Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162063/20/Bi/Se

Linz, 30.11.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S O, E, vertreten durch Herrn RA Dr. J L, E, vom 15. Februar 2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von  Linz-Land vom 22. Jänner 2007, VerkR96-11501-2005/Pi, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 26. November 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I.   Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass der Bw die Über­tretung als Lenker des genannten Kraftfahrzeuges begangen hat, die Geld­strafe jedoch auf 70 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt werden.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag der Erstinstanz ermäßigt sich auf 7 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 38 Abs.5 iVm Abs.1 lit.a und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am 4. Dezember 2004 um 12.50 Uhr in Linz, Umfahrung Ebelsberg, FR stadtauswärts, im Bereich der Kreuzung Umfahrung Ebelsberg/Lunzerstraße, "das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen ...... das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet und sein Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten" habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 26. November 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seiner Rechtsvertreterin Mag. B K, der Zeugen E L (L) und F O (FO) sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. R H durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Der Zeuge H H (H) ist inzwischen unbekannt verzogen, sodass ihm die Ladung nicht zugestellt werden konnte. Der Zeuge T Ü (Ü) ist trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung unentschuldigt nicht erschienen. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde ausdrücklich verzichtet.

 

3. Der Bw macht unter Hinweis auf die widersprüchliche Aussage der Zeugin L und der Angaben in der Verkehrsunfallsanzeige im Hinblick auf die Marke und Farbe des damals von ihm gelenkten Pkw im Wesentlichen geltend, er sei bei grünblinkendem Licht der VLSA in die Kreuzung geradeaus eingefahren, während der entgegen­kommende Zeuge H mit seinem Pkw offenbar trotz Rotlicht nach links eingebogen sei, was zum ggst Verkehrsunfall geführt habe. Die Aussagen der Zeugin L seien unglaubwürdig und den Aussagen des Zeugen Ü seien falsch interpretiert worden. Nur sein Sohn habe als aufmerksamer Beifahrer bemerkt, dass es bei seinem Ein­fahren in die Kreuzung erst 1x grün geblinkt gehabt habe und habe damit die Wahrheit gesagt. Er selbst habe ca 14 Tage nach dem Vorfall bei der BPD Linz zu Protokoll gegeben, dass es erst grün geblinkt habe, als er über die Haltlinie gefahren sei. Bei dieser Aussage habe sein Sohn als Dolmetsch fungiert. Die Beweiswürdi­gung der Erstinstanz sei unschlüssig bzw unrichtig. Beantragt wird ein Orts­augen­schein und die Beischaffung des Aktes 44 BAZ 194/05p des BG Linz, im Übrigen Verfahrenseinstellung. Die finanziellen Verhältnisse seien ebenfalls anders als von der Erstinstanz angenommen. Er verdiene als Arbeiter nur 1.000 Euro monatlich und sei für die Gattin sorgepflichtig.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und seine Rechtvertreterin gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkennt­nisses berücksichtigt, die oben angeführten Zeugen unter Hinweis auf Entschla­gungs­rechte – der Zeuge FO ist der Sohn des Bw – und die Wahrheitspflicht des § 289 StGB vernommen wurden und auf dieser und auf Grundlage der eingeholten Phasenschaltpläne ein technisches SV-Gutachten zur Nachvollziehbarkeit der Verantwortung des Bw und der Aussagen der Zeugen L, FO und H erstattet wurde.      

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte am Samstag, den 4. Dezember 2004, gegen 12.50 Uhr den Pkw LL-36YG auf der Umfahrung Ebelsberg in Richtung Mona Lisa Tunnel und beabsichtigte demnach, die Kreuzung mit der Lunzerstraße in gerader Richtung zu durchfahren. Er benutzte den mittleren Fahrstreifen und fuhr etwa 50 km/h. Der Zeuge FO war Beifahrer. Schräg hinter dem Pkw des Bw fuhr die Zeugin L auf dem rechten Fahrstreifen in dieselbe Fahrtrichtung. 

Nach den Aussagen des Bw und seines Sohnes sei der Bw bei grünblinkendem Licht der VLSA in die Kreuzung eingefahren – etwa zwei bis drei Autolängen vor der Haltelinie habe es erst einmal grün geblinkt gehabt.

Nach den Aussagen der Zeugin L hat diese schräg hinter dem Bw wahrgenommen, dass die VLSA Rotlicht zeigte, und daraufhin ihre Geschwindigkeit in der Absicht vor der Haltelinie anzuhalten verringert, während der Bw mit gleichbleibender Geschwin­dig­keit weiterfuhr und sich der Abstand zu ihrem Fahrzeug deshalb vergrößerte. Wo genau im Kreuzungs­bereich es zum Zusammenstoß mit dem Pkw H kam, konnte keiner der Zeugen und auch der Bw nicht sagen.

 

Laut der mit dem Zeugen H beim VUK aufgenommenen Niederschrift (die auf der Grundlage des § 51g Abs.3 Z1 VStG verlesen wurde) fuhr dieser aus der Gegen­richtung, nämlich aus Richtung Mona Lisa Tunnel, kommend auf dem linken Fahr­streifen der Umfahrung Ebelsberg und wollte bei der Kreuzung mit der Lunzerstraße nach links in diese einbiegen. Er fuhr nach eigenen Angaben mit etwa 20 bis 30 km/h bei grünblinkendem Licht der VLSA hinter zwei Fahrzeugen in die Kreuzung ein, zumal das für Linkseinbieger geltende Spurensignal Grünlicht zeigte. Die genannten zwei vor dem Zeugen H einbiegenden Fahrzeuge haben der Zeuge FO und der Bw nicht gesehen. Der Zusammenstoß erfolgte zwischen dem rechten vorderen Kot­flügel  und der Beifahrertür beim Pkw H und dem Frontbereich des Pkw des Bw. Der Bw hat nach seinen und den Aussagen des Zeugen FO vor der Kollision noch kurz gebremst.

 

Zu den Aussagen der Zeugin L in der Berufungsverhandlung ist zu sagen, dass diese vorerst den Vorfall gänzlich anders schilderte als in ihrer Sachverhaltsdar­stellung an die Polizei und ihrer Zeugenaussage vom 24. Mai 2005 vor der Erst­instanz. Als ihr ihre eigenen Angaben wörtlich vorgelesen wurden, hat sie ihre Aussage revidiert und ihre frühern Angaben für richtig erklärt. Sie begründete dies damit, sie habe nach annähernd drei Jahren verständlicherweise keine dezidierte Erinnerung an den Vorfall mehr und auch keinerlei Unterlagen von früher und auch der Computer, auf dem sie die Sachverhaltsdarstellung geschrieben habe, existiere nicht mehr. Die früheren Angaben seien dezidiert richtig. Auch wenn seitens der Rechtsvertreterin des Bw die Glaubwürdigkeit der Zeugin L aufgrund der zunächst konträren Aussagen angezweifelt wurde, ist aus der Sicht des UVS der lediglich als Beobachterin ohne jedes finanzielles Interesse zu betrachtenden Zeugin L die Glaubwürdigkeit allein aus diesem Grund nicht abzusprechen. Die Zeugin L konnte sich auf die Verhandlung in keiner Weise vorbereiten, sondern war zunächst nur bruchstückhafte Erinnerungen angewiesen; erst nach dem Verlesen ihrer eigenen früheren Aussagen und anhand des Luftbildes der Kreuzung konnte die Zeugin L schließlich aus der Erinnerung den Vorfall rekonstruieren.         

 

Der technische Amtssachverständige hat die Aussagen des Bw und seines Sohnes sowie die Aussagen der Zeugen L und H nachvollzogen und anhand des am 4. Dezember 2004, 12.50 Uhr, gültigen Phasenschaltplanes der VLSA ausgeführt, dass die auf der Umfahrung Ebelsberg in beiden Richtungen geradeausfahrenden Fahr­zeuge gleichzeitig Rotlicht haben, ebenso die Linkseinbieger von beiden Seiten Umfahrung Ebelsberg in die Lunzerstraße gleichzeitig ein grünblinkendes Spuren­signal haben. Schaltet die VLSA für Geradeausfahrende auf der Umfahrung Ebels­berg auf Rotlicht um, bleiben für die Linkseinbieger dezidiert fünf Sekunden bis zum Umschalten auf Grünlicht in ihre Fahrtrichtung.

Im Ergebnis konnte der SV in der Berufungsverhandlung sämtliche Angaben der Zeugen und des Bw insofern schlüssig nachvollziehen, als ohne Zweifel davon auszugehen ist, dass der Bw tatsächlich bei Rotlicht in seiner Fahrtrichtung, jedoch grünblinkendem Spurensignal für Linkseinbieger mit etwa 50 km/h in die Kreuzung eingefahren ist. Die ange­gebenen Geschwindigkeiten von ca 50 km/h des Bw und 20 bis 30 km/h des Zeugen H konnte der SV aus den Schadensbildern bestätigen. Der SV hat anhand der Fahrlinien eines auf dem mittleren Fahrstreifen in Richtung MLTunnel geradeaus­fahrenden Lenkers und eines in weitem Bogen aus der Gegen­richtung nach links ein­biegenden Lenkers errechnet, dass der Bw auch nicht bei Gelblicht in die Kreuzung eingefahren sein kann, weil sich in diesem Fall aufgrund der Ampelphasen die Fahrlinien der beiden Pkw nicht zur selben Zeit gekreuzt hätten, dh es hätte nicht zum Zusammenstoß kommen können. Das vom Bw angeführte für ihn zu sehende grünblinkende Licht (allerdings des Spurensignals für Linkseinbieger) bestand gleich­ge­schaltet auch für den Zeugen H in der Gegen­richtung, wobei auch dessen Aussagen, er sei hinter zwei linkseinbiegenden Fahrzeugen als drittes Fahrzeug links eingebogen, nachvollziehbar sind – damit ist auch schlüssig, dass dieser erst am Ende seiner Grünphase in die Kreuzung eingefahren ist, dh der Bw musste nach den fünf Sekunden ab Umschalten auf Rotlicht in seiner Fahrtrichtung bis zum Umschalten auf Grün für Linkseinbieger bereits erheblich länger Rotlicht gehabt haben. 

Die bereits von der Zeugin L im erstinstanzlichen Verfahren geäußerte Vermutung, der Bw habe das für ihn nicht geltende Spurensignal fälschlich auf sich bezogen, wurde damit erhärtet.

Die Einvernahme des Zeugen Ü war aufgrund seiner damaligen Fahrtrichtung und den damit eingeschränkten Wahrnehmungsmöglichkeiten entbehrlich. Die Anzeige gegen den Bw wegen § 88 Abs.1 StGB wurde von der Staatsanwaltschaft Linz zurück­gelegt und das Verfahren eingestellt, zumal der Zeuge H nur wenige Stunden gesundheitsbeeinträchtigt war – wenn er auch laut Verletzungsanzeige eine leichte Verletzung in Form von Kratzern davongetragen hat. Aus der Einholung dieses Aktes wäre im Hinblick auf den Tatvorwurf nichts zu gewinnen gewesen.

Die Einwände im Rechtsmittel, der Pkw des Bw wäre in Wahrheit nicht rot sondern schwarz gewesen, ist unerheblich, weil nie bestritten wurde, dass der Bw den Pkw LL-36YG gelenkt hat. Der beantragte Ortsaugenschein erübrigte sich aufgrund der bei der Verhandlung an die Wand projizierten vergrößerten Luftbildaufnahme.

 

In rechtlicher Hinsicht gelangt der UVS zum Ergebnis, dass der Bw tatsächlich bei Rotlicht der VLSA in die Kreuzung eingefahren ist, dh entgegen der Bestimmung des § 38 Abs.5 StVO 1960 das Rotlicht missachtet und nicht vor der Haltelinie ange­halten hat. Dass er bei Gelblicht in die Kreuzung eingefahren ist, konnte durch den SV schlüssig und eindeutig widerlegt werden.

Es war damit davon auszugehen, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand – mit der Maßgabe, dass er den Pkw gelenkt hat, was inhaltlich nie bestritten wurde und sich auch aus der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vor dem VUK am 16. Dezember 2004 und seinem Einspruch gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 17. März 2005 ergibt, sodass die Spruchergänzung eher aus kosmetischen Gründen erfolgte – erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden (dh gänzlich fehlenden) Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

  

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs. 3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

Der Bw ist unbescholten, was bereits von der Erstinstanz als mildernd berücksichtigt wurde. Aufgrund des niedrigeren als angenommenen Einkommens, der Sorgepflicht für die Ehegattin, der sicher nicht bösen Absicht des Bw und der inzwischen vergangenen Zeit von annährend drei Jahren ist eine Herabsetzung der Strafe zweifellos zu rechtfertigen, wobei erschwerend jedoch die Verursachung eines Verkehrsunfalls mit erheblichem Sach- aber geringem Personen­schaden war.

Die nunmehr herabgesetzte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG und hält general- und spezialpräventiven Überlegungen stand.  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Laut SV-Gutachten Ampel auf Rot -> Bestätigung aber Strafherabsetzung

 

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