Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550350/14/Kl/Hu VwSen-550353/9/Kl/Hu

Linz, 13.09.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über den Antrag der G E- u O GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte H E P, vom 18.7.2007 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der S S L GmbH betreffend den Lieferauftrag „Software-Paket für die S S L GmbH zur Heimbewohnerverwaltung/Abrechnung und Pflegedokumentation“ nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 14.8.2007, zu Recht erkannt:

 

 

Der Nachprüfungsantrag vom 18.7.2007, die Zuschlagsentscheidung vom 11.7.2007 für nichtig zu erklären, wird abgewiesen.

Gleichzeitig wird auch der Antrag auf Gebührenersatz abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3, 7 und 23 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006, iVm §§ 80, 123, 126, 129 und 130 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG, BGBl. I Nr. 17/2006, iVm § 74 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 18.7.2007 hat die G E- u O GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der S S L GmbH (im Folgenden: Auftraggeberin) vom 11.7.2007 im Vergabeverfahren „Software-Paket für die S S L GmbH zur Heimbewohnerverwaltung/Abrechnung und Pflegedokumentation“ sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung der Auftraggeberin, die Zuschlagserteilung bis zur Rechtskraft der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich im gegenständlichen Verfahren, längstens für die Dauer von zwei Monaten ab Antragstellung zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 1.200 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin hiezu aus, dass sie an dem von der Auftraggeberin ausgeschriebenen offenen Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich teilgenommen und fristgerecht ein firmenmäßig gefertigtes Angebot zum Preis von 264.265,83 Euro (zzgl. 20 % Ust.) eingereicht habe.

Ausgeschrieben sei die Software für acht Heime in Linz zur Bearbeitung der Heimbewohnerverwaltung, der Abrechnung und der Pflegedokumentation gewesen, wobei es sich um ein komplexes Softwareprogramm handle. Laut Ausschreibung habe die Möglichkeit bestanden, für jeden Bereich (Verwaltung und Pflege) eine eigene Software anzubieten und habe die Antragstellerin eine gemeinsame Software für beide Bereiche mit der Bezeichnung „CareCenter“ angeboten. Die Angebotsöffnung habe am 2.4.2007 stattgefunden und sei mit Schreiben vom 11.7.2007 von der vergebenden Stelle M d L L, (IT) (im Folgenden: vergebende Stelle), mitgeteilt worden, dass die Zuschlagserteilung an die Firma X-T I GmbH (im Folgenden: präsumtive Zuschlagsempfängerin) zum Angebotspreis von 389.422,99 Euro netto erfolgen werde. Die Stillhaltefrist ende am 19.7.2007.

An der Ausschreibung haben folgende Bieter teilgenommen:

X-T I GmbH                                                                                                    389.422,99 Euro

P P C S GmbH                                                                                              428.746,01 Euro

G E u O GmbH                                                                                               264.265,83 Euro

T-S A GesmbH                                                                                              301.671,82 Euro

E D GmbH                                                                                                      428.145,39 Euro

Die Antragstellerin sei - den Preis betreffend - Best- bzw. Billigstbieter und liege der Preis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin um 50 % über dem Preis der Antragstellerin. Der Zuschlag soll nach den Ausschreibungsunterlagen dem Bestbieter erteilt werden.

Als Zuschlagskriterien seien laut Ausschreibungsunterlagen Gesamtpreis gemäß Preisblatt mit einer Gewichtung von 40 % und einer Maximalpunktezahl von 400, Qualität, Funktionalität und Usability der angebotenen Lösung mit einer Gewichtung von 55 % und einer Maximalpunktezahl von 550 und Konzepte und vertragsspezifisches Schlüsselpersonal mit einer Gewichtung von 5 % und einer Maximalpunktezahl von 50 angegeben. Hinsichtlich der Maximalpunktezahl für die Bewertung der Qualität, Funktionalität und Usability der angebotenen Software wurde die Vergabe der Punkte genauer aufgeschlüsselt und die Usability in verschiedenen Stufen getestet.

Nach Angebotseröffnung seien am 25.5.2007 die drei in Frage kommenden Bieter zu einer Präsentation der Software vor ca. zehn Mitarbeitern der Auftraggeberin und der vergebenden Stelle eingeladen worden. Die Antragstellerin habe bei dieser Präsentation einen hervorragenden Eindruck hinterlassen, die Rückmeldungen seien vor Ort äußerst positiv gewesen und seien trotz nur einmaliger Präsentation keine Fragen offen geblieben.

Weiters wurde eine zweiphasige Teststellung durchgeführt und sei die Software der Antragstellerin am 29.5.2007 bei der vergebenden Stelle installiert worden. In der ersten Testphase sei die Software von vielen Mitarbeiterinnen der Heime getestet worden, danach noch in einigen Bereichen von wenigen Schlüsselpersonen, die diese konkreten Bereiche bearbeiten. Diese testenden Personen seien bei der Präsentation nicht anwesend gewesen und habe keine Einschulung vorgenommen werden dürfen bzw. habe auch kein Mitarbeiter der Antragstellerin anwesend sein dürfen. Während des gesamten Zeitraumes der Teststellung habe es keine Nachfragen bei der Antragstellerin zur Nutzung gegeben und sei die Teststellung deinstalliert worden.

Mit Schreiben vom 11.7.2007 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass ihr der Zuschlag nicht erteilt werde, weil Muss-Kriterien nicht erfüllt worden seien, das Produkt noch kein erprobtes System im Sinne des Ausschreibungsgegenstandes sei und eine schlechte Usabilityquote vorliege. Die vorgenommene Bieterermittlung entspreche nicht den Bestimmungen der Ausschreibung und des BVergG 2006.

Die Antragstellerin habe im gegenständlichen Vergabeverfahren ein Angebot gelegt und somit ein Interesse am Vertragsabschluss dokumentiert. Die ausgeschriebene Leistung sei bereits im Winter 2006/2007 ausgeschrieben gewesen. Diese Ausschreibung sei im Februar 2007 widerrufen worden und habe sich die Antragstellerin bereits an dieser Ausschreibung beteiligt gehabt.

Hinsichtlich der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde von der Auftraggeberin ausgeführt, dass sie eine hohe Erfüllungsquote bei den Kann-Kriterien, einen niedrigen Aufwand für Individualentwicklung, einen ausreichend zeitlich erprobten Einsatz bei Referenzkunden und eine hohe Usabilityrate aufweise. Die Ausführungen, dass die Antragstellerin die Muss-Kriterien nicht erfülle, die Produktreife noch nicht im Sinn des Ausschreibungsgegenstandes sei und eine schlechte Usabilityquote vorliege, seien unrichtig und sei die Bestbieterermittlung ausschreibungs- und gesetzwidrig durchgeführt worden.

 

Die Vorgangsweise der Antragsgegnerin sei in keiner Weise nachvollziehbar. Eine Software ohne Einschulung kann nicht benutzerfreundlich sein. Auch sei der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, zumal die Software der X-T GmbH bereits installiert gewesen sei. Die Antragstellerin habe den günstigeren Preis angeboten. Auch hat sie umfangreiche Konzepte vorgelegt und weist das am besten ausgebildete und zahlenmäßig größte Schlüsselpersonal auf. Ein Punkteabzug in der Gebrauchstauglichkeit wäre bei ordnungsgemäßem Testlauf nicht zustande gekommen.

 

Der unmittelbare Schaden sei der Verlust der Möglichkeit der Antragstellerin, den Zuschlag zu erhalten, der Verlust eines Referenzprojektes sowie der drohende Gewinnentgang. Der Schaden betrage zumindest 100.000 Euro. Weiters schädige die unrichtige Behauptung, dass das Produkt eine schlechte Usabilityquote aufweise, den außerordentlich guten Ruf des Produktes der Antragstellerin und erachte sie sich in ihrem Recht auf Einhaltung der Vergabevorschriften, insbesondere auf Ausscheidung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vom Vergabeverfahren und auf Erhalt des Zuschlages verletzt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die S S L GmbH als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. In ihrer Stellungnahme vom 20.7.2007 führt die Auftraggeberin aus, dass der Nachprüfungsantrag die Eingangsstampilie des Oö. Verwaltungssenates vom 19.7.2007 trage und daher der Antrag nicht innerhalb der siebentägigen Einbringungsfrist eingebracht worden sei, weshalb er als verspätet zurückzuweisen sei. Weiters führt die Auftraggeberin aus, dass den Interessen der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung höherwiegende Interessen der Auftraggeberin und ihrer BewohnerInnen entgegenstünden. Es würde nicht nur in die wirtschaftlichen Interessen der Auftraggeberin, sondern auch in Interessen der Öffentlichkeit an einer zeitgemäßen lückenlosen Pflegedokumentation eingegriffen werden. Mittels des erforderlichen betriebssicheren und erprobten Softwaresystems solle eine noch genauere Heimbewohnerverwaltung/-abrechnung sowie eine lückenlose Pflegedokumentation gewährleistet werden. Die alten Systeme seien veraltet und sollen durch eine neue bedienerfreundliche Software ersetzt werden.

Für das gegenständliche Verfahren sei das Bestbieterprinzip gewählt worden und sei dies in der Ausschreibungsbekanntmachung bzw. in den Ausschreibungsunterlagen mitgeteilt worden. Den Zuschlag erhalte das wirtschaftlich und technisch günstigste Angebot. Die Ausschreibungsunterlagen beinhalten die Gewichtung der Zuschlagskriterien und sei genau fixiert worden, wie die Punkteverteilung bei den einzelnen Zuschlagskriterien erfolge. Das Angebot der Antragstellerin sei im Vergleich zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nach rein rechnerischer Prüfung das billigste. Nach eingehender Prüfung habe sich jedoch ein Bietersturz ergeben, sodass das Angebot der Antragstellerin im Endergebnis bei der Angebotsprüfung an zweiter Stelle gereiht gewesen sei. Weiters würde die Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch den berechtigten Interessen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin entgegenstehen und werde daher beantragt von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzusehen sowie den Gebührenersatzanspruch abzuweisen.

Im Übrigen verweist die Auftraggeberin darauf, dass sie über mündliche Beauftragung vom 19.7.2007 vom M L, P, P und O sowie (IT) vertreten werde.

In einer weiteren Stellungnahme vom 26.7.2007 wurde mitgeteilt, dass nach der Angebotsöffnung die Angebotsprüfung durchgeführt wurde und Aufklärungen in formeller oder allgemeiner technischer Hinsicht zu den Angeboten aller fünf Bieter eingeholt werden mussten. Danach erfolgte die Teststellung in zwei Phasen: 1. Möglichkeit für die Bieter, ihre Produkte im Rahmen einer Präsentation vorzustellen und darzustellen, dass alle Funktionen (Basiskriterienkatalog/Erfüllungszeitpunkt A) glaubhaft umsetzbar sind; Möglichkeit für die Bieter im Rahmen der gleichen Präsentation Funktionen (Basiskriterienkatalog/Erfüllungszeitpunkt T) als erfüllt darzustellen und 2. nach Installation der Software auf hauseigenen Rechnern: Look and Feel-Tests durch die AnwenderInnen (inkl. Ergebnistest) sowie funktionale Ergebnistests. Bereits mit Schreiben vom 15.6.2007 wurde die Antragstellerin im Detail auf die Nichterfüllung von Muss-Kriterien der Ausschreibung und deren Folgen hingewiesen und hat Herr S, G, mit Remail vom 19.6.2007 deren Nichterfüllung bestätigt. Das Vorliegen des Ausscheidenstatbestandes war für die Antragstellerin aufgrund des Inhaltes der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung vom 11.7.2007 tatsächlich erkennbar. Die konkrete Auflistung der Muss-Kriterien, die von ihr nicht zum Zeitpunkt der Teststellung erfüllt wurden, wurde der Antragstellerin nochmals nachweislich mit Fax vom 26.7.2007 in Ergänzung zur bereits am 11.7.2007 im Zuge der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung erfolgten Verständigung nach § 129 Abs.3 BVergG 2006 zur Kenntnis gebracht. Die von der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren zitierten definierten Meilensteine der Ausschreibungsunterlage betreffen lediglich die Umsetzungszeitpunkte für das Einführungsprojekt und nicht die zur Bestimmung der Produktreife definierten Zeitpunkte für die Erfüllung der Muss-Kriterien. Die im Nachprüfungsantrag angeführten Meilensteine haben somit keinen Zusammenhang mit dem in der Ausschreibung definierten Erfüllungszeitpunkt der Kriterien gemäß Anforderungskatalog. Die Zeitpunkte für das Vorliegen dieser Kriterien wurden seitens der Auftraggeberin so gewählt, dass sie bei nachweislicher Erfüllung aller Kriterien zum definierten Zeitpunkt (T oder A) davon ausgehen kann, eine Software mit der erforderlichen Produktreife zu erhalten. Die von der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag angeführte Meilensteinliste hat daher nur für solche Kriterien Gültigkeit, die mit einem P, dass heißt Erfüllungszeitpunkt im Rahmen des Umsetzungsprojektes, gekennzeichnet wurden. Das angebotene Produkt der Antragstellerin liegt nicht fertig vor, da der Erfüllungszeitpunkt der Muss-Kriterien nicht in allen Fällen zum Zeitpunkt der Teststellung gegeben war. Es existiert dazu auch eine schriftliche Zusage der Antragstellerin, die Erfüllung zu einem späteren Zeitpunkt (Umsetzungsprojekt oder späteres Release, das könnte auch einen späteren Zeitpunkt als die Projektmeilensteine bedeuten) sicherzustellen. Davon sind die Muss-Kriterien laut Anhang 4 Punkt 33, Punkt 36 und Punkt 38, laut Anhang 5 Punkt 56 betroffen. Die Aussagen der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 20.6.2007, dass die Funktion in der nächsten Version im Standard vorhanden sein wird, dass sie zur Zeit prüfe, mit welchem Tool sie überhaupt ein Auditing durchführen könne, dass eine für Oberösterreich gesetzlich erforderliche Landesstatistik, die im Juni 2007 noch immer nicht in der aus dem Jahr 2006 gültigen Fassung vorliegt, erst für die Abrechnung 2007 im Jänner 2008 verfügbar ist (dass heißt, alle oö. Kunden der Antragstellerin mussten diese Statistik trotz eines fertigen Produktes händisch erstellen), bestätigen der Auftraggeberin, dass die in der Ausschreibungsunterlage geforderten Muss-Kriterien nicht zum geforderten Zeitpunkt bei der Teststellung vorliegen. Darüber hinaus lag auch das Muss-Kriterium gemäß Anhang 6 Punkt 75 nicht zum Zeitpunkt der Teststellung vor. Es war daher das Angebot der Antragstellerin wegen Nichterfüllung der vorgenannten Muss-Kriterien nach § 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006 auszuscheiden. Die Muss-Kriterien waren als technische Mindestanforderungen definiert, die als K.O.-Kriterien bei Nichterfüllung die Ausscheidung des jeweiligen Angebotes nach sich ziehen. Solche Angebotsmängel sind auch nicht behebbar, weil die Auftraggeberin das Wettbewerbsprinzip und das Gleichbehandlungsgebot zu beachten hat. Es darf keine Änderung der Wettbewerbsstellung des mängelverbessernden Bieters durch eine allfällige Verbesserung des Mangels oder durch die Beseitigung der Unvollständigkeit eintreten. Es hat daher der Auftraggeber zunächst zu prüfen, ob ein Angebot auszuscheiden ist und ist daher der Auftraggeber verpflichtet, festzustellen, ob die in der Ausschreibung definierten technischen Mindestanforderungen vorliegen. Nur von den nach dieser durchzuführenden Prüfung verbleibenden Angeboten ist eines für die Zuschlagsentscheidung auszuwählen. Die Auftraggeberin hat zum Status Produktreife Rückfragen bei angeführten Referenzprojekten durchgeführt, die die gewonnenen Eindrücke der TesterInnen der Auftraggeberin hinsichtlich der Gebrauchsfertigkeit und Gebrauchstauglichkeit bestätigten. Die Usability ist ein Betrachtungsaspekt innerhalb der Bewertung des Zuschlagskriteriums „Qualität, Funktionalität und Usability“. Die Usability wurde nach Benutzerfreundlichkeit und Bedienerfreundlichkeit betrachtet. Dabei wurden Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und der zentralen Normenreihe DIN EN ISO 9241 – Teile 10 bis 17 berücksichtigt. Dass das Produkt der Mitbieterin 14 Tage länger dem Zugriff der TesterInnen offenstand, hat die Antragstellerin zu verantworten, da sie einen späteren Termin für die Präsentation anbot. Der Look and Feel-Test durch die AnwenderInnen der Auftraggeberin wurde aber für beide Bieter zeitnah und unter den gleichen Bedingungen durchgeführt.

Es wurde daher die Abweisung des Nachprüfungsantrages und des Antrages auf Gebührenersatz beantragt.

 

Weiters wurden die Vergabeunterlagen wie Nachweise über die öffentliche Bekanntmachung, den geschätzten Auftragswert, Protokoll über die Angebotseröffnung, Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, Ausschreibungsunterlagen, Angebotsunterlagen der Antragstellerin und der Bestbieterin, Prüfprotokoll und Schriftverkehr vorgelegt.

 

2.1. Die X-T I GmbH, als präsumtive Zuschlagsempfängerin (mitbeteiligte Partei) hat mit Eingabe vom 1.8.2007 rechtzeitig begründete Einwendungen erhoben. Begründend wurde dargelegt, dass es sich bei dem Produkt der Antragstellerin keinesfalls um ein bewährtes Standardprodukt handelt, weil es sich bei dem „Carecenter“ um eine Neuentwicklung der Antragstellerin handle. Auch die Software der mitbeteiligten Partei sei zehn Jahre ständig weiterentwickelt, verbessert, erweitert und dem aktuellen Stand der Technik angepasst worden. Die Software der mitbeteiligten Partei verfügt über erhebliche funktionelle und qualitative Vorzüge. In den letzten Monaten haben mehrfach ehemalige Kunden der Antragstellerin zum Produkt der mitbeteiligten Partei gewechselt, auch dies untermauert selbstredend die Vorteile der mitbeteiligten Partei. Dass die Weiterentwicklung des Produktes der mitbeteiligten Partei in Deutschland erfolgt, stellt keine Verletzung von Ausschreibungskriterien dar und sei zulässig. Auch die mitbeteiligte Partei arbeitet mit der neuesten Softwaretechnologie und hat das User-Interface dem neuen Office 2007-Layout angepasst. Der höhere Preis der mitbeteiligten Partei zeigt wiederum die Qualität des Produktes. Es ist ohnehin unverständlich, warum die Antragstellerin im ersten Ausschreibungsmodus im Herbst 2006 ihr Produkt zu einem bei weiten höheren Preis und nun lediglich zu 264.000 Euro anbieten kann. Die Teststellung ist mit Sicherheit für alle Beteiligten unter den gleichen Bedingungen erfolgt. Auch die mitbeteiligte Partei hatte keine Einsicht in die Vorgänge. Es sollte sich zudem um eine reine Teststellung handeln, nicht um ein detailliertes Erproben. Es handelt sich beim Produkt der mitbeteiligten Partei um ein erprobtes Produkt, was sich durch vorgelegte Referenzen untermauern lässt und entspricht es den geforderten Ausschreibungsbedingungen. Da die Antragsgegnerin das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden hat, dürfe nach dem BVergG nur Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben der Zuschlag erteilt werden. Da das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden ist, kann damit kein Schaden eintreten und fehlt es der Antragstellerin an der Antragslegitimation für den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung. Es wurde daher beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen, in eventu abzuweisen, den Gebührenersatzanspruch abzuweisen und jedenfalls dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht stattzugeben.

 

2.2. In einer weiteren Stellungnahme der Antragstellerin vom 10.8.2007 führt diese nähere Gründe aus, warum die genannten Muss-Kriterien erfüllt sind. Zu den Kriterien im Anhang 4 Punkt 33 und Punkt 36 wurde dargelegt, dass die beiden Muss-Kriterien zum Zeitpunkt der Testinstallation durch das Kann-Kriterium laut Anhang 4 Punkt 15 erfüllt sind. Die zusätzliche Erfüllung der beiden Muss-Kriterien war daher obsolet, da in diesem Fall doppelte Sicherungsmaßnahmen zum Passwort ergriffen worden wären. Das Benutzeranlegen im Carecenter allein hat ja nur auf Carecenter Auswirkungen. Der User müsste jedenfalls auch im Windows mit einem entsprechenden Passwort angelegt werden, damit der User überhaupt den PC starten kann. Einen Windows-Login muss es also zwingend geben. Es hat daher jedenfalls eine Passwort- und Userverwaltung vom Administrator im Windows zu erfolgen. Wenn diese Verwaltung wie in der Software Carecenter übernommen wird, ist eine zusätzliche Passwortverwaltung in der Software Carecenter sinnlos. Dieses Kann-Kriterium stellt sogar eine größere und umfassendere Lösung der Passwortadministration dar, als die geforderten Muss-Kriterien verlangen. Die Muss-Kriterien sind also erfüllt, weil sie in dem Kann-Kriterium „UserID und Passwort ist über Activedirectory prüfbar; Integration in die Windowssecurity“ ohnehin enthalten sind und von dort ins Carecenter übernommen werden. Diese bessere Lösung war von der Antragsgegnerin sogar gewünscht, wurde sie doch als Kann-Kriterium unter Anhang 4 Punkt 15 ausgeschrieben. Selbstverständlich werden aber auf Wunsch der Antragsgegnerin trotzdem die beiden überflüssigen Kriterien Punkt 33 und Punkt 36 zusätzlich in die Carecenter-Software integriert und Standard. Der Implementierungsaufwand im Carecenter ist äußerst gering und leicht zu bewerkstelligen.

Zum Muss-Kriterium im Anhang 4 Punkt 38 wurde dargelegt, dass in der Carecenter-Software Daten nicht einfach überschrieben werden können, sondern die zu ändernden Daten storniert und neu angelegt werden müssen. Die Stornierung wird in der Datenbank im Carecenter mitdokumentiert mit der Änderung, dem Zeitpunkt der Änderung und der Person, die die Änderung vorgenommen hat. Diese Änderungen sind jederzeit abrufbar. Es ist jederzeit möglich, die Änderung nachzuvollziehen und die historischen Daten abzurufen. Durch das Setzen eines einfachen „Hakerls“ werden geänderte Daten in Form eines Journals (beispielsweise ein Pflegebericht mit Änderungen; also einem historischen Pflegebericht) angezeigt. Alle Datenänderungen sind auf diese Weise nachvollziehbar. Sinnvollerweise werden Änderungen dort gespeichert und ersichtlich gemacht, wo sie auch vorgenommen wurden. Dies ist auch in der Ausschreibung laut Anhang 4 Punkt 38 gefordert: „Änderungen müssen nachvollziehbar sein: In Form eines eigenständigen Logs/Journals (nicht über das Datenbanksystem)“. Laut Ausschreibung ist daher nicht ein einziges Journal gefordert, in dem alle Änderungen nach ihrem Datum gespeichert und ausgeworfen werden. Ein solches Journal wäre völlig unübersichtlich und die Änderungen wären auch kaum nachvollziehbar. Selbstverständlich könnte das System Carecenter aber so konfiguriert werden, dass die geänderten Daten in einem einzigen Journal vom SQL-Server (also über das Datenbanksystem an sich) abgerufen werden können. Die Antwort vom 20.6.2007 ist in jene Richtung  zu sehen, dass natürlich diese Kontrollfunktion vorhanden ist, dass aber Tools geprüft werden, die die Verwaltung der historischen Daten noch verbessern sollen.

Auch das Muss-Kriterium laut Anhang 5 Punkt 56 ist erfüllt, weil das Produkt Carecenter die entsprechenden Auswertungen liefern kann und selbstverständlich auch die entsprechenden Vorlagen beinhaltet. Es sollen die notwendigen Unterlagen für die Statistik zur Verfügung gestellt werden wie eben die Vorlage der oberösterreichischen Landesregierung. Dieses Kriterium fordert hingegen nicht das Vorhandensein der Daten für das Jahr 2006. Aus Anhang 5 Punkt 57 geht diesbezüglich hervor, dass die entsprechenden Daten zur Erstellung der Statistik im Rahmen der Wartung fristgerecht zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Antragstellerin benötigt für ihre erste Statistik unter Verwendung der neuen Software nur die Daten von 2007 (dies Anfang 2008). Die Aufbereitung dieser Daten wurde ihr zugesagt.

Das Muss-Kriterium laut Anhang 6 Punkt 75 wurde erstmals in der Stellungnahme der Auftraggeberin vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat als fehlend gerügt. Das Fehlen dieses Kriteriums wurde auch nicht im Schreiben vom 15.6.2007 angeführt. Das Muss-Kriterium ist jedenfalls vorhanden. Dass dieses Kriterium als nicht vorliegend erkannt wurde, ist entweder auf die fehlende Schulung oder darauf zurückzuführen, dass die Software der Antragstellerin nicht bzw. nicht ausreichend getestet wurde.

Allgemein wird darauf hingewiesen, dass im Aktenvermerk der Antragstellerin vom 9.7.2007 80 % der möglichen Punkte bei der Erfüllung der Kann-Kriterien zuerkannt wurden. Auch das System der mitbeteiligten Partei sei dagegen erst zwei bis drei Jahre in Österreich vertrieben und werde angemerkt, dass die mitbeteiligte Partei die Software nicht selbst entwickelt, sondern sie nur vertreibt. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass die mitbeteiligte Partei ihr Produkt anlässlich der ersten Ausschreibung der Pflegesoftware bereits einmal im Winter bzw. Herbst 2006 zur Teststellung installiert hat und es lebensfremd anzunehmen wäre, dass nach dem Widerruf der ersten Ausschreibung diese Teststellung deinstalliert wurde. Auch wenn die Teststellung kein verwertbares Kriterium nach der ersten Ausschreibung war, so wurde sie dennoch durchgeführt und das Produkt der mitbeteiligten Partei getestet. Selbst wenn die Deinstallation stattgefunden hätte, war das Produkt dennoch bereits einmal getestet und waren die Tester daher bei der Teststellung der zweiten Ausschreibung mit dem Produkt bereits besser vertraut. Es wird auf das Ergebnisprotokoll vom 21.6.2007 hingewiesen, bei dem die Testpersonen aufgelistet sind und es sich um Führungskräfte und Schlüsselpersonen in der gegenständlichen Projektabwicklung der Auftraggeberin handelt. Dies bedeutet zwingend, dass die selben Personen die Software der mitbeteiligten Partei nicht nur dieses Frühjahr zur zweiten Ausschreibung, sondern bereits einmal im Winter 2006 im Zuge der ersten Ausschreibung getestet haben müssen. Es ist daher die Bedienbarkeit der Software nicht unter den gleichen Bedingungen für alle Bieter getestet worden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegten Schriftstücke und Unterlagen. Weiters wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 14.8.2007 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. An der Verhandlung haben die Antragstellerin und Auftraggeberin mit ihren Vertretern sowie die präsumtive Zuschlagsempfängerin als mitbeteiligte Partei mit ihrer Vertreterin teilgenommen.

 

4. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

 

4.1. Mit Bekanntmachung in der Amtlichen Linzer Zeitung am 8.3.2007, Folge 5/2007, sowie im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz vom 12.3.2007, wurde ein Lieferauftrag im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich durch die S S L GmbH, vergebende Stelle: L L, (IT), Linz, für das Vorhaben „Software-Paket für die S S L GmbH zur Heimbewohnerverwaltung/Abrechnung und für die Pflegedokumentation“ ausgeschrieben. Die Angebotsfrist endete am 2. April 2007; die Angebotseröffnung erfolgte am 2. April bzw. 16. April 2007. Fünf Bieter haben Angebote eingebracht, darunter auch die Antragstellerin mit einer Nettosumme von Euro 264.265,83, und die mitbeteiligte Partei mit einer Nettosumme von Euro 389.422,99.

 

4.2. In der Ausschreibungsunterlage ist eine Teilvergabe sowohl der Heimverwaltung als auch der Pflegedokumentation vorgesehen. Unter II.7. wurde das Bestbieterprinzip festgelegt, wobei das Zuschlagskriterium Gesamtpreis mit 40 %, das Zuschlagskriterium Qualität, Funktionalität und Usability der angebotenen Lösung mit 55 % und das Kriterium Konzepte und vertragsspezifisches Schlüsselpersonal mit 5 % gewichtet wurde. Die Bewertung wurde in Punkt IV. ausführlich dargestellt. In Punkt IV.3. wird zur Bewertung der Qualität, Funktionalität und Usability der angebotenen Lösung ausgeführt, dass für die Erfüllung der Muss-Kriterien keine Punkte vergeben werden, weil es sich um Mindestanforderungen (K.O.-Kriterien) handelt, für die Erfüllung der Kann-Kriterien max. 20 Punkte, für die Usability (= Gebrauchstauglichkeit) der Anwendung max. 30 Punkte und für die Bevorzugung von Standardfunktionalität vor Individualentwicklung 50 Punkte vergeben werden. Die vom Bieter/von der Bieterin erreichte Gesamtpunktezahl wird auf 550 Punkte skaliert (erreichte Punkte durch max. erzielbare Punkte x 550) und fließt mit 55 % in die Bewertung ein. Der/Die Bieter/Bieterin muss sämtliche Anforderungskataloge (siehe Beilagen 4, 5, und 6) entsprechend den Vorgaben ausfüllen. Es ist der/die Bieter/Bieterin aufgefordert, pro Funktionalität angegebene Spalten vollständig auszufüllen und wird eine Ausfüllhilfe dargestellt. Nicht ausgefüllte Einträge bei den Funktionalitäten werden von Seiten der Auftraggeberin als nicht vorhandene Teile gesehen und dementsprechend bei der Bewertung berücksichtigt. Schließlich wird im Punkt IV.3.1. die Bewertung der Muss-Kriterien nochmals ausführlich dargelegt, nämlich dass sie K.O.-Kriterien sind und im Sinne der Mindesterfüllung davon ausgegangen wird, dass die jeweilige Funktionalität entweder durch Bereitstellung einer Lösung auf Basis eines Standardproduktes oder durch Individualentwicklung seitens des Bieters/der Bieterin bereit gestellt werden kann. Es wird auf Hinweise bezüglich des Erfüllungszeitpunktes eingegangen. Eindeutig wird festgelegt, dass Muss-Kriterien, die mit dem Erfüllungszeitpunkt „Teststellung (T)“ oder „Zeigen Umsetzbarkeit bei Teststellung durch Bieter (A)“ die Erfüllung des Kriteriums bereits bei der Teststellung eingefordert wird, unabhängig davon, ob die Erfüllung der Funktionalität vom Bieter als „Standard“ oder „Individuell“ gekennzeichnet wird. In Punkt IV.3.2. wird die Bewertung der Kann-Kriterien festgelegt, nämlich dass für die Bewertung der einzelnen Funktionalitäten nur die Angaben des Bieters/der Bieterin in seinem/ihrem Angebot herangezogen werden. Als erfüllt beschriebene Kriterien werden im Rahmen der Teststellung überprüft und nimmt das Ergebnis dieser Prüfung Einfluss auf die tatsächliche Bewertung. Die vom Bieter/von der Bieterin erreichte Gesamtpunktezahl wird je Anwendungskomponente (Heimbewohnerverwaltung, Pflegedokumentation) bewertet, miteinander addiert und auf 200 Punkte skaliert. Das Ergebnis des Teilkriteriums wird dem Zuschlagskriterium „Qualität, Funktionalität und Usability der angebotenen Lösung“ zugerechnet. Weiters wird die Bewertung der einzelnen Kriterien dargelegt. Punkt IV.3.3. legt die Bewertung der Usability der angebotenen Lösung und Punkt IV.3.4. die Bewertung Standardfunktionalität/Individualentwicklung dar.

 

Beilage 4 der Ausschreibungsunterlage (technische Anforderungen – Software für Heimbewohnerverwaltung und -abrechnung und für die Pflegedokumentation) hat in Nr. 33 als Muss-Kriterium und daher Mindestanforderung zum Passwort eine Mindestlänge (ideal 8) als Kombination von Ziffern und Buchstaben (groß/klein) und gegebenenfalls Sonderzeichen bedungen, wobei ebenfalls bedungen ist, dass die Mindestlänge durch den Auftraggeber definierbar ist. Es soll daher offen stehen, dass zu einem späteren Zeitpunkt die Mindestlänge anders festgelegt werden kann. Weiters ist in der Nr. 36 als Muss-Kriterium festgelegt, dass das Passwort durch den Administrator nur als „Initial“ setzbar ist, dh bei Erstverwendung, und damit der Zwang für den Anwender bzw. die Anwenderin zum Ändern gegeben ist. Die Anforderung 4.36 läuft analog zur Anforderung 4.33. Insbesondere ist eine Passworteingabe entsprechend den gültigen Passwort-Richtlinien der S L GmbH gefordert.

 

In Beilage 4. Nr. 15 ist ein Kann-Kriterium „UserID und Passwort ist über Activedirectory prüfbar“ (Integration in die Windowssecurity; gilt speziell für die Verwaltungs- und Abrechnungsanwendung) vorgesehen. Dass zusätzlich dieses Kann-Kriterium (trotz Anforderungen laut Beilage 4. Nr. 33 und Nr. 36) vorgesehen ist, hat zu bedeuten: Es soll nach Ausschreibungsunterlage die Anforderung der Beilage 4 Nr. 33 und 36 unabhängig von einem anderen Programm bzw. System eingerichtet werden und funktionieren können, insbesondere unabhängig von einer Windowsversion und daher von Activedirectory. Es sollte die Ausschreibung unabhängig von Windows, also einem Microsoft-Produkt gehalten sein und die Möglichkeit zur Umstellung auf Open source eröffnen, welches Activedirectory nicht anwendet. Andererseits sollte auch das vorhandene Microsoft-Produkt als eine Möglichkeit eingebunden werden. Die Auftraggeberin hat sich daher noch  System-Varianten offengehalten.

 

In Nr. 38 der Beilage 4 wird zur Traceability/Auditing als Muss-Anforderung gefordert, dass vorgenommene Änderungen in den Anwendungen hinsichtlich Zeitpunkt, User und Inhalt nachvollziehbar sein müssen, und zwar in Form eines eigenständigen Logs/Journals und nicht über das Datenbanksystem. Es sollen daher Änderungen sowohl vom User selbst eingesehen werden können, als auch in einem gesonderten Journal ausgeworfen und abfragbar sein, also eine Abfrage mit verschiedenen Abfrageberechtigungen.

 

Beilage 5 (spezifische Anforderungen – Software für Heimbewohnerverwaltung und  -abrechnung) hat unter Nr. 56 die Muss-Anforderung, dass in Österreich gesetzlich vorgeschriebene Auswertungen enthalten sein müssen (Statistiken für Statistisches Zentralamt – Vorlage der Oö. Landesregierung, …). Die Statistikformulare werden zB von der Landesregierung jedes Jahr vorgegeben, jedes Jahr umfangreicher und sind daher zu aktualisieren. Die Statistik dient auch zur Unterstützung.

 

In Beilage 6 (spezifische Anforderungen – Software für Pflegedokumentation) wird in Nr. 75 als Muss-Anforderung die farbliche Kennzeichnung von Besonderheiten, Ereignissen, Verlaufsdokumentationen mit Kennzeichnung der jeweiligen Schichten (Tag/Nachtdienst) gefordert.

 

Sämtliche genannte Muss-Anforderungen haben als Erfüllungszeitpunkt die Teststellung (T).

 

4.3. In der Angebotsprüfungsphase waren mehrere Phasen vorgesehen, nämlich zunächst eine Präsentation des Produktes durch den Bieter mit Darstellung und Beweis der Erfüllung der Kriterien und weiters eine Teststellung einerseits zur technischen Überprüfung der Muss- und Kann-Kriterien zum Erfüllungszeitpunkt „T“ und „A“ und andererseits der Überprüfung der Usability und Funktionalität nach dem Kriterium „Look and feel“ durch Mitarbeiter aus dem Verwaltungsbereich und dem Pflegepersonal der Auftraggeberin. Es werden die Muss-Kriterien mit der Kennzeichnung „T“ und „A“ anlässlich der Präsentation, aber auch durch praktische Tests in der weiteren Phase überprüft.

 

Über Aufforderung der Auftraggeberin zu einer Terminbekanntgabe fand dann die Produktpräsentation durch die Antragstellerin am 25.5.2007 statt. Bereits bei dieser Präsentation kam man zu dem Ergebnis, dass in vier Fällen nicht die geforderten Muss-Kriterien erfüllt wurden (Ergebnisprotokoll vom 5.6.2007 über die Bewertung der Angebote am 1. Juni 2007). Da es sich um den Billigstbieter handelte, wurde das Produkt weiter im Testverfahren zugelassen und eine definitive Aufklärung zu den festgestellten Mängeln beschlossen.

 

Das Produkt der Antragstellerin wurde daher über Aufforderung am 29.5.2007 bei der Auftraggeberin installiert und es wurde eine Teststellung bzw. ein Testbetrieb am 6.6.2007 durchgeführt.

 

Weil die mitbeteiligte Partei zu einem früheren Präsentationstermin bereit war, fand die Präsentation ihres Produktes am 15.5.2007 statt, im Anschluss erfolgte die Installation des Produktes der mitbeteiligten Partei und erfolgte schließlich die Teststellung ebenfalls am 6.6.2007.

 

Mit Aufforderungsschreiben vom 15.6.2007 wurden konkrete Auskünfte von der Antragstellerin schriftlich zum Kriterium 4.33, 4.36, 4.38, 4.9.5., 5.56 und 5.78 eingeholt. Weiters wurden zur Usability 23 Fragen gerichtet. Eine schriftliche Aufklärung bis 20.6.2007 wurde gefordert. Insbesondere wurde bemängelt, dass keine Funktion gefunden wurde, die einem Administrator erlaubt, die Gestaltung gemäß dem Kriterium 4.33 vorzunehmen. Weiters bestehe keine Möglichkeit, das vergebene Passwort auf Initial zu setzen. Zur Anforderung 4.38 wurde vorgehalten, dass dies als „Standard“ gekennzeichnet sei, bei der Präsentation am 25.5. aber erläutert wurde, dass zur Zeit kein eigenes Log existiert. Auch zum Kriterium 5.56 wurde vorgehalten, dass dies als „Standard“ gekennzeichnet ist, bei der Präsentation am 25.5. aber die Vorlage 2005 präsentiert wurde und auf Anfrage zum Jahr 2006 erläutert wurde, dass diese für die Kunden nicht erstellt wurde.

 

Der Anfrage wurde von der Antragstellerin am 19. Juni 2007 nachgekommen, wobei sie angab, dass die Passwortlänge in der nächsten Version vom Carecenter standardmäßig konfigurierbar sein wird und die Verwendung von Ziffern und Buchstaben in Groß- und Kleinschreibung aber bereits jetzt möglich ist. Auch das Initial setzbare Passwort wird in der nächsten Version von Carecenter standardmäßig vorhanden sein. Vom Kriterium 4.38 wurde dargelegt, dass derzeit unterschiedliche Tools, die das Auditing übernehmen, überprüft werden und diese Tools standardmäßig vorhanden sein werden. Zum Kriterium 5.56 wurde diese Anfrage bestätigt und mitgeteilt, dass 2007 es diese Statistik wieder geben wird.

 

Eine weitere schriftliche Anfrage vom 19. Juni 2007 wurde am 20. Juni 2007 beantwortet.

 

Gemäß Ergebnisprotokoll vom 21.6.2007 wurde zum Look and Feel-Test am 6. Juni 2007 eine verbale Beurteilung des Tests vorgenommen, wobei hinsichtlich des Produkts der Antragstellerin angemerkt wurde, dass eine Vertiefung in die Anwendung schnell zu Sackgassen führt, das Produkt nicht mehr ausgereift und funktional vollständig wirkt und daher die Bewertungen schlecht bis max. durchschnittlich aufgefallen sind. Inhaltlich sind vertiefende Informationen nur schwer findbar (nur mit hohem Schulungsaufwand überbrückbar, mittelmäßige Übersicht, schwache/mittelmäßige Navigation, dem Anwender unbewusst passierende Bewohnerwechsel bringen Gefahr von Fehleingaben, mittlere Erlernbarkeit, Userakzeptanz in der Verwaltung extrem gesunken, in der Pflege bestenfalls mittelmäßig). Es wurde daher festgestellt, dass die mitbeteiligte Partei die Kriterien erfüllt, die Antragstellerin hingegen nicht in allen Fällen die geforderten Muss-Kriterien erfüllt und wurden die Kriterien für Punkt 4.33, 4.36, 4.38, 5.56 und 6.75 genannt. Es wurde daher als Ergebnis festgehalten, dass die Antragstellerin aufgrund der Nichterfüllung von Musskriterien auszuscheiden ist.

 

Im Angebotsprüfungsprotokoll vom 9. Juli 2007 wurde das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden und dies mit der Nichterfüllung der darin aufgezählten Muss-Kriterien zum Erfüllungszeitpunkt „T“, die im Angebot als „vorhanden in Standard“ gekennzeichnet waren, begründet. Es handelt sich dabei um die Kriterien laut Anhang 4.33, 36 und 38, Anhang 5.56 und Anhang 6.75. Es wurde daher die Vergabe an das Angebot der mitbeteiligten Partei als wirtschaftlich und technisch günstigstes Angebot vorgeschlagen.

 

4.4. Mit Zuschlagsentscheidung vom 11.7.2007 wurde der Antragstellerin sowie sämtlichen übrigen Bietern die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die mitbeteiligte Partei mit einer Vergabesumme von Euro 389.422,99 mitgeteilt. Die Stillhaltefrist wurde mit 19.7.2007 bekannt gegeben. Als Gründe für die Nichtberücksichtigung der Antragstellerin wurde insbesondere nur bedingte Erfüllung von Muss-Kriterien (falscher Erfüllungszeitpunkt), die Produktreife (noch kein erprobtes System) und die schlechte Usability-Quote mitgeteilt. Die Merkmale und Vorteile des besten Angebotes hingegen liegen in der unbedingten Erfüllung der geforderten Kriterien und Funktionen in einer angemessenen Qualität, in der Produktreife und in der hohen Usability-Rate.

 

Mit Schreiben vom 19.7.2007, zugestellt per Fax am 26.7.2007, hat die Auftraggeberin sich auf § 129 Z7 BVergG 2006, nämlich den Ausscheidungsgrund eines den Ausschreibungsbestimmungen widersprechenden Angebotes, berufen und die einzelnen nicht erfüllten Muss-Kriterien angeführt und erläutert.

 

4.5. Im Grunde der öffentlichen mündlichen Verhandlung steht weiters fest, dass eine Einschulung der Testpersonen für die Teststellung weder in der Ausschreibungsunterlage vorgesehen war noch tatsächlich durchgeführt wurde. Das Softwarepaket wurde bereits in einer ersten Ausschreibung im Jahr 2006 ausgeschrieben, wobei sowohl die mitbeteiligte Partei als auch die Antragstellerin in diesem Verfahren teilgenommen haben. Diese Ausschreibung wurde widerrufen. Von Februar 2007 bis 15.5.2007 war zwar das Produkt der mitbeteiligten Partei in Form einer alten Version vorhanden, allerdings stand es dem Personal in diesem Zeitraum nicht zur Verfügung. Ab.15.5.2007 wurde ein neues Update bzw. eine neue Version des Produktes der mitbeteiligten Partei installiert und der Teststellung zugeführt.

 

Sowohl die Präsentationsphase als auch der Look and feel-Test liefen über Windows, allerdings wurde auch die Loslösung von Windows zugunsten Open source angedacht. Die Antragstellerin bestätigte dazu, dass eine zukünftige Anbindung an Open source bzw. Staroffice technisch möglich und nicht ausgeschlossen ist und in Kürze umgesetzt werden könnte. Zum Zeitpunkt der Teststellung war eine Anbindung nicht vorhanden. Es war daher losgelöst von Windows eine freie Definierbarkeit eines Passwortes nicht möglich. Weiters war auch die weitere Übereinstimmung mit den Passwort-Richtlinien der S L GmbH – wie in der Ausschreibungsunterlage gefordert – nicht gegeben, weil darin ausgeschlossene Passwörter mit zB geringerer Buchstabenzahl oder Name des Users möglich waren. Dies ergab die technische Prüfung.

 

Hinsichtlich Traceability/Auditing ist eine Abfrage der Änderungen vom User zwar im Pflegebereich, nicht allerdings in der Heimbewohnerverwaltung möglich. So kann zB bei der Heimbewohnerverwaltung der Heimleiter die Änderung der Bankverbindungen der Heimbewohner nicht abfragen.

 

Hinsichtlich der gesetzlich vorgeschriebenen Auswertungen legte die Antragstellerin dar, dass die Formulare aus dem Jahr 2005 vorhanden waren und 2007 die Statistik wieder eingegeben wird, für das Jahr 2006 die Daten vorhanden waren und abfragbar waren, allerdings eine bildhafte Zusammenfassung – wie sie für das Jahr 2005 präsentiert wurde – für das Jahr 2006 nicht gemacht wurde. Es ist daher auch die schriftliche Anfragebeantwortung in diesem Sinne zu verstehen. Die Ausschreibungsunterlage fordert „die gesetzlich vorgeschriebenen Auswertungen“, nicht jedoch „in der gültigen Fassung“.

 

Die in Beilage 6.75 geforderte farbliche Kennzeichnung bzw. Unterlegung wurde von der Antragstellerin bestätigt, von der Auftraggeberin allerdings bei der technischen Prüfung nicht gefunden.

 

4.6. Diese Feststellungen gründen sich auf die vorgelegten und zugrunde gelegten Vergabeunterlagen. Sie werden durch die Äußerungen der Parteien bestätigt.

 

4.7. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 20. Juli 2007, VwSen-550349/5/Kl/Pe, wurde dem Antrag der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 18.9.2007 untersagt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Die S S L GmbH steht im 100%igen Eigentum der L L und ist sohin öffentliche Auftraggeberin gemäß § 3 Abs.1 Z2 BVergG 2006 und fällt in den Vollzugsbereich des Landes gemäß Art. 14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG sowie in den Geltungsbereich des Oö. Vergaberechtsschutzgesetzes 2006 (§ 1 Abs.1 Oö. VergRSG 2006).

 

5.2. Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006, BGBl.I/Nr. 17/2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrags behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.aa BVergG 2006 ist die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1.      sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. von ihr nach § 5 Abs.1 Z5 geltend gemachten Recht verletzt und

2.      diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Der eingebrachte Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 11.7.2007 und ist rechtzeitig. Er ist auch zulässig.

 

Eine gesonderte Ausscheidensentscheidung gemäß § 129 Abs.3 BVergG 2006 wurde vor Mitteilung der Zuschlagsentscheidung – entgegen der gesetzlichen Anordnung – nicht bekannt gegeben. Die Ausscheidung seines Angebotes mit entsprechender Begründung wurde dem Antragsteller erst mit Schreiben vom 19. Juli 2007, per Fax zugestellt am 26. Juli 2007, mitgeteilt. Es konnte daher der Antragsteller seine Ausscheidung im Rahmen der Anfechtung der Zuschlagsentscheidung bekämpfen.

 

Aufgrund der Höhe des geschätzten Auftragswertes sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden (§ 12 Abs.1 Z2 und Abs.3 BVergG 2006).

 

5.3. Gemäß § 80 Abs.3 BVergG 2006 ist in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen anzugeben, ob der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden soll. Soll der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden, so hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben.

 

5.4. Gemäß § 123 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006 hat die Prüfung der Angebote in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien zu erfolgen. Im Einzelnen ist zu prüfen, ob den in § 19 Abs.1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde, die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters bzw. – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer, ob das Angebot rechnerisch richtig ist, die Angemessenheit der Preise, ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.

 

Gemäß § 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006 hat vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, auszuscheiden.

 

Gemäß § 126 Abs.1 BVergG 2006 ist vom Bieter eine verbindliche schriftliche Aufklärung zu verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Angebote Unklarheiten über das Angebot oder die geplante Art der Durchführung ergeben, sofern die Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind.

 

Gemäß § 130 BVergG 2006 ist von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Die Gründe für die Zuschlagsentscheidung sind schriftlich festzuhalten.

 

Im Grunde der Ausschreibungsunterlagen soll der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden und sind in den Ausschreibungsunterlagen detaillierte Ausführungen zur Angebotsbewertung (Punkt IV. der Ausschreibungs- bzw. Angebotsunterlagen) enthalten. Insbesondere legt Punkt IV.3. klar dar, dass für die Erfüllung der Muss-Kriterien, welche Mindestanforderungen bzw. K.O.-Kriterien sind, keine Punkte vergeben werden. Auch wurde klargelegt (Punkt IV.3.1. der Ausschreibungsunterlage), dass die Kriterien Hinweise bezüglich ihres Erfüllungszeitpunktes enthalten. Für „Muss-Kriterien“, gekennzeichnet mit dem Erfüllungszeitpunkt „Teststellung (T)“ oder „zeigen Umsetzbarkeit bei Teststellung durch Bieter (A)“, wird die Erfüllung des Kriteriums bereits bei der Teststellung eingefordert, unabhängig, ob die Erfüllung der Funktionalität vom Bieter als „Standard“ oder „Individuell“ gekennzeichnet wird.

 

Wie aufgrund des Beweisverfahrens als erwiesen festgestellt wurde, handelt es sich bei den aufgezeigten Anforderungen laut Beilage 4.33, 36 und 38, Beilage 5.56 und Beilage 6.75 jeweils um ein Muss-Kriterium, wobei sämtliche Muss-Kriterien mit dem Erfüllungszeitpunkt „T“, also Teststellung, versehen sind. Der Bieter hat daher die Erfüllung dieser Anforderungen zum Zeitpunkt der Teststellung nachzuweisen.

 

Sowohl die Niederschrift über die Angebotsprüfung vom 9.7.2007 als auch die Darlegungen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung haben gezeigt, dass insbesondere die Anforderungen laut Beilage 4.33 und .36 beim Angebot der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Teststellung nicht vorhanden war und sie dies auch in ihrer schriftlichen Aufklärung vom 19.6.2007 bestätigte. Den Ausführungen der Antragstellerin ist entgegenzuhalten, dass es selbstverständlich der Auftraggeberin obliegt, welche Anforderungen sie an die von ihr geforderte Leistung stellt, so auch insbesondere, dass sie ausbedingen kann, dass die Passwortsetzung auch unabhängig von vorhandenen Systemen, als unabhängig von Activedirectory aus einem Microsoftprodukt, möglich ist. In der mündlichen Verhandlung begründet dies die Auftraggeberin nachvollziehbar damit, dass sie auch die künftige Möglichkeit für Open source in Erwägung zieht.

 

Auch zur Anforderung in Beilage 4.38 wird auf die schriftliche Aufklärung vom 19.6.2007 hingewiesen, wonach mitgeteilt wird, dass ein eigenes Log für das Auditing überprüft wird und im Standard vorhanden "sein wird". Diesbezüglich ist ebenfalls entgegenzuhalten, dass es sich um ein Muss-Kriterium handelt und als Erfüllungszeitpunkt die Teststellung festgelegt ist. Eine zukünftige Entwicklung ist daher nicht ausschreibungskonform. Auch die mündliche Verhandlung hat gezeigt, dass für den Bereich der Heimbewohnerverwaltung die Abfrage durch den User von nicht sämtlichen Änderungen möglich ist. So wurde die Frage, ob bei der Verwaltung ein Heimleiter die Änderung der Bankverbindungen der Heimbewohner abfragen kann, verneint. Beilage 4 stellt aber jene technischen Anforderungen dar, die sowohl für die Heimbewohnerverwaltung und -abrechnung als auch für die Pflegedokumentation gelten. Es genügt daher nicht, dass die Abfrage mit einem eigenen Journal nur im Pflegebereich angeboten wird.

 

Auch hinsichtlich Beilage 5.56 wird in der schriftlichen Aufklärung vom 19.6.2007 bestätigt, dass die gesetzlichen Auswertungen für das Jahr 2006 nicht erstellt sind und erst wieder im Jahr 2007 erstellt werden. Wenn nunmehr in der mündlichen Verhandlung von der Antragstellerin dargelegt wird, dass die Auswertung aus dem Jahr 2005 vorhanden war und präsentiert wurde, indem auch eine bildliche Zusammenfassung präsentiert wurde, und lediglich für das Jahr 2006 eine Zusammenfassung nicht gegeben war, so ist jedoch das Ergebnis der Teststellung entgegenzuhalten, wonach Daten aus 2006 nicht präsentiert wurden, obwohl dies bereits bei der Teststellung bemängelt wurde. Auch ist ihr entgegenzuhalten, dass bereits zum Zeitpunkt der Teststellung am 6.6.2007 die gesetzlichen Auswertungen der Statistiken für das Jahr 2006 vorhanden hätten sein müssen. Allerdings ist der Antragstellerin – wie die Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung ausführte – zuzugestehen, dass in den Ausschreibungsunterlagen der Zusatz „in der gültigen Fassung“ fehlt. Wenngleich bei gesetzlich geforderten Statistiken natürlich selbstredend von gültigen Fassungen ausgegangen werden muss, so ist aus dem Wortlaut der Ausschreibung dies nicht klar ersichtlich.

 

Hinsichtlich der Anforderung Beilage 6.75 hingegen ist festzustellen, dass eine schriftliche Aufklärung diesbezüglich nicht verlangt wurde, die mangelnde farbliche Kennzeichnung aber im Protokoll über die Angebotsprüfung vom 9.7.2007 vermerkt ist und im Schreiben vom 19. Juli 2007 dann als Ausscheidungsgrund genannt wurde. Dieser Ausscheidungsgrund ist allerdings dahingehend zu relativieren, als zwar eine farbliche Kennzeichnung als Muss-Anforderung bereits zur Teststellung möglich sein muss, aber von Auftraggeberseite nicht gefunden wurde. Ein konkretes Ergebnis, dass diese Anforderung tatsächlich nicht vorhanden ist, gibt es allerdings nicht. Es hält daher die Antragstellerin zu Recht entgegen, dass eine schriftliche Aufklärung nicht angefordert wurde, in der ein Nachweis hätte erbracht werden können. Tatsächlich liege die Möglichkeit einer farblichen Kennzeichnung vor und ist selbst definierbar, welcher Text hinterlegt werden soll und in welcher Farbe hinterlegt werden soll.

 

Es kann daher jedenfalls von der Nichterfüllung der Muss-Kriterien gemäß Beilage 4.33, 36 und 38 ausgegangen werden. Schon die Nichterfüllung eines Muss-Kriteriums allerdings führt bereits zur Ausscheidung des Angebotes, weil jedes Muss-Kriterium eine Mindestanforderung ist, die jedenfalls erfüllt sein muss. Es wurde daher die Antragstellerin zu Recht von der Auftraggeberin ausgeschieden, weil das Angebot nicht den Ausschreibungsbestimmungen entspricht (§ 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006).

 

Gemäß § 130 Abs.1 BVergG 2006 ist aber die Zuschlagsentscheidung nur unter jenen Angeboten nach dem Prinzip des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes zu treffen, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben. Da die Antragstellerin auszuscheiden war und auch tatsächlich in der Angebotsprüfung ihr Angebot ausgeschieden wurde, kam sie für eine Zuschlagsentscheidung nicht mehr in Betracht. Die von ihr geltend gemachte Rechtsverletzung liegt daher nicht vor. Es war daher der Nachprüfungsantrag abzuweisen.

 

6. Gemäß § 74 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten.

 

Gemäß § 74 Abs.2 leg.cit. bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

 

Da der Nachprüfungsantrag abzuweisen war und kein Obsiegen festzustellen war, entfällt ein Gebührenersatz. Der entsprechende Antrag war abzuweisen.

                           

7. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 78,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr.  Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Mindestanforderungen, Erfüllungszeitpunkt, Nichterfüllung, Ausscheidung

 

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