Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240623/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 11.10.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Mag. M B, vertreten durch RA Dr. M K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 3. August 2007, Zl. SanRB96-93-2005, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufge­hoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.       Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshaupt­manns von Linz-Land vom 3. August 2007, Zl. SanRB96-93-2005, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrecht­licher Geschäftsführer einer GmbH zu verantworten habe, dass er – ohne Kontroll­maß­nahmen getätigt zu haben – fünf Packungen "Räucherlachs ohne Konservierung" und fünf Packungen "Wildlachs ohne Konser­vierung" durch Import aus Dänemark am 2. Dezember 2004 an eine Handels-AG in W geliefert und dadurch in Verkehr gebracht habe, obwohl, wie am 6. Dezember 2007 um 10.00 Uhr durch ein Organ der Lebensmittelaufsicht in einer Filiale in S und nach Durch­führung einer Untersuchung der A festgestellt worden sei, jeweils Listerien in 25 Gramm, jedoch in einer Größenordnung von unter 100 kbE/g, nachgewiesen hätten werden können. Somit habe er die sog. kritischen Punkte im Prozessablauf nicht fest­gestellt und nicht dafür Sorge getragen, dass angemessene Sicherheitsmaßnahmen nach der Ausgestaltung des H-Systems festgelegt, durchgeführt, eingehalten und überprüft wurde. Dadurch habe er eine Übertretung des § 3 der Lebensmittel­hygiene­verordnung, BGBl.Nr. II 31/1998, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 319/2004 (im Folgenden: LMHV), i.V.m. § 74 Abs. 4 Z. 1 und Abs. 1 des Lebensmittel­gesetzes, BGBl. Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 69/2003 (im Folgen­den: LMG), begangen, weshalb er nach der letztge­nannten Vorschrift zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihm zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund der Wahrnehmungen des einschreitendes Lebensmittelaufsichtsorgans sowie infolge eines Gutachten der Ö A f G u E GmbH (A) als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei eine lebensmittelrechtliche Vormerkung aus 2005 als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorge­kommen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen geschätzt worden.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 30. August 2007 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 10. September 2007 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass er keinen Einfluss auf die Produktion habe, zumal die gegenständlichen Produkte bereits vakuumverpackt vom dänischen Produzenten, der nach den letzten H-Bestimmungen arbeite, importiert werden. Der Hersteller produziert je Woche ca. 230 bis 250 Tonnen geräucherten Lachs, wobei täglich von jedem Artikel zirka zehn Stichproben im Labor untersucht werden, weshalb er – auch auf Grund der umfangreichen Zertifizierungen des Produzenten – darauf vertrauen habe können, dass dieser tatsächlich nach den strengen EU-Richtlinien arbeitet und sämtliche H-Bestimmungen einhält. Außerdem habe er auch selbst am 12. Oktober 2004 Proben zur Kontrolle gegeben, der Prüfbericht sei jedoch erst 7 Tage später ausgefertigt worden. Da aber Räucherlachs eine äußerst kurze Durchlaufzeit habe, sei eine Lagerzeit von 7 Tagen bis zum Eintreffen dieses Berichtes regelmäßig unzumutbar, weil er als Importeur die Ware stets frisch in den Handel bringen müsse.

 

Aus diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkennt­nisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl. SanRB96-93-2005; da sich bereits aus diesem der entscheidungs­wesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrens­parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 74 Abs. 4 Z. 1 und Abs. 1 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwal­tungs­übertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 7.300 Euro zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund des § 10 und § 29 LMG erlassenen Verordnung – eine solche stellt, wie sich schon aus deren Einleitung ergibt, die LMHV dar – zuwiderhandelt.

 

Nach § 3 LMHV hat der Geschäftsführer eines Lebensmittelunternehmens die für die Lebensmittelsicherheit kritischen Punkte im Prozessablauf festzustellen und dafür Sorge zu tragen, dass angemessene Sicherheitsmaßnahmen festgelegt, durchgeführt, eingehalten und überprüft werden, und zwar nach folgenden, bei der Ausgestaltung des H-Systems (H A and C C P) verwendeten Grundsätzen:

a) Analyse der potentiellen Risiken für Lebensmittel in den Prozessen eines Lebens­mittelunternehmens;

b) Identifizierung der Punkte in diesen Prozessen, an denen Risiken für Lebensmittel auftreten können;

c)  Festlegung, welche dieser Punkte für die Lebensmittelsicherheit kritisch sind ("kritische Punkte");

d) Feststellung und Durchführung wirksamer Prüf- und Überwachungsverfahren für diese kritischen Punkte und

e) Überprüfung der Gefährdungsanalyse für Lebensmittel, der kritischen Kontrollpunkte und der Prüf- und Überwachungsverfahren in regelmäßigen Abständen und bei jeder Änderung der Prozesse im Lebensmittelunternehmen.

 

3.2.1. Wenn § 44a Z. 1 und Z. 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens anordnet, dass der Spruch des Straferkenntnisses den Tatvorwurf genau zu bezeichnen hat, so wird der hier angefochtene Bescheid diesem Erfordernis insbesondere schon deshalb nicht gerecht, weil die belangte Behörde keine detaillierte Umschreibung einer oder mehrerer im Einzelnen gebotenen, vom Beschuldigten aber konkret unterlassenen Maßnahmen formuliert hat. Im gegenständlichen Fall wurde dem Rechtsmittelwerber vielmehr nur pauschal angelastet, dass er keine Sorge dafür getragen habe, dass angemessene Sicherheitsmaßnahmen nach dem H-System festgelegt, durchgeführt, eingehalten und überprüft worden sind. Dies kommt im Ergebnis einer bloßen Wiederholung des Tatbildes des § 3 LMHV gleich, obwohl je nach dem, auf welcher Stufe des Inverkehrbringens das Unternehmen des Verantwortlichen tätig geworden ist, diesbezüglich jeweils ganz unterschiedliche Anforderungen resultieren (vgl. zB VwGH vom 26. März 2007, Zl. 2004/100029).

 

Davon abgesehen geht auch aus den Gutachten der AGES vom 5. Jänner 2005, Zl. 003466/2004 und 003470/2004, hervor, dass im vorliegenden Fall die hygienisch nachteilige Beeinträchti­gung der Lebensmittel durch entspre­chende Vorkehrungen in der Produktion zu vermeiden gewesen wären. Nachdem die gegenständlichen Produkte aber bereits vakuumverpackt importiert wurden, wäre es somit am Hersteller gelegen, diese Schwachstellen im Produktionsablauf in Form des H-Systems zu erken­nen und abzustellen hat; der Erstinverkehrbringer hat hingen unter diesem Aspekt lediglich dafür Sorge zu tragen, dass in seinem Unternehmen die Sicherheitsmaßnahmen während des Prozessablaufes einwandfrei erfüllt werden.

 

Schließlich ist nach der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmung des § 3 LMHV nicht das Inverkehrbringen von hygienisch negativ beeinträchtigten Lebensmitteln unter Strafe gestellt, sondern die Unterlassung der dort geforderten Vorsorgemaßnahmen. Nachdem die gegenständlichen Produkte aber bereits abgepackt importiert wurden, kann sich diese Verpflichtung nur auf den "Prozessablauf" im jeweiligen Herstellerunternehmen beziehen. Hätte die Erstbehörde den Beschwerdeführer hingegen wegen der unterlassenen Sorgfaltspflicht in Bezug auf das Inverkehrbringen belangen wollen, so hätte sie ihm die Tat dementsprechend anders anlasten und/oder eine andere Strafbestimmung heranziehen müssen.

 

Im Ergebnis wurde dem Beschuldigten daher eine Tat angelastet, die er jedenfalls so nicht begangen hat.

 

3.2.2. Außerdem ist anzumerken, dass die beanstandeten Waren – wie im Spruch richtig dargetan – am 2. Dezember 2004 vom Betrieb des Rechtsmittelwerbers an die Handels-AG in W geliefert wurden, jedoch das Kontrollorgan dort die Proben am 4. Dezember 2004 entnommen hat, während diesbezüglich im Straferkenntnis fälschlicherweise der "6. Dezember 2004" angeführt ist (dies war vielmehr jenes Datum, zu dem die A die Proben zur Überprüfung übernommen hat).

 

3.3. Da eine aus den angeführten Gründen erforderliche Spruchkorrektur schon wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfol­gungsverjährung nicht in Betracht kam, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungs­strafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  G r o f

 

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