Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280998/21/Kl/Pe

Linz, 16.10.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau G L, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J L, Dr. E W, Mag. C O, Dr. H N, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 2.4.2007, Gz.: Ge-830/06, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung 13.9.2007 zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

       Hinsichtlich Faktum 2 wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass die Strafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG „§ 130 Abs.1 Einleitungssatz ASchG“ zu lauten hat.

 

II.    Hinsichtlich Faktum 1 entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge. Hinsichtlich Faktum 2 hat die Berufungswerberin einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, das sind 200 Euro, für das Berufungsverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 2.4.2007, Gz.: Ge-830/06, wurden über die Berufungswerberin Geldstrafen von je 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 48 Stunden (in zwei Fällen), wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß 1) § 61 Abs.1 und § 130 Abs.1 Z6 ASchG und 2) § 61 Abs.6 und § 130 Abs.1 Z19 ASchG verhängt, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit zur als zur Vertretung nach außen bestimmtes Organ der Firma R A GmbH in, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten hat, dass

1.        der Arbeitnehmer o.a. Firma Herr K K am 22.5.2006 um ca. 11.45 Uhr in (an der Nordseite der dortigen Werkshalle der ehem. Firma G) alleine an einem Arbeitsplatz mit erhöhter Unfallgefahr mit der Demontage einer Kantenpressmaschine (Höhe: 3 m, Breite: 2 m, Gewicht: ca. 7 t) beschäftigt wurde, ohne dass die damit in Zusammenhang stehenden Arbeitsvorgänge so eingerichtet wurden, beschaffen waren und erhalten wurden, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Sicherheit ggst. Arbeitnehmers erreicht worden wäre. Es wurde somit ggst. Arbeitsplatz nicht so eingerichtet, beschaffen und erhalten, dass ggst. Arbeitnehmer möglichst ohne Gefahr für seine Sicherheit und Gesundheit seine Arbeit verrichten konnte. Da Arbeitsplätze so eingerichtet werden müssen, beschaffen sein müssen und erhalten werden müssen, dass die Arbeitnehmer möglichst ohne Gefahr für ihre Sicherheit und Gesundheit ihre Arbeit verrichten können, stellt o.a. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen des ASchG dar;

2.        der Arbeitnehmer o.a. Firma Herr K K am 22.5.2006 um ca. 11.45 Uhr in (an der Nordseite der dortigen Werkshalle der ehem. Firma G) alleine an einem Arbeitsplatz mit erhöhter Unfallgefahr mit der Demontage einer Kantenpressmaschine (Höhe: 3 m, Breite: 2 m, Gewicht: ca. 7 t) beschäftigt wurde, ohne dass eine wirksame Überwachung desselben sichergestellt gewesen wäre. Da an Arbeitsplätzen mit erhöhter Unfallgefahr sowie an besonders abgelegenen Arbeitsplätzen ein Arbeitnehmer nur alleine beschäftigt werden darf, wenn eine wirksame Überwachung sichergestellt ist, stellt o.a. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen des ASchG dar.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde dargelegt, dass eine unzulässige Doppelbestrafung nach § 61 Abs.1 und § 61 Abs.6 ASchG vorliege, zumal § 61 Abs.6 ASchG die speziellere Norm darstelle. Auch wurde mangelnde Begründung aufgezeigt, weil nicht konkret das Fehlverhalten vorgeworfen und in der Begründung Versäumnisse dargelegt wurden. Es liege kein fahrlässiges Handeln der Berufungswerberin vor, zumal in regelmäßigen Abständen Unterweisungen über Schutzmaßnahmen gemacht werden, auch der Verunfallte am 16.3.2006 unterwiesen wurde und auch bei der Besichtigung der Maschine am 18.4.2006 anwesend war. Auch war der Verunfallte nicht allein mit der Demontage beauftragt. Ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen den Betriebsleiter wurde durch die Staatsanwaltschaft Leoben eingestellt.

 

3. Der Bürgermeisters der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und auf keine Verwaltungsstrafvormerkungen der Berufungswerberin hingewiesen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.9.2007, zu welcher die Berufungswerberin und ihr Rechtsvertreter sowie die belangte Behörde und das anzeigende Arbeitsinspektorat geladen wurden. Die Berufungswerberin und ihr Rechtsvertreter haben teilgenommen, die belangte Behörde ist nicht erschienen, das Arbeitsinspektorat hat sich entschuldigt. Weiters hat sich der als Zeuge geladene Arbeitsinspektor O E wegen Krankheit entschuldigt. Schließlich wurden die Zeugen K K, J S und H W-G geladen und einvernommen.

 

Von der Berufungswerberin wurde anlässlich der mündlichen Verhandlung ein Protokoll über die Maschinenumstellung und -ausbringung bei der Firma V (ehemals Firma G) vom 18.4.2006 vorgelegt, welches vom Betriebsleiter P aufgenommen wurde und auch vom verunfallten Arbeitnehmer mitgezeichnet wurde. Darin sind nähere Umstände der Maschinen, wie Gewicht, Länge, Breite, Höhe, Hallenhöhe, Torhöhe, Bodenbeschaffenheit, benötigte Geräte und Fahrzeuge sowie benötigtes Personal ersichtlich. Eine Sicherheits- und Umweltcheckliste ist angeschlossen, deren Deckblatt der Verunfallte Arbeitnehmer kennt, nicht jedoch den Inhalt. Weiters wurde ein Zertifikat vom Juni 2005 über die Teilnahme an einem Produktseminar „Ladungssicherung“ durch K K vorgelegt. Schließlich wurde eine Ausfertigung einer Unterweisung vom 16.3.2006 mit Teilnehmerliste vorgelegt, aus der auch der Verunfallte als Teilnehmer hervorgeht. Weiters wurde ein Tagesprotokoll vom 8.6.2006 über eine Evaluierung vorgelegt.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass die Berufungswerberin handelsrechtliche Geschäftsführerin der R A GmbH mit Sitz in ist. Dieses Unternehmen handelt mit Eisen und Schrott und übt weiters den Kran- und Containerverleih aus. Es werden verschiedene Maschinen und Geräte vom Unternehmen abgeholt und weitergehandelt. Der Arbeitnehmer K K ist Schlosser, J S und H W-G sind Kraftfahrer.

Am 18.4.2006 nahm J P mit K K eine Besichtigung in, in der Werkshalle der ehemaligen Firma G vor. Dabei wurden die Maschinen festgelegt, die von der Werkshalle der Firma G abzuholen, abzutransportieren und am Bestimmungsort wieder aufzustellen waren. Es handelte sich dabei um ein Kundengespräch. Es wurde auch zwischen Herrn K und Herrn P ausgemacht, welche Geräte bzw. Krane und Stapler dafür benötigt werden. Hiefür wurden auch die Abmessungen und Tonnagen aufgeschrieben. Dies wurde im Protokoll durch Herrn P festgehalten. Am Freitag vor dem 22.5.2006 hat sich K noch einmal bei Herrn P rückversichert, ob alles wie besprochen durchgeführt werden sollte und wurde dies bestätigt. Konkrete weitere Anweisungen für einzelne Maschinen gab es nicht mehr. Es gab den Auftrag, die ersten drei Maschinen auszubringen, aufzuladen und zum neuen Standort zu bringen. Die Arbeiten sollten zu dritt, nämlich K, S und W-G, durchgeführt werden. Diese arbeiten ständig zusammen, wobei Herr S der Kranfahrer, Herr W-G der Staplerfahrer und Herr K der Schlosser war. Dieser war auch der Verantwortliche auf dem Arbeitsplatz.

Am 22.5.2006 waren S und W-G vor der Werkshalle mit bereits ausgebrachten Maschinen beschäftigt. K ist wieder in die Halle hineingegangen und hat in der Folge den 10 Tonnen-Hydraulikheber betätigt, um die Kantenpressmaschine anzuheben und auf Rollen zu setzen. Er hat selber den Abstand zum Boden ausgemessen und dann den Heber weiter betätigt. Schließlich kam die Maschine zum Rutschen und war keine Zeit mehr wegzulaufen, da sich die Maschine in Längsrichtung, nämlich 4,50 m bewegte. In der Folge kippte die Maschine und fiel auf den Arbeitnehmer.

Eine Unterweisung gab es am 16.3.2006 bzw. für S und W-G am 27.3.2006. Eine weitere Unterweisung konkret für die Werkshalle gab es nicht. Die drei Arbeitnehmer arbeiten ständig zusammen. Grundsätzlich betätigt ein Arbeitnehmer den Hydraulikheber, ein Arbeitnehmer misst den Abstand und schiebt die Rollen unter, ein Arbeitnehmer dirigiert und beaufsichtigt den Vorgang. Es gab immer wieder Anweisung aufzupassen und die Arbeiten nicht alleine durchzuführen. Dies auch vor den Arbeiten am 22.5.2006. Weitere Anweisungen gab es nicht. Der Betriebsleiter P war am 22.5.2006 nicht auf der Baustelle. Aufgrund der Erfahrung und der regelmäßigen Schulungen wissen die Arbeitnehmer wie vorzugehen ist. Auf der Baustelle sind sie selbständig.

Die Berufungswerberin verrichtet die Tätigkeiten im Büro. Durchschnittlich hat das Unternehmen 35 bis 40 Arbeitnehmer. Sie selbst kommt nicht auf die Baustellen. Für die technischen Belange und Arbeitsabwicklung sowie die Unterweisungen ist der Betriebsleiter J P zuständig. Dieser nimmt auch die Unterweisungen hinsichtlich Sicherheit vor, wobei die Berufungswerberin bei dieser Unterweisung, nämlich am 16.3.2006, anwesend war.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die vorgelegten Unterlagen sowie auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen. Die Zeugen waren widerspruchsfrei und glaubwürdig und bestand kein Zweifel an der Richtigkeit der Aussage. Weiters liegen im Akt auch Fotos über die Unfallstelle vor. Diese dokumentieren die besondere Gefahr.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 61 Abs.1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, müssen Arbeitsplätze so eingerichtet und beschaffen sein und so erhalten werden, dass die Arbeitnehmer möglichst ohne Gefahr für ihre Sicherheit und Gesundheit ihre Arbeit verrichten können.

 

Gemäß § 61 Abs.6 ASchG darf an Arbeitsplätzen mit erhöhter Unfallgefahr sowie an abgelegenen Arbeitsplätzen ein Arbeitnehmer nur allein beschäftigt werden, wenn eine wirksame Überwachung sichergestellt ist.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z19 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Gestaltung von Arbeitsvorgängen oder die Gestaltung oder Einrichtung von Arbeitsplätzen verletzt.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist daher erwiesen, dass der verunfallte Arbeitnehmer allein in der Werkshalle mit dem Anheben zum Zweck der Demontage der Kantenpressmaschine mit einer Höhe von 3 m, Breite von 2 m und einem Gewicht von ca. 7 t in der Werkshalle der ehemaligen Firma G beschäftigt war, ohne dass diese Maschine gesichert war. Es war daher eine erhöhte Unfallsgefahr gegeben. Der Arbeitnehmer arbeitete allein und war eine wirksame Überwachung nicht vorhanden. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.1 Z19 iVm § 61 Abs.6 ASchG erfüllt. Die Berufungswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma R A GmbH mit dem Sitz in S hat die Verwaltungsübertretung auch verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Zum Faktum 1 ist hingegen auszuführen, dass die Bestimmung des § 61 Abs.1 ASchG die allgemeinere Bestimmung darstellt, nämlich dass der Arbeitgeber die Pflicht hat, Arbeitsplätze so einzurichten und zu gestalten, dass keine Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer eintritt. In den nachfolgenden Absätzen 2 bis 7 hingegen werden konkrete Gefahren dargelegt und entsprechende Verpflichtungen für den Arbeitgeber definiert. Entsprechend ist im Abs.6 sodann eine Maßnahme bei erhöhter Unfallsgefahr bzw. bei abgelegenen Arbeitsplätzen vorgeschrieben, nämlich dass Arbeitnehmer nicht allein beschäftigt werden dürfen bzw. bei alleiniger Beschäftigung eine wirksame Überwachung sichergestellt werden muss. Es ist daher mit Erfüllung des spezielleren Tatbestandes nach Abs.6 die Pflicht nach Abs.1 mitenthalten. Eine Bestrafung nach beiden Tatbeständen widerspricht daher dem Doppelbestrafungsverbot bzw. liegt scheinbare Konkurrenz dieser beiden Tatbestände, nämlich ein Fall der Spezialität vor. Es war daher das Strafverfahren im Hinblick auf den Tatbestand nach § 61 Abs.1 ASchG gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens macht die Berufungswerberin geltend, dass die Arbeitnehmer unterwiesen sind und der Bauleiter für die Arbeitsabwicklung zuständig ist. Diese Ausführungen können allerdings eine Entlastung der Berufungswerberin nicht bewirken.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshof hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Allerdings kann der Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG den ihm obliegenden Entlastungsnachweis nicht allein dadurch erbringen, dass er die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen hat, es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt.

Wenn sich daher die Berufungswerberin auf – allerdings auch nur allgemein gehaltene Weisungen, die sich nicht auf die konkrete Baustelle beziehen – vom 16.3.2006 stützt und die Verantwortung des Betriebsleiters einwendet, so reicht dies für eine Entlastung nicht aus. Auch reicht nicht aus, dass der Bauleiter zwar immer wieder Anweisung gibt nicht alleine zu arbeiten und aufzupassen. Vielmehr hätte es auch eines Nachweises bedurft, wie die Berufungswerberin Kontrollen durchführt, wie oft diese Kontrollen durchgeführt werden, und welche konkreten Maßnahmen sie getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten zu können. Ein solches Vorbringen, dass die Berufungswerberin selbst kontrolliert, insbesondere, dass sie auf die Baustelle kommt bzw. den Bauleiter kontrolliert, fehlt zur Gänze. Auch fehlt eine Kontrolle des Bauleiters an der konkreten Baustelle, insbesondere eine Kontrolle des dort verantwortlichen Schlossers. Es sind vielmehr die Arbeitnehmer an der Baustelle sich selbst überlassen. Gerade aber für ein weisungswidriges Handeln ist es aber erforderlich, dass Kontrollen durchgeführt werden und Missstände abgestellt werden bzw. weisungswidriges Handeln verhindert wird. So hat der Verwaltungsgerichtshof gerade für jenen Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen gefordert, dass entsprechende vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsysteme Platz zu greifen haben. „Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der Judikatur vorhanden war“ (22.12.2002, 99/02/0220). Das geforderte Kontrollsystem dient genau dazu, dass eigenmächtige Vorgangsweisen der Arbeitnehmer nicht eintreffen und soll das Kontrollsystem verhindern, dass gegen das Wissen und den Willen des Arbeitgebers Arbeitnehmer Handlungen setzen und Arbeitnehmerschutzvorschriften außer Acht lassen. Es war daher auch vom Verschulden der Berufungswerberin auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat die Unbescholtenheit der Berufungswerberin strafmildernd gewertet. Weitere Milderungsgründe sowie Erschwerungsgründe kamen nicht hervor. Zu den persönlichen Verhältnissen hat sie ein Nettoeinkommen von 3.000 Euro pro Monat und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Die Berufungswerberin hat keine weiteren Umstände vorgebracht und kamen auch keine weiteren Bemessungsgründe im Berufungsverfahren zutage. Die Berufungswerberin ist auf den besonderen Unrechtsgehalt der Tat hinzuweisen, insbesondere wurde das Leben und die Gesundheit des Arbeitnehmers in erheblichem Maße gefährdet und sind sogar nachteilige Folgen durch den Arbeitsunfall eingetreten. Da es sich um eine besondere Gefahrenstelle handelte, war auch der Berufungswerberin anzulasten, dass hier keine gesonderten Maßnahmen getroffen wurden. Im Sinne des erhöhten Unrechtsgehaltes der Tat und auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse ist daher die verhängte Geldstrafe von 1.000 Euro tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin angepasst. Die Strafe ist in Anbetracht des gesetzlichen Höchstrahmens auch nicht überhöht. Vielmehr ist die Strafe auch erforderlich, um die Berufungswerberin künftig zu einem ordnungsgemäßen Verhalten anzuleiten. Entsprechend war daher auch die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG zu bestätigen. Ein Überwiegen von Milderungsgründen war nicht festzustellen und war daher nicht gemäß § 20 VStG vorzugehen. Auch war kein geringfügiges Verschulden festzustellen und daher nicht gemäß § 21 VStG vorzugehen. Geringfügigkeit liegt nämlich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das Verhalten der Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Dies ist nicht erfüllt. Auch sind die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend.

 

6. Weil die Berufung hinsichtlich Faktum 1 Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG. Hinsichtlich Faktum 2 hat die Berufung keinen Erfolg und war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 200 Euro, festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Kontrollsystem

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum