Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108671/2/Bi/Be

Linz, 31.01.2003

 

 

 VwSen-108671/2/Bi/Be Linz, am 31. Jänner 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W, vom 14. November 2002 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 30. Oktober 2002, VerkR96-1669/2002,

wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 und 66 VStG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 40 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 3. Juni 2002 um 17.30 Uhr das Motorrad mit dem behördlichen Kennzeichen (D) von der Untermühler Landesstraße kommend über die Rohrbacher Bundesstraße B127 auf die Haslacher Landesstraße gelenkt habe, wobei er seine Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen, durch Straßenverkehrszeichen, nämlich das Gefahrenzeichen "Allgemeine Gefahr" mit der Zusatztafel "Rollsplitt", angekündigten Umständen, sowie nicht den Eigenschaften des gelenkten Motorrades bei solchen Fahrbahnverhältnissen angepasst habe, wodurch er zu Sturz gekommen sei.
  2. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 4 Euro auferlegt.

  3. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Abs.3 VStG).
  4.  

     

  5. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei in dem Irrglauben gelassen worden, es werde ihm der Verstoß gegen eine absolute Geschwindigkeitsbeschränkung vorgeworfen, weshalb der Sachverhalt zu seinen Lasten nur unvollständig erhoben worden sei. Der Rollsplitt habe sich nicht nur auf den ausbesserungsbedürftigen Stellen befunden, sondern großflächig auch im angrenzenden Bereich, praktisch auf der gesamten rechten Fahrbahnhälfte in einer mehrere cm dicken Schicht ohne Teer-Haftgrund. Der Bereich sei unzureichend gekennzeichnet gewesen und das unmittelbar am Beginn des Rollsplittfeldes. Eine rechtzeitige Reaktion auf die Gefahr sei kaum möglich gewesen, weil eine effiziente Warnung gefehlt habe. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung sei auch nicht verfügt gewesen. Das Gefahrenzeichen sei nicht verordnet und nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen. Er habe vor dem Überqueren der B127 angehalten und beim Überqueren auf ca 60 bis 65 km/h beschleunigt. Der Gefahrenbereich sei von der B127 wegen der ca 20 bis 25 m nach dem Mündungstrichter beginnenden steil abfallenden Rechtskurve nicht einsehbar. Bei Wahrnehmung des Gefahrenzeichens habe er sofort abgebremst, jedoch sei sein Motorrad wegen der dicken und losen Rollsplitt-Schicht ins Schleudern geraten, sodass er zu Sturz gekommen sei. Das Verschulden am Unfall treffe ausschließlich den Straßenerhalter bzw dessen "Leute". Wenige Tage nach seinem Unfall sei eine Beschränkung auf 50 km/h zusätzlich zum Gefahrenzeichen verfügt worden.
  6. Beim Sturz habe er einen Bruch der rechten Speiche und zahlreiche Prellungen und Hämatome am rechten Oberschenkel erlitten. Sein Motorrad und seine Kleidung seien beschädigt worden. Seine Schadenersatzforderung an das Land sei (vorläufig) abgelehnt worden unter Hinweis darauf, dass kein grobes Verschulden iSd § 1319a ABGB vorliege, was seiner Ansicht nach ein Zugeständnis zumindest leichten Verschuldens sei. Als Beweismittel hat der Bw Lichtbilder, Korrespondenz und seine Einvernahme angeboten, einen Verstoß gegen die StVO bestritten und die Strafbemessung angefochten. Beantragt werden Verfahrenseinstellung, in eventu die Erteilung einer Ermahnung.

     

     

  7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 20 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen...

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Bestimmung ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die "Tat" in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen zu widerlegen, und dass der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Zur ausreichenden Konkretisierung der Tat bedarf es der Anführung aller wesentlichen Tatbestandselemente, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale nur in der Begründung reicht nicht aus.

 

Im Fall des Tatvorwurfs des Nichtanpassens der Fahrgeschwindigkeit an bestimmte Umstände wäre zur Konkretisierung des Tatvorwurfs zunächst zu erheben gewesen, welche Geschwindigkeit der Bw bei den gegebenen Verhältnissen mit seinem Motorrad tatsächlich nicht hätte überschreiten dürfen, dh es wäre zB durch ein entsprechendes Sachverständigengutachten zu klären gewesen, inwiefern der Bw zu schnell gewesen sein könnte. Die bloße Umschreibung, er sei zu Sturz gekommen, individualisiert noch nicht den Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung, zumal nicht geklärt ist, welche konkrete Geschwindigkeit denn überschritten worden sein könnte. Dass seiner Schätzung auf 60 bis 65 km/h beim Beschleunigen in der Begründung des Straferkenntnisses pauschal die Glaubwürdigkeit abgesprochen wurde, reicht jedenfalls nicht aus.

Da dem Bw während der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.3 VStG, die mit dem Vorfall am 3. Juni 2002 zu laufen begonnen und demnach am 3. Dezember 2002 geendet hat, kein diesbezüglich geeigneter und ausreichend konkretisierter Tatvorwurf gemacht wurde und dieser Umstand auch nicht nachholbar ist, war gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Am Rande ist zu bemerken, dass gemäß § 49 Abs.2 StVO die Gefahrenzeichen auf Straßen, die nicht Autobahnen sind, 150 bis 250 m vor der Gefahrenstelle anzubringen sind. Gemäß § 49 Abs.3 leg.cit. sind sie jedoch, wenn es der Verkehrssicherheit besser entspricht, in einer anderen als der in Abs.2 bezeichneten Entfernung anzubringen. In einem solchen Fall ist auf Freilandstraßen unter dem Zeichen auf einer Zusatztafel nach § 54 Abs.5 lit.a StVO die Entfernung bis zur Gefahrenstelle anzugeben.

 

Im gegenständlichen Fall war das Gefahrenzeichen "Andere Gefahren" gemäß § 50 Z16 StVO mit der Zusatztafel gemäß § 54 Abs.5 lit.b, das die Länge der Gefahrenstelle, aber keine Entfernung zwischen Gefahrenzeichen und Gefahr (Rollsplitt) bezeichnete, versehen. Zweck der Entfernungsangabe wäre es gewesen, einem Lenker die Anpassung seiner Geschwindigkeit bezogen auf die Gefahr zu ermöglichen. Laut Anzeige betrug die Entfernung nur 17 m. Dass bzw ob eine "Vorwarnung" zB auf der vom Bw benutzen Untermühler Landesstraße oder auch auf der B127 für einbiegende Lenker vorhanden war, geht aus dem Akt nicht hervor.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Konkretisierung

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