Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560094/2/Ste/Wb

Linz, 01.10.2007

 

 

 

 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner aus Anlass der Berufung der E P, vertreten durch G W, I, 40 L, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 18. Juli 2007, wegen Ersatz der Kosten sozialer Hilfe, beschlossen:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig (verspätet) zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 63 Abs. 5 und § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 6 Zustellgesetz (ZustellG); § 23 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid (im Folgenden: Bescheid A) des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 18. Juli 2007, wurde die Berufungswerberin (in der Folge: Bwin), gemäß den §§ 8, 9, 25, 28, 40, 46 - 49, 52 und 66 des Oö. Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 82/1998, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 9/2006 (im Folgenden: Oö. SHG 1998) iVm. §§ 4, 5 Oö. Sozialhilfeverordnung, LGBl. Nr. 118/1998, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 9/2007 (im Folgenden: Oö. SHV) zur Rückerstattung von 4781 Euro, das sind 80 % des Finanzamtsguthabens für die Jahre 2005 und 2006, verpflichtet.

 

Diese Entscheidung wurde auch entsprechend begründet.

 

Im vorangegangenen Verfahren legte die Vertreterin der Bwin – auf Grund einer entsprechenden Aufforderung der Behörde erster Instanz – mit Telefax vom 15. Mai 2007 eine Vollmacht vom 24. Mai 2002 vor, welche wie folgt lautet:

„Ich, E P, geb. , wohnhaft in 40 L, L, bevollmächtige meine Tochter G M, geb. , wohnhaft 40 L, I, mich in allen Geld- sowie Pensionsangelegenheiten und Behördengängen (Anträge etc.) zu vertreten.“

 

Mit Schreiben vom 22. Juni 2007 wurde die Vertreterin der Bwin, in der Anschrift – entsprechend der Vollmacht – mit ihrem Mädchenamen M bezeichnet, vom Ergebnis der Beweisaufnahme per RSa-Brief verständigt. Dieses Schreiben übernahm die Vertreterin am 27. Juni 2007 als Empfänger(in) und unterfertigte mit dem Namen W.

 

In der Folge erließ die Behörde erster Instanz am 18. Juli 2007 den Bescheid A. Als Empfänger(in) wird hierbei Frau P E, S, 40 L, „zu Hd. Frau M G als deren Bevollmächtigte“, angeführt. Aus der letzten Seite des Bescheides ergibt sich, dass dieser weiters an Frau M G, I, 40 L, erging.

 

In weiterer Folge wurde der RSa-Brief mit der Adresse „Frau P E, S, 40 L, zu Hd. Frau M G“ von der Post an die Behörde erster Instanz mit dem Vermerk: „Frau M unbekannt an dieser Anschrift“ zurückgestellt.

 

Das zweite Schreiben mit der Adresse „Frau M G, I, 40 L“ wurde jedoch trotz zweier Zustellversuche und Hinterlegung (Hinterlegungsdatum 24. Juli 2007) nicht behoben und daher nach Ablauf der Abholfrist zurück an die Behörde erster Instanz geleitet. Dort langte es am 17. August 2007 mit dem Postvermerk „zurück – nicht behoben“ ein.

 

1.2. Soweit aus dem Akt nachvollziehbar Anfang (wohl am 1.) August 2007 fertigte die Behörde erster Instanz – offenbar auf Grund eines telefonischen Kontakts mit der Vertreterin der Bwin – mit Datum 18. Juli 2007 einen weiteren Bescheid (im Folgenden Bescheid B) in der Sache aus. Die Adresse dieses Bescheides B lautete: „Frau P E, S, L, zu Hd. Frau W G, I, 40 L als deren Bevollmächtigte“.

 

Dieses Schreiben (Bescheid B) wurde nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 6. August 2007 beim Postamt hinterlegt und damit zugestellt.

 

1.3. Die Vertreterin der Bwin erhob mit Schriftsatz vom 13. August 2007 Berufung gegen „den Bescheid des Amtes für Soziales, Jugend und Familie vom 18.7.2007, keine GZ. angeführt [...]“ und stellt darin den Antrag auf Abänderung des „oa. Bescheides dahingehend, dass das Finanzamtsguthaben nicht als hinreichendes Einkommen oder Vermögen anzusehen ist bzw. die Verwertung aufgrund der dargelegten Umstände nicht zumutbar ist“. Im Antrag findet sich eine Begründung in der Sache sowie folgender Absatz:

„Auf das von Ihnen an den falschen Namen versendete Parteiengehör wurde nicht Stellung bezogen, da ein Bescheid verlangt wurde. Der Bescheid an Frau P, der die falsche Vertretung bezeichnet und daher ungültig ist, beinhaltet andere Rechtsgrundlagen als der nunmehr erlassene Bescheid.“

 

 

2. Mit Schreiben vom 5. September 2007 übermittelte die Behörde erster Instanz den bezughabenden Akt zur Berufungsentscheidung.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat, der zur Entscheidung auf Grund des § 66 Abs. 3 des Oö. SHG 1998 zuständig ist, erhob Beweis durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Akt. Der Oö. Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder zuständig (vgl. § 67a Abs. 1 AVG).

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

 

Die Vertreterin der Bwin legte – ohne einen Hinweis auf die zwischenzeitliche Namensänderung – am 15. Mai 2007 für das laufende Verfahren eine Vollmacht mit ihrem Mädchennamen M und nicht mit dem von ihr seit ihrer Ehe geführten Namen W vor.

 

Der Vertreterin der Bwin wurde der Bescheid A, durch Hinterlegung am 24. Juli 2007, zugestellt. Ein weiterer – in der Sachentscheidung gleichlautender – (Berichtigungs-)Bescheid (Bescheid B) wurde ebenfalls durch Hinterlegung am 6. August 2007 zugestellt.

 

Mit Schreiben vom 13. August 2007 erhob die Vertreterin der Bwin Berufung.

 

2.3. Da sich bereits aus den vorliegenden Unterlagen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass die Berufung zurückzuweisen ist, konnte im Übrigen die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung entfallen.

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach § 23 Oö. SHG 1998 finden auf das behördliche Verfahren nach diesem Landesgesetz grundsätzlich die Bestimmungen des AVG Anwendung.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde in der Sache zu entscheiden, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist. Unzulässigkeit liegt ua. dann vor, wenn die Sache bereits entschieden ist (vgl. § 68 Abs. 1 AVG).

 

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats wurde der Bescheid A der Bwin im Wege ihrer Vertreterin ordnungsgemäß durch Hinterlegung am 24. Juli 2007 zugestellt. Die Ausfertigung des Bescheids B (offenbar „zur Sicherheit“ auf Grund der von der Vertreterin angekündigten Zustellproblematik) war im Grunde unzulässig, weil in der Sache bereits einmal entschieden wurde und eine nochmalige Entscheidung in derselben Sache grundsätzlich auch der Behörde verwehrt ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Bescheid B ein Berichtigungsbescheid zum Bescheid A ist, wird mit Zustellung des Berichtigungsbescheids die Berufungsfrist nicht verlängert oder eine Berufungsmöglichkeit (wieder) eröffnet.

 

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG sind Berufungen von der Partei „binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eines Bescheides.“ Diese Frist ist im Übrigen auch in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheids A ausdrücklich genannt.

 

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt.

 

Die Abholfrist für den Bescheid A begann am 24. Juli 2007; damit gilt er auch an diesem Tag als zugestellt. Die mit 13. August 2007 datierte Berufung, die bei der Behörde erster Instanz am 13. (oder 14.) August 2007 eingelangt ist, ist daher verspätet.

 

3.2. Dazu im Detail:

 

3.2.1. Die Behörde erster Instanz hat die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme ebenso wie den Bescheid A – entsprechend der ihr von der Vertreterin zuvor vorgelegten Vollmacht – an Frau G M, S, 40 L zugestellt. Diese hat die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme am 27. Juni 2007 – im Gegensatz zum Bescheid A, welcher von ihr gar nicht behoben wurde – als Empfänger(in) mit dem Namen W unterfertigt, entgegen genommen.

 

Die Vertreterin der Bwin kann sich somit nicht mit Erfolg darauf stützen, dass der Bescheid A an Frau P eine falsche Vertretung bezeichnete und somit als nicht zugestellt zu beurteilen sei. Im Übrigen ergibt sich aus dem – oben wider gegebenen – Inhalt der Berufung, dass der Vertreterin der Inhalt des Bescheids A offenbar bekannt gewesen sein dürfte, bezieht sie sich doch darin auf dessen konkreten Inhalt.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass die Vertreterin die Behörde auch nach der Zusendung der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, in der sie als Gabriele M bezeichnet wurde, im Unklaren über ihren jetzigen Nachnamen gelassen hat und somit keinen Zweifel bei der Behörde veranlasste, dass sie diese Person ist und Zustellungen sie auf diesem Weg erreichen. Sie hat dies auch nicht von sich aus berichtigt. Die Behörde erster Instanz hatte somit keinen Grund daran zu zweifeln, dass mit dieser Anschrift grundsätzlich eine rechtmäßige Zustellung möglich sei. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Post die Empfängerin der behördlichen Schreiben, durch die auf den Kuverts angegebene Namen und Adressen eindeutig präzisieren konnte und eine Zustellung ohne weiteres möglich war oder von der Post jedenfalls für möglich erachtet wurde. Dies zeigt sich auch darin, dass die Sendung als „nicht behoben“ an die Behörde erster Instanz zurückgestellt wurde und nicht, weil die Empfängerin etwa „unbekannt“ gewesen wäre.

 

Die Identität der Empfängerin stand damit sowohl für die Behörde erster Instanz als auch für die Bwin und deren Vertreterin zweifelsfrei fest. Der Bescheid A wurde daher nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats ordnungsgemäß (durch Hinterlegung) zugestellt und erlangte somit trotz der fehlerhaften Bezeichnung Rechtskraft (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs - VwGH vom 16. Oktober 2003, Zl. 2003/07/0088).

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH schadet eine Fehlbezeichnung der Adressatin oder ihre nicht eindeutige Bezeichnung auch nur dann, wenn eine Empfängerin, auf die die tatsächliche Bezeichnung passt, auch wirklich existiert und daher eine Verwechslungsgefahr gegeben ist. Fehlt eine solche Verwechslungsgefahr, ist also völlig klar, dass die Zustellverfügung jene Person bezeichnet, an die sich der Bescheid richtet, dann liegt ein Zustellmangel nicht vor. Anderes kann auch bei einer „Fehlbezeichnung“ nach einem Namenswechsel nicht gelten (vgl. VwGH 6. Mai 1997, 97/08/0022).

 

3.2.2. Kann gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) eine Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden, und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen.

 

Von der Hinterlegung ist gemäß Abs. 2 leg. cit. der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten einzulegen.

 

Abs. 3 leg. cit. normiert, dass die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten ist. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

Das Zustellorgan hatte keinen Grund am regelmäßigen Aufenthalt der Vertreterin der Bwin an der Abgabestelle zu zweifeln, weshalb die Hinterlegung grundsätzlich rechtmäßig gemäß § 17 Abs. 1 ZustG erfolgte. Auch behauptet die Vertreterin der Bwin in keinem Stadium des Verfahrens, dass Sie sich in diesem Zeitraum nicht an der Abgabenstelle aufgehalten habe. Im Gegenteil: Sie telefonierte etwa am 27. Juli 2007 mit der Sachbearbeiterin der Behörde erster Instanz und berichtete dabei von der Zustellung/Hinterlegung. Sie hatte (wohl durch die Verständigung über die Ankündigung eines zweiten Zustellversuchs und die Hinterlegungsanzeige) eindeutig (von ihr zugegeben) Kenntnis davon, dass in einem ihr bekannten laufenden Verfahren ein behördliches Schriftstück an sie zugestellt werden sollte und hinterlegt wurde.

 

Der Zustellnachweis des Bescheides A weist eindeutig den 24. Juli 2007 als Tag der Hinterlegung und somit als fristenauslösenden Zeitpunkt aus. Die Zustellung gilt somit als am 24. Juli 2007 erfolgt.

 

Der Bescheid A wurde mit 7. August 2007 rechtskräftig. Die Berufung vom 13. (oder 14.) August 2007 ist verspätet.

 

3.2.3. Es ist zwar festzustellen, dass die Behörde erster Instanz geringe Änderungen an den Formulierungen des Bescheides B im Vergleich zu Bescheid A vorgenommen hat, jedoch hat sich der normative Gehalt der beiden Bescheide in keiner Weise geändert. Insbesondere ergeben sich bei beiden Bescheiden die gleichen Rechte und Pflichten für die Bwin. Der Bescheid B kann daher in diesen Punkten allenfalls als Berichtigungsbescheid gemäß § 62 Abs. 4 AVG angesehen werden.

 

Da sich jedoch der rechtsverbindliche Inhalt des berichtigten Bescheides damit nicht geändert hat, hatte die (neuerliche) Zustellung des Bescheides (Bescheid B) keinen Einfluss auf den Lauf der Frist für das Rechtsmittel gegen den berichtigten Bescheid (Bescheid A - vgl. ua. VwGH v. 26. November 1996, Zl. 92/09/0300 und Hengstschläger/Leeb, AVG, 2. TB, Rz 74 zu § 62 AVG, mwN).

4. Das Fristversäumnis hinsichtlich der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 18. Juli 2007 betreffend eine Leistung nach § 52 Oö. SHG 1998 hat zur Folge, dass der angefochtene Bescheid mit dem ungenützten Ablauf der Berufungsfrist in Rechtskraft erwachsen ist.

 

Dem Oö. Verwaltungssenat ist daher eine inhaltliche Beurteilung verwehrt.

 

Die Berufung war daher auf der Grundlage des § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig, weil jedenfalls verspätet, zurückzuweisen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Wolfgang Steiner

 

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