Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162480/3/Br/Ps

Linz, 19.09.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der  unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch  sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn J K, geb., L, H, vertreten durch RAe Dr. T B u. Mag. C B, P, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 2. August 2007, Zl. VerkR96-2494-2007-BS, zu Recht:

 

I.        Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe im Punkt 2) auf 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden ermäßig wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – VStG.

 

II.      Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich auf 5 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung (unter einem Einstellungshinweis des Punktes 1), wegen Übertretungen nach § 106 Abs.5 Z2 u. § 106 Abs.1 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen in Höhe von 2) 200 Euro und 3) 100 Euro und für den Uneinbringlichkeitsfall 72 u. 37 Stunden an Ersatzfreiheitsstrafen verhängt und wider ihn folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sehr geehrter Herr K!

Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

1)    Eingestellt gemäß § 45 Abs. 1Z.2 VStG 1991 am 2. August 2007.

2)   Sie haben als Lenker nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten wurden, da festgestellt wurde, dass Sie Kinder, welche das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und welche kleiner als 150 cm waren, befördert haben und diese dabei nicht mit einer geeigneten, der Größe und dem Gewicht der Kinder jeweils entsprechenden Rückhalteeinrichtung,   welche   die   Gefahr  von  Körperverletzungen  bei   einem  Unfall verringert, gesichert hatten. Anzahl der beförderten Kinder: 2.

Tatort:    Gemeinde   Ottensheim,   Landesstraße   Freiland,   Achleitnersiedlung,    Rohrbacher Landesstraße B127 bei Strkm. 9,450 Fahrtrichtung Ottensheim.

Tatzeit:   27.04.2007,17:00 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften) verletzt:

§106 Abs. 5 Z2 KFG 1967

3)   Sie haben als Lenker nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten wurden, da festgestellt wurde, dass Sie die bei der Genehmigung festgesetzte größte zulässige Anzahl von 2 Personen um 2 überschritten haben, weil Sie 4 Personen (einschließlich dem Lenker) befördert haben.

Tatort:    Gemeinde   Ottensheim,   Landesstraße   Freiland,   Achleitnersiedlung,   Rohrbacher

Landesstraße B127 bei Strkm. 9,450 Fahrtrichtung Ottensheim.

Tatzeit:   27.04.2007, 17:00 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften) verletzt:

§106 Abs.1 KFG 1967"

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Die im Spruch angeführten Übertretungen wurden am 27. April 2007 von Polizeibeamten der Polizeiinspektion Puchenau auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung festgestellt. Es wurden in dem LKW Nl, F T, in dem laut Fahrzeugschein inklusive Lenker zwei Personen befördert werden dürfen, insgesamt vier Personen befördert. Auf dem in der Fahrzeugmitte unmittelbar hinter der Windschutzscheibe vorhandenen Sitz saßen zwei Kinder die gemeinsam mit einem Dreipunktgurt, der auf Grund der mangelnden Größe nur als Beckengurt verwendet wurde, vollkommen unzureichend gesichert waren.

 

Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 15. Mai 2007 haben Sie durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung Einspruch erhoben. Unter Beigabe einer Aktenkopie wurden Sie aufgefordert, sich zu den Ihnen angelasteten Tatbeständen zu rechtfertigen. In Ihrer Stellungnahme vom 17. Mi 2007 geben Sie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt und geben an dass die Geldstrafe als erhöht zu bezeichnen sei.

 

Die Behörde hat dazu Folgendes erwogen:

Gemäß § 106 Abs. 5 Z. 2 KFG 1967 hat der Lenker dafür zu sorgen, dass Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres, die kleiner als 150 cm sind, in Kraftwagen, ausgenommen Fahrzeuge der Klassen M2 und M3, nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern.

Gemäß § 106 Abs. 1 KFG 1967 § 106. dürfen mit Kraftfahrzeugen und Anhängern Personen nur befördert werden, wenn deren Sicherheit gewährleistet ist. Sie dürfen, unbeschadet der Bestimmungen des Abs.11, und, sofern bei der Genehmigung nichts anderes festgelegt worden ist, nur auf den dafür vorgesehenen Sitz- oder Stehplätzen und nur so befördert werden, dass dadurch nicht die Aufmerksamkeit oder die Bewegungsfreiheit des Lenkers beeinträchtigt, seine freie Sicht behindert oder der Lenker oder beförderte Personen sonst gefährdet werden. Personen dürfen in Fahrzeugen der Klassen M2 und M3 nur dann liegend befördert werden, wenn dies im Genehmigungsdokument und im Zulassungsschein angeführt ist. Bei der Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen und Anhängern darf, unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 11, die bei der Genehmigung festgesetzte größte zulässige Anzahl der Personen, die mit dem Fahrzeug befördert werden dürfen, nicht überschritten werden. Außer bei Omnibussen und Omnibusanhängern dürfen abgesehen vom Lenker nicht mehr als acht Personen, gleichgültig ob Erwachsene oder Kinder, befördert werden. Bei der Berechnung der Anzahl der Personen, die mit einem Omnibus oder Omnibusanhänger im Kraftfahrlinienverkehr oder im täglichen Gelegenheitsverkehr von und zu einer Schule oder einem Kindergarten befördert werden, sind drei Kinder unter 14 Jahren als zwei Personen und Kinder unter sechs Jahren nicht zu zählen.

Übertretungen dieser Bestimmungen sind gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 mit Geldstrafen bis zu 5.000 Euro zu ahnden. Die Übertretung nach § 106 Abs. 5 Z. 2 KFG 1967 stellt zudem ein Vormerkdelikt im Sinn des § 30a FSG dar.

Zu den Übertretungen selbst werden von Ihnen keine Rechtfertigungsangaben vorgebracht. Die Tatbestände sind auf Grund der Ausführungen in der Anzeige als erwiesen anzusehen. Kindersicherung und Personenbeförderung kommt erhebliche Bedeutung zu, da immer mit der Notwendigkeit von abrupten Fahrmanövern zu rechnen ist. Bei unzureichender Sicherung besteht bei zB einem abrupten Bremsmanöver hohe Verletzungsgefahr für die Insassen. Aus diesem Grund ist die verhängte Geldstrafe angemessen und jedenfalls erforderlich, um Sie in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

Da diese Übertretung unter Strafsanktion gestellt ist, war mit Bestrafung vorzugehen.

Die Strafbemessung erfolgte entsprechend den Bestimmungen des § 19 VStG 1991 unter Berücksichtigung Ihrer aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse. Der Unrechtsgehalt der Übertretung sowie das Ausmaß Ihres Verschuldens mussten der Straf­bemessung zu Grunde gelegt werden.

 

Mildernd war das Nichtvorliegen von Verwaltungsstrafvormerkungen zu werten. Erschwerende Umstände traten im Verfahren nicht zu Tage.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist im § 64 VStG 1991 gesetzlich begründet."

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter dem Schuld- und Strafausspruch mit folgenden Ausführungen entgegen:

"In umseits näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 2.8.2007, VerkR96-2494-2007-BS, binnen offener Frist das Rechtsmittel der

 

Berufung

 

ficht das Straferkenntnis zur Gänze und macht formelle und materielle Rechtswidrigkeit gel-tend:

 

1. Bereits in der Stellungnahme vom 17.7.2007 hat der Beschuldigte ausgeführt, dass er die ihm angelasteten Daten zur Gänze bestreitet. Bemerkenswert ist, dass es zwar zu einer Anzei­ge gekommen ist, dem Beschuldigten selbst jedoch die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Fahrt fortzusetzen.

Im übrigen hat es die Behörde unterlassen, ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchzu­führen. Festzuhalten ist, dass das gegenständliche Fahrzeug nicht a priori nur für 2 Personen zugelassen ist. Es ist vielmehr so, dass in Deutschland das konkrete Fahrzeug für 3 Personen zugelassen ist. Dies ist auch der Grund, warum das gegenständliche Fahrzeug einerseits mit 3 Sitzen versehen ist und andererseits 3 Sicherheitsgurte vorhanden waren.

 

2. Jedenfalls angefochten wird das gegenständliche Straferkenntnis im Hinblick auf das gegen den Beschuldigten verhängte Strafausmaß. Zu Punkt 2. des Straferkenntnisses wurde gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Strafe von € 200,00 und zu Punkt 3. des angefochtenen Strafer­kenntnisses gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Strafe von € 100,00 verhängt.

 

Der Beschuldigte hat bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausgeführt, dass er lediglich ein Einkommen in der Höhe von ca. € 800,00 ins Verdienen bringt, sorgepflichtig ist für 2 min­derjährige Kinder und für seine Ehegattin. Alleine aus diesem Grund ist die über ihn verhäng­te Geldstrafe jedenfalls als überhöht zu erachten.

Im übrigen kommt hinzu, dass der Beschuldigte Schulden in der Höhe von ca. € 30.000,00 hat.

Bedenkt man weiters, dass dem Beschuldigten in weiterer Folge die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Fahrt fortzusetzen, so scheint auch die Strafhöhe nicht tat- und schuldangemessen.

 

3. Mit Rücksicht auf obige Ausführungen stellt der Beschuldigte den

 

Antrag,

 

dass angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das gegen ihn eingeleite Verwal­tungsstrafverfahren einzustellen.

In eventu die über ihn verhängte Strafe tat- und schuldangemessen und insbesondere unter Bedachtnahme auf die bestehenden Vermögens- und Einkommensverhältnisse herabzusetzen.

 

R, am 31.8.2007                                                                         J K"

 

2.1. Die Berufung wurde in der Folge mit Schriftsatz vom 18.9.2007 zu Punkt 2) auf das Strafausmaß eingeschränkt und zu Punkt 3) zurückgezogen.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Daraus ergibt sich in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen und dessen Ergänzung der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG unterbleiben.

 

4. Zur Strafzumessung:

 

4.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzu­wägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

4.2. Aus Judikatur des VfGH ist abzuleiten, dass die Gurtenpflicht nicht bloß dem Selbstschutz sondern auch dem Schutze öffentlicher Interessen dient. Diese Pflicht greift – so der VfGH – in keiner Weise in das Privatleben und ebenso wenig in ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht ein (Hinweis auf EMRK v. 13.12.1979, Nr. 8707/79, EuGRZ 1980, S 170).

Der mit dieser Rechtsvorschrift normierte Schutzgedanke trifft im besonderen Umfang für den Schutz von beförderten Kindern zu.

Nun ist jedoch im gegenständlichen Fall auf die zu Punkt 3) bestehende Rechtskraft zu verweisen, welcher in zumindest teilweiser Konkurrenz bereits einen beträchtlichen, wenn nicht überhaupt überwiegenden Teil des auch von Punkt 2) geschützten Rechtsgut miterfasst.

Logisch betrachtet findet sich nämlich in einem für (nur) zwei Personen zugelassenen Kraftfahrzeug auch keine für die Beförderung von weiteren Personen vorgesehene Rückhaltevorrichtung. Die in Rechtskraft erwachsene Strafe wegen unzulässiger Beförderung zog daher bei rechtslogischer Betrachtung auch die nicht vorhandene ausreichende Sicherung einer über das Ausmaß der Zulassung beförderten Person(en) nach sich. Daher war die Geldstrafe der (verbleibenden) in der ungesicherten Beförderung an sich abstrakt zuzuordnenden Tatschuld in einem gerecht erscheinenden und auch den wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers Rechnung tragenden Ausmaß zu reduzieren. 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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