Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521638/7/Zo/Da

Linz, 06.09.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn H C, geb. 19.., P, vom 2.5.2007 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 20.4.2007, Zl. VerkR21-300-2006-Gg, wegen Entziehung der Lenkberechtigung sowie begleitender Maßnahmen nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7.8.2007 zu Recht erkannt:

 

I.                     Der Berufung wird teilweise stattgegeben, folgende Punkte des angefochtenen Bescheides werden aufgehoben:

             Entziehung der Lenkberechtigung für 3 Monate,

             Aberkennung des Rechtes, von einer ausländischen Lenkberechtigung in         Österreich Gebrauch zu machen,

             Fahrverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und       Invalidenkraftfahrzeuge,

             Aufforderung zur Ablieferung des Führerscheines.

 

II.                   Hinsichtlich der Anordnung einer besonderen Maßnahme wird die Berufung abgewiesen und der Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Berufungswerber verpflichtet wird, eine besondere Maßnahme gemäß § 4a Führerscheingesetz-Nachschulungsverordnung innerhalb von 3 Monaten ab Zustellung dieses Bescheides zu absolvieren und der Bezirkshauptmannschaft Freistadt die Bestätigung darüber vorzulegen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. u. II.: §§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d AVG iVm §§ 7 Abs.3 Z3, 30a Abs.2 Z5 und 30b FSG, BGBl. I 1997/120 idgF

 


 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Dauer von 3 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides entzogen. Es wurde ausgesprochen, dass sich diese Entziehung auch auf eine allfällig von einem anderen EWR-Staat erteilte ausländische Lenkberechtigung sowie auf allfällige sonstige ausländische Lenkberechtigungen bezieht. Dem Berufungswerber wurde das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten und er wurde verpflichtet, seinen Führerschein sowie allfällig vorhandene ausländische Führerscheine unverzüglich der Behörde abzuliefern.

Weiters wurde die Absolvierung einer besonderen Maßnahme gem. § 4a Führerscheingesetz-Nachschulungsverordnung innerhalb der Entzugsdauer angeordnet.

 

2. Der Berufungswerber erhob dagegen rechtzeitig Einspruch und verlangte die Einsichtnahme in die Aufzeichnungen des Vorfalles vom 30.8.2006 auf der Mühlkreisautobahn.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7.8.2007. Bei dieser wurde in die Videoaufzeichnungen des Vorfalles vom 31.8.2006 Einsicht genommen und ein Gutachten eines Sachverständigen für Verkehrstechnik zu den festgestellten Nachfahrabständen eingeholt. Der Berufungswerber selbst hat an der Verhandlung teilgenommen und der Polizeibeamte RI W wurde als Zeuge einvernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 31.8.2006 seinen PKW auf der Mühlkreisautobahn in Fahrtrichtung Linz. Es gab eine anonyme Anzeige wegen seiner aggressiven Fahrweise, weshalb ein Zivilstreifenfahrzeug im Bereich der Autobahnauffahrt Unterweitersdorf die Nachfahrt aufgenommen hat. Diese wurde mittels Providaanlage dokumentiert. Daraus ergibt sich, dass der Berufungswerber im Bereich von km 24,700 den Sicherheitsabstand deutlich unterschritten hat, dieser betrug nur 0,29 Sekunden. Nachdem das vor dem Berufungswerber fahrende Fahrzeug auf den rechten Fahrstreifen gelenkt wurde, erhöhte der Berufungswerber seine Geschwindigkeit deutlich, um 7.37 Uhr wurde unter Berücksichtigung der Messtoleranz eine Geschwindigkeit von 178 km/h gemessen. Bei km 21,750 fuhr der Berufungswerber wiederum auf ein auf der linken Spur fahrendes Fahrzeug auf, wobei er einen Abstand von lediglich 0,31 Sekunden einhielt. Das vorausfahrende Fahrzeug wechselte daraufhin auf den rechten Fahrstreifen und der Berufungswerber näherte sich der Autobahnauffahrt Gallneukirchen. Von dieser Auffahrt kommend fuhr vor dem Berufungswerber ein PKW auf den linken Fahrstreifen, wobei der Berufungswerber seine Fahrgeschwindigkeit verringerte. Dennoch unterschritt er den erforderlichen Sicherheitsabstand deutlich und hielt lediglich einen Abstand von 0,28 Sekunden ein. Bereits 5 Sekunden später erfolgte eine weitere Abstandsmessung bezüglich der selben Fahrzeuge, zu diesem Zeitpunkt betrug der Abstand laut Anzeige lediglich 0,19 Sekunden. Nach weiteren 23 Sekunden wurde eine weitere Abstandsmessung betreffend die beiden Fahrzeuge durchgeführt, zu diesem Zeitpunkt ergab sich ein Abstand von 0,41 Sekunden.

 

Zu den Messungen führte der Sachverständige aus, dass die Geschwindigkeits­messungen von ihm nachvollzogen wurden und schlüssig erscheinen. Dies gilt auch für die Abstandsmessungen, allerdings mit der Einschränkung, dass jene Messung, bei welcher sich ein Abstand von 0,19 Sekunden ergibt, technisch nicht mit Sicherheit nachvollzogen werden kann. Dies vermutlich deshalb, weil der Seitenversatz zwischen den beiden Fahrzeugen bzw. dem nachfahrenden Polizeifahrzeug und den gemessenen Fahrzeugen nicht ausreichend war, um eine exakte Messung durchzuführen. Unter Berücksichtigung der vorgeschriebenen Messtoleranzen konnte der Sachverständige nicht ausschließen, dass der tatsächliche Abstand zwischen dem vorausfahrenden Fahrzeug und dem Fahrzeug des Berufungswerbers geringfügig über 0,2 Sekunden betragen haben könnte. Möglicherweise kann dieser Abstand auch geringer gewesen sein, eine exakte Feststellung ist allerdings anhand der Videoaufzeichnungen nicht möglich.

 

Der Berufungswerber wurde wegen aller sechs Vorfälle rechtskräftig bestraft, wobei die Strafhöhe insgesamt 1.100 Euro beträgt.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 hat gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gilt unter anderem das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheits­abstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde.

 

Gemäß § 30a Abs.2 Z5 FSG sind Übertretungen des § 18 Abs.1 StVO 1960, sofern die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde und der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr aber weniger als 0,4 Sekunden betragen hat, im Führerscheinregister vorzumerken.

 

Gemäß § 30b Abs.1 FSG ist unbeschadet einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung eine besondere Maßnahme gem. Abs.3 anzuordnen:

  1. wenn zwei oder mehrere der im § 30a Abs.2 genannten Delikte in Tateinheit begangen werden oder
  2. anlässlich einer zweiten zu berücksichtigenden Vormerkung (§ 30a Abs.4) wegen eines der in § 30a Abs.2 genannten Delikte, sofern wegen des ersten Deliktes nicht bereits eine Maßnahme gem. Z1 angeordnet wurde.

 

Gemäß § 30b Abs.3 Z1 FSG kommt als besondere Maßnahme die Teilnahme an Nachschulungen gemäß der Nachschulungsverordnung, BGBl. II Nr. 357/2002 in Betracht. Die zu absolvierende Maßnahme ist von der Behörde festzusetzen, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Maßnahme geeignet ist, im Wesentlichen den Unrechtsgehalt der gesetzten Delikte aufzuarbeiten. Es ist jene Maßnahme zu wählen, die für den Betroffenen am besten geeignet ist, sich mit seinem Fehlverhalten auseinanderzusetzen, sich die Gefahren im Straßenverkehr bewusst zu machen und durch entsprechende Bewusstseinsbildung, auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer unfallvermeidenden defensiven Fahrweise und die fahrphysikalischen Grenzen beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges, einen Rückfall in weitere Verkehrsverstöße zu vermeiden.

 

Gemäß § 30b Abs.4 FSG hat der von der Anordnung der besonderen Maßnahme Betroffene der Behörde eine Bestätigung jener Einrichtung, bei der die besondere Maßnahme absolviert wurde, über die Teilnahme und seine Mitarbeit vorzulegen.

 

5.1. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob der Berufungswerber tatsächlich einen Abstand von weniger als 0,2 Sekunden eingehalten hat. Die Häufung der Delikte innerhalb weniger Minuten und die deutliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit weisen zwar auf eine erhebliche Rücksichtslosigkeit des Berufungswerbers hin, nachdem aber der im Gesetz definierte Abstand von weniger als 0,2 Sekunden nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, muss davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber keine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z3 FSG verwirklicht hat. Es war daher die Entziehung der Lenkberechtigung, die Aberkennung des Rechtes von einem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, das Fahrverbot für Motorfahrräder und die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines aufzuheben.

 

Der Berufungswerber hat innerhalb weniger Minuten 4 Vormerkdelikte begangen, weshalb jedenfalls eine besondere Maßnahme erforderlich ist, um bei ihm das Bewusstsein für die Gefahren des Straßenverkehrs zu schärfen. Auch bei der mündlichen Verhandlung hat der Berufungswerber nach Einsichtnahme in die Videoaufzeichnungen keinen besonders einsichtigen Eindruck hinterlassen sondern lediglich eingeräumt, dass sein Verhalten zwar gefährlich gewesen sei, es sei aber notwendig gewesen, weil er sich verschlafen habe und deshalb möglichst schnell in die Arbeit kommen musste. Auch daraus ergibt sich, dass beim Berufungswerber jedenfalls bewusstseinsbildende Maßnahmen erforderlich sind, um ihn in Zukunft zu einer weniger gefährlichen Fahrweise anzuhalten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­­­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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