Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-162508/6/Sch/Hu

Linz, 18.10.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn K H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G H, vom 11.9.2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 28.8.2007, VerkR96-4754-2007/Wid, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 16.10.2007 zu Recht erkannt:

 

I.                     Der Berufung wird insoferne Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage herabgesetzt werden.

             Im Übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass die anzuwendende Strafnorm wie folgt zu lauten hat: § 99 Abs.2c Z9 StVO             1960.

 

II.                   Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 20 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 28.8.2007, VerkR96-2007, wurde über Herrn K H, G, B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G H, S, B, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit. a Z10a StVO 1960 eine Geldstrafe von 255 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen, verhängt, weil er am 8.6.2007 um 14.20 Uhr in der Gemeinde St. P, Landesstraße Freiland Nr. 148 bei km 26,880, mit dem Fahrzeug, Kz. …, Personenkraftwagen M1, Audi A4 silber, im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrs­zeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchst­geschwindig­keit von 80 km/h um 54 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

 

Als Strafbestimmung wurde § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zitiert.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 25,50 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Dem angefochtenen Straferkenntnis liegt die Anzeige der Polizeiinspektion Braunau a.I. vom 14.6.2007 zugrunde. Demnach wurde von einem Polizeibeamten im Wege einer Lasermessung die verfahrensgegenständliche Übertretung festgestellt. Eine Anhaltung des Fahrzeuglenkers war aufgrund des Umstandes, dass die Messung im abfließenden Verkehr erfolgte, nicht möglich.

 

Die Erstbehörde hat mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20.6.2007 gegen den nunmehrigen Berufungswerber (ausgehend von seiner Eigenschaft  als Zulassungsbesitzer) ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 eingeleitet, trotz eigenhändiger Übernahme dieses Schriftstückes ist jedoch seitens des Genannten keinerlei Reaktion erfolgt. Damit konnte die Erstbehörde ohne seine weitere Anhörung, wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung auch angekündigt, das Verwaltungsstrafverfahren mit dem gegenständlichen Straferkenntnis abschließen.

 

Erstmals in der Berufungsschrift wird die Lenkereigenschaft in Abrede gestellt und behauptet, dass der Berufungswerber das Fahrzeug am angeblichen Vorfallstag gar nicht gelenkt habe. Ein konkreter anderer Lenker wird nicht erwähnt.

 

In der eingangs angeführten Berufungsverhandlung hat sich der Rechtsmittelwerber wiederum auf das Bestreiten der Lenkereigenschaft beschränkt, auch hier ohne allerdings einen anderen Lenker zu benennen. Angegeben wurde lediglich, dass mehrere Familienmitglieder in Frage kämen.

 

Vorgebracht wurde auch, dass der Berufungswerber im Falle einer förmlichen behördlichen Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 den Lenker schon benannt hätte.

 

Mit diesem Vorbringen konnte der Berufungswerber seinem Rechtsmittel zu keinem Erfolg verhelfen. Zum einen ist zu bemerken, dass die Lenkereigenschaft eines Beschuldigten nicht nur im Wege einer Aufforderung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 ermittelt werden kann, vielmehr handelt es sich bei der Feststellung, wer ein Kfz gelenkt hat, um einen Akt der Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs.2 AVG (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116, 0117 ua.).

 

Der Verwaltungsgerichtshof judiziert zudem in ständiger Rechtsprechung, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, dass die von einem Beschuldigten bei der ersten Vernehmung gemachten Angaben der Wahrheit am nächsten kommen (VwGH 25.6.1999, 99/02/0076 ua.). Nutzt ein Beschuldigter im Verfahren die erste Gelegenheit nicht, auf einen angeblichen anderen Lenker hinzuweisen, wenn er selbst nicht Lenker gewesen sein soll, kann der Strafbehörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie dann eben ihm die Lenkereigenschaft zugeordnet. Immerhin bedeutet die Zulassungsbesitzereigenschaft, der Berufungswerber ist gegenständlich Zulassungsbesitzer des relevanten Fahrzeuges, einen wichtigen Ansatzpunkt zur Klärung der Frage der Lenkereigenschaft. Es ist durchaus nicht lebensfremd, im Regelfall vom Zulassungsbesitzer – von juristischen Personen einmal abgesehen – als Lenker auszugehen, da dies wohl der häufigste Vorgang ist. Naturgemäß kann auch jede andere Person Lenker sein, diesfalls muss aber rechtzeitig ein entsprechendes Vorbringen erfolgen.

 

Dazu kommt im gegenständlichen Fall noch, dass der Berufungswerber auch bei der Berufungsverhandlung nicht bereit war, konkret eine Person als Lenker zu benennen. Somit wurden von ihm drei Möglichkeiten ungenutzt gelassen, nämlich die Reaktion auf die Aufforderung zur Rechtfertigung, die Berufungsschrift und die Verhandlung vor der Berufungsbehörde. Damit bleibt als schlüssig begründbare Annahme nur mehr, dass eben der Berufungswerber selbst Fahrzeuglenker zum Vorfallszeitpunkt war.

 

Nach § 45 Abs.2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit „absoluter Sicherheit“ erweislich ist (VwGH 20.12.1996, 93/02/0177 ua.). Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 13.11.1986,85/16/0109).

 

Zur Strafbemessung:

Eingangs ist festzuhalten, dass für das gegenständliche Delikt nicht die allgemeine Strafbestimmung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Anwendung zu finden hat, sondern jene des § 99 Abs.2c Z9 leg.cit. Demnach beträgt der Strafrahmen für Überschreitungen der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h von 72 Euro bis 2.180 Euro. Im vorliegenden Fall (Überschreitung um 54 km/h) ist diese Norm anzuwenden, weshalb der diesbezüglich unrichtige Spruchteil des angefochtenen Straferkenntnisses von der Berufungsbehörde zu berichtigen war.

 

Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass Überschreitungen der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten immer wieder Ursache für schwere Verkehrsunfälle sind, also nicht nur eine bloß abstrakte, sondern oftmals auch eine konkrete Gefährdung anderer darstellen. Dazu kommt, dass solche massiven Übertretungen einem Fahrzeuglenker nicht mehr versehentlich unterlaufen können, sondern – zumindest bedingt – vorsätzlich in Kauf genommen werden. Die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe von 255 Euro wäre angesichts dieser Erwägungen an sich angemessen.

 

Die Behörde hat aber unberücksichtigt gelassen, dass dem Berufungswerber der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute kommt. Das gesetzte Delikt steht also in völligem Widerspruch zum bisherigen gesetzeskonformen Verhalten des Berufungswerbers. Damit kann angenommen werden, dass auch mit der herabgesetzten Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro noch das Auslangen gefunden werden kann, um ihn künftighin wieder zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen im Straßenverkehr zu bewegen.

 

Erschwerendgründe lagen nicht vor. Den von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers wurde nicht entgegen getreten, sodass sie auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnten. Bei einem angenommenen Mindestnettoeinkommen von 1.200 Euro wird ihm die Bezahlung der Verwaltungsstrafe jedenfalls zuzumuten sein.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum