Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590170/2/BP/AB/Se

Linz, 02.10.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der N A GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Dr. J S, L, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. August 2007, Gz. 0110422/2007 BzVA JFSW zu Recht erkannt:

 

 

 

Die Berufung wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass im ersten Satz des Spruchs nach der Wortfolge "Die unschädliche Beseitigung oder die Rücksendung der drei" die Wortfolge "aus der Provinz B A in A stammenden" eingefügt wird.

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. §§ 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Am 4. Juli 2007 wurden drei Sendungen Bluterzeugnisse mit den G Nr. ............ sowie .............., die aus der Region B A in A stammten, von der Veterinärgrenzkontrollstelle Rotterdam-Hafen zur Einfuhr in den EG-Binnenmarkt abgefertigt und nach Linz verbracht. Von der niederländischen Zentralbehörde wurde am 6. August 2007 mitgeteilt, dass diese Abfertigung für die Firma N, die Berufungswerberin (im Folgenden Bw), erfolgt sei, obwohl die Bluterzeugnisse zur Einfuhr nicht hätten freigegeben werden dürfen, da sie aus einem Teil von A stammen würden, aus dem nur die Einfuhr von entbeintem, gereiftem Fleisch zulässig sei. In der Folge wurde die gesamte Ware, die sich im Donaulager Linz befand, am 8. August 2007 vom Amtstierarzt der belangten Behörde als "gesperrt" gekennzeichnet und die Bw hiervon informiert.

 

1.2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. August 2007, Gz. 0110422/2007 BzVA JFSW wurde die unschädliche Beseitigung oder die Rücksendung der ggst. Sendungen Bluterzeugnisse innerhalb von 60 Tagen angeordnet und weiters verfügt, dass die Sendungen, solange sie in Österreich lagern, weder vom derzeitigen Ort wegtransportiert werden, noch geöffnet, geteilt oder bearbeitet werden dürfen. Im Falle der Vernichtung sei diese dem Magistrat der Stadt Linz zu melden; im Falle der Rücksendung sei der Magistrat Linz zuvor zu verständigen und die Rücksendung müsse die Anforderungen des § 61 Abs. 1 Z 1 und 2 der Veterinärbehördlichen Einfuhr- und Binnenmarktverordnung 2001 (EBVO 2001) erfüllen. Alle Kosten für die Lagerung sowie etwaige Entsorgungsmaßnahmen oder für den Transport in den Drittstaat seien vom Importeur zu tragen. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wurde hinsichtlich der Anordnungen über die Lagerung (Wegtransports-, Öffnungs- und Bearbeitungsverbot) ausgeschlossen. Als Rechtsgrundlagen führt die belangte Behörde §§ 4 ff des Tierseuchengesetzes, RGBl Nr. 177/1909, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I 136/2006, iVm §§ 60 und 61 der Veterinärbehördlichen Einfuhr- und Binnenmarktverordnung 2001 (EBVO 2001), BGBl II Nr. 355/2001, zuletzt geändert durch BGBl II Nr. 129/2006 sowie § 64 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) an.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass die ggst. Sendungen Bluterzeugnisse aus Gebieten in A stammen würden, aus denen die Einfuhr dieser Ware in die EU und somit auch nach Österreich aus tierseuchenrechtlichen Gründen nicht gestattet sei. Die Anforderungen gemäß § 4 des Tierseuchengesetzes und gemäß § 11 EBVO 2001 seien somit nicht gegeben. Ungeachtet der grenztierärztlichen Abfertigung zur Einfuhr in die EU durch die Veterinärgrenzkontrollstelle Rotterdam seien die Sendungen zu vernichten oder zurückzusenden, da durch die in Betracht kommenden Sendungen die Gefahr der Einschleppung von Tierseuchen nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die angeordneten Maßnahmen und Auflagen bestehe bei deren Einhaltung keine unmittelbare Gefahr, weshalb eine Frist von 60 Tagen habe gewählt werden können. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung sei jedoch dahingehend auszuschließen, dass die Waren vom derzeitigen Lagerort nicht verbracht (ausgenommen die geforderte Rücksendung), nicht geöffnet und/oder bearbeitet werden dürften. Durch die in diesen Fällen bestehende Gefahr der Einschleppung von Seuchen bestehe ein Interesse im Sinne des öffentlichen Wohles und gleichzeitig auch Gefahr im Verzug, da derartige Schritte nicht mehr rückgängig zu machen seien.

 

1.3. Gegen diesen Bescheid, der der Bw am 20. August 2007 zugestellt wurde, erhob diese mit Schriftsatz vom 30. August 2007 Berufung und beantragte darin dessen ersatzlose Aufhebung. Darin rügt die Bw, dass die Behörde weder einen genauen Sachverhalt festgestellt, noch näher begründet habe, welche Anforderungen nicht eingehalten worden seien. Bei den ggst. Bluterzeugnissen handle es sich um vorbehandeltes und tiefgefrorenes Kälberblut aus der Provinz B A in A, aus dem in den Betriebsanlagen der Bw in Linz Arzneimittel hergestellt werden sollten. Mit der Einfuhr nach Österreich habe die PAA Laboratories GmbH Pasching im Jahr 2005 begonnen. Vor der ersten Einfuhr sein auf Anfrage der PAA vom zuständigen Ministerium mündlich mitgeteilt worden, dass dagegen keine veterinärrechtlichen Bedenken bestünden. Seit April 2005 hätte die Bw aus derselben Herkunftsquelle in 26 Lieferungen insgesamt ca. 1,7 Millionen Tonnen bezogen und verarbeitet. Dabei habe es bisher keine Beanstandungen gegeben.

 

Die maßgebliche Rechtslage habe sich seit dem Jahr 2005 nicht geändert. Jede Lieferung werde im Hafen Rotterdam veterinärrechtlich geprüft. Wie in der Bescheidbegründung angeführt, sei auch die ggst. Lieferung durch die Veterinärgrenzkontrollstelle Rotterdam grenztierärztlich abgefertigt worden.

 

Die maßgebliche gemeinschaftsrechtliche Rechtslage stelle sich wie folgt dar:

Die Einfuhr der ggst. Blutprodukte sei in der Verordnung (EG) 1774/2002 vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl L 273 vom 10. Oktober 2002 idgF) geregelt. Gemäß Anhang VIII, Kapitel IV B. sei die Einfuhr zulässig, wenn die Produkte aus Drittländern stammen würden, die auf der Liste gemäß Anhang XI Teil VI stünden. Dort werde auf die Liste gemäß Teil 1 des Anhangs der Entscheidung 79/542/EWG (aktuelle Fassung ABl L 183 vom 5. Juli 2006) verwiesen. Unter dem Gebietscode AR-1 sei hier die Provinz B A angeführt, weshalb die Bw davon ausgehe, dass die Einfuhr selbstverständlich unter Einhaltung der entsprechenden Rahmenbedingungen zulässig sei.

 

 

2. Am 20. September 2007 wurde der gegenständliche Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde. Zusätzlich wurden noch weitere Ermittlungen angestellt, deren Ergebnis  den ursprünglich von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt bekräftigten und insbesondere zur Wahrung des Parteiengehörs der Bw die Erhebungen mit E-Mail vom 27. September 2007, mit der Einladung hiezu bis zum 1. Oktober 2007 Stellung zu nehmen, zur Kenntnis gebracht.

 

2.2. Mit e-mail vom 3. Oktober 2007 brachte die Bw eine Stellungnahme ein und legte darin ihre Rechtsansicht dar.

 

Maßgeblich sei Anhang VIII Kapitel IV A. und Kapitel XI der Verordnung EG 1774/2002. Aus beiden Stellen gehe hervor, dass eine Einfuhr aus Drittländern zulässig sei, die auf der Liste gemäß Anhang XI Teil VI stünden. In Anhang XI Teil VI A. 1. werde für Blutprodukte von Huftieren auf die Drittländer bzw. Drittlandgebiete gemäß Anhang II Teil I der Entscheidung 79/542/EWG verwiesen. Aus dem Nebensatz "aus denen auch die Einfuhr aller Kategorien von frischem Fleisch der betreffenden Arten zugelassen ist" seien keine Bedenken über die Zulässigkeit der Einfuhr abzuleiten.

Die genannten Stellen in Anhang VIII der Verordnung EG 1774/2002 würden auf eine Drittlandliste gemäß Anhang XI Teil VI verweisen. Einschränkungen dieser Liste seien hier nicht angeführt. Anhang XI Teil VI enthalte selbst aber keine Liste, sondern verweise wieder weiter auf Anhang II Teil I der Entscheidung 79/542/EWG. Diese sogenannte Drittlandliste enthalte in Spalte 6 tlw. Bedingungen. Unter dem gegenständlichen Gebietscode AR-1 ist hier u.a. die Bedingung 2 genannt, wonach Innereien nicht zulässig seien. Die Bw nehme nicht an, dass der EU-Gesetzgeber mit dem genannten "kryptischen" Nebensatz die Einfuhr von Blutprodukten aus allen Gebieten mit Bedingung 2 verbieten wollte. Ein Zusammenhang zwischen Innereien und Blut sei nicht erkennbar. Ein solches Einfuhrverbot hätte ganz klar mit einfachen Worten formuliert werden können. Solche Rechtsunsicherheiten dürften nach Auffassung der Bw nicht zu einer Einschränkung des freien Warenverkehrs führen. Einschränkende Regelungen seien grundsätzlich eng auszulegen. Die unklare Formulierung dürfe nicht dazu führen, dass bestehende Einschränkungen durch Interpretation in derart erheblichem Ausmaß ausgeweitet würden.

§ 60 Abs. 1 Z 2 EBVO verlange als Voraussetzung für einen Beseitigungsauftrag die Feststellung von Tatsachen, die auf die Gefahr einer Seuchenverbreitung schließen lasse. Die obige unklare EU-Rechtslage könne keine solche Tatsache darstellen. Es müssten schon konkrete Seuchengefahren festgestellt werden, um die im bekämpften Bescheid vorgeschriebene Maßnahme zu rechtfertigen.

 

 

2.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Im Übrigen liegt kein darauf gerichteter Parteienantrag vor (§ 67d AVG).

 

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1. dargestellten Sachverhalt aus.

 

2.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder zuständig (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. § 76 Tierseuchengesetz – TSG, RGBl Nr. 177/1909, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I 54/2007 normiert, dass gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes erhoben werden kann.

 

Gemäß § 66 Abs. 1 AVG hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Gemäß Abs. 4 leg cit hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Im vorliegenden Fall ist aus dem Akt nicht ersichtlich, inwieweit das Parteiengehör der Bw im erstinstanzlichen Verfahren gewahrt wurde. Auch wenn ein diesbezüglicher allfälliger Mangel von Seiten der Bw zunächst nicht gerügt wurde, sah sich der Oö. Verwaltungssenat veranlasst, im Sinne des Effizienzgebotes nach § 66 Abs. 1 AVG sowie dem Unmittelbarkeitsgrundsatz vor seiner Entscheidung der Bw die Möglichkeit zur Stellungnahme explizit einzuräumen, obwohl insbesondere der Sachverhalt unwidersprochen war.

 

3.2.1. Gemäß § 4 Abs. 1 TSG sind Sendungen im Sinne dieses Bundesgesetzes Tiere, tierische Rohstoffe und Produkte sowie Gegenstände, die Träger des Ansteckungsstoffes einer Tierseuche sein können.

 

Es ist unbestritten, dass Kälberblut – wohl als tierischer Rohstoff – unter diese Bestimmung zu subsumieren ist.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 TSG dürfen Sendungen nur ein- oder durchgeführt werden, wenn vom Absender und Empfänger die zur Verhinderung der Einschleppung von Tierseuchen erforderlichen Maßnahmen getroffen werden. Derartige Maßnahmen sind durch Verordnung festzulegen.

 

Aufgrund ua. des § 4 TSG wurde die Veterinärbehördliche Einfuhr- und Binnenmarktverordnung 2001 – EBVO 2001, BGBl II 355/2001, zuletzt geändert durch BGBl II 129/2006, erlassen. Gemäß deren § 11 ist insbesondere auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen Bedacht zu nehmen.

 

3.2.2. Stellt die Bezirksverwaltungsbehörde im Zuge der Überwachung des innergemeinschaftlichen Verbringens bei Tieren, Waren oder Gegenständen Tatsachen fest, die auf die Gefahr einer Seuchenverbreitung schließen lassen, so hat sie gemäß § 60 Abs. 1 Z 2 leg cit bei Waren oder Gegenständen deren unschädliche Beseitigung anzuordnen. Gemäß Abs. 2 leg cit kann sie eine andere Behandlung im Sinne des § 61 zulassen, wenn sichergestellt ist, dass hierbei eine Verbreitung von Tierseuchen ausgeschlossen ist.

 

Die belangte Behörde zog diese Bestimmung grundsätzlich zu Recht heran, da sie auf das innergemeinschaftliche Verbringen von tierischen Erzeugnissen Bezug nimmt. Allerdings ist im hier konkreten Fall zu hinterfragen, ob die Tatsache, dass eine Ware – wenn man der belangten Behörde folgt – auf Grund ihrer Herkunft aus einer Region eines Drittstaats, aus der keine Einfuhr von Bluterzeugnissen zulässig ist, nicht für den EG-Binnenmarkt abgefertigt werden hätte dürfen, schon als Tatsache, die auf die Gefahr einer Seuchenverbreitung schließen lässt, anzusehen ist.

 

Nachdem jedoch die Beschränkungen der Einfuhr von Bluterzeugnissen durch das Gemeinschaftsrecht nicht aus handelsspezifischen Gründen sondern aus solchen der öffentlichen Gesundheit, Hygiene bzw. Tierseuchenbekämpfung nur aus Drittstaaten gestattet ist, die aus den letztgenannten Gründen völlig unbedenklich sind, kann wohl – entgegen der Ansicht der Bw – bei Zuwiderhandeln zumindest von einer potentiellen Gefahr einer Tierseuchenverbreitung ausgegangen werden. Aus der Formulierung der zitierten Verordnungsbestimmung wird klar, dass das Bekanntwerden von Tatsachen, die auf die bloße Gefahr einer Tierseuchenverbreitung schließen lassen, ausreicht. Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates sind davon auch bekannt gewordene potentielle Gefährdungen im oben beschriebenen Umfang umfasst. Wenn die Bw vorbringt, dass sie bislang in gleicher Weise, von der niederländischen Veterinärgrenzkontrollstelle akzeptierte Importe vorgenommen habe und dieses unter anderem auf eine nicht dokumentierte Nachfrage beim "zuständigen Ministerium" stützt, ist ihr entgegenzuhalten, dass allein aufgrund des nicht Bekanntwerdens eines potentiellen Zuwiderhandelns gegen Rechtsvorschriften dieses nicht automatisch rechtmäßig wird. Im Übrigen muss von einem Unternehmen nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs erwartet werden, dass es sich über die Einfuhrbestimmungen in einem wie hier höchstsensiblen Bereich entsprechend informiert und hierzu die einschlägigen Rechtsvorschriften konsultiert. Eine bloße telefonische Nachfrage einer von der Bw beauftragten Importfirma – wenn diese auch stattgefunden haben sollte – kann hier nicht als ausreichend angesehen werden.

 

Konsequenterweise ist es auch möglich, die im § 61 EBVO beschriebene Maßnahme (ohne Überprüfung des räumlichen Anwendungsbereiches gemäß § 61 Abs. 1 EBVO) unter den daran geknüpften Auflagen bei Zurücksendungen nach § 60 Abs. 2 EBVO betroffenen Unternehmen anzubieten.

 

3.2.3. Stellt die Bezirksverwaltungsbehörde fest, dass Tiere, Waren oder Gegenstände aus einem anderen Mitgliedstaat der EG aus anderen als den in § 60 genannten Gründen den veterinärrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, so kann sie gemäß § 61 Abs. 1 leg cit deren Rücksendung anordnen, wenn

1. der Verfügungsberechtigte dem zustimmt und der Herkunftsmitgliedstaat dies zulässt, und

2. andere von der Rücksendung betroffene Mitgliedstaaten der EG benachrichtigt worden sind.

Dies gilt auch für alle Sendungen aus den in Anlage 20 lit. B und C genannten Gebieten.

 

Hier ist nun nicht das Vorliegen von Tatsachen, die auf die Gefahr einer Tierseuchenverbreitung schließen lassen, gefordert, sondern andere veterinärrechtliche Gründe, worunter zweifellos auch der Import einer veterinärrechtlich nicht importfähigen Ware zu subsumieren ist. Diese Bestimmung setzt jedoch voraus, dass Herkunftsland der Ware ein Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. des EWR oder ein assoziierter Staat zur EU ist. Herkunftsland im vorliegenden Fall ist A, weshalb diese Bestimmung per se nicht anwendbar ist.

 

3.2.4. Eine Kompetenzbegründung könnte für die belangte Behörde jedoch auch unmittelbar aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ableitbar sein. Im Sinne der Judikatur des EuGH haben in solchen Fällen die Mitgliedstaaten – auch wenn sie in ihrer Rechtsordnung dafür keine Grundlage finden – Instrumentarien bereitzustellen, die die Durchsetzbarkeit von EG-Recht gewährleisten. Diese Instrumentarien haben dann ihre Grundlage und die Rechtfertigung für das Vorgehen der Behörden nicht im nationalen Recht, sondern werden unmittelbar aus EG-Recht abgeleitet.

 

Die Einfuhr von Blut- bzw. Blutprodukten in den EG-Binnenmarkt wie im ggst. Fall wird in ausschließlicher EG-Kompetenz durch die Verordnung (EG) 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte geregelt. Eine nationale Parallelregelung ist auch im Hinblick auf die Judikatur des EuGH zu Rs. 34/73, Variola S.p.A./Amministrazione italiana delle Finanze, Slg. 1973, S. 981 ff – Urteil vom 10. Oktober 1973 nicht zulässig. Folgend auf das Urteil des EuGH Rs. C-213/89, The Queen gegen Secretary of State for transport, ex parte: Factortame Ltd. u.a., Slg. 1990, S. I-2433 ff – Urteil vom 19. Juni 1990 ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten in jedem Fall Vorkehrungen zur Durchsetzung von unmittelbar anwendbarem EG-Recht, was im Fall der ggst. Verordnung vorliegt, gewährleisten müssen. Nachdem die hier relevanten Einfuhrbestimmungen und deren Vollzug grundsätzlich von EG-Recht zu regeln sind, im ggst. Fall rechtsrichtig die EBVO in § 61 den ihr zugewiesenen Kompetenzbereich allein innerhalb vom EG-, EWR- und Assoziationsstaaten normiert, muss, um die Durchsetzbarkeit von EG-Recht zu sichern, ein Instrumentarium im Nationalstaat geboten werden. In diesem Sinn sind die von den §§ 60 f festgeschriebenen Maßnahmen geeignet, um einen gemeinschaftskonformen Vollzug von EG-Recht zu gewährleisten. Diese Maßnahmen gründen hier jedoch nicht im nationalen Recht, sondern sind als Instrumentarien zur Administration von Gemeinschaftsrecht anzusehen und finden dort auch ihre Deckung. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob man, der belangten Behörde und der Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats folgend, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 EBVO nationalrechtlich als gegeben annimmt oder das Vorgehen der belangten Behörde im Gemeinschaftsrecht gedeckt sieht.

 

3.2.5. Die belangte Behörde hat den bekämpften Bescheid und die darin angeführten Bedingungen somit zu Recht auf die Vorgaben im Sinne der §§ 60 f EBVO gestützt.

 

3.3. Anhang VIII Kapitel IV der Verordnung (EG) 1774/2002, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) 829/2007 vom 28. Juni 2007, regelt unter B. die Vorschriften zur Einfuhr von Blut und Blutprodukten, wobei Z 2. dieser Bestimmung hinsichtlich der Einfuhr von Blut auf die Vorschriften des Kapitels XI verweist. In der Stellungnahme vom 3. Oktober 2007 bezieht sich die Bw auf Anhang VIII Kapitel IV A., was jedoch hier nicht als einschlägig anzusehen ist, da es im konkreten Fall zunächst um die Beurteilung der Zulässigkeit der Einfuhr und erst sekundär um das Inverkehrbringen geht. Weiters subsumiert die Bw die ggst. Sendungen Kälberblut offensichtlich unter den Begriff "Blutprodukt". Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats ist Kälberblut, wenn auch in eingefrorenem und palettiertem Zustand, nicht als vom Begriff "Blutprodukt" umfasste bearbeitete, veränderte oder vermengte Substanz anzusehen, zumal die einschlägige Rechtsnorm als eigenständigen Begriff auch "Blut" per se vorsieht, dem bei grammatikalischer Interpretation des Wesenskerns zweifellos der Vorrang zu geben ist. Diese Unterscheidung führt jedoch im Ergebnis zur selben Rechtsfrage bzw. schlussendlich zur selben einschlägigen Rechtsnorm (Entscheidung 79/542/EWG, Anhang II Teil 1), weshalb deren Lösung für die Beurteilung des vorliegenden Falles von nur untergeordneter Bedeutung ist.

 

Unter den in der Verordnung (EG) 1774/2002, Anhang VIII Kapitel XI angeführten kumulativ geforderten Voraussetzungen wird unter Z 1. normiert, dass tierische Nebenprodukte für die Herstellung von unter anderem pharmazeutischen Erzeugnissen aus Drittländern, die auf der Liste gemäß Anhang XI Teil VII stehen, stammen müssen. Anhang XI Teil VII verweist unter A. hinsichtlich (unter anderem) unverarbeitetem Material von Rindern auf Teil I des Anhangs der Entscheidung 79/542/EWG. Insbesondere normiert er, dass die Einfuhr von Rinderblut nur aus den Drittländern bzw. Drittlandgebieten des genannten Anhangs zulässig ist, aus denen auch die Einfuhr aller Kategorien von frischem Fleisch der betreffenden Arten zugelassen ist.

 

3.4. Anhang II der Entscheidung 79/542/EWG, zuletzt geändert durch die Entscheidung 2006/463/EG vom 27. Juni 2006 führt in Teil 1 "Liste von Drittländern und Teilen von Drittländern" unter dem Gebietscode AR-1 unter anderem die argentinische Provinz B A an. Bei Staaten bzw. Gebieten dieser Liste sind nach dem Wortlaut Einfuhren von Frischfleisch nicht in allen Kategorien erlaubt, sondern gemäß Spalte 6 hinsichtlich Innereien (ausgenommen Rinderzwerchfelle und –kaumuskeln) unzulässig.

 

3.5. Wie im Sachverhalt dargestellt, stammen die ggst. Sendungen Kälberblut aus der Provinz B A in A. Aus den eben dargestellten Normen ergibt sich zweifelsfrei, dass die Einfuhr in den EG-Binnenmarkt rechtswidrig erfolgte, da Frischfleischimporte aus der Region B A nicht in allen Kategorien gestattet und somit die Voraussetzung des Anhanges XI Teil VII A. nicht gegeben ist, weshalb schlussendlich Anhang VIII Kapitel VI B. 2. iVm. Kapitel XI Z 1. leg cit als Grundlage für eine rechtmäßige Einfuhr ausscheiden. Wenn die Bw anmerkt, dass diese Beurteilung rein formaljuristisch zwar zulässig, mit dem Normzweck und insbesondere der Warenverkehrsfreiheit jedoch nicht vereinbar sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass zweifelsohne beim Import von Blut auch aus sachzwingenden Gründen von Relevanz ist, wenn der Import von Innereien, mit denen Blut in primärer Verbindung steht, untersagt ist. Die Grundsätze des freien Warenverkehrs im konkreten Fall heranzuziehen, erscheint zwiefach unzulässig, da zum Einen der freie Warenverkehr grenzüberschreitend innerhalb des Binnenmarkts und nicht im Außenhandel Platz greift, und zum Anderen diese Grundfreiheit gerade in besonderer Weise durch den Rechtfertigungsgrund des Verbraucherschutzes beschränkt werden kann (vgl. Rs. 120/78, Rewe-Zentral-AG/Bundesmonopolverwaltung für Branntwein [Cassis de Dijon], Slg. 1979, S. 649 ff).

 

3.6. Der Spruch des bekämpften Bescheides enthielt keine Angabe über die Herkunftsregion B A (A), die im Sinn der Entscheidung 79/542/EWG durchaus von Bedeutung ist, weshalb die im Spruch dieses Erkenntnisses dargestellte Ergänzung im Hinblick auf § 66 Abs. 4 AVG vorzunehmen war.

 

3.7. Hinsichtlich der verfügten Auflagen sowie des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung betreffend die Anordnungen über die Lagerung (Wegtransports-, Öffnungs- und Bearbeitungsverbot) folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates im Wesentlichen der belangten Behörde. Da diesbezüglich auch keine Einwendungen seitens der Bw vorliegen, erübrigt sich eine nähere Erörterung.

 

3.8. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Bernhard Pree

 

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