Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162330/5/Fra/Bb/Sta

Linz, 30.08.2007

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn J U, geb. , p.A. U GmbH, W, 40 L, vom 25.6.2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 20.6.2007, Zl. VerkR96-1885-2007-BS, wegen Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

I.                     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                   Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 20.6.2007, Zl. VerkR96-1885-2007-BS, wurde dem Berufungswerber (Bw) vorgeworfen, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen befugtes Organ der "U GesmbH" mit Sitz in 40 L, W, zu verantworten zu haben, dass von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung außerhalb eines Ortsgebietes eine Ankündigung (Werbeeinrichtung) errichtet wurde, obwohl außerhalb von Ortsgebieten an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand die Anbringung von Ankündigungen verboten ist. Am 31.3.2007 um 15.10 Uhr seien in P, unmittelbar am südwestlichen Fahrbahnrand der L, parallel zur Fahrbahn, sichtbar in beide Fahrtrichtungen folgende Ankündigungen (Werbungen) angebracht gewesen:

1) bei Strkm 2,598 "Unicef www.unicef.at – Dauer der Fahrt: Ein Leben lang",

2) bei Strkm 2,620 "World Vision – Zukunft für Kinder – Ihr Schutzschild für Kinder in Not – Eine Patenschaft hilft, wo es nötig ist. www.worldvision.at",

3) bei Strkm 2,628 "Zeckengefahr ist unsichtbar. Sehen wir ihr ins Auge. ZECKENSchutzImpfung Jetzt!" und

4) bei Strkm 2,637 "Zeckengefahr ist unsichtbar. Sehen wir ihr ins Auge. ZECKENSchutzImpfung Jetzt!".

 

Der Bw habe dadurch vier Verwaltungsübertretungen nach § 84 Abs.2 StVO 1960 iVm § 9 Abs.1 VStG 1991 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen in Höhe von je 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von je 72 Stunden) pro Werbeplakat verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von insgesamt 80 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung vom 29.6.2007 bringt der Bw im Ergebnis vor, dass laut Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 21.6.2007, AZ: VerkR10-222-2007 die Plakate "Caritas, meine Spende lebt" und "Licht für die Welt" weder eine Ankündigung noch eine Werbung darstellen würden und daher nicht bewilligungspflichtig seien.

Dies treffe damit logischerweise auch für "Unicef www.unicef.at – Dauer der Fahrt: Ein Leben lang" und für "World Vision – Zukunft der Kinder – Ihr Schutzschild für Kinder in Not – Eine Patenschaft hilft, wo es nötig ist, www.worldvision.at" zu, da ja wohl jede NGO gleich zu behandeln sei. Auch die inkriminierten Plakate "Zeckengefahr ist unsichtbar. Sehen wir ihr ins Auge. ZECKENSchutzImpfung Jetzt!", sei mit Sicherheit keine Werbung oder Ankündigung. Mit diesen Plakaten werde nur auf eine aktuell laufende Schutzimpfungsaktion hingewiesen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstinstanz.

Von der Durchführung einer öffentlicher mündlichen Berufungsverhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

5. Für die Berufungsinstanz steht nachfolgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

 

Laut entsprechender Anzeige der Polizeiinspektion P vom 4.4.2007 betrieb die Firma "U", mit Sitz in 40 L, W, welche in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gestaltet ist, zur  näher bezeichneten Tatzeit an den vorgeworfenen Tatorten außerhalb des Ortsgebietes ohne straßenpolizeiliche Bewilligungen Plakatwände mit den im Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse angeführten Aufschriften.

 

Der Bw war im gegenständlichen Zusammenhang zum Vorfallszeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der "U GmbH", 40 L, W.

 

6. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich darüber wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 84 Abs.2 StVO sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit.f.

 

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Der Bw beruft sich darauf, dass angesichts des Umstandes, dass die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung auf sein Bewilligungsansuchen vom 5.6.2007 zur Anbringung von Plakaten mit der Aufschrift "Caritas, meine Spende lebt" und "Licht für die Welt" im Juli 2007 auf Parkplätzen in Engerwitzdorf im dazu ergangenen Schreiben vom 21.6.2007, AZ: VerkR10-222-2007, dargelegt bzw. mitgeteilt hat, dass diese Plakate mit den genannten Aufschriften weder eine Werbung noch eine Ankündigung darstellen würden und nicht bewilligungspflichtig seien, auch die verfahrensgegenständlichen Aufschriften, welche ebenso auf karitative und gemeinnützige Organisationen hinweisen würden, weder als Werbung noch als Ankündigung zu qualifizieren seien und daher gegenständlich kein strafbarer Tatbestand vorläge.

 

Die Anbringung der verfahrensgegenständliche Plakate zu der im angefochtenen Schuldspruch angeführten Zeit und an den in Rede stehenden Örtlichkeiten durch die "U GmbH", etabliert in 40 L, W, wird seitens des Bw nicht bestritten. Ebenso unbestritten ist die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser W GmbH. Tatsache ist ferner das Nichtvorliegen einer straßenpolizeilichen Bewilligung im Sinne des § 84 Abs.3 StVO. Der Bw hat damit tatbildlich im objektiven Sinn gehandelt.

 

Für das Verwaltungsstrafrecht gilt das Schuldprinzip. Eine Bestrafung des Täters setzt schuldhaftes Verhalten voraus.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Eine Übertretung nach § 99 Abs.3 lit.j iVm § 84 Abs.2 StVO ist ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG, bei dem das Gesetz das Verschulden des Täters zwar als gegeben ansieht, aber die Glaubhaftmachung, dass den Beschuldigten kein Verschulden trifft, zulässt.

 

Es ist konkret zu prüfen, ob der Bw glaubhaft machen konnte, dass ihn an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft.

Da die Plakatwerbung ein wesentliches tägliches Geschäftsfeld eines Werbeunternehmens ist, ist vom Bw als nach außen vertretungsbefugtes Organ dieses Unternehmens zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 25.1.2005, 2004/02/0293; 17.12.1998, 96/09/0311).

Die Rechtsauskunft eines Behördenorgans kann aber auf die Beurteilung der Schuldfrage Einfluss ausüben und Straflosigkeit nach § 5 Abs.2 VStG bewirken (VwGH 19.11.2002, 2002/21/0096).

 

Dem Bw wurde im Zuge eines - zum gegenständlichen Verfahren unabhängigen -Bewilligungsansuchen vom 5.6.2007 von der belangten Behörde mitgeteilt, dass Plakate mit der Aufschrift wie "Caritas, meine Spende lebt" und "Licht für die Welt" weder als Werbung zu qualifizieren seien noch eine Ankündigung darstellen würden und daher keine Bewilligungspflicht unterlägen. In den vorliegenden, gleich gelagerten Fällen wurde das Verhalten des Bw dagegen unter Strafe gestellt. Insbesondere im Lichte der Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat im konkreten Fall zu der Auffassung, dass der Bw auf die Rechtsauskunft der belangten Behörde vertrauen durfte und es damit hinsichtlich des gegenwärtig zur Last gelegten Verhaltens eines Verschuldens ermangelt und dem Bw ein Verschuldenstatbestand nicht vorzuwerfen ist.

 

Der Bw hat somit darzutun vermocht, dass ihn am Anbringen der gegenständlichen Plakate ein Verschulden nicht trifft, weshalb der Berufung daher stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  F r a g n e r  

 

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