Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300776/21/BMa/Ps

Linz, 01.10.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des H O, geb. am ........, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 7. Februar 2007, Zl. Pol-437/06, wegen Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 2. Juli 2007 und am 25. Juli 2007 zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

„Sie haben es als Hundehalter zu vertreten, dass Sie Ihren Hund (Doggen-Dalmatiner-Mischlingsrüde mit der HundemarkenNr. ......) nicht derart beaufsichtigten und verwahrten, dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, da Ihr Hund weder einen Maulkorb trug, noch Sie in der Lage waren, Ihren Hund zurückzuhalten und zu beherrschen, sodass dieser Hund am 19.11.2006 gegen 18.00 Uhr in S auf der Promenade nächst dem Hause Nr. .... (auf dem dortigen Christkindlmarkt) auf den Hund (Golden Retriever) von Fr. A F einbiss und dieser dadurch gefährdet wurde.

Gegenständlicher Hund wurde somit nicht derart verwahrt, dass Tiere durch ihn nicht gefährdet werden. Da Hunde in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren und zu führen sind, dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, stellt oa. Tatbestand eine Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes dar.“

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde die Rechtsvorschrift des § 3 Abs.2 Z1 iVm § 15 Abs.1 Z2 und Abs.2 Oö. Hundehaltegesetz, LGBl. 147/2002, als verletzt und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung auf der Grundlage des § 15 Abs.2 leg.cit eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 30 Euro vorgeschrieben.

 

Die belangte Behörde legte ihrem Erkenntnis den Sachverhalt zugrunde, dass H O zum Tatzeitpunkt im eigenen Namen darüber entscheiden habe können, wie sein Hund zu verwahren oder zu beaufsichtigen sei. Somit sei er Hundehalter iSd § 1 Abs.2 Z2 des Oö. Hundehaltegesetzes.

Weiters wurde ausgeführt, die Übertretung der Bestimmungen des Oö. Hundehaltegesetzes seien auf Grund der Anzeige der Polizeiinspektion Steyr als erwiesen anzusehen. Als Grad des Verschuldens habe zumindest Fahrlässigkeit angenommen werden müssen.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das vom Berufungswerber am 12. Februar 2007 übernommen wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 19. Februar 2007, die in Form einer niederschriftlichen Vernehmung des Beschuldigten vor der belangten Behörde eingebracht wurde. Konkludent wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt und ersucht, das Verfahren einzustellen.

 

2.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt eine mündliche Verhandlung am 2. Juli 2007 durchgeführt, zu der weder die Parteien noch die Zeugen erschienen sind. Der gesamte Akt wurde verlesen und die Verhandlung zur Klärung des Sachverhalts vertagt. Am 25. Juli 2007 erschienen die Zeugen A F und H B, der ordnungsgemäß geladene Berufungswerber blieb unentschuldigt der Verhandlung fern. Die belangte Behörde entschuldigte sich telefonisch am 24. Juli 2007 und teilte mit, dass sich H O in der Justizanstalt Steyr in Untersuchungshaft befinde.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Aus der Aktenlage in Zusammenhang mit den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

 

Am 19. November 2006 gegen 18.00 Uhr besuchten die Zeugen A F und H B mit ihrem Kleinkind und ihrem Hund, einem Golden Retriever, gemeinsam mit Bekannten den Christkindlmarkt in Steyr. Weil sich dort auch ein Doggen-Dalmatinermischling, der Hund des Herrn O, aufhielt, der am linken Straßenrand war, gingen die Zeugen am rechten Straßenrand. Der Berufungswerber hielt ihn aber nicht selbst an der Leine, sondern hat ihn einer anderen männlichen Person, einem Erwachsenen von mittlerer bis schmächtiger Statur, anvertraut. Beide Hunde wurden an der Leine geführt. Plötzlich stürzte der Hund des Rechtsmittelwerbers auf den Golden Retriever und fügte ihm Verletzungen zu. Durch das Hinzustürzen des Doggen-Dalmatiner-Mischlingsrüden und im Zuge des Gerangels der beiden Hunde kam das zweijährige Kleinkind zu Sturz. Der Besitzer des Doggen-Dalmatiner-Mischlingsrüden, Herr O, hat den Vorfall zunächst nicht registriert, weil er möglicherweise auch alkoholisiert gewesen ist. Darauf angesprochen, hat er den Vorfall bestritten, obwohl der Golden Retriever sichtlich verletzt war. Beim Hinzustürzen des Doggen-Dalmatiner-Mischlingsrüden auf den Golden Retriever wurde der Bekannte des Herrn O, der den Hund an der Leine gehalten hatte, hinter dem Hund hergezogen, er konnte ihn nicht zurückhalten.

 

 

3.2. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.2.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Akten und aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung am 25. Juli 2007.

 

3.2.2. Beweiswürdigend ist festzuhalten, dass die Aussagen der Zeugen, ein Bekannter des Berufungswerbers habe den Hund bei dem gegenständlichen Vorfall an der Leine gehalten und nicht der Berufungswerber selbst, glaubwürdig sind. Diese Aussagen widersprechen auch nicht dem vorliegenden Akt und der Anzeige der Polizeiinspektion Stadtplatz Steyr vom 22. November 2006. In dieser Anzeige wurde nicht näher darauf eingegangen, wer zum Zeitpunkt des angezeigten Vorfalls den Hund an der Leine geführt hatte. Es wurde lediglich ausgeführt, der anwesende Hundebesitzer sei zu diesem Vorfall sofort angesprochen worden und dieser habe lediglich die Hundemarke bekanntgegeben.

 

4.1. Gemäß § 3 Abs.2 Oö. Hundehaltegesetz ist ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass

  1. Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden oder
  2. Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden oder
  3. er an öffentlichen Orten oder auf fremden Grundstücken nicht unbeaufsichtigt herumlaufen kann.

 

Gemäß Abs.3 leg.cit darf der Hundehalter oder die Hundehalterin den Hund nur durch Personen beaufsichtigen oder führen lassen, die psychisch, physisch und geistig in der Lage sind, den Verpflichtungen gemäß Abs.2 nachzukommen.

 

Gemäß § 15 Abs.1 Oö. Hundehaltegesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen Hund entgegen der Bestimmung des § 3 Abs.2 hält (Z2) und gemäß Z3 seinen Verpflichtungen als Hundehalter oder Hundehalterin gemäß § 3 Abs.3 nicht nachkommt.

 

Gemäß § 15 Abs.2 Oö. Hundehaltegesetz sind Verwaltungsübertretungen, sofern die Tat nicht den Tatbestand eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen.

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z.1 VStG ist die Tat soweit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Sen. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], 1522, Anm. 2 zu § 44a VStG).

 

4.3. Aus den neu getroffenen Feststellungen ergibt sich demnach, dass H O den Tatbestand des § 3 Abs.3 Oö. Hundehaltegesetz 2002 verletzt hat, hat er doch den Hund durch eine andere männliche Person beaufsichtigen oder führen lassen, der auf Grund seiner Statur physisch nicht in der Lage war, den Hund zu beherrschen.

 

Dieses Fehlverhalten kann dem Berufungswerber jedoch nicht (mehr) angelastet werden (siehe die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG), denn die belangte Behörde hat ihm im insoweit maßgeblichen Spruch einen Verstoß gegen § 3 Abs.2 Z2 angelastet (konkret: er habe den Hund nicht in einer Weise beaufsichtigt, verwahrt oder geführt, dass Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden), nicht jedoch einen gegen Abs.3 leg.cit (konkret: er habe seinen Hund durch eine andere hiefür nicht geeignete Person beaufsichtigen lassen).

 

Demnach war der Beschwerde Folge zu geben und Henryk O von dem wider ihn erhobenen Vorwurf freizusprechen und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z3 VStG).

 

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Gerda Bergmayr-Mann

 

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