Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400904/2/WEI/Ps

Linz, 15.09.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des V S, angeblich Staatsangehöriger von M, dzt. in Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Wels, vertreten durch Dr. M L und DDr. K R H, Rechtsanwälte in B, S, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis zu Recht erkannt:

 

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis) den notwendigen Verfahrenaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 157/2005) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden S a c h v e r h a l t aus:

 

1.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. September 2007, Zl. Sich 41-93-2006, wurde auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG gegen den Beschwerdeführer (Bf) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet, wobei die Schubhaft im Anschluss an die Beendigung einer Ersatzfreiheitsstrafe wirksam wurde. Der Bescheid wurde dem Bf noch am gleichen Tag von einem Bediensteten der belangten Behörde in der Justizanstalt Ried im Innkreis eigenhändig zugestellt. Sein Rechtsvertreter erhielt eine Ausfertigung per Telefax. Der Bf wird seit seinem Strafende am 7. September 2007 um 08.00 Uhr in Schubhaft angehalten.

 

Im Schubhaftbescheid hat die belangte Behörde zum Sachverhalt festgestellt, dass der Bf am 1. März 2003 gegen 20.25 Uhr von der Gendarmerie in Weitra unweit der Grenze zu Tschechien aufgegriffen und wegen rechtwidriger Einreise festgenommen wurde. Nach seinen damaligen Angaben war der Bf von Polen kommend versteckt in einem LKW nach Österreich gelangt, wofür er 400 Euro bezahlt hätte. Am 2. März stellte er einen Asylantrag. Die Bezirkshauptmannschaft Gmünd hat mit Bescheid vom 2. März 2003, Zl. 11-F/03, ein bis 2. März 2008 befristetes Aufenthaltsverbot gegen den Bf erlassen, der damals auch bis 1. April 2003 in Schubhaft angehalten wurde.

 

1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamts vom 27. März 2003, Zl. 03 07.505-BAL, wurde der Asylantrag des Bf gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und gemäß § 8 AsylG 1997 die Zulässigkeit der Abschiebung nach M ausgesprochen. Die dagegen eingebrachte Berufung des Bf hat der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS) mit Bescheid vom 22. August 2007, Zl. 236.296/0/18E-VI/42/03, abgewiesen. Der Bf übernahm die Berufungsentscheidung noch am gleichen Tag in der Justizanstalt Ried im Innkreis und bestätigte mit seiner Unterschrift die Übernahme. Damit wurde die Berufungsentscheidung rechtswirksam und das Asylbegehren war rechtskräftig erledigt.

 

1.3. Der Bf wurde zuletzt am 6. März 2006 in Wien nach der StPO festgenommen. Am 30. Mai 2006 wurde er im Stande der Strafhaft in die Justizanstalt Ried im Innkreis verlegt. Die Strafhaft endete am 6. September 2007 um 08.00 Uhr. Danach verbüßte der Bf noch eine Ersatzfreiheitsstrafe aus einem Verwaltungsstrafverfahren des Magistrats Wien zu Zl. MA67-PA568100/6/4.

 

Im Strafregister scheinen folgende gerichtliche Verurteilungen des Bf auf:

 

1.  Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 2. Dezember 2003, Zl. 114 Hv 179/2003h, wurde der Bf wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 15, 127, 130 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon sechs Monate bedingt auf drei Jahre, verurteilt.

 

2.  Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 10. März 2004, Zl. 51 EHv 26/2004x, wurde der Bf wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 15, 127, 130 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Die bedingte Strafnachsicht zu Zl. 114 Hv 179/2003h wurde widerrufen.

 

3.  Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 7. März 2005, Zl. 72 Hv 220/2004f, wurde der Bf wegen des Verbrechens des teils versuchten und vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 1. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

 

4.  Schließlich wurde der Bf mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11. Mai 2005, Zl. 121 Hv 43/2006i, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 1. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt.

 

Mit Bescheid vom 16. Juni 2004, Zl. III-1129233/FrB/04, zugestellt am 28. Juni 2004, hat die Bundespolizeidirektion (BPD) Wien gegen den Bf auf der Grundlage des § 36 Abs 1 und 2 Z 1 FrG 1997 wegen der ersten beiden Vorstrafen ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

 

1.4. Bei der fremdenpolizeilichen Einvernahme des Bf durch die belangte Behörde (Niederschrift vom 04.09.2007) wurde der bisher dargestellte Sachverhalt mit ihm besprochen. Er gab an, dass er in M nicht vorbestraft wäre. Er hätte auch aktuell keinen Wohnsitz in Österreich. Früher wäre er irgendwo gemeldet gewesen, wo ihm die Post zugestellt wurde. Auch ein Fahrzeug hätte er angemeldet gehabt. Die Adresse könnte er aber nicht mehr angeben. Im Bundesgebiet habe der Bf keine Angehörigen. Seine Eltern lebten in M, Geschwister gäbe es nicht. Er sei ledig und habe keine Sorgepflichten. In Österreich hätte er kurzfristig ein paar Mal "schwarz" gearbeitet. Seinen m Reisepass hätte ihm seinerzeit der Schlepper abgenommen. Er besitze in Österreich keine m Dokumente. Seine Angaben zur Identität entsprächen aber der Wahrheit.

 

Dem Bf wurde die weitere geplante Vorgangsweise (Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auf Grundlage des FPG und Schubhaft sowie Abschiebung nach M) bekanntgegeben. Er gab dazu an, dass er nicht nach M abgeschoben werden möchte. Die im Asylverfahren angegebenen Probleme im Heimatstaat wären weiterhin relevant. Zu den gerichtlichen Verurteilungen meinte der Bf, dass ihm in Österreich kein Wohnsitz, keine Arbeit und kein Geld zur Verfügung standen. Er hätte keine andere Wahl gehabt. Wenn er eine Arbeitserlaubnis gehabt hätte, wäre es sicher nicht zu den Diebstählen gekommen.

 

Der Bf weigerte sich, das Formular zur Erlangung eines m Heimreisezertifikates  auszufüllen, weil er nicht nach M zurückkehren wollte. Er wurde aufgefordert einen m Pass beizuschaffen. Bei Nichtmitwirkung verzögere sich die Anhaltung in Schubhaft. Der Bf wollte dazu noch einen Anwalt konsultieren. Er denke auch daran, gegen die Entscheidung des UBAS Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Die Unterschrift unter die Niederschrift der belangten Behörde verweigerte der Bf, weil er noch einen Rechtsanwalt beiziehen wollte. Die Richtigkeit der Protokollierung wurde vom Leiter der Amtshandlung bestätigt.

 

1.5. Mit Schreiben vom 5. September 2007 ersuchte die belangte Behörde unter Angabe der Daten und Vorlage der erforderlichen Unterlagen die Konsularabteilung der Botschaft der Republik M um Ausstellung eines Heimreisezertifikates zur ehest möglichen Abschiebung des Bf nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Da der Bf über kein Reisedokument oder einen sonstigen Identitätsnachweis verfügt, werde dringend um Ausstellung eines Heimreisezertifikates gebeten.

 

Mit weiterem Schreiben vom 6. September 2007 wurde die BPD Wien zuständigkeitshalber um Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bf auf der Grundlage des § 60 Abs 2 Z 1 FPG ersucht, weil die bisherigen Aufenthaltsverbote gemäß der Übergangsbestimmung des § 125 Abs 3 FPG nur mehr als Rückkehrverbote gelten und damit keinen Titel für die Abschiebung bilden.

 

1.6. Mit der bei der belangten Behörde am 10. September 2007 eingebrachten Eingabe vom 7. September 2007 erhob der Bf durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde wegen der Anhaltung in Schubhaft und beantragte die sofortige Aufhebung der Schubhaft. Die Schubhaftbeschwerde wurde von der belangten Behörde dem dafür zuständigen Oö. Verwaltungssenat übermittelt. Der Antrag auf Aufhebung des Schubhaftbescheides und der Schubhaft ist im Hinblick auf § 81 FPG von der belangten Behörde zu behandeln. Mit der Beschwerde wird aber sinngemäß die Rechtswidrigkeit der Schubhaft behauptet, weshalb von einer Beschwerde iSd § 82 Abs 1 FPG auszugehen ist.

 

Die belangte Behörde hat mit Vorlageschreiben vom 10. September 2007, ho. eingelangt am 11. September 2007, die Beschwerde mit den fremdenpolizeilichen Akten zur Entscheidung übermittelt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie der Beschwerde entgegentritt und deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.

 

2.1. In der rechtlichen Begründung des Schubhaftbescheides tritt die belangte Behörde der schriftlichen Äußerung des Bf entgegen und betont, dass der Asylantrag rechtskräftig abgelehnt und die Zulässigkeit der Abschiebung nach M rechtskräftig festgestellt worden ist. Der Bf sei daher nicht mehr Asylwerber. Ein Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs über die Gewährung der aufschiebenden Wirkung liege aktuell nicht vor. Bei Gesamtbetrachtung des vorliegenden Sachverhalts bestehe ernsthaft die Gefahr, dass sich der Bf bei einer Abstandnahme von Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und die weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen vereiteln oder wesentlich erschweren werde. Ein konkreter Sicherungsbedarf sei gegeben und der Zweck der Schubhaft könne nicht durch gelindere Mittel gemäß § 77 FPG erreicht werden, zumal zu befürchten sei, dass der Bf untertauchen und erneut straffällig werde. Die Straftaten des Bf ließen die Anwendung eines gelinderen Mittels keinesfalls als geboten erscheinen. Die belangte Behörde führte zur Nichtanwendung von gelinderen Mitteln die folgenden Umstände, nämlich illegale Einreise und nicht rechtmäßiger Aufenthalt, vorübergehende Einstellung des Asylverfahrens im Jahr 2003, fehlender Wohnsitz, fehlende soziale, berufliche und familiäre Bindungen in Österreich, ungeklärte Identität, fehlende Ausreisewilligkeit und nicht ausreichende Mitwirkung an der Identitätsfeststellung, an. Der bestehenden Fluchtgefahr könne verlässlich nur mit Schubhaft begegnet werden. Der Eingriff in die persönliche Freiheit des Bf sei auch im Hinblick auf das besondere öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens und der Bekämpfung der Eigentumskriminalität verhältnismäßig.

 

2.2. Die Beschwerde geht vom oben dargestellten Sachverhalt aus und bringt vor, dass der Bf gegen die negative Berufungsentscheidung des UBAS eine Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde erheben werde. Auch einen Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung habe der Bf gestellt. In der Folge wird mit der Möglichkeit der künftigen Einräumung der aufschiebenden Wirkung und dem damit entstehenden vorläufigen Aufenthaltsrecht argumentiert. Seine sofortige Abschiebung wäre daher rechtswidrig. Derzeit bestünde auch kein aufrechtes Aufenthaltsverbot. Im Zusammenhang mit dem Antrag an den Verwaltungsgerichtshof befände sich der Bf daher derzeit legal in Österreich. Er werde sich in B eine Wohnung nehmen und versuchen, so schnell wie möglich eine Arbeit zu finden, damit der Lebensunterhalt gesichert sei. Es bestünde deshalb keine akute Gefahr einer neuerlichen Straftat.

 

Der Bf beantragt die Anwendung gelinderer Mittel. Er verpflichte sich, jeden zweiten Tag vorzusprechen, um seine Anwesenheit zu dokumentieren. Ohne Reisedokumente könne er ohnehin kein anderes Land aufsuchen. Die spezialpräventive Prognose wäre bei Aufnahme einer Arbeit und Wohnungsnahme nicht so negativ, dass eine Schubhaft erforderlich wäre. In M würde der Bf verfolgt und "mit dem Tode bzw. einer langjährigen Freiheitsstrafe bedroht" werden. Er würde nach seiner Abschiebung sofort verhaftet und in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr in Freiheit entlassen werden, weil die Polizei Ms Interesse an seinem Verschwinden hätte. Allein aus humanitären Gründen wäre der vorläufige Aufenthalt des Bf in Österreich gerechtfertigt. Es sollte die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über das einstweilige Aufenthaltsrecht abgewartet werden.

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

1.      wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.      wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3.      wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

 

Der Bf wird seit 7. September 2007 im PAZ Wels für die belangte Behörde in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ist zulässig, aber nicht begründet.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Im Fall des § 80 Abs 4 Z 2 FPG (Nichtvorliegens der für die Ein- oder Durchreise erforderlichen Bewilligung eines anderen Staates; vgl früher § 69 Abs 4 Z 3 FrG 1997) kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb von zwei Jahren grundsätzlich sechs Monate aufrecht erhalten werden (vgl früher § 69 Abs 6 FrG 1997).

 

4.3. Das AsylG 2005 trat am 1. Jänner 2006 in Kraft und das AsylG 1997 mit 31. Dezember 2005 außer Kraft (vgl § 73 AsylG 2005, Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl I Nr. 100/2005). § 75 AsylG 2005 enthält Übergangsbestimmungen für Asylverfahren.

 

Gemäß § 19 Abs 2 AsylG 1997 idFd AsylG-Nov 2003 (BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 101/2003) waren "Asylwerber", deren Asylverfahren zugelassen ist (§ 24a), bis zum rechtskräftigen Abschluss oder der Einstellung des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Dieses Aufenthaltsrecht war durch Ausstellen einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 36b) zu dokumentieren.

 

Nach § 2 Abs 1 Z 14 AsylG 2005 ist ein "Asylwerber" ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Nach der gleichartigen Legaldefinition des § 1 Z 3 AsylG 1997 ist "Asylwerber" ein Fremder ab Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung. Ein Unterschied besteht nur insofern, als nunmehr von Antrag auf internationalen Schutz (vgl dazu § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005) anstatt von Asylantrag die Rede ist. Diese geänderte Terminologie entspricht der Statusrichtlinie und wurde zum Zweck der Einheitlichkeit übernommen. Die Stellung eines solchen Antrags entspricht aber inhaltlich dem bisherigen Asylantrag (vgl RV Fremdenrechtspaket, 952 Blg NR 22. GP, Seite 30, "Zu Z 12" des AsylG 2005). Daher betont die Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005 (vgl 952 BlgNR 22. GP, Seite 31, "Zu Z 14" des AsylG 2005), dass der Begriff "Asylwerber" der geltenden Rechtslage entspricht und keiner Änderung bedarf. Fremde sind nicht mehr Asylwerber, wenn entweder das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen oder nach § 24 AsylG 2005 eingestellt wurde.

 

Nach dem früheren § 20 Abs 2 AsylG 1997 wurde ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung gegen Fremde iSd Abs 1, denen Asyl gewährt oder die im Besitz einer befristeten Aufenthaltsberechtigung sind, erst durchsetzbar, wenn diese ihre Aufenthaltsberechtigung (HInweis auf § 31 Abs 1 und 3 FrG 1997) verloren haben.

 

4.4. Das Asylverfahren des Bf wurde im Instanzenzug mit der noch am 22. August 2007 zugestellten abweisenden Entscheidung des UBAS rechtskräftig negativ abgeschlossen. Damit ist die asylrechtliche Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Abs 2 AsylG 1997 weggefallen. Der Bf hat seit diesem Zeitpunkt keinen Aufenthaltstitel mehr und hält sich daher unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Dazu kommen noch zwei gegen den Bf rechtskräftig erlassene Aufenthaltsverbote, die gemäß § 20 Abs 2 AsylG 1997 mit Verlust der Aufenthaltsberechtigung des Bf durch Zustellung des negativen Asylbescheides zweiter Instanz durchsetzbar geworden wären. Allerdings macht dies die offenbar nicht durchdachte Übergangsbestimmung des § 125 Abs 3 FPG durch ihren Satz 2 zunichte, weil danach ein an sich nach dem 1. Satz gültiges Aufenthaltsverbot nur mehr als Rückkehrverbot gilt, wenn der Fremde am 1. Jänner 2006 ein Asylwerber war. Die belangte Behörde hat der nach h. Ansicht gesetzgeberischen Fehlleistung dadurch Rechnung getragen, dass sie die Schubhaft folgerichtig auch zur Verfahrenssicherung verhängte und die dafür zuständige BPD Wien im Hinblick auf die noch nicht verwerteten Vorstrafen des Bf um die Erlassung eines (weiteren) Aufenthaltsverbots nach dem § 60 Abs 1 und 2 Z 1 FPG ersuchte.

 

Gemäß § 76 Abs 1 FPG konnte die belangte Behörde die Schubhaft zur Sicherung eines fremdenpolizeilichen Verfahrens und zur Sicherung der anschließenden Abschiebung des Bf zulässigerweise anordnen. Die belangte Behörde hat auch unverzüglich die erforderlichen Schritte zwecks Besorgung eines Heimreisezertifikates ergriffen, weshalb keine unnötige Verzögerung erkennbar ist und die Schubhaft voraussichtlich so kurz wie möglich dauern wird.

 

4.5. Gemäß § 77 FPG ist schon bei Verhängung der Schubhaft auf allfällige gelindere Mittel Bedacht zu nehmen und von Schubhaft abzusehen, wenn der Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist aber entgegen der Behauptungen der Beschwerde der Ansicht, dass beim Bf gelindere Mitteln iSd § 77 Abs 3 FPG nicht in Betracht kommen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise die Anwendung gelinderer Mittel verneint, wenn die Befürchtung bestand, dass sich der Fremde angesichts der ihm drohenden Abschiebung im Verborgenen halten würde, weil

 

·        keine familiären Bindungen zu Österreich bestanden haben und angesichts der Schwere der von ihm begangenen Straftaten eine beachtliche Minderung der für eine Integration wesentlichen sozialen Komponente erkennbar war (VwGH vom 19.01.1995, Zl. 94/18/1126; VwGH vom 02.07.1999, Zl. 99/02/0081),

·        mit einer Unterstützung durch die Caritas und einer Unterkunftsgewährung die Mittellosigkeit nicht beseitigt wird; zusätzlich würde die soziale Integration fehlen (VwGH vom 23.02.2001, Zl. 98/02/0276; VwGH vom 23.03.1999, Zl. 98/02/0309),

·        der Bf illegal eingereist ist, kein Reisedokument mitgeführt hat und der Nachweis über die Staatsbürgerschaft fehlte (VwGH vom 28.01.2000, Zl. 99/02/0335).

 

Die von der belangten Behörde im Schubhaftbescheid ins Treffen geführten Umstände für die Nichtanwendung gelinderer Mittel (vgl oben Punkt 2.1.) hält auch der Oö. Verwaltungssenat für stichhaltig und ausschlaggebend. Es kann entgegen der Beschwerde keine Rede davon sein, dass der vertrauensunwürdige Bf eine weitere Chance verdiente. Der Bf wurde seit seiner illegalen Einreise am 1. März 2003 bereits vier Mal wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu Freiheitsstrafen verurteilt, wobei die Freiheitsstrafen zusammen beträchtliche 47 Monate oder beinahe 4 Jahre ausmachen. Trotz Hafterfahrung von drei Monaten (teilbedingte Strafe) schon anlässlich der ersten strafgerichtlichen Verurteilung am 2. Dezember 2003 wurde der Bf innerhalb kurzer Zeit rückfällig. Er verbrachte bisher den Großteil der Zeit seines österreichischen Aufenthaltes in Strafhaft. Bei seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme am 4. September 2007 gab er zu den Verurteilungen zu bedenken, dass ihm kein Wohnsitz, keine Arbeit und kein Geld zur Verfügung gestanden wäre, weshalb er keine andere Wahl gehabt hätte.

 

Wieso sollte sich aber in Zukunft diese rechtsfeindliche Einstellung des Bf ändern? Die Beschwerde hat dafür keinerlei plausible Gründe angegeben, sondern lediglich unrichtige oder unglaubhafte Behauptungen aufgestellt. Es ist bei der gegebenen Sachlage weder zu erwarten, dass der Bf einer legalen Arbeit nachgehen, noch dass er sich eine Wohnung leisten könnte. Er hat keine familiären oder sonstige soziale Bindungen in Österreich und auch nicht die notwendigen Mittel für seinen Unterhalt. Eine soziale Integration des Bf, der den Großteil seines Aufenthalts in Österreich in Strafhaft verbrachte, kann gerade nicht angenommen werden.

 

Das gesamte Verhalten des Bf lässt eine eindeutige Missachtung von wesentlichen fremdenrechtlichen und strafrechtlichen Vorschriften der österreichischen Rechtsordnung erkennen. Der Bf hat kein Reisedokument oder sonstiges Dokument vorgelegt, das seine Identität beweisen könnte. Er hat nach Ausweis des vorgelegten Fremdenpolizeiaktes kein kooperatives Verhalten gezeigt und die Unterschrift unter die mit ihm aufgenommene Niederschrift und für die Erlangung eines Heimreisezertifikats verweigert. Er will nach wie vor nicht nach M zurückkehren, obwohl im Asylverfahren rechtskräftig festgestellt worden ist, dass die Abschiebung in seine Heimat zulässig ist, weil ihm dort keine unmenschliche Behandlung droht. Durch sein bisheriges Fehlverhalten hat der Bf jedenfalls hinreichend bewiesen, dass er nicht vertrauenswürdig ist. Angesichts seines bisherigen Gesamtverhaltens und seiner geringen Hemmschwelle ist zu befürchten, dass er weiterhin durch strafbare Handlungen gegen fremdes Eigentum auffällig werden und seinen Lebensunterhalt zumindest teilweise bestreiten würde.

 

Es muss daher angenommen werden, dass der Bf im Wissen darüber, dass gegen ihn ein weiteres Aufenthaltsverbot nunmehr nach dem FPG erlassen werden soll, um ihn endgültig nach M abschieben zu können, auf freiem Fuß untertauchen und sich dem fremdenpolizeilichen Zugriff der Behörden entziehen würde. Es liegen genügend Gründe für die Annahme vor, dass der Zweck der Schubhaft mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht erreicht werden könnte. Schon die Wahrscheinlichkeit des unkooperativen Verhaltens und allfälligen Untertauchens des Bf rechtfertigt eine Ermessensübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Maßnahmen zu verhängen (VwGH vom 23.03.1999, Zl. 98/02/0309).

 

5. Im Ergebnis war daher die vorliegende Beschwerde mit der Feststellung nach dem § 83 Abs 4 FPG als unbegründet abzuweisen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war der belangten Behörde als obsiegender Partei nach § 79a AVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003) antragsgemäß der notwendige Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro für die Beschwerde angefallen.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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