausge­füllt, sodass ein Verrutschen der Ladung unmöglich sei. Ein Großteil der Ladung weise ein derartiges Eigengewicht auf, dass ein Verlieren der Ladung gar nicht möglich und eine Sicherung daher nicht erforderlich sei. 

Er sei der Ansicht, dass er die in der Strafverfügung vorgeworfenen Übertretungen – mit Ausnahme des Punktes 4) – nicht zu verantworten habe. Beantragt wird die Anwendung der §§ 20 und 21 VStG aufgrund seiner Unbescholtenheit und Herabsetzung der Strafe im Punkt 4); diesbezüglich wurde das Rechtsmittel in der  Berufungsverhandlung zurückgezogen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, in der beide Parteien gehört wurden und der Ml unter Hin­weis auf die Wahrheitspflicht des  § 289 StGB zeugenschaftlich vernommen wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw ist als Fahrer bei der Fa P. beschäftigt, die ua in Containern gesammelten Industriemüll von der Fa A in R zum Bauhof ins Industriegebiet von Braunau/Inn transportiert, um ihn hier der Entsorgung durch die AVE zuzuführen. Dabei besteht laut glaubhafter Darlegung des Bw in der mündlichen Verhandlung ein Vertrag zwischen der Fa. P. und der AVE, die wiederum im Auftrag des  Bezirksab­fall­verbandes tätig wird, wobei die Ladung aus Industrieofenabbruch, Schmelztiegeln und Tonrohren besteht und die voll beladenen Container alle 1,5 bis 2 Wochen mit einem Absetzkipper (hzGG 19.000 kg laut Zulassung) abgeholt werden. Dabei wird nach der glaubhaften Schilderung des Bw beim Verlassen des Firmengeländes der Lkw mit dem vollen Container auf der Brückenwaage verwogen und bei der Rückver­wiegung des Lkw mit dem leeren Container das Gewicht der danach zu bezahlenden Ladung ermittelt. 

Der Bw wurde vom Ml zur Anzeige gebracht, nachdem er am 4. Dezember 2006, 12.06 Uhr, als Lenker des genannten Lkw auf der Bauhofstraße in Braunau/Inn kurz vor dem Bauhof angehalten worden war, weil dem Ml die Ladung aufgefallen war, weil die geladenen Metallteile die Ladekante überragt hätten, sodass eine akute Gefahr des Verlustes von Ladung und damit eine Gefährdung für andere Verkehrs­teilnehmer bestand habe, zumal der Container nicht abgedeckt gewesen sei. Er habe auch Bauschutt verloren und die Fahrbahn verunreinigt.

 

Der Ml schilderte in der Verhandlung die Ermittlung des Gewichtes des Lkw inhaltlich mit der Darlegung des Bw übereinstimmend so, dass das Gesamtgewicht bereits beim Verlassen des Firmengeländes in Ranshofen durch den Bw festgestellt worden sei – der Ml legte dazu den Wiegeschein Nr.70789 vom 4. Dezember 2006, 11.46 Uhr, vor, wonach der Lkw damals ein Gesamtgewicht von 19.660 kg hatte. Der Bw gab dazu an, er habe die Überladung zur Kenntnis genommen, zumal er schon einmal erheblichen Ärger gehabt habe, als er ein Abladen des Übergewichts – die Ladung wiege erfahrungsgemäß um die 7.000 kg – verlangt habe. Die der AVE gehörenden Container, die im übrigen immer ohne Deckel und Abdeckung zu transportieren seien, würden mit Staplern beladen – dabei sei ein Deckel unpraktisch und werde von den Arbeitern der AMAG in der Regel bald entfernt. Die Schmelztiegel seien mit bloßer Körperkraft nicht zu bewegen; im Übrigen sehe er nur die oben auf dem Container liegenden Schmelztiegel, nicht was darunter sei, und auch beim Beladen – der Container werde mit Ketten befestigt, auf den Absetzkipper gehoben und dort mit Keilen gegen Verrutschen gesichert – falle eine eventuelle Überladung nicht auf, sondern nur aufgrund des geänderten Fahrverhaltens des Lkw. Die 660 kg Übergewicht hat auch der Bw bestätigt und ausgeführt, er erfahre das Gewicht nur bei Nachfrage. Er selbst sei bei der Befüllung des Containers nicht anwesend und auch nicht in der Lage, selbst Containerinhalt abzuladen. Der Industrieofenabbruch sei im Wesentlichen Staub, der durch den Fahrtwind aufgewirbelt werde; allerdings hätten auch Versuche, den Staub mit Planen abzudecken, keinen Erfolg gebracht sondern eher das Gegenteil bewirkt.

Der Ml bemängelte, dass bei der Beanstandung am 4. Dezember 2006 insbesondere ein Schmelztiegel oben die Bordwand mit sicher der Hälfte überragt habe. Schmelz­tiegel seien nur ungesichert auf dem Schutt gelegen, wobei Staub, aber keine Brocken, vom Lkw abgeweht worden seien, und er befürchtet habe, der Lkw könnte zB bei einer eventuell erforderlichen Vollbremsung Metallteile verlieren. Er habe dem Bw die Weiterfahrt ab dem Bauhof untersagt. Der Container sei dort abgeladen worden und bei der Rückfahrt sei das ohnehin bei der AMAG aufgezeichnete Gesamtgewicht eruiert und dabei die Überladung um 3,47 % festgestellt worden. Der Ml hat weder Fotos von der Ladung bzw deren Sicherung gemacht noch von den Staubverwehungen. Der Bw hat dem Rechtsmittel Fotos einer "ähnlichen" Ladung beigelegt, wie auch der Ml in der Verhandlung bestätigt hat.

Der Bw hatte am Vorfallstag, dem 4. Dezember 2006, um 12.06 Uhr ein Schaublatt eingelegt und führte das Schaublatt vom 1. Dezember 2006 mit, wobei daraus eine Arbeits- bzw Lenkzeit von 7.05 bis 13.00 Uhr hervorging. Der Bw hatte damit am 4. Dezember 2006 eine Lenkzeit von 5 Stunden und einer Minute und am 1. Dezember 2006 von 5 Stunden 55 Minuten dokumentiert, jedoch nur 10 Minuten Pause am 4. und 30 Minuten Pause am 1. Dezember 2006 eingehalten. Der Ml erklärte dazu, der Bw habe offensichtlich auf das Umschalten der Uhr vergessen und damit laufe die Lenkzeit weiter; damit habe er aber nach 4,5 Stunden Lenkzeit die vorgeschriebene Pause von 45 Minuten an beiden Tagen nicht eingehalten. Die übrigen der Schaublätter der letzten 15 Tage vorher habe er gar nicht mitgeführt – der Bw hat bestätigt, er habe die verlangten Schaublätter vom November 2006 mit Übernahme eines neuen Pakets unge­brauchter Schaublätter bei der Fa P. abgegeben.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu den Punkten 1)a) und 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

 

Gemäß § 101 Abs.1 lit.e KFG ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern, unbeschadet der hier nicht zutreffenden Abs.2 und 5, nur zulässig, wenn die Ladung und auch einzelne Teile dieser auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sind, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile der Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zuein­ander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls zB durch Zurrgurte, Klemm­balken, Transport­schutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombina­tionen geeigneter Ladungs­sicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungs­sicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausge­füllt ist.

Gemäß § 61 Abs.1 StVO 1960 ist die Ladung am Fahrzeug so zu verwahren, dass sein sicherer Betrieb nicht beeinträchtigt, niemand gefährdet, behindert oder belästigt und die Straße weder beschädigt noch verunreinigt wird.

 

Der Ml hat kein Foto der Ladung vom 4. Dezember 2006 angefertigt, anhand dessen die tatsächliche Ladungssicherung, eventuell nach Vorlage an einen Amtssach­verständigen, beurteilt werden könnte. Er hat zwar auf eine mögliche Sicherung durch Netze hingewiesen, die aber bei Staub eher unzweckmäßig sein dürften; ein Herabfallen von Brocken hat der Ml ausdrücklich verneint. Geringfügige Staub­mengen, die bei einem solchen Transport nicht gänzlich auszuschließen sind, gefährden wohl nicht die Verkehrssicherheit, zumal nach­folgende Lenker einen entsprechenden Abstand einhalten müssen. Die Entschei­dung des Arbeitgebers des Bw, keine Planen zu verwenden, weil diese durch entsprechende Luftwirbel eher das Gegenteil bewirken, kann diesem nicht zum Nachteil gereichen. Aus diesen Überlegungen war das Verfahren in den genannten Punkten im Zweifel zugunsten des Bw wegen Nichterweisbarkeit beider Tatvorwürfe einzustellen.   

 

Zu Punkt 3)a) und 3)b) des Straferkenntnisses:

Gemäß Art. 7 Abs.1 EG-VO 3820/85 ist nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung kann diese Unterbrechung durch Unterbrechungen von jeweils mindestens 15 Minuten ersetzt werden, die in die Lenkzeit oder unmittelbar nach dieser so einzufügen sind, dass Abs.1 eingehalten wird.

Gemäß Art. 4 EG-VO 3820/85 gilt diese Verordnung nicht für Beförderungen mit ... 6. Fahrzeugen, die von den zuständigen Stellen für Kanalisation, Hochwasserschutz, der Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke, der Straßenbauämter, der Müllabfuhr, des Telegraphen- und Fernsprechdienstes, des Postsachenbeförderungsdienstes, von Rundfunk und Fernsehen oder für die Erkennung von Rundfunk- und Fernsehüber­tragungen oder -empfang eingesetzt werden.

 

Nach den Urteilen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (Erste Kammer) vom 21. März 1996, W. Mrozek und B. Jäger, C-335/94, bzw P. Goupil, C-39/95, Ersuchen um Vorabentscheidungen des Amtsgerichtes Recklinghausen (D) bzw Tribunal de police de La Rochelle (F), betreffend jeweils Ausnahmen für Fahrzeuge, die von den zuständigen Stellen der Müllabfuhr eingesetzt werden, hat der Gerichts­hof ausgesprochen, dass Art.4 Nr.6 der Verordnung Nr.3820/85 über die Harmoni­sierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr so auszulegen sei, dass unter Beförderungen mit "Fahrzeugen, die von den zuständigen Stellen der Müll­abfuhr eingesetzt werden", und die nach dieser Bestimmung zu den Beförderungs­arten zu zählen sind, die vom Geltungsbereich der Verordnung ausgeschlossen sind, Beförderungen mit Fahrzeugen zu verstehen sind, die im Rahmen einer im öffentlichen Interesse liegenden allgemeinen Dienstleistung, die unmittelbar von den Behörden oder unter ihrer Kontrolle von Privatunternehmen erbracht wird, für die Abholung von Abfällen aller Art, die keiner Sonderregelung unterliegen, und für deren Weitertransport im Nahbereich eingesetzt sind. In Anbetracht der Ziele der Verordnung, hauptsächlich desjenigen der Verbesserung der Verkehrssicherheit, ist der Begriff "Müllabfuhr" so auszulegen, dass damit nur das Abholen des Mülls von einem Ort gemeint ist, wo dieser abgelegt wurde. Fahrzeuge der Müllabfuhr legen innerhalb kurzer Zeit kurze Strecken zurück, wobei die Beförderung gegenüber der Abfuhr zurücktritt. Mülltransport, der diese Merkmale nicht aufweist, fällt nicht unter diese Befreiung. Müll im Sinne dieser Bestimmung sind Abfälle sowohl häuslicher als auch gewerblicher Art sowie Sonderabfälle, soweit ihre Abfuhr im Allgemeininteresse liegt. In diesen Rahmen fallen Leerfahrten der Fahrzeuge zur Vorbereitung von Beförderungen. Die Befreiung setzt nicht voraus, dass diese Fahrzeuge unmittelbar von Behörden eingesetzt werden; davon sind auch Privatunternehmen ausge­nommen, die unter behördlicher Kontrolle eine im öffentlichen Interesse liegende behördliche Dienstleistung erbringen.    

 

Der Arbeitgeber des Bw, der zugleich Zulassungsbesitzer des Absetzkippers ist, ist vertraglich der AVE (und diese wiederum dem Bezirksabfallverband Braunau/Inn) zur Beförderung des Industriemülls zum Ort der Entsorgung beim Bauhof Braunau/Inn verpflichtet; der Bw hat dazu eine Strecke von Ranshofen bis Braunau von ca 4 km zur bewäl­tigen, sodass die Entsorgung im Vordergrund steht und nicht der Mülltransport.

Die ggst Fahrt war daher von der Geltung des Art.7 Abs.1 EGVO Nr.3820/85 ausgenommen, weshalb im Sinne des § 45 Abs.1 Z1 VStG nicht vom Vorliegen einer Verwaltungsübertretung gesprochen werden kann. 

 

Zu Punkt 1)b) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Gemäß § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern, unbeschadet der hier nicht zutreffenden Abs.2 und 5, nur zulässig, wenn das das höchste zulässige Gesamtgewicht ... durch die Beladung nicht überschritten wird.

Die in Rede stehende Überladung um 660 kg ist durch den vorgelegten Wiegeschein   

und die Verantwortung des Bw erwiesen. Das Lenken des überladenen Lkw nach dem Verlassen des Firmengeländes auf Straßen mit öffentlichem Verkehr hat der Bw zu verantworten, auch wenn er die Befüllung des transportierten Containers nicht selbst vorgenommen hat und nicht in der Lage ist, die Ladung im Einzelnen einzusehen. Nach seiner Verantwortung hat der Bw beim Abwiegen des beladenen Lkw nicht nachgefragt und damit eine even­tuelle Überladung in Kauf genommen. Damit ist er aber seiner Verantwortung nicht nachgekommen, das höchste zulässige Gesamtgewicht einzuhalten, obwohl ihm dies ohne jeden Zweifel zumutbar gewesen wäre. Er hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da von mangelndem Verschulden im Sinne des § 5 Abs.1 VStG keine Rede sein kann, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.    

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 5000 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die  Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die Unbescholtenheit des Bw berücksichtigt und seine finanziellen Verhältnisse unwidersprochen geschätzt (1.200 Euro monatlich, kein Vermögen, Sorgepflichten). Der UVS kann nicht finden, dass die Erstinstanz damit den ihr bei der Strafbe­messung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzliche Strafrahmens und entspricht den Kriterien des § 19 VStG. Anhaltspunkte für eine Herabsetzung der Geld- oder Ersatzfreiheitsstrafe waren nicht zu finden.      

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Ladungssicherung + Ablehnungen nicht erweisbar mangels Foto -> Einstellung, Überladung Bestätigung, EGVO 3820/85: Müllabfuhr ausgenommen -> Lenkpausenregelungen des Abs. 7 gelten nicht -> Einstellung

 

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