Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590176/2/BP/Wb

Linz, 29.10.2007

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der L M, vertreten durch Dr. B G, Rechtsanwalt, S, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 10. September 2007, AZ. BZ-SanLA-0234-2007, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird aufgehoben

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 67a Abs. 1 iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Ver­waltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels, als Behörde erster Instanz im übertragenen Wirkungsbereich, vom 10. September 2007, AZ. BZ-SanLA-0234-2007, wurden gegen die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) gemäß § 39 Abs. 1 Z. 1 und 11 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), BGBl. I Nr. 13/2006 i.d.g.F., unter Fristsetzung bis 1. November 2007 nachstehende Maßnahmen und Vorkehrungen angeordnet:

 

"Der Frischkäse "Leicht und gut Paprika" darf bei Beibehaltung des derzeitigen Fettgehaltes unter dieser Bezeichnung nicht mehr in Verkehr gebracht werden.

Ein weiteres Inverkehrbringen unter der Bezeichnung "Leicht und gut Paprika" ist nur dann zulässig, wenn der Fettgehalt dieses Frischkäses soweit abgesenkt wird, dass dieser um mindestens  33% weniger Fett gegenüber einem normalen Frischkäse mit vergleichbarer Fettgehaltsstufe (45% F.i.T.) enthält.

Erfolgt diese Fettreduktion nicht, ist in der Sachbeziehung das Wort "Leicht" zu entfernen."

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der der Bw am 13. September 2007 zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende – rechtzeitige – Berufung vom 20. September 2007 (Datum des Poststempels).

 

Unter Bezugnahme auf die Bestimmungen LMSVG, das Österreichische Lebensmittelbuch sowie gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen wird darin die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides gefordert.

 

 

2. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

2.1. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs. 2 Z. 1 abgesehen werden, da bereits nach Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter 1.1. bzw. 1.2. dargestellten wesentlichen Sachverhalt aus.

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 39 Abs. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutz­gesetzes, BGBl. I Nr. 13/2006 i.d.g.F., hat bei Wahrnehmung von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften der Landeshauptmann mit Bescheid, gegebenenfalls unter einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist und unter Ausspruch der notwendigen Bedingungen oder Auflagen, die nach Art des Verstoßes und unter Berücksichtigung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit erforderlichen Maßnahmen zur Mängelbehebung oder Risikominderung anzuordnen, wie insbesondere unter Z. 1 die Einschränkung oder das Verbot des Inverkehrbringens oder der Verwendung, sowie unter Z. 11 die Anpassung der Kennzeichnung.

 

Der Landeshauptmann kann gemäß § 25 Abs. 1 leg.cit., wenn es Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der amtlichen Kontrolle erfordern, Aufgaben der amtlichen Kontrolle – ausgenommen Schlachttier- und Fleischuntersuchung, Hygienekontrollen von Schlacht-, Zerlegungs- und Wildbearbeitungsbetrieben sowie Rückstandskontrollen bei lebenden Tieren und Fleisch – mit Verordnung solchen Gemeinden übertragen, die über eigene Aufsichtsorgane im Sinne des § 24 Abs. 3 und - zur Setzung von mit Bescheid zu erlassenden Maßnahmen gemäß § 39 - über andere Bedienstete verfügen. Die Gemeinden sind hinsichtlich der ihnen übertragenen Aufgaben gemäß Art. 119 Abs. 2 B-VG dem Landeshauptmann unterstellt.

 

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass aufgrund des LMSVG keine Übertragungsverordnung des Landeshauptmanns gemäß § 25 Abs. 1 erlassen wurde.

 

Die belangte Behörde sieht ihre Zuständigkeit jedoch auf Grund einer Verordnung des Landeshauptmanns vom 26. Februar 1976, nach dem Lebensmittelgesetz 1975, begründet.

 

Diese Verordnung stützt sich auf § 35 Abs. 3 des Lebensmittelgesetzes 1975, BGBl. Nr. 86 und überträgt den Städten Linz, Steyr und Wels die Überwachung des Verkehrs mit den durch das LMG erfassten Waren.

 

3.2.  Gemäß § 98 Abs. 1 LMSVG gelten Verordnungen auf Grund des LMG 1975 und Verordnungen auf Grund des Fleischuntersuchungsgesetzes als auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassen.

 

Demgemäß ist unbestritten, dass die Überwachungskompetenz mit der oben angeführten Verordnung aus dem Jahr 1976 auch nach dem LMSVG als übertragen anzusehen ist. Hinsichtlich des Umfangs der übertragenen Kompetenzen ist jedoch eine Überprüfung der jeweiligen Übertragungsnormen durchzuführen.

 

Die einschlägige Übertragungsnorm des LMG ist § 35 Abs. 3. Dieser lautete:

"Der Landeshauptmann kann, wenn es Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Überwachung des Verkehrs mit den durch dieses Bundesgesetz erfaßten Waren erfordern, Aufgaben der Überwachung mit Verordnung solchen Gemeinden übertragen, die über eigene Aufsichtsorgane verfügen, die Überwachung auch tatsächlich handhaben und in der Lage sind, diese Aufgaben durch mindestens drei besonders geschulte Organe, von denen mindestens eines die Anforderungen nach Abs. 2 lit. a erfüllen muß, zu besorgen. Die Gemeinden sind hinsichtlich der ihnen übertragenen Aufgaben der Bezirksverwaltungsbehörde unterstellt."

 

§ 25 Abs. 1 LMSVG bietet nach dessen In-Kraft-Treten nunmehr dem Landeshauptmann die Möglichkeit den Gemeinden auch behördliche Aufgaben wie Maßnahmenbescheide zu übertragen. Diese Übertragungsmöglichkeit ist wie auch die Erlassung von Maßnahmenbescheiden gemäß § 39 LMSVG explizit neu und als Erweiterung der Vorgängerbestimmungen des LMG eingeführt worden. Daraus ist ersichtlich, dass – auch entgegen anders lautender Ansichten - eine Übertragung von Überwachungskompetenzen mit Verordnung nach dem § 35 Abs. 3 LMG, die Übertragung von behördlichen Aufgaben nach § 25 Abs. 1 LMSVG nicht umfassen kann und zur Erlassung von Maßnahmenbescheiden nach § 39 LMSVG bis zu einer eventuellen Übertragungsverordnung gemäß § 25 Abs. 1 LMSVG der Landeshauptmann zuständig ist.

 

3.3. Nachdem somit der bekämpfte Bescheid vom Bürgermeister der Stadt Wels als einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen wurde war dieser ohne nähere inhaltliche Prüfung des Berufungsvorbringens aufzuheben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Hinweis: Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Bernhard Pree

 

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