Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162482/3/Zo/Da

Linz, 08.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn A G, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E K, G, vom 16.8.2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 31.7.2007, VerkR96-1984-2007, wegen zahlreicher Übertretungen des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

I.                     Die Berufung wird im Schulspruch abgewiesen und das Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, dass die in den Punkten 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 angeführten Verwaltungsübertretungen zu einem einzigen Delikt zusammengefasst werden sowie die in den Punkten 8, 9 und 10 angeführten Verwaltungsübertretungen ebenfalls zu einem einzigen Delikt zusammengefasst werden.

 

             Die verletzten Rechtsvorschriften werden wie folgt konkretisiert:

             Zu den Punkten 1 – 7 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet die          verletzte Rechtsvorschrift Art.7 der Verordnung (EG) 561/2006;

             zu den Übertretungen 8 – 10 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses   lautet die verletzte Rechtsvorschrift Art.8 Abs.2 iVm Art.4 lit.g der         Verordnung (EG) 561/2006.

 

II.                   Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise Folge gegeben, von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Berufungswerber eine Ermahnung erteilt.

 

III.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I. u. II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 19 und 21 VStG.

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 12.5.2007 um 12.30 Uhr auf der B3 bei Strkm. 186,150 den LKW mit dem Kennzeichen  gelenkt habe, wobei festgestellt wurde, dass er

1. am 23.4.2007, 2. am 24.4.2007, 3. am 28.4.2007, 4. am 29.4.2007, 5. am 5.5.2007, 6. am 9.5.2007 und 7. am 12.5.2007

nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden keine Unterbrechung der Lenkzeit von mindestens 45 Minuten eingelegt habe und

8. am 25.4.2007, 9. am 27.4.2007 sowie 10. am 3.5.2007

die tägliche Ruhezeit unterschritten habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu 1. – 7. Verwaltungsübertretungen nach § 134 Abs.1 KFG iVm Art.7 EG-VO sowie zu 8. bis 10. Verwaltungsübertretungen nach § 134 Abs.1 KFG iVm Art.8 Abs.1 und 2 der EG-VO begangen. Es wurden daher für alle 10 Übertretungen Geldstrafen in Höhe von jeweils 30 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 12 Stunden) gem. § 134 Abs.1 KFG verhängt und der Berufungswerber wurde zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung räumte der Berufungswerber ein, dass er an den angeführten Tagen die erforderlichen Unterbrechungen nicht eingehalten und die täglichen Ruhezeiten unterschritten habe. Er habe jedoch Milchtransporte durchgeführt, wobei er einzelne landwirtschaftliche Betriebe zum Abholen von Milch und Zurückgabe von Milchbehältern angefahren sei. Er falle daher unter die Ausnahmebestimmung des Art.4 der EG-VO 3820/85, welche derzeit im Anwendungsbereich der EG-VO 561/2006 (befristet bis 31.12.2007) weiter gelte. Es würden daher für ihn die Bestimmungen des Lenkzeitrechtes nicht gelten.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Perg hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte an allen im Spruch angeführten Tagen den LKW mit dem Kennzeichen  mit dem Anhänger . Es handelte sich dabei um einen Milchtransporter, wobei der Berufungswerber Milch von landwirtschaftlichen Betrieben abholte bzw. Milchbehälter zu diesen zurückbrachte. Bei der Kontrolle am 12.5.2007 wurde festgestellt, dass er an den im Straferkenntnis in den Punkten 1 – 7 angeführten Tagen die erforderliche Unterbrechung von mind. 45 Minuten nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden nicht eingehalten hatte sowie am 25.4., 27.4. und 3.5.2007 die tägliche Ruhezeit unterschritten hatte.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß Art.7 der Verordnung (EG) 561/2006 hat ein Fahrer nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Abs.1 eingehalten werden.

 

Gemäß Art.8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.

 

Gemäß Art.4 lit.g der Verodnung (EG) 561/2006 bezeichnet der Ausdruck "reduzierte tägliche Ruhezeit" eine Ruhezeit von mindestens 9 Stunden, aber weniger als 11 Stunden.

 

Gemäß Kapitel VI Art.26 der Verordnung (EG) 561/2006, z2 erhält Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 folgende Fassung:

 

Das Kontrollgerät muss bei Fahrzeugen eingebaut und benutzt werden, die der Personen- oder Güterbeförderung im Straßenverkehr dienen und in einem Mitgliedsstaat zugelassen sind; ausgenommen sind die in Art.3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 genannten Fahrzeuge. Die in Art.16 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 genannten Fahrzeuge und Fahrzeuge, die von der Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 freigestellt waren, die gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 jedoch nicht mehr freigestellt sind, müssen diese Vorschrift spätestens ab dem 31. Dezember 2007 erfüllen.

 

5.2. Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass nach der inzwischen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Übertretungen hinsichtlich Lenkzeiten und Ruhezeiten, welche bei einer Kontrolle festgestellt werden und einen zusammengehörenden Zeitraum betreffen, jeweils als ein fortgesetztes Delikt anzusehen sind. Dementsprechend waren die Tatvorwürfe im erstinstanzlichen Straferkenntnis zusammenzufassen.

 

Der Berufungswerber führte Milchtransporte durch. Diese Milchtransporte waren im Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) 3820/85 gem. Art.4 Z13 von den Bestimmungen hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten sowie der Unterbrechungen ausgenommen. Am 11.4.2007 wurde die Verordnung (EWG) 3820/85 jedoch aufgehoben und es ist die Verordnung (EG) 561/2006 in Kraft getreten. Diese Verordnung sieht keine Ausnahmen für Milchtransporte mehr vor, weshalb seit 11.4.2007 nunmehr auch die Fahrer von Milchtransporten die maximal zulässigen Lenkzeiten bzw. Ruhezeiten und Unterbrechungen einhalten müssen.

 

In Art.26 der Verordnung (EG) 561/2006 ist weiters angeordnet, dass jene Fahrzeuge, welche von der Verordnung (EWG) 3820/85 ausgenommen waren – also auch Milchtransporte – nunmehr jedoch nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) 561/2006 nicht mehr freigestellt sind, das Kontrollgerät spätestens ab dem 31.12.2007 eingebaut haben müssen und dieses benutzt werden muss.

 

Gemäß Art.26 Pkt.2 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 können die Mitgliedsstaaten die in Art.13 Abs.1 und 3 der Verordnung (EG) 561/2006 genannten Fahrzeuge (dazu gehören auch Fahrzeuge zum Abholen von Milch bei landwirtschaftlichen Betrieben und Zurückgabe von Milchbehältern) von der Anwendung der vorliegenden Verordnung freistellen. Der Gesetzgeber hat mit der 28. KFG-Novelle (in Kraft getreten am 1.8.2007) in § 24 Abs.2a KFG festgelegt, dass Abs.2 (die Ausrüstungsverpflichtung mit einem Fahrtenschreiber) nicht gilt, wenn das Fahrzeug mit einem Kontrollgerät im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 ausgerüstet ist. Von der Anwendung dieser Verordnung werden gem. Art.3 Abs.2 der genannten Verordnung zahlreiche Fahrzeuge freigestellt, u.a. auch in Z9 die Milchtransporter. Diese Freistellung kann sich nach dem Wortlaut des Gesetzestextes nur auf die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 beziehen, weil in § 24 Abs.2a KFG 1967 eine andere Verordnung der EWG bzw. der EG gar nicht genannt ist. Dementsprechend sind Milchtransporter zwar von der Ausrüstungsverpflichtung mit Kontrollgeräten freigestellt, unterliegen aber trotzdem den Vorschriften über die Lenk- und Ruhezeiten im Sinne der Verordnung (EG) 561/2006, und damit den Vorschriften hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten sowie der Fahrtunterbrechungen.

 

Unter Berücksichtigung dieser komplizierten Übergangsregelungen und Ausnahmebestimmungen, welche in sich auch nicht wirklich als schlüssig nachvollzogen werden können, kann dem Berufungswerber nur ein ganz geringer Schuldvorwurf gemacht werden. Er war bis ca. 1 Monat vor der Verkehrskontrolle von den Vorschriften hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten als Fahrer eines Milchtransporters ausgenommen und hat sich offenbar darauf verlassen, dass diese Ausnahme auch weiterhin besteht. Er wäre zwar als Berufskraftfahrer verpflichtet gewesen, sich mit den einschlägigen Bestimmungen vertraut zu machen, dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die Übergangsbestimmungen sowie Ausnahmeregelungen durchaus kompliziert und nur schwer nachvollziehbar sind. Den Berufungswerber trifft daher nur ein ganz geringes Verschulden.

 

Die Übertretungen haben auch keine tatsächlichen negativen Folgen nach sich gezogen, zumindest sind solche nicht aktenkundig, sodass gem. § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe Abstand genommen werden kann. Es war jedoch erforderlich, den Berufungswerber zu ermahnen, um ihn in Zukunft zur genauen Einhaltung der Regelungen hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten anzuhalten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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