Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162469/12/Zo/Ps

Linz, 27.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Mag. N C, geb. , S, vom 20. August 2007, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Steyr vom 2. August 2007, Zl. ST/06, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22. November 2007 und sofortiger Verkündung zu Recht erkannt:

 

I.                     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                   Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51e, § 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 2. Mai 2006 um 09.50 Uhr als Lenker des Kfz mit dem Kennzeichen SR- in Sierning auf der B122 bei Strkm. 40,500, Kreuzung Voralpenstraße mit der Sierninger Landesstraße, nach links auf die Voralpenstraße in Richtung Steyr einbiegend, als Wartepflichtiger unter Nichtbeachtung des Vorschriftszeichens gemäß § 52 Z24 StVO („Halt“) einen Vorrangberechtigten zum unvermittelten Abbremsen seines Fahrzeuges genötigt habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs.7 iVm Abs.4 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2c StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 90 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 9 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung macht der Berufungswerber geltend, dass das Delikt verjährt sei. Er habe die Verwaltungsübertretung nicht begangen und es könne nicht zu seinen Lasten ausgelegt werden, wenn Zeugenladungen nicht zugestellt werden können. Bei den beantragten Zeugenbeweisen sei es überdies um das Fahrzeug mit dem Kennzeichen SR- gegangen.

 

Im Straferkenntnis würde weiters die Begründung fehlen, weshalb der Ortsaugenschein sowie die von ihm beantragte kontradiktorische Einvernahme des Anzeigers unterblieben ist. Weiters sei nicht begründet, nach welchen Kriterien die Geldstrafe von 90 Euro in eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden umgerechnet worden sei.

 

3. Der Polizeidirektor von Steyr hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22. November 2007. An dieser hat der Berufungswerber ohne Angabe von Gründen nicht teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt. Es wurde ein Lokalaugenschein durchgeführt, der Verfahrensakt verlesen sowie der Zeuge M H zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Zeuge fuhr zur Vorfallszeit mit seinem Pkw auf der B122 hinter einem Reisebus in Richtung Steyr. Sowohl der Bus als auch der Zeuge hielten in Annäherung an die Kreuzung mit der Sierninger Landesstraße eine Geschwindigkeit von ca. 70 km/h ein. Relativ knapp vor dem Reisebus bog ein Pkw von der Sierninger Landesstraße nach links auf die B122 ein. Bereits dieses Einbiegemanöver erschien dem Zeugen knapp, dennoch ist in weiterer Folge ein weiterer Pkw, nämlich der Lenker des vom Zeugen angezeigten Fahrzeuges, ebenfalls von der Sierninger Landesstraße kommend nach links unmittelbar vor dem Bus auf die B122 eingebogen. Auf Grund dieses sehr knappen Einbiegevorganges musste der Buslenker sein Fahrzeug stark abbremsen. Aus dem von ihm vorgelegten Schaublatt ist ersichtlich, dass die Geschwindigkeit von etwas mehr als 60 km/h auf ca. 20 km/h reduziert wurde. Auch der Zeuge, welcher unmittelbar hinter dem Buslenker nachfuhr, musste sein Fahrzeug stark Abbremsen.

 

In weiterer Folge setzten alle Fahrzeuge ihre Fahrt in Richtung Steyr fort. Die B122 ist danach zweispurig ausgebaut, in diesem Bereich konnte der Zeuge den Buslenker überholen und fuhr dann hinter dem angezeigten Fahrzeug bis Steyr nach. Bei einer roten Verkehrsampel kam er direkt hinter dem angezeigten Fahrzeug zum Stillstand und hinter ihm blieb der vorher überholte Reisebus stehen. Der Zeuge nahm daraufhin mit dem Buslenker Kontakt auf und dieser bestätigte ihm die Vorrangverletzung, wobei er noch ausführte, dass die in seinem Bus mitfahrenden Kinder gefährdet worden sind. Daraufhin entschloss sich der Zeuge zur Anzeigeerstattung. Das Kennzeichen des angezeigten Fahrzeuges hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits abgelesen, weil er eben an der Ampel direkt hinter diesem Fahrzeug zum Stillstand gekommen ist.

 

Bei der mündlichen Verhandlung konnte der Zeuge nicht mehr angeben, um welche Fahrzeugtype es sich handelte oder welche Farbe dieses Fahrzeug hatte. Er gab jedoch aus eigenem an, dass das Fahrzeug von einem jungen Burschen gelenkt wurde, höchstwahrscheinlich waren zwei junge Männer im Fahrzeug. Diesbezüglich war sich der Zeuge nicht mehr 100%ig sicher, bezüglich des Fahrzeuglenkers bestätigte er aber auch auf Nachfragen, dass es sich jedenfalls um einen jungen Mann gehandelt habe. Er konnte ausdrücklich ausschließen, dass es sich eventuell um eine Frau oder einen älteren Mann gehandelt habe.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Von der Zulassungsbesitzerin des angezeigten Fahrzeuges wurde in der Lenkererhebung vom 10. Mai 2006 als Fahrzeuglenker der nunmehrige Berufungswerber bekanntgegeben. Dieser war zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung 57 Jahre alt. Der Zeuge hatte bei der mündlichen Verhandlung angegeben, dass es sich beim Fahrzeuglenker mit Sicherheit um einen „jungen Burschen“ gehandelt hatte. Er schloss dezidiert einen älteren Mann oder eine Frau als Fahrzeuglenker aus. Auch wenn man berücksichtigt, dass seit dem Vorfall einige Zeit vergangen ist und ein Irrtum des Zeugen nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, bleiben doch zumindest erhebliche Zweifel, dass tatsächlich der 57-jährige Berufungswerber zum Vorfallszeitpunkt den angeführten Pkw gelenkt und die Vorrangverletzung begangen hat. Es kann nicht geklärt werden, ob allenfalls dem Zeugen beim Ablesen oder Niederschreiben des Kennzeichens ein Irrtum unterlaufen ist oder die Lenkerauskunft der Zulassungsbesitzerin falsch war. Jedenfalls bestehen erhebliche Zweifel, dass tatsächlich der Berufungswerber die vom Zeugen festgestellte Vorrangverletzung begangen hat. Es war daher seiner Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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