Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251527/25/Lg/RSt

Linz, 04.12.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine VIII. Kammer (Vorsitzender: Dr. Reichenberger; Berichter: Dr. Langeder; Beisitzer: Dr. Wimmer) nach der am 23. November 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des G H, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. G K, Dr. P N, Mag. F H, Mag. H P, L, G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 8. Jänner 2007, Zl. SV96-23-2006, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der (Straf-) Berufung wird Folge gegeben, die Geldstrafe auf 2.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend korrigiert, dass der Passus „obwohl dieser über keine arbeitsmarktrechtliche Genehmigung verfügte“ ersetzt wird durch die Worte „obwohl für den Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 u. 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 u. 4c) oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt worden war.“

 

II.                  Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstinstanz ermäßigt sich auf 200 Euro.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 3.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 134 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma B E in G, G, und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ und sohin als strafrechtlich Verantwortlicher der oben genannten Firma zu vertreten habe, dass die genannte Gesellschaft den tschechischen Staatsbürger S K in der Zeit vom 18.4.2006 bis 29.5.2006 beschäftigt habe, „obwohl dieser über keine arbeitsmarktrechtliche Genehmigung verfügte“.

 

Begründend wird ausgeführt, die im Spruch angeführte Übertretung sei durch die Anzeige der Finanzverwaltung (Zollamt Linz) sowie durch die Angaben des Ausländers und des Bw erwiesen.

 

Das Zollamt Linz habe in seiner Stellungnahme mitgeteilt, dass der Ausländer zwar im Besitz eines tschechischen Gewerbescheins für das Maurergewerbe sei, dass aber dennoch eine Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis anzunehmen sei, da ein Stundensatz von 14 Euro festgesetzt worden sei, der Ausländer kein eigenes abgrenzbares Werk errichtet habe, organisatorisch und weisungsgebunden in die Firma E eingebunden gewesen sei, er bezüglich Arbeitszeit, Arbeitsfortgang und Arbeitsqualität kontrolliert worden sei, das Arbeitsmaterial von der Firma E zur Verfügung gestellt worden sei, 5 Tage in der Woche von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr gearbeitet worden sei und nur für die Firma E gearbeitet habe werden dürfen, welche auch die vertraglichen Leistungen festgelegt habe. Das Vorliegen eines ausländischen Gewerbescheines ändere nichts daran, dass für die Ausübung einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung gemäß § 2 Abs.2 lit. b AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich sei.

 

Zu den Stellungnahmen des Berufungswerbers im erstinstanzlichen Verfahren äußerte sich die Behörde lediglich dahingehend, dass die darin enthaltenen Beschwerden vom Zollamt Linz "abgewiesen" worden seien, die Ausführungen des Zollamtes Linz dem Bw zur Kenntnis gebracht worden seien und seitens der Behörde diesen Stellungnahmen nichts mehr hinzuzufügen sei.

 

Hinsichtlich des Verschuldens wird auf § 5 Abs.1 VStG hingewiesen.

 

Zur Strafbemessung wird ausgeführt, dass von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von ca. 2.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen werde. Milderungs- und Erschwerungsgründe lägen nicht vor.

 

 

2. In der Berufung wird dagegen ausgeführt, das Verfahren sei mangelhaft, da dem Antrag auf Einvernahme des gegenständlichen Ausländers unter Beisein eines Dolmetschers nicht Folge geleistet worden sei.

 

Gerügt wird ferner, dass sich die Behörde mit den Ausführungen des Beschuldigten nicht auseinandergesetzt, sondern lediglich auf Ausführungen des Zollamtes verwiesen habe. Bei korrekter und vollständiger Sachverhaltsfeststellung hätte die Behörde nachfolgende Sachverhaltsfeststellungen treffen müssen:

 

Der Ausländer sei für eine ständig wechselnde Zahl von Unternehmen tätig gewesen. Ein Konkurrenzverbot habe es niemals gegeben. Der Ausländer habe das unternehmerische Risiko – insbesondere des Haftungs- und Gewährleistungsrisiko – für seine Leistungen getragen.

 

Die angeblichen Angaben der Ausländer seien deshalb fragwürdig, weil sie auffällig in ihrem Wortlaut übereinstimmen würden. Dies insbesondere bei der Frage 24 (gemeint offenbar im "Fragenkatalog zur Selbstständigkeit von EU-Ausländern"), wo die tschechischen Staatsbürger sogar in derselben Reihenfolge angegeben hätten: "Wasserwaage, Kelle, Reibbrett, Hammer, etc.".

 

Die Behörde hätte bei vollständiger und richtiger Beweiswürdigung auch zum dem Ergebnis kommen müssen, dass die tschechischen Staatsbürger eigenes Werkzeug verwendeten.

 

Festgestellt hätte auch werden müssen, dass sich der Beschuldigte vor dem inkriminierten Verhalten bei der Wirtschaftskammer erkundigt und die Auskunft erhalten habe, dass tschechische Staatsbürger mit einem gültigen Gewerbeschein in Österreich bei einem konzessionierten Unternehmen selbstständig arbeiten dürfen und das in einem solchen Fall auch nach Stunden abgerechnet werden könne.

 

Zur Frage des Vorliegens eines Werkvertrages wird ausgeführt:

 

Dass mit den tschechischen Staatsbürgern ein Stundenlohn von 14 Euro pro Stunde vereinbart wurde, deute noch nicht auf ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis hin. Auch ein Werklohn könne durchaus nach Stunden berechnet werden. So würden zB auch Handwerker nach Stunden abrechnen.

 

Auch dass kein eigenes abgrenzbares Werk errichtet wurde, lasse sich nicht als Argument für eine arbeitnehmerähnliche Stellung heranziehen Schließlich stehe es jedem frei, sich zur Errichtung eines Bauwerkes mehrerer Unternehmer zu bedienen, auch wenn diese an einem und dem selben Projekt, wie hier am Anbringen von Wärmedämmung, arbeiten würden.

 

Ebenso könne der Umstand, dass das Arbeitsmaterial von der Firma E beigestellt wurde, nicht als Argument für eine arbeitnehmerähnliche Stellung herangezogen werden. Auch bei einem Werkvertrag sei es durchaus üblich bzw. geradezu typisch, dass der Werkstoff vom Werkbesteller zur Verfügung gestellt und vom Werkunternehmer verarbeitet wird, ohne dass sich daraus ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis ergebe. Darüber hinaus sei zu beachten, dass die Ausländer eigenes Werkzeug verwendet hätten. Einer arbeitnehmerähnlichen Person werde das Werkzeug üblicherweise vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt.

 

Dass die Ausländer weisungsgebunden und in die Organisation der Firma E eingegliedert waren, könne aus den von ihnen gemachten Angaben nicht abgeleitet werden. Schließlich handle es sich bei einer Baustelle um ein Großprojekt, das der Organisation, Kontrolle und Koordination der Subunternehmer durch den Generalunternehmer bedürfe. Im gegenständlichen Fall sei es daher erforderlich gewesen, dass der Generalunternehmer, die Firma E, die Subunternehmer, also die Arbeit der 5 tschechischen Staatsangehörigen, organisiert und kontrolliert habe, ohne dass dadurch ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis entstanden sei.

 

Außerdem sei der Generalunternehmer dazu verpflichtet, die Arbeiten der von ihm beauftragten Subunternehmer zu überprüfen und zu kontrollieren. Schließlich hafte er gegenüber dem Auftraggeber für die korrekte Durchführung der in Auftrag gegebenen Arbeiten. Für fehlerhafte Leistungen der Subunternehmer müsse der Generalunternehmer nach den  Vorschriften des ABGB einstehen. Insofern sei es naheliegend, dass der Generalunternehmer die Subunternehmer kontrolliere. Ein Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnliches Verhältnis lasse sich daraus nicht ableiten.

 

Nachdem die Firma E der Auftraggeber gewesen sei, sei es auch nicht außergewöhnlich, dass diese die vertraglichen Leistungen festgelegt habe. Dies in dem Sinn, dass sie bestimmte, welche Arbeiten zu welchen Konditionen verrichtet werden sollten. Die Auftragsvergabe erfolgte dann an denjenigen, der zu einer entsprechenden Leistungserbringung zum vorgesehen Stundenpreis bereit ist.

 

Dass im vorliegenden Fall von einem Werkvertrag auszugehen sei, ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Subunternehmer für ihre Arbeit das Haftungs- und Gewährleistungsrisiko getragen hätten. Bei einem Arbeits- oder Dienstvertrag oder einer arbeitnehmerähnlichen Stellung wäre dies nicht der Fall; dort hafte der Arbeitnehmer nur für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft. Ein Arbeitnehmer schulde immer nur sein redliches Bemühen, nicht jedoch einen Erfolg.  Im Gegensatz dazu sei bei einem Werkvertrag der Werkunternehmer voll gewährleistungs- und haftpflichtig für den Erfolgseintritt. Dabei handle es sich um ein geradezu typisches Merkmal für einen Werkvertrag, sodass im gegenständlichen Fall von einem solchen auszugehen sei.

 

Zusammenfassend ergebe sich bei Heranziehung des Gesichtspunktes des wahren wirtschaftlichen Gehalts, dass im gegenständlichen Fall 5 Werkverträge abgeschlossen worden seien. Gegenständlich würden die Kriterien zur Beurteilung der Ausländer als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen durch die Kriterien, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, überkompensiert (Hinweis auf VwGH 2001/09/0053).

 

Darüber hinaus komme eine Kategorisierung der 5 Ausländer als arbeitnehmerähnlich auch deshalb nicht in Betracht, weil gemäß § 3 Abs.4 AÜG arbeitnehmerähnlich solche Personen seien, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbstständig seien (Hinweis auf VwGH 2000/09/0142). Nachdem die 5 Subunternehmer auf eigene Rechnung tätig geworden seien, liege schon aus diesem Grund keine Arbeitnehmerähnlichkeit vor.

 

Im Übrigen fehle es auch am Erfordernis der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Diese Subunternehmer stünden in keinem ständigen Auftragverhältnis zum Beschuldigten bzw. zur Firma E, sondern sei beabsichtigt gewesen, dass der Werkvertrag mit der Fertigstellung der Wärmedämmung sein Ende finde. Aus der Tatsache der bloßen Beauftragung lasse sich jedenfalls keine wirtschaftliche Abhängigkeit zum Auftraggeber herstellen.

 

Außerdem sei es zulässig, die 5 tschechischen Maurer als eine Sozietät zu behandeln und die Genannten gegenüber dem Beschuldigten als organisierte Einheit, somit als "Arbeitspartie" zu qualifizieren. Hiezu seien jedoch bislang keine Beweise erhoben worden, was nachzuholen sein werde.

 

Im Hinblick auf die subjektive Tatseite wird mangelndes Verschulden geltend gemacht. Dies, weil der Bw subjektiv die Tätigkeit der Ausländer als eine solche im Rahmen eines Werkvertrages qualifiziert habe (Tatbildirrtum) und er sich außerdem vor dem vorgeworfenen Verhalten bei der Wirtschaftskammer erkundigt und dort die Auskunft erhalten habe, dass tschechische Staatsbürger mit einem gültigen Gewerbeschein in Österreich bei einem konzessionierten Unternehmen selbstständig arbeiten dürften und dass in einem solchen Fall auch nach Stunden abgerechnet werden könne (Verbotsirrtum). Die Forderung nach Rechtskenntnis dürfe bei Nichtjuristen nicht überspannt werden (Hinweis auf VwGH 18.12.1993, Zl. 92/09/0231, 1.7.1993, 93/09/0101), was gegenständlich im Hinblick auf die Bestimmungen der § 1 Abs.2 lit. l und m sowie  § 32a AuslBG relevant sei.

 

Beantragt wird die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Aufnahme der im erstinstanzlichen Verfahren angebotenen Beweise bzw. die Einvernahme der Subunternehmer unter Beiziehung eines Dolmetschers für die tschechische Sprache, in eventu die Verhängung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe unter Berücksichtigung der angeführten Milderungsgründe.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut dem Strafantrag des Zollamtes Linz vom 9.6.2006 wurden am 29.5.2006 von Organen des Zollamtes Linz auf der Baustelle H, R, bei der Firma B E eine Kontrolle nach dem AuslBG durchgeführt. Dabei seien die tschechischen Staatsbürger K S, B M, L J, V D und M J, alle im Besitz eines tschechischen Gewerbescheines für Maurer beim Anbringen von Wärmeschutzdämmung an der Außenfassade betreten worden.

 

Die genannten Ausländer seien als arbeitnehmerähnlich anzusehen, da sie

- für einen Stundensatz von 15 Euro pro Stunde

- keine eigenes, abgrenzbares Werk errichtet hätten (alle hätten an einer Fassade gearbeitet)

- sie weisungsgebunden und organisatorisch in die Firma E eingegliedert gewesen seien; wer, was, wo und wie gearbeitet werde, bestimme der Vorarbeiter der Firma E, R E

- sie bezüglich Arbeitszeit, Arbeitsfortgang, Arbeitsqualität vom Vorarbeiter der Firma E kontrolliert würden

- das Arbeitsmaterial von der Firma E gestellt werde

- von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr täglich in einer 5-Tagewoche gearbeitet werde

- nur für die Firma E gearbeitet werde, die auch die vertraglichen Leistungen festgelegt habe.

 

Im beiliegenden Personenblatt gab der Ausländer an, er arbeite seit 18.4.2006 für die Firma E als Maurer für einen Stundenlohn von 14 Euro. Die tägliche Arbeitszeit erstrecke sich von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Der Chef heiße G H.

 

Im „Fragenkatalog zur Selbständigkeit von EU-Ausländern“ machte der gegenständliche Ausländer ähnliche Angaben wie J M (vgl. dazu VwSen-251524).

 

Dem Strafantrag liegt ein tschechischer Gewerbeschein des Ausländers für die Tätigkeit als Maurer bei.

 

Dem Strafantrag liegt eine mit dem Bw aufgenommene Niederschrift vom 29.5.2006 bei, in der dieser angab:

"Laut Auskunft der Wirtschaftskammer Linz wurde mir mitgeteilt, dass tschechische Staatsbürger mit einem gültigen Gewerbeschein in Österreich bei einem konzessionierten Unternehmen selbstständig arbeiten dürfen. Es besteht zwischen meiner Firma (E) und den angetroffenen tschechischen Gewerbetreibenden ein Werkvertrag. Ich habe bei der WKO die Auskunft bekommen, dass man in einem Werkvertrag nach Stunden abrechnen kann. Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und bin mir keiner Schuld bewusst. Mehr als wie bei der Wirtschaftskammer erkundigen kann ich nicht."

 

Zur Rechtfertigung aufgefordert äußerte sich der Berufungswerber am 10.7.2006 dahingehend:

"Bevor ich diese 5 tschechischen Arbeiter beschäftigte, (jeder hatte einen Gewerbeschein) rief ich bei der WK an, wo mir mitgeteilt wurde, wenn sie einen Gewerbeschein haben, dürfen sie selbstständig arbeiten und es darf auch nach Stunden abgerechnet werden. Da ich laut der WK diese Auskunft erhielt, bin ich mir keiner Schuld bewusst, da die Arbeiter auch stundenweise bezahlt wurden."

 

In der Stellungnahme vom 22.8.2006 äußerte sich das Zollamt Linz im Wesentlichen wie im Strafantrag.

 

In der Stellungnahme vom 28.9.2006 äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der Berufung. Beantragt wird die Einvernahme des Beschuldigten sowie der gegenständlichen Ausländer.

 

Dagegen argumentierte das Zollamt Linz im Schreiben vom 13.10.2006 im Wesentlichen dahingehend, dass das Vorliegen eines ausländischen Gewerbescheins die Qualifikation als Beschäftigung nicht ausschließt (VwGH 19.9.2001, 99/09/0236). Daneben enthält diese Stellungnahme weitere Rechtsausführungen.

 

Die wesentlichen Argumente der Stellungnahme des Bw vom 6.11.2006 sind ebenfalls in der Berufung enthalten.

 

4. Die öffentliche mündliche Verhandlung wurde für die Straferkenntnisse der BH Urfahr-Umgebung vom 8. Jänner 2007 betreffend die tschechischen Staatsangehörigen J M (SV96-20-2006 = VwSen-251524), D V (SV96-21-2006 = VwSen-251525), J L (SV96-22-2006 = VwSen-251526), S K (SV96-23-2006 = VwSen-251527) und M B (SV96-24-2006 = VwSen-251528) wegen im Wesentlichen gleichgelagerter Sachverhalte (Unterschiede bestehen hinsichtlich des Beginns der Beschäftigungszeiträume: 18.4.2006: V, K, B; 22.5.2006: M, L) gemeinsam durchgeführt (§ 51e Abs.7 VStG – „aufgrund des sachlichen Zusammenhangs“).

 

Von den Ausländern konnten V, K und B zeugenschaftlich einvernommen werden. Einvernommen wurden weiters Vorarbeiter der Firma E, E R sowie zwei Kontrollorgane.

 

Der Bw legte dar, er habe damals Arbeitskräfte benötigt und sei um legales Vorgehen bemüht gewesen. Ein tschechischer Arbeitnehmer habe die gegenständliche Vertragsschablone aus Deutschland besorgt, welche dort anstandslos verwendet worden sei. Diese Werkverträge mit den tschechischen Staatsangehörigen hätten den Stundenlohn (einschließlich der Abzeichnungspflicht durch den Vorarbeiter) geregelt sowie die Pflicht der Ausländer als Selbständige sämtliche Abgaben zu leisten bzw. die Sozialversicherung vorzunehmen. Die Entgelte seien auf Konten zu überweisen gewesen. Vor ihrer Verwendung habe der Bw diese Vertragsschablone von der OÖWK überprüfen lassen, wo er die Auskunft erhalten habe, dass unter gewissen Voraussetzungen die Arbeit der Tschechen legal wäre, nämlich dann, wenn es sich um Selbständige handle, die die Steuern nach Tschechien abführen und deren Gewerbescheine auf Deutsch übersetzt werden. Nach der Kontrolle hätten sich tschechische Arbeitnehmer auch noch im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft erkundigt und dort die Auskunft erhalten, dass alles legal sei. Auch ein Kontrollorgan habe auf die Frage, ob die Ausländer weiter arbeiten dürfen, „herumgezogen“. Ein Jurist der OÖWK habe nach der Kontrolle die Auskunft gegeben, dass die Ausländer hier arbeiten dürfen, wenn sie eine „Gleichstellungsbestätigung“ hätten.

 

Die einvernommenen Ausländer sagten im Wesentlichen übereinstimmend aus, der Kontakt zum Bw sei über einen in der Firma E beschäftigten Landsmann hergestellt worden. Entsprechend dem Verlangen des Bws hätten die Ausländer Übersetzungen ihrer tschechischen Gewerbescheine anfertigen lassen. Die Ausländer hätten einen vorgefertigten Vertrag unterschrieben, in welchem der Lohn (14 Euro pro Stunde) und ihre Aufgabe (Wärmedämmung) festgehalten gewesen sei. Von zusätzlichen Verträgen bzw. einer diesbezüglichen Notwendigkeit wüssten sie nichts. Wäre die Kontrolle nicht erfolgt, hätten sie ihre Tätigkeit an anderen Baustellen fortgesetzt. An der gegenständlichen Baustelle seien sie seit ca. zwei bis drei Wochen tätig gewesen, zuvor auf anderen Baustellen. Die Anreise zur gegenständlichen Baustelle sei mit einem Privat-Pkw von H aus erfolgt, zu anderen Baustellen teilweise von L aus (von dort aus gegebenenfalls auch mit dem Firmenbus). Die besagten Ausländer hätten grundsätzlich gemeinsam auf Baustellen gearbeitet. Später seien zwei weitere tschechische Staatsangehörige dazugekommen. Auf den Baustellen hätten immer auch Arbeiter der Firma E gearbeitet. Der gemeinsame Vorarbeiter R sei ebenfalls stets dabei gewesen.

 

Die Arbeit zwischen den einzelnen Arbeitern (sowohl der tschechischen Staatsangehörigen als auch der Arbeiter der Firma E) habe R eingeteilt. Er (bzw. der Bw) habe auch die Baustellen bestimmt, auf welchen die Arbeit zu erfolgen hatte. Auf den Baustellen habe R auch bestimmt, welcher Arbeiter konkret was zu tun gehabt habe. Die Arbeitszeit von 7.00 bis 17.00 Uhr habe sowohl für die Arbeiter der Firma E als auch für die tschechischen Staatsangehörigen gegolten. R habe die Arbeit der gegenständlichen Arbeiter laufend kontrolliert. Ebenso habe er die Stundenaufzeichnungen, die die Grundlage für die Lohnabrechnung gewesen seien, kontrolliert. Die Abrechnung sei monatlich, nicht pro Baustelle erfolgt. Eine Haftungsregelung sei den Zeugen nicht bekannt; allfällige Ausbesserungen seien gegebenenfalls sofort vorzunehmen gewesen. Das Material, das Gerüst und ein Teil des Werkzeugs sei von der Firma E zur Verfügung gestellt worden. Ein Teil des (Hand-) Werkzeugs hätten die Ausländer selbst mitgehabt, wobei ein Zeuge sagte, er hätte das mitgebrachte Werkzeug gar nicht benützt. Die Ausländer hätten sich bei ihrer Arbeit nicht vertreten lassen können. Sie seien in Tschechien sozialversichert gewesen und hätten dort auch ihre Steuern abgeführt, beides als Selbständige.

 

Der Zeuge R bestätigte die Aussagen der drei einvernommenen Ausländer: Die Arbeiter seien ihm vom Chef zugeteilt worden und zwar sowohl die gegenständlichen Ausländer als auch die Leute der Firma E. Aus Sicht des Zeugen habe es keinen Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen gegeben. Wenn die Leute in der Früh auf die Baustelle gekommen seien, habe er ihnen gesagt, wer was zu arbeiten hätte. Der Zeuge habe laufend die Qualität der Arbeit der Ausländer kontrolliert und deren Stundennachweise unterschrieben. Hinsichtlich der Qualität der Arbeit habe es keine Probleme gegeben. Es sei täglich von 7.00 bis 17.00 Uhr gearbeitet worden. Die Ausländer hätten selbst Handwerkzeug gehabt, es sei aber dasjenige der Firma E verwendet worden; dies sei „ja nicht so wichtig“ gewesen.

 

Die Kontrollorgane legten dar, es sei – hinsichtlich der Fassadenarbeiten – kein weiteres Unternehmen auf der Baustelle tätig gewesen. Es seien neben den gegenständlichen Ausländern Arbeiter der Firma E angetroffen worden.

 

Am Schluss der öffentlichen mündlichen Verhandlung schränkte der Bw die Berufung auf eine Berufung gegen die Strafhöhe ein und ersuchte, die Strafe auf das gesetzliche Mindestmaß herabzusetzen. Die Vertreter des Finanzamtes erklärten sich mit dieser Vorgangsweise einverstanden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Aus den Zeugenaussagen in der öffentlichen Verhandlung ist klar hervorgegangen, dass gegenständlich keine Werkverträge vorlagen sondern Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des AuslBG. Dies ergibt sich daraus, dass die Verträge mit den Ausländern lediglich die Art der Tätigkeit der Ausländer festlegten, der eine Stundenentlohnung gegenüberstand. Ein „Werk“ ist aus den Vereinbarungen, wie sie in der öffentlichen mündlichen Verhandlung von den Ausländern glaubwürdig geschildert wurden, nicht ersichtlich. Selbst der Bw gab kein konkretes Werk als Vertragsinhalt an. De facto arbeiteten die Ausländer an mehreren Baustellen bzw. war die Arbeit an mehreren Baustellen vorgesehen. Dies gemeinsam (vermischt) mit anderen Arbeitern der Firma E. Die Ausländer waren außerdem an dienstliche (Arbeitszeit) und fachliche (Arbeitseinteilung) Weisungen gebunden und laufenden Kontrollen hinsichtlich der Qualität ihrer Arbeit und hinsichtlich der Arbeitszeit unterworfen. Sie arbeiteten mit Material sowie zumindest teilweise auch mit Werkzeug des Unternehmens des Bws. Sie hatten ihre Arbeitsleistungen persönlich zu erbringen und konnten während der Tätigkeit für den Bw ihre Arbeitskraft nicht anderweitig einsetzen. Diesem geradezu typischen Erscheinungsbild eines Beschäftigungsverhältnisses steht nicht entgegen, dass die Ausländer in anderer Hinsicht als Selbständige auftraten (gegenüber Sozialversicherungsträgern und Finanzbehörden) und dem Unternehmen des Bws Rechnung legten. Auf „formelle“ Merkmale dieser Art kommt es nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs.4 AuslBG) nicht an. Dies alles blieb – in Folge der Einschränkung der Berufung – in der öffentlichen mündlichen Verhandlung letztlich unbestritten.

 

Bei der Bemessung der Strafhöhe kann dieses im Effekt geständige Verhalten in Anbetracht der klaren Situation in faktischer und rechtlicher Hinsicht nicht allzu stark ins Gewicht fallen, zumal dem eine einschlägige Vorstrafe (betreffend nur zwei Ausländer und daher gegenständlich keinen Wiederholungsfall begründend) gegenübersteht. Es kommt jedoch hinzu, dass der Bw offensichtlich – wenn auch untauglich (eine Erkundigung bei der zuständigen Behörde vor der Tat ist nicht hervorgekommen) – um Klärung der rechtlichen Situation vor der Tat und sohin um rechtstreues Verhalten bemüht war. Es erscheint deshalb vertretbar, dem Antrag des Bws Folge zugeben und die gesetzliche Mindestgeldstrafe in Verbindung mit einer entsprechenden Ersatzfreiheitsstrafe (womit sich auch des Finanzamtes einverstanden erklärt hatten) zur Anwendung zu bringen. Die Mindestgeldstrafe beträgt bei Beschäftigung von mehr als drei Ausländern 2.000 Euro (Strafrahmen: 2.000 Euro bis 20.000 Euro je illegal beschäftigtem Ausländer – § 28 Abs.1 Z1 lit.a dritter Strafsatz AuslBG). Eine weitere Herabsetzung der Strafe wurde nicht beantragt und wäre rechtlich auch nicht möglich, da weder überwiegende Milderungsgründe (§20 VStG) ersichtlich sind noch die Tat soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere ist das im Unterlassen einer zweckentsprechenden Erkundigung bei der Behörde liegende Verschulden des Bws nicht als geringfügig im Sinne des § 21 Abs.1 VStG einzustufen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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