Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-108537/2/Bi/Be

Linz, 10.03.2003

 

 

 VwSen-108537/2/Bi/Be Linz, am 10. März 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W, vom 11. September 2002 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses des Polizeidirektors von W vom 26. Juli 2002, III-S-752/02/A, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als der Schuldspruch bestätigt wird, die Geldstrafe jedoch auf 60 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden herabgesetzt werden.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 6 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG,

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

1. Mit Punkt 1) des oben bezeichneten Straferkenntnisses wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 46 Abs.4 lit.c iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am 23. Jänner 2002 um 14.58 Uhr in W, W Autobahn (A25) Höhe Strkm 17.867, Fahrtrichtung W-W, als Lenker des Sattelzugfahrzeuges Kz (int. Unterscheidungskennzeichen "B") mit dem Sattelanhänger Kz (int. Unterscheidungskennzeichen "NL") auf einer Autobahn eine Betriebsumkehr befahren habe, obwohl es sich bei dem von ihm benützten Fahrzeug um kein Fahrzeug des Straßendienstes, der Straßenaufsicht oder des Pannendienstes gehandelt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die von ihm benutzte Straße mit dem Fahrverbotsschild weise keinen Hinweis darauf auf, dass es sich um eine Betriebsumkehr handle. Die Doppelbestrafung sei unzulässig und daher Punkt 1) des Straferkenntnisses zurückzuweisen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung eines Ortsaugenscheins bei der angeführten Betriebsumkehr am 6. März 2003.

 

Aus dem Verfahrensakt, insbesondere der Anzeige des Meldungslegers RI M (Ml), geht hervor, dass sich dieser mit GI KH bei der Ausfahrt der Betriebsumkehr W, Fahrtrichtung L, zwecks Vornahme von Geschwindigkeitsmessungen befand und feststellte, dass das vom Bw gelenkte Sattelzugfahrzeug, dessen Firmenaufschriften er von dort erkennen konnte, in Richtung W-W gelenkt wurde. Die Anhaltung sei auf der B1 im Bereich W-W erfolgt und der Bw habe sich damit verantwortet, er wohne in der Nähe, daher sei er auch dort auf die Autobahn aufgefahren.

 

Im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 7. Februar 2002 rügt der Bw die Art der Anhaltung und führt aus, er habe mangels genügend Bargeld - von ihm seien 55 Euro verlangt worden - dem Beamten die Mastercard ausgehändigt und dieser habe einen Abrechnungsbeleg ausgestellt, ihn aber zerrissen, nachdem der für einen weiteren Verstoß geforderte Betrag von 80 Euro vom Bw abgelehnt worden sei. Das sehe er als Zahlungsverzicht und Annahmeverweigerung an. Abgesehen davon könne nicht ein Verstoß mehrmals bestraft und die Strafe in der Höhe verdreifacht werden.

 

In seinem Bericht vom 22. März 2002 führt der Ml dazu aus, das Sattelkraftfahrzeug sei kurz vor der Ausfahrt W-W, Richtung L, nicht verkehrswidrig überholt worden. Die erste Anhaltung sei nach deutlicher Zeichengebung mittels Anhaltestab auf der rechten Abbiegespur der ampelgeregelten Kreuzung B1 erfolgt. Dem Bw seien die Übertretungen vorgehalten und Führerschein und Zulassungsschein abverlangt worden. Dann sei zur Vermeidung von Verkehrsbehinderungen die weitere Amtshandlung bei der SDC Tankstelle, erfolgt. Dort sei der Bw aufgefordert worden, 57 Euro für die Übertretungen laut Anzeige, dh für das Befahren der Betriebsumkehr und entgegen dem Fahrverbot, mittels Organmandat zu bezahlen. Der Bw habe den Sattelanhänger gewechselt und durch ein längeres Gespräch mit einem Kraftfahrer der Fa S sowie als Provokation anzusehendes Verhalten die Amtshandlung unnötig in die Länge gezogen. Es sei richtig, dass er die Kreditkarte angeboten habe und der dazugehörige Beleg bereits ausgestellt gewesen sei; er habe aber seine Unterschrift verweigert. In der Zwischenzeit sei auch festgestellt worden, dass er keinen Steuerausweis im Sinne des Straßenbenützungsabgabegesetzes vorweisen habe können - eine Übertretung, die nur mittels Bargeld oder Anzeige geahndet werden könne. Diesbezüglich sei der Bw uneinsichtig gewesen, daher sei in beiden Fällen Anzeige erstattet worden. Zwischen der Übertretung und dem Ende der Amtshandlung sei nur durch das Verhalten des Bw, der die Beamten dauernd zu provozieren versucht habe, eine Stunde vergangen.

Einem Ladungsbescheid zur Erstinstanz hat der Bw nicht Folge geleistet, sodass schließlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erging.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates hat sich der Bw selbst zuzuschreiben, wenn die Beamten im Zuge einer vom Beanstandeten künstlich in die Länge gezogenen Amtshandlung weitere Verstöße finden. Selbst wenn der Bw die Kreditkarte herausgibt - allerdings mit dem Mentalvorbehalt, die Beamten zu beschäftigen, weil er von Vornherein nicht vorhat, die erforderliche Unterschrift auf dem Beleg zu leisten - kann er sich nicht darauf berufen, die Beamten hätten das "Organmandat" willkürlich zurückgezogen, um den Strafbetrag zu verteuern.

Gemäß § 50 Abs.6 2.Satz VStG ist, wenn der Beanstandete die Zahlung des Strafbetrages verweigert - zB durch Nichtleistung der Unterschrift auf dem Kreditkartenbeleg - die Organstrafverfügung gegenstandslos, dh nicht die Beamten haben sich zum "Zahlungsverzicht" entschlossen, sondern der Bw hat sich selbst das Gegenstandsloswerden der Organstrafverfügung zuzuschreiben. Die Beamten sind in diesem Fall gemäß § 50 Abs.6 4.Satz VStG zur Anzeigeerstattung an die Behörde verpflichtet, die allerdings nicht an den Strafbetrag laut Organstrafverfügung gebunden ist. Gemäß § 19 VStG sind nämlich die dort festgelegten Kriterien der Strafbemessung zu beachten, zB ua auch eventuelle Vormerkungen des Beschuldigten.

 

Am 6. März 2003 wurde vom erkennenden Mitglied ein Ortsaugenschein im Bereich der Überführung W über die A25 durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass in Fahrtrichtung W-W, dh auf die Richtungsfahrbahn S der A25, nach der Überführung rechts eine mit dem Verbotszeichen gemäß § 52a Z1 StVO ["Fahrverbot (in beiden Richtungen)"] gekennzeichnete asphaltierte Straße in einem Bogen Richtung Autobahn führt. Die Straße ist kurz nach dem Verbotszeichen abgeschrankt und ab dem zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheins offenen Schranken auch seitlich eingezäunt. Eine wörtliche Kennzeichnung als Betriebsumkehr findet sich naturgemäß nicht; allerdings sind auch keine Kennzeichnungen als Autobahnauffahrt (zB durch Wegweiser) ersichtlich, sodass schon auf Grund des Fahrverbotes aber auch des Erscheinungsbildes der Straße kein Zweifel bestehen kann, dass es sich dabei nicht um eine Autobahnauffahrt handelt.

Da sich der Bw außerdem damit verantwortet hat, er sei in der Nähe zu Hause, daher benutze er diese Betriebsumkehr, steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat außer Zweifel, dass dem Bw die Betriebsumkehr auch als solche bekannt war und er diese aus reiner Bequemlichkeit und keinesfalls "irrtümlich" benutzt hat.

 

In rechtlicher Hinsicht ist zu bemerken:

Gemäß § 46 Abs.4 lit.c StVO 1960 ist auf der Autobahn verboten, Betriebsumkehren zu befahren, ausgenommen mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Straßenaufsicht oder des Pannendienstes.

 

Beim Inhaber einer Lenkberechtigung der Klassen A bis G ist die Kenntnis dieser Bestimmung vorauszusetzen. Unbestritten ist jedenfalls, dass der Bw nicht unter die Ausnahmen fällt. Die Benützung der Betriebsumkehr als Abkürzung fällt nicht unter die Ausnahmen, weshalb der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.

 

Die Berufung des Bw richtet sich ausdrücklich gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses, dh Punkt 2) ist damit auch hinsichtlich der Strafhöhe in Rechtskraft erwachsen.

Gemäß § 22 Abs.1 VStG sind ua, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, die Strafen nebeneinander zu verhängen. Im gegenständlichen Fall hat der Bw nicht nur eine Betriebsumkehr, ds eine Straße befahren, die auf die Autobahn führte und nicht als Autobahnauffahrt gekennzeichnet war, sondern er hat auch das dort angebrachte Verbotszeichen "Fahrverbot in beiden Richtungen" missachtet. Das Befahren der Betriebsumkehr wäre auch ohne Vorhandensein des Fahrverbotes für den Bw, der keine Ausnahme im Sinne des § 46 Abs.4 lit.c StVO darstellt, verboten gewesen, ebenso das Befahren einer mit "Fahrverbot" beschilderten Straße, auch wenn sie keine Betriebsumkehr ist. Der Bw hat daher jeden der beiden Tatbestände für sich erfüllt; es liegt keine Doppelbestrafung vor.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 der Strafrahmen bis zu 726 Euro Geldstrafe bzw. im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht hervor, dass die Erstinstanz bei der Strafbemessung 22 Verwaltungsvormerkungen als erschwerend gewertet hat, wobei ein monatliches Einkommen von 1.500 Euro bei fehlenden Sorgepflichten und Vermögen angenommen wurde. Der Bw hat dieser Schätzung seiner finanziellen Verhältnisse nicht widersprochen, sodass diese auch dem Rechtsmittelverfahren zugrunde zulegen war.

Allerdings ergibt sich aus dem Vormerkungsverzeichnis, dass der Bw zwar nicht unbescholten ist, aber die nunmehr 17 Vormerkungen nicht einschlägig und damit nicht als straferschwerend zu werten waren. Schon auf dieser Grundlage war die Strafe herabzusetzen.

 

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien des
§ 19 VStG dem nicht unwesentlichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung - Betriebsumkehren sind baulich nicht für das Befahren mit Sattelzugfahrzeugen geeignet, insbesondere ist die Einbindung in die Richtungsfahrbahn kürzer und die potentielle Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer damit erhöht; weiters war schon auf der Grundlage der Beschuldigtenverantwortung vorsätzliche Begehung anzunehmen - ebenso wie dem Fehlen von Milderungs- und Erschwerungsgründen.

Die Strafe liegt noch im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft von der Begehung gleichartiger Übertretungen abhalten.

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum