Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162681/2/Ki/Da

Linz, 22.11.2007

 

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Dr. O S, L, W, vertreten durch Rechtsanwälte W S, L, M, vom 6.11.2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.10.2007, VerkR96-2006, wegen einer Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.    Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm  §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 18.10.2007,

VerkR96-2006, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges LL-, am 2.6.2006 der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems eine falsche Lenkerauskunft darüber erteilt, wer dieses Kraftfahrzeug am 14.3.2006 um 00.37 Uhr gelenkt hat. Er habe dadurch § 103 Abs.2 und § 134 Abs.1 KFG verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG wurde eine Geldstrafe verhängt bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt und gem. § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 6.11.2007 Berufung, er strebt im Wesentlichen die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens an.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung der beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

Laut Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. vom 10.4.2006 hat der Lenker des im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten Kraftfahrzeuges am 14.3.2006 um 00.37 Uhr auf der A9 bei Strkm. 40.986 die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten, Zulassungsbesitzer dieses Kraftfahrzeuges ist der Berufungswerber.

 

Mit Schreiben vom 25.5.2006, VerkR96-2006, forderte die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems den Berufungswerber gem. § 103 Abs.2 KFG 1967 zur Auskunftserteilung auf.

 

Mit vom 2.6.2006 datierter Telefax-Eingabe teilte der Berufungswerber mit, ein gewisser Herr M D hätte das Fahrzeug gelenkt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat daraufhin gegen die benannte Person eine Strafverfügung (VerkR96-2006 vom 23.6.2006) erlassen, welche jedoch beeinsprucht wurde.

 

Unter Betreff "M D, L, W" wurde der Akt mit Hinweis auf den Wohnsitz des Obgenannten gem. § 29a VStG mit Schreiben vom 11.7.2006, VerkR96-2006, an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abgetreten.

 

Im weiteren Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land bestritt der vom Berufungswerber Benannte, dass er das Kraftfahrzeug gelenkt hätte und es wurde in der Folge seitens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das Verfahren gegen den Berufungswerber wegen einer Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 geführt bzw. letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen. Das Datum der ursprünglichen Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe wurde in diesem Verfahren nicht berücksichtigt.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht;

Die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

 

Dem Berufungswerber wurde vorgeworfen, er habe als Zulassungsbesitzer des benannten Kraftfahrzeuges der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems eine falsche Lenkerauskunft erteilt.

 

Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss jedoch eine Anlastung nach § 103 Abs.2 jedenfalls das Datum der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe enthalten (VwGH 93/02/0196 vom 20.12.1993). Es stellt diese Angabe nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ein wesentliches Tatbestandsmerkmal iSd § 44a Z1 VStG dar.

 

Nachdem weder im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dieses Datum bzw. das Aufforderungsschreiben angeführt ist, noch innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) diesbezüglich ein Vorwurf erhoben wurde, mangelt es dem Spruch des Straferkenntnisses an diesem wesentlichen Tatbestandsmerkmal und es liegt ein qualifizierter Spruchmangel vor, welcher im Berufungsverfahren infolge Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist nicht mehr saniert werden kann.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Da, wie bereits dargelegt wurde, dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ein wesentliches Tatbestandsmerkmal, nämlich das Datum der Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers, nicht bekanntgegeben wurde, liegt nunmehr ein Umstand vor, welcher die Verfolgung ausschließt. Es war daher in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Der Ordnung halber wird noch festgestellt, dass grundsätzlich zur Verfolgung von Übertretungen des § 103 Abs.2 KFG jene Behörde zuständig ist, welche die Lenkeranfrage erteilt hat, dies war im vorliegenden Fall die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems.

 

Die erkennende Berufungsbehörde vertritt die Auffassung, dass die aktenkundige Abtretung gem. § 29a VStG lediglich das Verfahren gegen die vom Berufungswerber bekannt gegebene Person (M D) betrifft, dies insbesondere, zumal im Abtretungsschreiben der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 11.7.2006 lediglich diese Person im Betreff angeführt ist. Demnach wäre zur Zeit die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land für die Durchführung des Verfahrens gegen den Berufungswerber aus formeller Sicht nicht zuständig gewesen.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

                                                        Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

 

                                                                                                                                                      

 

Beschlagwortung:

§ 103 (2) KFG 1967 – Datum der Aufforderung bildet ein wesentliches Tatbestandsmerkmal iSd § 44a VStG.

 

 

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