Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162485/2/Br/Ps

Linz, 13.09.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Strafberufung der Frau B K, geb., E, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. Juli 2007, Zl. VerkR96-17128-2007, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

 

I.     Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

 

II.    Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten wird für das Berufungsverfahren ein Verfahrenskostenbeitrag von 16 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis die mit Strafverfügung vom 30.4.2007 in Höhe von 120 Euro festgesetzte Geldstrafe auf 80 Euro und für den Nichteinbringungsfall die Ersatzfreiheitsstrafe von 72 auf 48 Stunden ermäßigt. Dem Einspruch gemäß § 49 Abs.2 VStG lag ein in Rechtkraft erwachsener Schuldspruch nach § 52a Z10a StVO 1960 (A 25, Fahrtrichtung Linz, Gemeinde Pucking, beim Strkm 0,400, als Lenkerin des Pkw W-32865R) zu Grunde.

 

1.1. In der Begründung des reduzierten Strafausmaßes hob die Behörde erster Instanz im Ergebnis die seit 40 Jahren unauffällige Verkehrsteilnahme und die wirtschaftliche Situation der Berufungswerberin als Hausfrau hervor.

 

2. In der auch dagegen erhobenen Berufung vermeint die Berufungswerberin, es könne angesichts ihrer "österreichweiten Unbescholtenheit" mit einer weiteren Reduzierung des Strafausmaßes bzw. bloßen Ermahnung oder einer Einstellung des Strafverfahrens wegen Geringfügigkeit das Auslangen gefunden werden. Fälschlich wird auf § 17 VStG anstatt auf § 21 VStG verwiesen.

 

2.1. Mit diesem Vorbringen vermag die Berufungswerberin einen Ermessensfehler in der Strafzumessung nicht aufzuzeigen!

 

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG unterbleiben.

 

4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

5. Im Sinne des § 60 AVG iVm § 24 VStG sind  in der Begründung des Bescheides, die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Für Geschwindigkeitsüberschreitungen gibt der § 99 Abs.3a StVO 1960 einen Strafrahmen bis zu 726 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe (Arrest) bis zu zwei Wochen vor.

Geschwindigkeitsüberschreitungen sind sogenannte Ungehorsamsdelikte, zu deren Strafbarkeit es des Eintrittes eines Erfolges (im Sinne einer konkreten Negativauswirkung) nicht bedarf. Abgesehen davon, dass laut gesicherter höchstgerichtlicher Judikatur bei Geschwindigkeitsüberschreitungen in diesem Ausmaß die Anwendung des § 21 VStG ausscheidet (weder unbedeutende Tatfolgen noch geringes Verschulden), wird dies durch nachfolgend darzustellende Überlegung noch verdeutlicht:

Während bei Einhaltung der hier erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h der Anhalteweg mit knapp 82 m anzunehmen ist, liegt dieser bei der von der Berufungswerberin bereits unter Abzug der sogenannten Messfehlertoleranz (5 % der gemessenen Geschwindigkeit) bei über 126 m. Dieser Berechnung ist eine realistisch erreichbare Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2 und einer Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden zu Grunde gelegt. Daraus folgt ferner, dass die Stelle, an der das Fahrzeug aus 100 km/h zum Stillstand gelangt, bei der von der Berufungswerberin eingehaltenen Geschwindigkeit noch mit knapp über 93 km/h durchfahren wird (Berechnung mittels Analyzer Pro 32, Version 6).  

 

5.1. Die durch eine Geschwindigkeitsüberschreitung herbeigeführte abstrakte Gefahrenpotenzierung ist mit Blick auf diese Fakten wohl evident. Anzumerken ist die Begehung dieser Geschwindigkeitsüberschreitung bei Dunkelheit.

Die erstinstanzliche Ermäßigung der Strafzumessung von ursprünglich 120 auf nur 80 Euro ist daher als sehr milde und maßvoll zu bezeichnen. Die in der Berufung zum Ausdruck gelangende Rechtsansicht zur Missachtung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit steht doch recht auffällig im Widerspruch, nicht nur zu der diesem Thema bekannten öffentlichen Meinung, sondern insbesondere auch zur dazu bestehenden einschlägigen Spruchpraxis der Unabhängigen Verwaltungssenate, dem Verwaltungsgerichtshof und auch der Zivil- u. Strafgerichte.

Hinzuweisen ist an dieser Stelle, dass der Verwaltungsgerichtshof wegen einer Fahrgeschwindigkeit auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h bereits im Jahre 1990 eine Geldstrafe in der Höhe von ATS 4.000 [entspricht nunmehr 290,70 Euro] als angemessen erachtete (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).

Der Strafberufung musste daher der Erfolg versagt werden.

Die unter II. ausgesprochenen Kosten für das Berufungsverfahren sind gesetzlich begründet

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof   erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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