Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310325/8/Kü/Hu

Linz, 31.10.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Herrn Ing. J P, vertreten durch H & Partner Rechtsanwälte GmbH, A, W, vom 11. April 2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 27. März 2007, Zl. UR96-6-4-2006, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002  nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.   Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 27. März 2007, Zl. UR96-6-4-2006, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z9 iVm § 37ff Abfallwirtschaftsgesetz 2002 eine Geldstrafe von 3.630 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen verhängt, weil er vom 13.6.2006 bis 3.7.2006 im Standort: F, H, Grundstück Nr. …, KG H, Gemeinde F, eine Abfallbehandlungsanlage für Klärschlammverbrennung mit Klärschlammvortrocknung betrieben hat, ohne im Besitz einer dafür erforderlichen Genehmigung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 zu sein.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich, Umweltrechtsabteilung, vom 12.6.2006, UR-2006-590/48-Wi, die Betriebsanlage gemäß § 62 Abs.2a AWG 2002 per 12.6.2006 geschlossen worden sei. Gemäß § 62 Abs.2c AWG 2002 seien derartige Bescheide sofort vollstreckbar.

 

Aufgrund des Vollstreckungsersuchens der Umweltrechtsabteilung vom 12.6.2006 sei unabhängig neben einer Überprüfung der Anlage mit einem maschinenbautechnischen Amtssachverständigen ein Strafverfahren gegen Herrn Ing. P eingeleitet worden. Der Überprüfung mit dem maschinenbautechnischen Amtssachverständigen sei ein Brief der Umweltrechtsabteilung vorausgegangen. Darin würde erklärt, dass es nicht ausgeschlossen werden könne, dass seitens der E GmbH der Betrieb wieder aufgenommen würde. Es sei um laufende Überprüfung der Anlage ersucht worden. Die Abfallbehandlungsanlage sei am 27.7.2006 im Beisein von Herrn DI L überprüft worden. Dabei sei ua. festgestellt worden, dass der am Überprüfungstag wahrgenommene Betriebszustand technisch keine Schließung darstelle. Die Anlage wäre in einem betriebsbereiten Zustand gewesen.

 

Es würde sehr wohl bemerkt, dass der Überprüfungstag erst nach dem dem Beschuldigten zur Last gelegten Zeitraum 13.6.2006 bis 3.7.2006 liege. Das Ergebnis, nämlich das Gutachten von Herrn DI L vom 27.7.2006 würde jedoch als Beweis dafür angesehen, dass die Rechtfertigung vom 21.8.2006 lediglich als Schutzbehauptung zu werten sei. Die Rechtfertigung laute nämlich, dass bloß Nachbereitungsarbeiten im Zuge des Abfahrens der Anlage sowie Arbeiten zur Anpassung der Anlage an den Errichtungskonsens aufgrund der von der Behörde festgestellten Abweichungen durchgeführt worden seien.

 

2.   Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das bekämpfte Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu das bekämpfte Straferkenntnis dahingehend abzuändern, dass von einer Bestrafung nach § 21 VStG abgesehen wird oder die Strafe gemäß § 20 VStG erheblich gemildert werde.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die erstinstanzliche Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses selbst zugestehe, dass für die Erfüllung des vorgeworfenen Tatbilds kein unmittelbarer Beweis vorliege. Die behördlichen Feststellungen würden sich ausschließlich auf die Schlussfolgerungen des maschinenbautechnischen Amtssachverständigen aus der Überprüfung vom 27.7.2006, also mehr als drei Wochen nach dem relevanten Zeitraum, gründen. Dieser habe festgestellt, dass die Anlage am Überprüfungstag in einem betriebsbereiten Zustand gewesen sei. Die Wartung und Instandhaltung der Anlage in einem betriebsbereiten Zustand sei zum einen nicht strafbar, zum anderen sei der Bw auch verpflichtet gewesen, die Anlage in einem intakten Zustand zu halten. Die bloße Wartung und Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit könne nicht mit einem konsenslosen Betrieb gleichgesetzt werden, wahre jedoch der Bw damit nur seine Ansprüche aus dem Anlagenliefergeschäft.

 

Das Vorbringen des Bw als bloße Schutzbehauptung zu qualifizieren und aus dem Befund des Amtssachverständigen auf einen durch nichts belegten konsenslosen Betrieb zu schließen, stelle eine nicht nachvollziehbare und unschlüssige antizipierende Beweiswürdigung dar. Aus diesen Erwägungen seien schon die im bekämpften Straferkenntnis getroffenen Tatsachenfeststellungen hinsichtlich des konsenslosen Betriebes unrichtig, weil durch die Beweisergebnisse nicht gedeckt. In jedem Fall sei auch die vorgenommene Beweiswürdigung rechtswidrig, weil sie die aufgenommenen Beweise vorgreifend und einseitig zu Lasten des Bw würdige. In rechtlicher Hinsicht sei es zudem unzutreffend, dass das Aufrechterhalten der Anlage in einem betriebsbereiten Zustand und die Vorkehrungen für einen allfälligen Rückabwicklungsfall aus dem Anlagenliefergeschäft einen konsenslosen Betrieb gleichzustellen seien.

 

Zu Unrecht habe die erstinstanzliche Behörde auch die weitaus überwiegenden Milderungsgründe außer Betracht gelassen und keine Milderung gemäß § 20 VStG vorgenommen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit Schreiben vom 18. April 2007 die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2007, an welcher der Bw und sein Rechtsvertreter teilgenommen haben.  

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10.12.2003, UR-305444/45-2003, wurde der E GmbH, A, B, Gemeinde F, die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage zur Klärschlammverbrennung mit Klärschlammvortrocknung auf Grundstück Nr. …, KG H, Gemeinde F, erteilt.

Im Spruchteil II. dieses Bescheides wurde angeordnet, dass der Betrieb der Anlage erst nach Erteilung einer Betriebsbewilligung erfolgen darf. Nach Fertigstellung der Anlage wurde ein Probebetrieb für die Dauer von einem Jahr angeordnet.

In der Folge wurde der Behörde von der E GmbH bekannt gegeben, dass die Anlage mit 22.12.2004 fertig gestellt ist und der Probebetrieb mit 3.1.2005 aufgenommen wird.

 

Im Rahmen des Probebetriebes konnte festgestellt werden, dass wesentliche Anlagenkomponenten nicht einwandfrei funktionieren. Aus diesem Grund wurde daher der Anlagenlieferant dazu angehalten, entsprechende Nachbesserungsarbeiten durchzuführen. Der Lieferant der Anlage war allerdings nicht in der Lage, dafür Gewähr zu leisten, dass die von der Behörde vorgegebenen Grenzwerte beim Anlagenbetrieb auch eingehalten werden können.

 

Aus diesem Grund wurde vom Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 9.6.2006, UR-2006-590/47-Wi, der Antrag der E GmbH auf Verlängerung des Probebetriebes abgewiesen.

 

In der Folge wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Juni 2006, UR-2006-590/48-Wi, die Schließung der gesamten Abfallbehandlungsanlage der E GmbH unter Bezugnahme auf § 62 Abs.2 AWG 2002 verfügt.

 

Nach Zustellung dieses Schließungsbescheides wurde die Anlage sofort in einen sicheren Betriebszustand gefahren. Der Abfahrvorgang für die Anlage benötigt ca. 4 bis 5 Tage, da erst nach diesem Zeitraum alle Aggregate ausgekühlt sind. Aus sicherheitstechnischen Gründen muss auch nach dem Abfahrvorgang die bestehende Absauganlage in Betrieb gehalten werden.

 

Am 27. Juli 2006 wurde bei der gegenständlichen Anlage vom maschinenbautechnischen Amtssachverständigen ein Lokalaugenschein durchgeführt. Zum Betriebszustand hielt der Sachverständige fest, dass kein Produktstrom durch die Anlage läuft, sämtliche Mulden und Silos teilweise mit Material befüllt waren, Transportanlagen teilweise befüllt teilweise leer gefahren waren, die Aspirationsanlage in Betrieb gewesen ist und die Explosionsschutz­vorkehrungen ebenfalls in Betrieb gewesen sind. Zusammenfassend hielt der Sachverständige fest, dass es sich bei diesem Betriebszustand technisch nicht um eine Schließung des Anlagenzustandes handelt, sondern die Anlage technisch gesehen in einem betriebsbereiten Zustand ist.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den im Verfahrensakt einliegenden schriftlichen Urkunden und ist im Wesentlichen unbestritten geblieben.

 

5.        Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 62 Abs.2a AWG 2002, BGBl I Nr. 102/2002 idF BGBl I Nr. 34/2006 hat die Behörde, wenn es offenkundig ist, dass eine Behandlungsanlage ohne Genehmigung betrieben wird oder der Inhaber der Behandlungsanlage gefährliche Abfälle sammelt oder behandelt, ohne über eine Berechtigung gemäß § 25 zu verfügen, ohne vorausgehendes Verfahren die Schließung des gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betriebes bescheidmäßig zu verfügen.

 

Gemäß § 79 Abs.1 Z17 AWG 2002 begeht, wer den Anordnungen oder Aufträgen gemäß § 62 Abs.2, 2a, 2b, 3 oder 6 nicht nachkommt – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 bis 36.340 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht.

 

Der Landeshauptmann von Oberösterreich als zuständige Anlagenbehörde hat mit Bescheid vom 12. Juni 2006, UR-2006-590/48-Wi, unter Bezugnahme auf § 62 Abs.2a AWG 2002 die Schließung der gesamten Abfallbehandlungsanlage der E GmbH verfügt.

 

Ein Zuwiderhandeln gegen eine derartige behördliche Verfügung ist nach § 79 Abs.1 Z17 AWG 2002 unter Strafe gestellt.

 

Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint; gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z3 VStG. Die Anführung der unrichtigen Bestimmungen im Sinne des § 44a Z2 und 3 VStG stellt daher eine offenkundige Verletzung des Gesetzes zum Nachteil des Bestraften dar (VwGH vom 23.2.2006, Zl. 2003/07/0056).

 

Der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist zu entnehmen, dass die Behörde deswegen ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet hat, da der Verdacht bestanden habe, dass die Anlage trotz des Schließungsbescheides des Landeshauptmannes vom 12.6.2006 nach wie vor betrieben wird. Aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ist daher jedenfalls abzuleiten, dass ein Zuwiderhandeln gegen den Schließungsbescheid zum Vorwurf gemacht wird, welches allerdings nicht Inhalt des erstinstanzliches Spruches geworden ist. Der vermeintliche Anlagenbetrieb wurde von der Erstinstanz unter die allgemeine Strafnorm des § 79 Abs.1 Z9 AWG 2002 subsumiert, was allerdings eine Außerachtlassung der speziellen Strafbestimmung des § 79 Abs.1 Z17 AWG 2002 bedeutet.

 

Indem die Erstinstanz den Sachverhalt nicht der entsprechenden Strafbestimmung unterstellt hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Im Hinblick auf den konkreten Tatvorwurf bzw. den angenommenen Tatzeitraum ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, eine Änderung des Strafausspruches vorzunehmen, da diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Unter dem Gesichtspunkt, dass § 79 Abs.1 Z9 bzw. § 79 Abs.1 Z17 AWG 2002 von unterschiedlichen Tatbestandselementen ausgehen, war es dem Unabhängigen Verwaltungssenat auch verwehrt, die angelastete Verwaltungsübertretung der Vorschrift des § 79 Abs.1 Z17 AWG 2002 zu unterstellen, da es mit dieser Änderung zu einer Auswechslung der Tat im Sinne des § 44a VStG gekommen wäre, was im Berufungsverfahren jedenfalls unzulässig ist.

 

Ergänzend ist zum gegenständlichen Straferkenntnis anzumerken, dass der Spruch jedenfalls nicht erkennen lässt, in welcher Verantwortung dem Bw die Verwaltungsübertretung angelastet wird. Insbesondere enthält der Spruch keinen Hinweis darauf, dass der Bw als das nach § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Organ der E GmbH zur Verantwortung gezogen wird. Auch unter diesem Aspekt ist daher der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

Insgesamt war daher der Berufung Folge zu geben, dass gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum