Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150585/10/Lg/Hue

Linz, 25.09.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 18. September 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des A K, B K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 5. Juni 2007, Zl. BauR96-577-2005/Je, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.  

 

II.                  Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von  80 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.:  §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er es als Lenker des Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen ..... am 15. August 2005, 9.03 Uhr, die mautpflichtige A1 bei km 171.000 in Fahrtrichtung Salzburg vor der Raststelle "Landzeit" benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette am Kfz entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist.

 

2. In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, dass er lediglich einen Zettel an seinem Kfz mit folgendem Inhalt vorgefunden habe: "Um ihnen weitere Mühen zu ersparen, können Sie bis 18.08.2005 in der oben bezeichneten Dienststelle gegebenenfalls den Sachverhalt aufklären...". Diese Formulierung sei unglücklich gewählt. Der Meldungsleger habe den Bw die Risken erläutert und ihm erklärt, dass er nach einem aus Sicht des Meldungslegers aussichtslosen Einspruch 400 Euro zu bezahlen habe und es ansonsten 120 Euro sein würden. Spätestens nach dieser Aufklärung hätte der Beamte den Bw darüber informieren müssen, dass er die Aufforderung zur Bezahlung der 120 Euro nicht via Zahlschein mit der Post erhalten werde sondern direkt bei der Autobahnpolizei zu bezahlen sei. Der Meldungsleger sei vom Bw gefragt worden, welchen Sinn es habe, dass sich der Bw bei der Dienststelle telefonisch melden müsse, wenn es sowieso keine Gründe gebe, eine Strafverfügung abwenden zu können. Spätestens hier hätte der Beamte den Bw darüber aufzuklären gehabt, dass eine Direktausstellung der Zahlscheine nur bei ASFINAG-Kontrollen möglich sei und der Zahlschein im gegenständlichen Fall bei der Dienststelle abzuholen sei. Dies sei ja der eigentliche Grund für eine (aufgeforderte) Rückmeldung bei der Dienststelle. Aufgrund dieser Gesprächsdetails habe der Bw nicht im Entferntesten vermuten können, dass er die 120 Euro bei der Dienststelle sofort zu bezahlen gehabt hätte. Da der Bw somit nicht korrekt über den Ablauf informiert gewesen sei, sei ihm nicht ordnungsgemäß die Möglichkeit zur Bezahlung der Ersatzmaut angeboten worden.    

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 19. August 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine Mautvignette angebracht gewesen. Als Ergänzung zur Anzeige wurde Folgendes festgehalten: "Der Lenker des PKW Kz ...... Herr K A rief telefonisch, nachdem er den Mitteilungszettel über die fehlende Mautvignette gelesen hatte, bei der ho Dienststelle an, und erbat einen Rückruf vom Kontrollorgan CI J S. Am 19.8.2005 um ca. 19.10 Uhr wurde Hr K von CI S angerufen. Hr K erklärte das Fehlen der Vignette damit, dass er im Vorjahr einen Steinschlag in der vorderen Windschutzscheibe hatte und in der Folge die Scheibe wechseln musste. Auf Grund des Umstandes, dass er kein Mitglied beim ÖAMTC ist, wurden ihm 22.- Kosten für die neue Vignette (Austauschvignette) verrechnet. Da er jedoch dieses Jahr schon wieder einen Steinschlag in der Scheibe habe, und er nicht gewillt sei, neuerlich 22.- beim ÖAMTC zu bezahlen, habe er die Vignette zwar gekauft, jedoch nicht mehr in die Windschutzscheibe geklebt. Vorgenannter machte auch geltend, dass am Mitteilungszettel im oberen Datumsfeld der 18.8. und nicht der 15.8.2005 stehe. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich hier um einen Schreibfehler handelt. Kontrolldatum ist – wie in der Anzeige richtig eingetragen – der 15.8.2005".

 

Nach Strafverfügung vom 5. September 2005 brachte der Bw vor, dass er ein Strafmandat über 120 Euro erhalten habe, jedoch keinen Erlagschein. Es sei ihm deshalb nicht möglich gewesen, das Organmandat zu begleichen. Die verhängte Strafe über 400 Euro empfinde der Bw angesichts seines Status als Student mit einem Einkommen von ca. 700 Euro als nicht angemessen. Wenn er Gelegenheit gehabt hätte, hätte er ohne Weiteres die 120 Euro einbezahlt.

Als Beilage sind in Kopie der am Kfz hinterlassene Verständigungszettel und ein Einkommensnachweis angeschlossen.

 

Aus einer Niederschrift der belangten Behörde vom 29. September 2005 ist folgendes zu entnehmen: "Hr. CI S gibt zu oa. Aktenzahl folgendes an: Er hat Hr. K am 15.08.2005 einen Verständigungszettel am Fahrzeug hinterlassen mit dem Vermerk, er solle sich bis zum 18.08.2005 bei der Dienststelle "Autobahnpolizeiinspektion Haid" melden. Hr. K meldete sich am 18.08.2005, CI S war jedoch an diesem Tag nicht im Dienst und es wurde seine Nummer notiert und von Hr. CI S am 19.08.2005 zurückgerufen. Hr. K gab an, daß er auf Grund eines vorherigen Windschutzscheibenschadens die Vignette nicht ordnungsgemäß angebracht habe, da er nicht einsehe wieder 22,-- € beim ÖAMTC für die Ersatzvignette bezahlen solle und deshalb die Vignette nicht angebracht hatte. Es war keine Vignette am Auto angebracht noch irgendwo ersichtlich. Hr. CI S hat Hr. K daraufhin die Zahlung der Ersatzmaut angeboten, welche aber von Hr. K aus oa. Gründen abgelehnt wurde".

 

Dazu brachte der Bw Folgendes vor: "Bei dem Telefonat am 19.08.2005 mit Hr. CI S wurde der genaue Sachverhalt, so wie es schon in der Beweisaufnahme steht, besprochen. Meine damals angeführten Gründe werden meines Wissens auch nicht weiter Auswirkungen auf diese Strafverfügung haben, weshalb ich nicht im Detail darauf eingehen möchte. Nachdem meine Beweggründe für Hr. S nicht ausreichten um das Strafmandat zurückzulegen und ich natürlich versucht habe, weiter meinen Standpunkt darzustellen, hat mich Hr. CI S auf die Möglichkeit eines Einspruchs verwiesen. Er hat mir aber auch gleichzeitig die Risken erläutert und mir erklärt, dass ich nach einem, aus seiner Sicht aussichtslosen Einspruch, 400 Euro zu bezahlen hätte und es ansonsten 120 Euro sein würden. Dies nahm ich zur Kenntnis und wonach das Gespräch beendet wurde.

Nach diesem Gespräch bin ich davon ausgegangen, dass mir in den nächsten Tagen, sprich nach dem 19.08.2005, der Zahlschein über 120 Euro zugestellt werden würde. Diesen hätte ich dann auch beglichen, da ich mir das Risiko eines Einspruchs, bei meinen Einkommensverhältnissen, nicht hätte leisten können.

Ich möchte nun also feststellen, dass im obigen Gespräch nicht erwähnt wurde, dass ich die 120 Euro bei der Autobahnpolizei Haid hätte begleichen müssen. Dies habe ich erst durch Erkundungen im Zuge dieser Strafverfügung erfahren.

Weiters möchte ich feststellen, dass mir, im obigen Gespräch, die Möglichkeit des Einspruchs falsch erklärt wurde. Aus dieser Erklärung habe ich gefolgert, dass ich erst den Zahlschein der Strafverfügung, mit 120 Euro, und erst nach dem eventuell möglichen abgelehnten Einspruch einen Zahlschein über 400 Euro zugesandt bekomme. Dies entspricht aber auch nicht den Tatsachen. Ein abgelehnter Einspruch kostet ja 440 Euro.

Zusammenfassend hatte ich also gar nicht die Möglichkeit das Angebot, der Ersatzmaut, abzulehnen, wie es in der Beweisaufnahme steht, da mir die mögliche Begleichung der Ersatzmaut am Stützpunkt der Autobahnpolizei nie Angeboten wurde".

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bw den Verständigungszettel, einen Kaufbeleg, seine Kreditkarte und die Trägerfolie als Beweis dafür vor, dass er die Vignette gekauft habe.

 

Kopien dieser Beweismittel wurden zum Akt genommen.

 

Der Bw brachte vor, dass er zugebe, dass die Vignette aus den bereits angeführten Gründen nicht aufgeklebt gewesen sei. Im Telefonat mit dem Meldungsleger habe der Bw Gründe vorgebracht, die seiner Meinung nach für eine Straffreiheit ausreichen würden. Das Gespräch habe sich auf diesen Punkt konzentriert. Dem Gespräch sei nicht zu entnehmen gewesen, dass der Bw zur Dienststelle kommen solle, um "den Zahlschein" abzuholen oder bar zu bezahlen. Der Bw habe nicht gewusst, dass er zur Bezahlung der 120 Euro zum Meldungsleger hätte kommen müssen, er habe die Zusendung eines Zahlscheines erwartet. Der Bw habe geglaubt, dass die Vorgehensweise so ähnlich wie bei einer Anonymverfügung sei.

 

Der zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger sagte aus, dass der Mitteilungszettel wie üblich an die Windschutzscheibe geheftet worden sei, damit sich der Bw mit der Dienststelle in Verbindung setzt, damit dem Betreffenden die Ersatzmaut angeboten werden könne, wozu der Zeuge verpflichtet sei. Um dieses Angebot zu ermöglichen, werde der Verständigungszettel an der Windschutzscheibe befestigt.

Der Bw habe sich gemeldet und die Ursache für das Nichtaufkleben der Vignette erklärt, worauf ihm erklärt worden sei, dass bei Nichtbezahlung der Ersatzmaut Anzeige erstattet werden würde. Außerdem habe der Bw gesagt, dass im Verständigungszettel ein Formfehler sei, welcher – im Falle der Beschreitung des Rechtsweges – ohnehin zur Straffreiheit führen würde. Der Formfehler betreffe einen Schreibfehler beim Ausstellungsdatum. Das Ersatzmautangebot sei auf die Weise erfolgt, dass dem Bw angeboten worden sei, zur Dienststelle zu kommen, um die Ersatzmaut zu bezahlen. Dies habe der Bw jedoch ausdrücklich nicht gewollt, da er geglaubt habe, verschiedene Gründe für seine Straffreiheit vorgebracht zu haben.

 

Daraufhin bestritt der Bw, dass ihm mitgeteilt worden sei, dass er auf die Dienststelle kommen solle. Er sei von der Zusendung eines Zahlscheines ausgegangen.

 

Der Meldungsleger sagte weiters aus, dass er sich nicht mehr an den exakten Verlauf des Telefonats erinnern könne. Er wisse aber, dass er in solchen Fällen stets anbiete zur Dienststelle zu kommen, um die Ersatzmaut zu bezahlen. Dies müsse der Zeuge ja tun, dafür sei das Gespräch ja da.

 

Beantragt wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe.    

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 Abs. 1 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 gelten u.a. Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

5.2. Unbestritten ist, dass der Bw gegenständlich der Lenker war, der gegenständliche Parkplatz mautpflichtig ist und am Kfz zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine Mautvignette aufgeklebt war.

 

Wenn der Bw vorbringt, ihm sei die Ersatzmaut nicht ordnungsgemäß angeboten worden, so setzt er offenbar voraus, dass das Angebot zur Leistung der Ersatzmaut Strafbar­keitsvoraussetzung ist. Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend: Der Verwaltungs­gerichtshof hat zum Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG) in mehreren Erkenntnissen (vgl. u.a. Zl. 97/06/0242 v. 18.12.1997 und Zl. 98/06/0105 v. 9.9.1999) festgestellt, dass der Strafaufhebungsgrund des § 13 Abs. 3 BStFG die tatsächliche Entrichtung der Ersatzmaut voraussetzt, nicht jedoch die Aufforderung dazu. "Die erfolglose Aufforderung ist nicht Voraussetzung für die Strafbarkeit; die Tat wird vielmehr auch dann nicht straflos, wenn die zuvor genannten Beträge nicht entrichtet werden, mag auch die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben sein".

 

Gestützt auf die im Vergleich zum BStFG größere Detailgenauigkeit der Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) über die Vor­gangsweise der Organe im Zusammenhang mit dem Ersatzmautangebot (dies trifft insbesondere auch auf die einschlägigen Passagen der als Verordnung einzustufenden Mautordnung zu) vertrat Wessely, ZVR 07/08, 2004, Seiten 229ff, 232 – entgegen der Rechtsprechung des VwGH zum BStFG – die Auffassung, dass ein Rechtsanspruch auf die Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut besteht und verwaltungsstrafrechtliche Ahndung der Mautprellerei ohne vorhergehende Aufforderung nicht in Betracht kommt. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist dieser Auffassung aus pragmatischen Gründen gefolgt (vgl. u.a. VwSen-150253/7/Lg/Hue/Hu v. 19.7.2005), ohne die durch diese Auslegung bedingten, die Vollzugspraxis belastenden Auslegungsprobleme zu übersehen – so etwa war unklar, unter welchen genauen Voraussetzungen von einem wirksamen Ersatzmautangebot auszugehen ist.

 

Mit der Novelle zum BStMG, BGBl. I Nr. 26/2006, wurden nicht nur die Bestimmungen über die Durchführung eines Ersatzmautangebotes abgeändert, sondern auch ausdrücklich festgehalten: "Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht" (§ 19 Abs. 6). Die EB, 1262 Blg. NR 22 GP, Seite 5, führen dazu aus: "Mit der Änderung des § 19 wird klargestellt, dass weder dem Fahrzeuglenker noch dem Zulassungsbesitzer das Recht auf Übermittlung einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut zukommt". Dies bedeutet (arg. "klargestellt"), dass in den EB davon ausgegangen wird, dass die einschlägigen Regelungen des BStMG bereits vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 26/2006 nicht anders auszulegen waren, als die entsprechenden Regelungen des BStFG und zwar nach der maßgeblichen Rechtsprechung des VwGH. Aufgrund dieser gewissermaßen authentischen Interpretation des Gesetzgebers geht der Unabhängige Verwaltungssenat nunmehr ebenfalls davon aus, dass die in der Novelle BGBl. I Nr. 26/2006 explizit gemachte Rechtslage auch auf Sachverhalte anzuwenden ist, die sich vor Inkrafttreten dieser Novelle ereignet haben, somit auch im gegenständlichen Fall das Ersatzmautangebot keine Voraussetzung der Strafbarkeit ist. 

 

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Meldungsleger in der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubwürdig dargelegt hat, dass er dem Bw angeboten hat, auf der Dienststelle die Ersatzmaut zu bezahlen. Der Meldungsleger unterliegt nicht nur besonderen Sanktionen sondern war auch nach dem persönlichen Auftreten vertrauenswürdig und in seinen Darstellungen widerspruchsfrei. Es ist nicht auszuschließen, dass das Detail der Erforderlichkeit des persönlichen Erscheinens auf der Dienststelle (wie übrigens auch auf dem Verständigungszettel vermerkt wurde) vom Bw – dessen Fokus im Telefonat auf sein Rechtfertigungsvorbringen gerichtet war – überhört worden ist. Weiters sei darauf hingewiesen, dass eine Übersendung eines Zahlscheines zur Begleichung der Ersatzmaut für einen Kontrollfall wie dem gegenständlichen im BStMG nicht vorgesehen ist. Auch macht ein Schreibfehler (beim Datum) auf dem Verständigungszettel das (später erfolgte)  Ersatzmautangebot nicht gegenstandslos oder unwirksam.

 

Aus den oben erwähnten Gründen gehen die diesbezüglichen Vorbringen des Bw ins Leere.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel sei zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit ausgegangen, nämlich in dem Sinne, dass  ihm nicht zu Bewusstsein kam, dass das ledigliche Mitführen einer Jahresvignette keine ordnungsgemäße Mautentrichtung darstellt. 

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde, wodurch die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw ohne Bedeutung sind. Insbesondere kann sich die (behauptete) Tatsache von mehreren Windschutzscheibenbrüchen bzw. die Verrechnung von Bearbeitungsentgelten für die Ausstellung von Ersatzvignetten durch einen Autofahrerclub nicht strafmildernd auswirken. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da der Bw vor Benützung einer Mautstrecke für eine ordnungsgemäße Mautentrichtung (iSd Aufklebens einer Mautvignette) zu Sorgen gehabt hätte.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder