Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108638/2/Bi/Be

Linz, 16.01.2003

 

 

 VwSen-108638/2/Bi/Be Linz, am 16. Jänner 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W, vertreten durch RA Mag. P vom 2. Oktober 2002 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 23. September 2002, S-7.172/02-1, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:
 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge von 1) 300 Euro und 2) 80 Euro, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 5 Abs.5 iVm Abs.9 und 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 und 2) §§ 39 Abs.5 iVm 37 Abs.3 Z2 FSG Geldstrafen von 1) 1.500 Euro (18 Tage EFS) und 2) 400 Euro (6 Tage EFS) verhängt, weil er am 30. Dezember 2001 um 21.20 Uhr in Enns, auf der A1, Strkm 155.000,

  1. den Pkw, Kz, gelenkt habe, wobei aufgrund der Symptome wie lichtstarre Pupillen, unsicheres Verhalten, die Vermutung bestanden habe, er könnte
  2.  

     

    sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden haben, und er sich zum oa Zeitpunkt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, sich zu einer Untersuchung bei einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorführen zu lassen, sowie

  3. den Pkw gelenkt habe, obwohl ihm am 26. Dezember 2001 der Führerschein vorläufig abgenommen worden sei und daher das Lenken des oa Pkw für ihn vor der Wiederausfolgung des Führerscheins unzulässig gewesen sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von 1) und 2) 190 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, das ggst Verwaltungsstrafverfahren sei bereits einmal Gegenstand einer Berufung beim UVS gewesen und mit Erkenntnis vom 4. Juni 2002, VwSen-108247/5/ki/ka, eingestellt worden. Es könne daher nicht ein neuer Bescheid mit der vom UVS dargestellten richtigen Rechtsansicht herausgegeben werden. Nach dem Grundsatz "ne bis in idem" könne nicht aus dem gleichen Sachverhalt eine andere Bestrafung abgeleitet werden. Beantragt wird die ersatzlose Behebung und Einstellung des Verfahrens.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw mit Straferkenntnis der BPD Linz vom 10. April 2002, S-7172/02-1, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.5 iVm 99 Abs.1b StVO 1960 bestraft wurde, weil er am 30. Dezember 2001 um 21.20 Uhr in Enns auf der A1, Strkm 155.000, den Pkw gelenkt habe, wobei aufgrund der Symptome wie lichtstarre Pupillen, unsicheres Verhalten, die Vermutung bestanden habe, er könnte sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden haben, und er sich am 30. Dezember 2001 um 21.20 Uhr in Enns auf der A1 bei Strkm 155.000 gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, "sich einer Untersuchung zu unterziehen".

 

Der Berufung gegen dieses Straferkenntnis wurde mit Erkenntnis des UVS vom 4. Juni 2002, VwSen-108247/5/ki/ka, Folge gegeben und das Verwaltungsstraf-

 

 

verfahren diesbezüglich eingestellt. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass entsprechend dem Wortlaut des § 5 Abs.5 StVO das dem Bw zur Last gelegte Verhalten keine Verwaltungsübertretung darstelle, weil die Straßenaufsichtorgane lediglich berechtigt sind, den Probanden zu einem Arzt zu bringen, nicht aber, ihn zur Untersuchung aufzufordern. Erst die Verbringung zum Arzt löse die Verpflichtung aus, sich der klinischen Untersuchung zu unterziehen.

Der neue Tatvorwurf im Punkt 1) des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses entspricht dieser Rechtsauffassung.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshnadlung vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß Abs.2 dieser Bestimmung im gegenständlichen Fall sechs Monate und wird ab dem Tatzeitpunkt berechnet, dh sie begann mit 30. Dezember 2001 und endete somit am 30. Juni 2002.

 

Innerhalb dieser Frist erging das aufgehobene Straferkenntnis wegen des Vorwurfs, der Bw habe sich gegenüber dem Straßenaufsichtsorgan geweigert, sich der Untersuchung gemäß § 5 Abs.5 iVm Abs.9 StVO zu unterziehen. Dieser Tatvorwurf ist auf der Grundlage der Aufhebung und Verfahrenseinstellung durch den UVS als konsumiert anzusehen.

 

Mit dem Ladungsbescheid vom 14. Juni 2002, also noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist, wurden dem Bw nunmehr zwei neue Tatvorwürfe zur Last gelegt, nämlich 1) nach der StVO, sich gegenüber dem Straßenaufsichtsorgan geweigert zu haben, sich zu einer Untersuchung zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorführen zu lassen, und 2) nach dem FSG, den Pkw trotz vorläufiger Abnahme des Führerscheins gelenkt zu haben.

Diese beiden Tatvorwürfe basieren zwar auf dem Sachverhalt vom 30. Dezember 2001, beinhalten aber rechtliche Wertungen dieses Sachverhalts, die bislang dem Bw noch nicht vorgeworfen wurden. Dass, wie der Bw meint, der gesamte Sachverhalt für alle Zeiten abgehakt wäre und nie mehr einer rechtlichen Wertung unterzogen werden dürfte, ist verfehlt und kann mit Hinweis auf den Grundsatz "ne bis in idem" auch nicht begründet werden.

 

Im gegenständlichen Fall sind die beiden Tatvorwürfe nach der StVO inhaltlich verschieden - § 99 Abs.1 lit.b StVO sieht drei Varianten vor, anhand derer der Unterschied besonders deutlich wird - und daher nicht identisch im Sinne des § 44a Z1 VStG (vgl zum Begriff "Tat" VwGH v 24.3.1994, 92/18/0356; v 23.10.1995,

 

 

 

94/04/0080; v 29.10.1996, 96/07/0103; v 19.3.1997, 93/11/0107; v 20.11.1997, 97/06/0170; uva).

Der Behörde bleibt unbenommen, innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG jeden Tag zu "nutzen". Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden und durfte der Bw auch nicht erwarten, dass die Erstinstanz nach einer Verfahrenseinstellung - die im gegenständlichen Fall selbstverständlich nur den damals zur Berufungsentscheidung vorgelegten Tatvorwurf und nicht den gesamten Sachverhalt vom 30. Dezember 2001 umfasste - bei noch nicht abgelaufener Frist untätig bleiben werde.

 

Beide Tatvorwürfe im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Bw innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG zur Last gelegt, sogar die Zustellung erfolgte innerhalb der Frist am 21.6.2002.

 

Zu Spruchpunkt 1):

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Gemäß § 5 Abs.5 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht (weiters) berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt oder zum Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt zu bringen...

Gemäß § 5 Abs.9 StVO gelten die Bestimmungen des Abs.5 auch für Personen, von denen vermutet weren kann, dass sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen.

 

Der Tatvorwurf wurde inhaltlich vom Bw in keiner Weise bestritten, sodass auf der Grundlage des bisherigen Akteninhalts davon auszugehen ist, dass der Bw als Lenker eines Pkw auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, nämlich der Autobahnauffahrt Enns auf die A1, RFB Wien, bei der Anhaltung durch RI S, Autobahngendarmerie Haid, Symptome aufwies, die die Vermutung einer Beeinträchtigung durch Suchtgift nachvollziehbar machen, und vom für solche Amtshandlungen speziell geschulten und behördlich ermächtigten Meldungsleger nach Durchführung eines Alkotests an Ort und Stelle, der 0,0 mg/l AAG ergab, aufgefordert wurde, sich einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt zur Feststellung der Suchtgiftbeeinträchtigung vorführen zu lassen. Dieser Aufforderung hat er keine Folge geleistet. Die Identität des Bw wurde auf der Grundlage eines im

 

 

EKIS gespeicherten Fotos eindeutig festgestellt, obwohl er sich bei der Anhaltung als B ausgegeben hat.

Er hat damit den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 von 1.162 Euro bis 5.813 Euro Geldstrafe bzw im Nichteinbringungsfall von zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Der Bw weist drei einschlägige Vormerkungen aus dem Jahr 2002 wegen § 5 StVO, zuletzt wegen § 5 Abs.5 StVO, vor, die zutreffend als erschwerend berücksichtigt wurden; mildernd war kein Umstand. Sein Einkommen wurde auf ca 700 Euro monatlich netto beim Fehlen von Sorgepflichten und Vermögen geschätzt, da er keine Angaben dazu gemacht hat. Auch dieser Schätzung hat er nicht widersprochen, sodass sie der Berufungsentscheidung zugrundezulegen war.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die Strafe liegt noch im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und hält general- und vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Die Ersatzfreiheitststrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen. Für eine Herabsetzung ergibt sich kein Anhaltspunkt.

 

Zu Spruchpunkt 2):

Gemäß § 37 Abs.1 FSG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ua diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.

Gemäß § 39 Abs.5 FSG ist das Lenken von Kraftfahrzeugen, für die der Besitz einer Lenkberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheines ... unzulässig.

 

Der Bw war zwar am 30. Dezember 2001 noch im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung für das von ihm gelenkte Kraftahrzeug, jedoch wurde ihm am 26. Dezember 2001 der Führerschein vorläufig abgenommen. Das Lenken des Pkw war daher ohne Zweifel unzulässig, weshalb er auch diesen Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen gemäß § 37 Abs.1 iVm Abs.3 Z2 FSG von 363 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe bzw bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

 

 

 

Die Erstinstanz hat zutreffend weder mildernde noch erschwerende Umstände berücksichtigt und auch für die geschätzten finanziellen Verhältnisse des Bw gelten die diesbezüglichen obigen Ausführungen zu Punkt 1). Auch hier findet sich für eine eventuelle Strafherabsetzung kein Anhaltspunkt, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ist nur Tatvorwurf zulässig. - Bestätigung.

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