Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251650/2/SR/Ri

Linz, 28.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des G J J S, W, P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land, Zl. SV96-15-2006/La, vom 3. Oktober 2007,  wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG (BGBl. Nr. 189/1955, in der Fassung BGBl. I Nr. 142/2004), zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird mangels eines rechtswirksam erlassenen Straferkenntnisses als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.                  Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.  10/2004 - AVG iVm § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/20002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben als Dienstgeber die von Ihnen beschäftigten – nachstehend angeführten – Personen

a)       S S, geb.

b)       L T, geb.

c)       L S, geb.

d)       I V, geb.

e)       Z G, geb und

f)         A G, geb.

nicht spätestens bei Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger – konkret bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse – angemeldet. Alle angeführten Personen wurde anlässlich einer Kontrolle durch Organe des Zollamtes Feldkirch am 5.5.2006 um 11.30 Uhr im Restaurant S & O C in F, Bstrasse, bei der Arbeit betreten, waren aber nicht ordnungsgemäß bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse angemeldet. Frau S S wurde erst am 5. 5. 2006 rückwirkend auf den 1.4.2006 angemeldet; Frau T L wurde ebenfalls am 5.5.2006 rückwirkend auf den 10.4.2006 angemeldet; Frau L S wurde am 5.5.2006 bei der Arbeit als Kellnerin betreten und wurde nicht angemeldet; Frau I V wurde am 5.5.2006 bei der Arbeit als Abwäscherin betreten und war nicht angemeldet; Z G wurde am 5.5.2006 bei der Arbeit (Obst schneiden) betreten und wurde nicht angemeldet; Frau A G (Köchin) wurde am 5.5.2006 rückwirkend auf den 1.4.2006 angemeldet.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 111 i.V.m. 33 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von  

 

a) S                730 €

b) T                730 €

c) S                730 €

d) V                730 €

e) G               730 €

f) G                730 €

= Gesamtbetrag  4.380 €     

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

24 Std.

24 Std.

24 Std.

24 Std.

24 Std.

24 Std.

 

 

gemäß

 

§ 111 i.V.m. 33 Abs.1 ASVG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

438 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 4.818 Euro."

 

1.2. In der Begründung führte die Behörde erster Instanz aus, dass sich der Sachverhalt aus der Anzeige des Zollamtes Feldkirch, Außenstelle Schillerstraße, ergebe und im Zuge einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz festgestellt worden sei.

 

Der Bw habe die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bestritten, auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit seines Geschäftsführers hingewiesen und dargelegt, dass aufgrund der räumlichen Distanz eine permanente und lückenlose Überwachung nicht möglich sei.

 

In rechtlicher Hinsicht hat sich die Behörde erster Instanz auf Bestimmungen des ASVG in der derzeit geltenden Fassung bezogen und nicht auf das zur Tatzeit geltende Recht abgestellt. Der vom Bw als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche wurde lediglich im Weisungszusammenhang gesehen und nicht als der zur Vertretung nach außen Berufene. Somit sei der Bw seinen Überwachungs- und Kontrollpflichten nicht nachgekommen.

 

Bei der Strafbemessung hat die Behörde erster Instanz auf § 19 VStG Bedacht genommen und jeweils die gesetzliche Mindeststrafe verhängt.

 

2.1. Gegen dieses dem Bw am 9. Oktober 2007 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.2. Begründend führte der Bw u.a. aus, dass er für das Einstellen und die Anmeldung der Dienstnehmer nicht zuständig gewesen sei. Nachweislich sei der von ihm namhaft gemachte gewerberechtliche Geschäftsführer zuständig und somit auch verantwortlich gewesen. Es werde daher die Einstellung und Streichung des Verfahrens beantragt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde erster Instanz und unter Berücksichtigung der Berufungsschrift festgestellt, dass die Berufung als unzulässig zurückzuweisen ist.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter vertreten lassen. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

 

4.2. Mit Schriftsatz vom 9. November 2006 teilte Rechtsanwalt Dr. Paul Fuchs der Behörde erster Instanz mittels Fax mit, dass er den Bw im vorliegenden Verfahren vertrete und in der Folge brachte er mit Schreiben vom 23. November 2006 eine "Rechtfertigung des Einschreiters" ein. Am 5. Juni 2007 gab der Rechtsvertreter die  Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt.

 

Der Vorlageakt enthält keinen Hinweis darauf, dass die Vertretungsvollmacht gekündigt worden ist. Die Vertretungsbefugnis des  einschreitenden Rechtsanwaltes endet, sofern sie nicht vorher gekündigt wird, mit Beendigung des Verfahrens. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH wird die Kündigung einer Vollmacht der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn sie ihr mitgeteilt wird. Eine Berufungseinbringung durch den Vollmachtgeber berechtigt nicht zur Annahme, dass die Vollmacht gekündigt worden ist.

 

Unstrittig ist daher von einem bestehenden Vertretungsverhältnis auszugehen.

  

Grundsätzlich bewirkt die Erteilung einer Vollmacht, dass die Behörde alle Verfahrenshandlungen gegen den Vertreter zu richten hat und dieser alle Erklärungen mit Wirkung für den Vertretenen abgeben kann. Abgesehen davon, dass zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen etwas anderes festgelegt ist, umfasst die Vertretungsbefugnis (§ 10 AVG) auch die Zustellbevollmächtigung (§9 ZustellG).

 

Aufgrund des aufrechten Vertretungsverhältnisses hätte die Behörde erster Instanz den Rechtsvertreter als Empfänger bezeichnen müssen und eine Zustellung des vorliegenden Straferkenntnisses nur an diesen vornehmen dürfen.

 

Die Zustellung an den Vertretenen (Bw) ist daher unwirksam. Da der Vertretene (Bw) fälschlicherweise selbst als Empfänger bezeichnet worden ist, käme auch eine Heilung nach dem ZustellG nicht in Frage. 

 

Die Erhebung einer Berufung nach den §§ 63 ff AVG setzt zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraus. Der angefochtene Bescheid gilt mangels rechtswirksamer Zustellung als nicht erlassen.  

 

Die Berufung war daher wegen Fehlens des Anfechtungsgegenstandes spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

 

4.3. Ergänzend ist zu den Spruchausführungen im angefochtenen Straferkenntnis auszuführen, dass diese den Erfordernissen des § 44a VStG nicht gerecht werden. Die Behörde erster Instanz hat das ASVG in der derzeit geltenden Fassung angewendet. Tatsächlich hätte sie auf jene Rechtslage abstellen müssen, die zur Zeit der Tat in Geltung stand (§ 1 Abs. 1 VStG). Zum Tatzeitpunkt war in der damals geltenden Fassung des § 33 Abs. 1 ASVG noch eine Regelungsmöglichkeit für die einzelnen Gebietskrankenkassen vorgesehen. Aufgrund dieser hat die Vorarlberger Gebietskrankenkasse eine gesonderte Fristenregelung in ihren Satzungen aufgenommen: (§ 14 Abs. 1 dieser Satzung: "Die Meldefrist beträgt sieben Tage".). Ein allenfalls strafrechtlich relevantes Verhalten des Bw hätte an dieser Vorschrift (nicht binnen sieben Tagen) und nicht an der nunmehr geltenden Bestimmung (spätestens bei Arbeitsantritt) gemessen werden müssen. Weiters galten auch abweichende Fristen für "fallweise beschäftigte" Personen, die dazu geführt hätten, dass zum gegenständlichen Kontrollzeitpunkt überhaupt noch kein strafbares Verhalten vorgelegen ist. Die Unanwendbarkeit des § 33 Abs. 1 ASVG in der derzeitigen Fassung auf das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren ergibt sich aus den Schlussbestimmungen zu Art. II des BG, BGBl. I Nr. 152/2004, geändert durch Art. 1 Z 70 des SVÄG 2005, BGBl. I  Nr. 132/2005.    

 

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG hat der Bw keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag.  Christian Stierschneider

 

 

 

 

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