Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281006/24/Kl/Pe

Linz, 02.10.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn W R, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. F G, Dr. S S, Dr. M P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 22.5.2007, Ge96-19-2007, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 27.9.2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass bei der verletzten Rechtsvorschrift im Sinn des § 44a Z2 VStG das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz mit „§ 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3“ zu zitieren ist und die Ersatzfreiheitsstrafe „60 Stunden je Arbeitnehmer“ zu lauten hat.

 

II.     Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind 800 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 22.5.2007, Ge96-19-2007, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von viermal 1.000 Euro (je Arbeitnehmer), Ersatzfreiheitsstrafen von 240 Stunden, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 ASchG iVm §§ 87 Abs.3 und 5 und 88 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt, weil er es gemäß § 9 VStG als verantwortlich Beauftragter der F S- u D GesmbH mit Sitz in strafrechtlich zu verantworten hat, dass bei einer am 19.10.2004 vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck durchgeführten Kontrolle der Baustelle in, festgestellt wurde, dass die Arbeitnehmer J P, M P, J P und R F, Arbeiten auf dem Dach ohne jegliche Sicherungsmaßnahmen durchgeführt haben, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m, geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. An allen Traufenseiten sowie Giebelseiten des Wohnhauses waren weder Dachfanggerüste noch Dachschutzblenden angebracht. Die Arbeitnehmer trugen keine Sicherheitsgeschirre und waren nicht angeseilt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Im Wesentlichen wurde dargelegt, dass die Strafanzeige des Arbeitsinspektorates insofern angefochten werde, als dort keine rechtswirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten festgestellt wurde und überdies in der Anzeige von rechtskräftigen Bestrafungen des Betriebes F GesmbH betreffend ungesicherter Dacharbeiten ausgegangen werde. Richtig sei, dass der Berufungswerber bisher noch niemals wegen Übertretungen der Arbeitnehmerschutzbestimmungen verurteilt worden sei. Auch sei die Beweiswürdigung der belangten Behörde unrichtig. Es könne nicht von einer unrichtigen Strafanzeige ausgegangen werden. Auch die im Akt befindlichen Lichtbilder sind nicht geeignet, entsprechende Tatsachenfeststellungen zu begründen. Auch ist nicht ersichtlich, welche Personen auf den Lichtbildern ersichtlich sein sollen. Auch ergibt sich daraus nicht der Tatort und die Tatzeit. Auch sind auf dem Lichtbild sechs Personen ersichtlich, während die Anzeige nur vier Personen benennt. Zum Kontrollsystem wurde dargelegt, dass die Arbeitnehmer eingewiesen sind und laufend kontrolliert werden. Dies hätte bei einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren der Behörde festgestellt werden können. Auch sei die Strafe wesentlich überhöht. Insbesondere ist der Berufungswerber unbescholten. Auch liege nur geringes Verschulden vor.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die im Akt befindlichen Fotos. Weiters wurde Beweis erhoben durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.9.2007, zu welcher der Berufungswerber, sein Rechtsvertreter, die belangte Behörde und das anzeigende Arbeitsinspektorat geladen wurden und – ausgenommen der Beschuldigte – erschienen sind. Weiters wurde der Arbeitsinspektor Ing. W W vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck sowie der Arbeitnehmer J P als Zeugen geladen und einvernommen.

Der Berufungswerber hat sich wegen Erkrankung entschuldigt und wurde durch seinen Rechtsvertreter vertreten. Die ärztliche Bestätigung vom 6.9.2007 schlägt die Vermeidung von Stress zu einer Hintanhaltung der Gefährdung des Genesungsprozesses vor. Im Übrigen war eine gesonderte Einvernahme dahingehend, dass von seinem Vorgesetzten ausdrücklich angeordnet wurde, dass keine Absturzsicherungen anzubringen sind, im Grunde des nachfolgenden Beweisergebnisses nicht erforderlich.

 

4.1. Es steht daher als erwiesen fest, dass am 19.10.2004 um ca. 15.00 Uhr auf der Baustelle in, die Arbeitnehmer J P, M P, J P und R F, sämtliche Arbeitnehmer der F S- u D GesmbH mit dem Sitz in, mit Dacharbeiten bei einer Traufenhöhe von 3,7 m und einer Dachneigung von 27° beschäftigt waren, ohne dass Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden angebracht waren und ohne dass die Arbeitnehmer angeseilt waren. Die Dacharbeiten dauerten mindestens einen Tag, glaublich zwei Tage. Es handelte sich um die Neueindeckung des Daches. Die Arbeitnehmer wurden bei Eintreffen des Arbeitsinspektors bei der Baustelle auf dem Dach arbeitend angetroffen, zum Verlassen des Daches aufgefordert und sind über die Leiter heruntergestiegen. Über Aufforderung wurden die Namen der angeführten Arbeiter genannt und vom Arbeitsinspektor aufgeschrieben. Es wurde dann auch der Werkstättenmeister, nämlich der Berufungswerber, als verantwortlicher Bauleiter für die Baustelle zur Baustelle telefonisch geholt. Dieser glaubte nicht die Traufenhöhe von 3,7 m und wurde daher im Anschluss durch einen Arbeitnehmer der Firma die Traufenhöhe gemessen. Die Dachneigung ergab sich aus den Angaben der Arbeitnehmer. Sämtliche auf dem Dach befindlichen Arbeitnehmer waren Arbeitnehmer der F S- u D GesmbH. Arbeitnehmer einer anderen Firma waren nicht auf der Baustelle bzw. nicht auf dem Dach.

Sicherheitseinrichtungen waren auf der Baustelle nicht vorhanden. Auch waren keine Sicherheitsgeschirre und Sicherheitsseile in Verwendung. Es gab für diese Baustelle in der Firma vor der Fahrt zur Baustelle die Anordnung, dass keine Sicherheitseinrichtungen erforderlich sind. Diese Anordnung traf der handelsrechtliche Geschäftsführer der F S- u D GesmbH, Herr G F. Er ist der Chef im Betrieb und ordnet jeweils für die Arbeitnehmer die Sicherheitsvorkehrungen an. Es gibt die Anweisung, dass jene Sicherheitsvorkehrungen mitgenommen und verwendet werden, die der Chef vorher bestimmt. Er ist Vorgesetzter des Berufungswerbers. Der Berufungswerber ist Bauleiter. Er war zu Beginn der Baustelle und während der Arbeiten nicht auf der Baustelle.

 

Der Berufungswerber wurde mit Vereinbarung vom 19.2.2004 zum verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten der F S- u D GesmbH für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und des Arbeitsinspektionsgesetzes bestellt. Dieser Bestellung hat er auch nachweislich zugestimmt. Die Bestellungsurkunde ist am 24.2.2004 nachweislich beim Arbeitsinspektorat Vöcklabruck eingelangt. Laut dieser Bestellungsurkunde ist der Berufungswerber in der Firma leitend tätig und im räumlichen und sachlichen Verantwortungsbereich allen anderen Dienstnehmern gegenüber weisungsberechtigt.

 

4.2. Diese Feststellungen sind aufgrund der Aussagen der beiden einvernommenen Zeugen erwiesen. Die Zeugen wirkten glaubwürdig und waren ihre Angaben widerspruchsfrei. Auch sind die Feststellungen durch die im Akt befindlichen Fotos untermauert. Hinsichtlich der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten liegt eine Bestellungsurkunde vor.

Hingegen konnten die Ausführungen des Berufungswerbers dieses Beweisergebnis nicht entkräften. Insbesondere wurde vom Arbeitsinspektor glaubwürdig dargelegt, dass er die auf dem Dach arbeitenden Arbeitnehmer heruntergerufen hat, wobei diese die Leiter heruntergestiegen sind und er dann nach den Namen gefragt hat. Es wurden ihm die vier in der Anzeige und im Straferkenntnis benannten Namen gesagt. Dies entspricht auch der üblichen Kontrollpraxis und Lebenserfahrung. Es ist daher erwiesen, dass die namentlich genannten Personen Arbeitnehmer der Firma F waren und auf dem Dach gearbeitet haben. Wer die weiteren beiden Personen waren, ob Bauherr oder andere Personen, ist nicht erheblich, weil sie nicht vom Tatvorwurf umfasst sind. Im Übrigen bestätigte der als Zeuge einvernommene Arbeitnehmer selbst sein Arbeiten auf dem Dach sowie auch die Arbeiten der beiden Arbeitnehmer P. Hinsichtlich des Arbeitnehmers R F wird jedoch darauf hingewiesen, dass der Zeuge P bei seiner Einvernahme angab, dass er „nicht glaube, dass er auf dem Dach war“ dann aber in weiterer Folge behauptete, dass er nicht auf dem Dach war, weil er Kranfahrer war. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung, was auch durch ein Foto im Akt untermauert wird, ist es aber erforderlich, dass der Kranfahrer auch zur Lenkung des Kranarmes mittels Fernbedienung auf das Dach steigt. Aus einem Foto ist auch ersichtlich, dass der Kranarm auf die dem Kran abgewandte Dachseite reicht. Es ist daher ein Steuern nur von der gegenüberliegenden Seite aus möglich, weil dort die Einsicht besteht. Allerdings ist richtig, dass der Kranfahrer mit Dacheindeckarbeiten im engeren Sinn nicht beschäftigt ist. Dies ist jedoch unerheblich, da er sich zur Arbeitsverrichtung – dazu gehört auch der Materialtransport – auf dem Dach befunden hat. Allerdings waren sämtliche am Dach angetroffene Arbeitnehmer völlig ungesichert. Auch waren Sicherheitseinrichtungen nicht auf der Baustelle, was von allen Zeugen bestätigt wurde.

Die Traufenhöhe von 3,7 m ist einerseits schon auf dem Foto ersichtlich, wurde an Ort und Stelle auch gemessen und auch aus der Aussage des einvernommenen Arbeitnehmers P ergibt sich eindeutig, dass diesem aus der Erfahrung schon bewusst war, dass die Traufenhöhe höher als 3 m war. Aufgrund seiner Unterweisungen und Schulungen war ihm auch bewusst, dass für eine solche Höhe Sicherheitseinrichtungen erforderlich gewesen wären. Allerdings gab es eine klare Anweisung des Firmenchefs, nämlich des Herrn G F, dass keine Sicherheitsvorkehrungen mitgenommen werden und erforderlich sind. Eine Anweisung des Berufungswerbers in der Firma oder auf der Baustelle hinsichtlich Sicherheitsvorkehrungen gab es nicht. Der Berufungswerber war auch nicht auf der Baustelle. Letztes wurde auch nicht vom Berufungswerber behauptet.

 

4.3. Aufgrund dieses Beweisergebnisses war es auch nicht mehr erforderlich, einen Augenschein zur Klärung der Absturzhöhe durchzuführen. Auch war eine weitere Einvernahme des Berufungswerbers und des Vorgesetzten G F zu den klar festgestellten Anweisungen des Firmenchefs nicht mehr erforderlich. Aufgrund der klaren Aussagen der einvernommenen Arbeitnehmers war auch die weitere Einvernahme des Vorarbeiters nicht mehr erforderlich. Darüber hinaus wird dem Berufungswerber entgegengehalten, dass er bereits bei den Ladungen zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nachweislich aufgefordert wurde, Beweismittel zu benennen und zu beantragen bzw. zur mündlichen Verhandlung mitzubringen. Dieser Aufforderung ist der Berufungswerber nicht nachgekommen. Es dienen daher die Beweisanträge lediglich zur Verfahrensverzögerung.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Mit Mitteilung vom 24.2.2004 wurde dem zuständigen Arbeitsinspektorat die Bestellung des Berufungswerbers zum verantwortlichen Beauftragten der Firma F S- u D GesmbH mit Sitz in mitgeteilt und wurde daher die Bestellung wirksam. Die Bestellung enthält auch einen klaren sachlich und räumlich abgegrenzten Verantwortungsbereich und die Anordnungsbefugnis. Der Berufungswerber hat auch nachweislich der Bestellung zugestimmt.

Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 26.1.2007, VwSen-280812/15/Wim/Ps wurde daher ein Straferkenntnis gegen Herrn G F als handelsrechtlichen Geschäftsführer wegen desselben Tatvorwurfes aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher den Tatvorwurf als zum Tatzeitpunkt wirksam bestellter verantwortlicher Beauftragter verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

5.2. Gemäß § 87 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Geeignete Schutzeinrichtungen sind Dachschutzblenden und Dachfanggerüste (§ 88).

 

Gemäß § 87 Abs.5 BauV darf das Anbringen von Schutzeinrichtungen nach Abs.3 entfallen bei geringfügigen Arbeiten wie Reparatur- oder Anstricharbeiten, die nicht länger als einen Tag dauern (Z1) oder Arbeiten am Dachsaum oder im Giebelbereich (Z2). In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt sein.

 

Gemäß § 161 BauV sind Übertretungen dieser Verordnung nach § 130 Abs.5 Z1 ASchG zu bestrafen.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 5 Z1, § 118 Abs.3 ASchG iVm § 87 Abs.3 und Abs.5 BauV erfüllt. Trotz einer Absturzhöhe von 3,7 m und einer Dachneigung von 27° waren keine Schutzeinrichtungen vorhanden und waren die Arbeitnehmer auch nicht angeseilt. Die Arbeiten waren auch nicht nur Reparatur- oder Anstricharbeiten sondern es handelte sich um die Neueindeckung des Daches und betrug die Dauer jedenfalls einen bis zwei Tage. Es war daher der objektive Tatbestand erfüllt.

 

Aufgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung hatte der Berufungswerber die Tat auch zu verantworten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Der Berufungswerber kann nach § 5 Abs.1 VStG den ihm obliegenden Entlastungsnachweis allein nicht dadurch erbringen, dass er die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen hat, es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist.

Aufgrund der wirksamen Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten ist die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung vom handelsrechtlichen Geschäftsführer wirksam auf den Beschuldigten übergegangen. Dieser wird anstelle des Arbeitgebers haftbar. Wie aber das Beweisverfahren gezeigt hat, war der Berufungswerber zu Beginn der Tätigkeiten auf der Baustelle nicht anwesend und auch während der Arbeiten auf der Baustelle nicht anwesend. Er hat auch vor Inangriffnahme der Arbeiten am Firmensitz keine Anweisungen getroffen und daher nicht dafür Sorge getragen, dass die Arbeitnehmerschutzbestimmungen hinsichtlich Schutzeinrichtungen eingehalten werden. Auch sonstige Maßnahmen, die mit gutem Grund die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften erwarten lassen, wurden weder vom Berufungswerber geltend gemacht noch kamen sie im Beweisverfahren hervor. Vielmehr hat sich im Beweisverfahren gezeigt, dass konkrete Anweisungen für die konkrete Baustelle im Hinblick auf Sicherheitsvorkehrungen durch den Berufungswerber überhaupt nicht getroffen wurden. Er hat daher auch die Nichteinhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

Wenn hingegen vom Berufungswerber vorgebracht wird, was auch in der mündlichen Verhandlung vom zeugenschaftlich einvernommenen Arbeitnehmer bestätigt wurde, dass der Firmenchef als handelsrechtlicher Geschäftsführer konkrete Anweisung getroffen hat, dass keine Schutzeinrichtungen erforderlich sind und verwendet werden, so ist dem Berufungswerber entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen keine Entlastung darstellen kann. Vielmehr wäre es am Berufungswerber als verantwortlichen Beauftragten für Arbeitnehmerschutz gelegen gewesen, als unmittelbarer Vorgesetzter der Arbeitnehmer konkrete Anweisungen zu treffen bzw. Maßnahmen zu ergreifen. Jedenfalls kann eine gesetzwidrige Weisung des Vorgesetzten des Berufungswerbers den Berufungswerber nicht entlasten, sondern wäre der Berufungswerber gehalten gewesen, seinen Vorgesetzten auf die Gesetzwidrigkeit des Verhaltens hinzuweisen und allenfalls – sollte trotz Hinweis auf die Gesetzwidrigkeit eine Weisung durch den Vorgesetzten ergehen – seine Funktion niederzulegen, das heißt von der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zurücktreten. Nur mit einer solchen Vorgehensweise hätte der Berufungswerber sämtlichen Sorgfaltspflichten entsprochen und hätte dies zu einer Entschuldigung führen können (§ 9 Abs.5 VStG). Es ist nämlich nicht erkennbar, dass dem Berufungswerber die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift unzumutbar war. Dass er aber entsprechend gehandelt hätte, wurde vom Berufungswerber nicht einmal behauptet. Es ist daher von schuldhaftem Verhalten, nämlich jedenfalls von fahrlässigem Verhalten des Berufungswerbers auszugehen. Dabei ist aber zur berücksichtigen, dass sich der Berufungswerber konkret für die Baustelle für die konkreten Arbeitnehmer um Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht gekümmert hat, sodass eher von grober Fahrlässigkeit auszugehen ist. Es war daher das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld zu bestätigen. Die Berichtigung der Strafnorm ergibt sich aus den zitierten Bestimmungen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat die Unbescholtenheit des Berufungswerbers strafmildernd gewertet. Straferschwerungsgründe wurden nicht berücksichtigt. Die belangte Behörde hat die persönlichen Verhältnisse mangels Angaben durch den Berufungswerber geschätzt. Andere Strafbemessungsgründe wurden vom Berufungswerber nicht vorgebracht und kamen nicht hervor.

Es ist der Berufungswerber auf den besonderen Unrechtsgehalt der Tat hinzuweisen, nämlich dass genau der festgelegte Schutzzweck der Norm verletzt wurde, indem das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer gefährdet wurde. Besonders zu berücksichtigen war, dass weder technische Schutzeinrichtungen noch persönliche Schutzausrüstung verwendet wurde und der Berufungswerber sich um die Baustelle nicht kümmerte indem er weder zu Beginn der Baustelle noch während der Baustelle dort anwesend war. Er hat daher keine Vorsorgemaßnahmen und kein Verhalten gesetzt, die mit gutem Grund die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften erwarten lassen und so die Verletzung der Schutznorm hintanhalten. Dies ist ihm als Sorgfaltswidrigkeit anzulasten und war bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Außer der Unbescholtenheit des Berufungswerber traten aber keine Strafmilderungsgründe hervor. Auch war der Berufungswerber nicht geständig und zeigte sich auch im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nicht einsichtig. Im Hinblick auf den gesetzlich festgelegten Rahmen war die verhängte Geldstrafe je Delikt nicht überhöht und auch unter Zugrundelegung von einfachen Einkommensverhältnissen angepasst. Die verhängte Geldstrafe ist im Übrigen auch erforderlich, um den Berufungswerber von einer weiteren gleichartigen Tatbegehung abzuhalten. Es war daher die je Delikt verhängte Geldstrafe zu bestätigen. Entsprechend war auch die Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen, wobei dem Kumulationsprinzip gemäß § 22 VStG Rechnung zu tragen war und auch hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe für jedes gesonderte Delikt eine gesonderte Ersatzfreiheitsstrafe festzulegen ist. Dies wurde mit der Spruchkorrektur berücksichtigt, wobei der Berufungswerber durch die Berichtigung in keinen Rechten verletzt wird.

Geringfügiges Verschulden liegt im Grunde der obigen Ausführungen nicht vor, sodass nicht gemäß § 21 VStG vorzugehen war. Auch war ein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe nicht gegeben und daher § 20 VStG nicht anwendbar.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

verantwortlicher Beauftragter, wirksame Bestellung, Kontrollsystem

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 29.06.2011, Zl.: 2007/02/0334-5

 

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