Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162497/2/Bi/Se

Linz, 17.09.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn MDr. R R, H, vom 5. September 2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 9. August 2007, VerkR96-3386-2007-BS, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 134 Abs.3d Z1 iVm 106 Abs.2 KFG 1967 eine Geldstrafe von 40 Euro (18 Stunden EFS) verhängt, weil er am 7. Dezember 2006, 9.15 Uhr, als Lenker des Kraftfahrzeuges ...., im Ortsgebiet Linz, Kheven­hüller­straße 4 bis zur Kreuzung Blumauerstraße stadtauswärts, den Sicher­heitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet habe. Dies sei bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt worden. Er habe die Zahlung einer Organ­straf­verfügung verweigert, obwohl ihm eine solche angeboten worden sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 4 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerec­ht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe den Gurt sehr wohl verwendet, nämlich in der Form, dass er durch den Gurt geschlüpft sei, sodass er diesen am Becken getragen habe. Über der Brust habe er ihn nach seiner Bypass-Operation am 30. Mai 2006 und der damit, wie auch im vorgelegten Arztbrief bestätigt, verbundenen Gefährdung des Brustbeines nicht tragen können. Der Polizist habe ihn beschuldigt, er habe den Gurt erst vor der Anhaltung so angelegt, was aber nicht richtig sei. Tatsächlich habe der Anzeiger aber seine Art des Tragens des Sicher­heitsgurtes während der Fahrt aus seiner Position nicht beobachten können.

Dass er keine gültige Ausnahmegenehmigung vorlegen habe können, sei insofern nicht richtig, als die vorgelegte Bescheinigung sehr wohl die Befreiung von der Gurten­pflicht dokumentiere. Bis zum vollständigen Zusammenwachsen des Brust­beines sei neben anderen abrupten Bewegungen das Hineinfallen in den Sicher­heits­gurt, wenn dieser über der Brust getragen werde, lebensgefährlich. Dazu hätte es nur einer Rückfrage beim Amtsarzt bedurft.; die sechs Monate laut Arztbrief seien keine Fallfrist. Er habe den Arztbrief bei der Kontrolle vorgelegt. Beantragt wird die Behebung des Straferkenntnisses, in eventu ein Absehen von der Bestrafung wegen geringen Verschuldens.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw als Lenker eines Pkw vom Meldungsleger GI O B (Ml) ua wegen des Nichtverwendens des Sicherheitsgurtes angehalten wurde. Laut Anzeige habe der Ml beim unmittelbar vor ihm auf der Khevenhüllerstraße in Höhe Haus Nr.2 stadtauswärts fahrenden Bw gesehen, dass dieser keinen Gurt angelegt gehabt habe. Der Bw sei bei der Kreuzung mit der Blumauerstraße nach rechts eingebogen und auf Höhe des Hauses Nr.47 angehalten worden. Er habe sinngemäß gesagt, er verwende den Gurt deshalb nicht, weil er vor kurzem am Herz operiert worden sei. Er habe aber keine Ausnahmegenehmigung. Ein Organmandat in Höhe von 35 bzw 21 Euro – ihm sei auch noch ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot vorgeworfen worden – habe er abgelehnt. Der Ml führte aber in der Anzeige aus, er habe auch bei der anschließenden Lenker- und Fahrzeugkontrolle festge­stellt, dass der Bw den Gurt nicht verwendet habe.

Laut dem mit dem Einspruch gegen die Strafverfügung der BPD Linz vom 22. März 2007, S-1825/08-3, vorgelegten Arztbrief und einer "Aufklärung für Patienten nach Herz­operationen" des AKH Linz, Abteilung Chirurgie I, wird bestätigt, dass der Bw am 30. Mai 2006 ein dreifacher ACB gelegt worden sei, und der Patient gewarnt, dass sein Brustbein mindestens drei bis sechs Monate brauche, um vollständig belastbar zu sein.

In seinem schriftlichen Bericht vom 12. Mai 2007 hat der Ml ausgeführt, der Bw habe keine ärztliche Bestätigung, welche ihn vom Verwenden des Sicherheitsgurtes befreie, vorgelegt; eine solche "dürfte er offensichtlich auch nicht besitzen". Dass er nur den Beckengurt verwendet habe, habe der Bw während der Amtshandlung nicht erwähnt; er habe zugegeben, den Gurt nicht verwendet zu haben.

 

Der UVS gelangt in freier Beweiswürdigung zu der Auffassung, dass beim Nachfahren hinter einem Pkw für einen Polizeibeamten wohl nicht erkennbar sein kann, ob der Lenker dieses Pkw den Sicherheitsgurt in der Weise trägt, dass er durchschlüpft und den Gurt unterhalb des Armes als eine Art "Beckengurt" ver­wendet. Die Aussage des Ml, der Bw habe während der Amtshandlung nicht erwähnt, dass er den Gurt als Beckengurt verwende, lässt darauf schließen, dass er dazu aus eigener Wahrnehmung nichts sagen kann. Auch dürfte der Ml Aussagen des Bw falsch verstanden haben – dafür sprechen auch andere Passagen der Anzeige.

In rechtlicher Hinsicht kann aus diesen Überlegungen nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit eine Aussage darüber getroffen werden, dass der Bw als Lenker des Pkw den Sicherheitsgurt tatsächlich (gar) nicht verwendet habe. Auch wenn der in der Aufklärung für Patienten nach Herz­operationen genannte Zeitraum von "mindestens drei bis sechs Monaten" am 7. Dezember 2006 erst knapp vorbei war, ist die Vorsicht  des Bw nicht lebensfremd, sodass die geschilderte Vorgangsweise nicht von vornherein unglaubwürdig ist. Es war daher letztlich im Zweifel zugunsten des Bw wegen Nichterweisbarkeit des Tatvorwurfs spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturge­mäß Verfahrenskosten nicht anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Tatvorwurf nicht erweisbar (Bw hatte Herzoperation, den Sicherheitsgurt hat er als Beckengurt getragen) -> Einstellung

 

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