Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521774/2/Bi/Se

Linz, 27.11.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn G R, N, vom 30. Oktober 2007 gegen den Bescheid des  Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 11. Oktober 2007, VerkR21-894-2006, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

      Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BH Vöcklabruck am 17. Mai 2004, VerkR20-892-2004/VB, für die Klassen A, B und E erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1, 26, 7 Abs.2 und 3 Z1 und 9 FSG auf die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen. Außerdem wurde gemäß § 29 Abs.3 FSG die unverzügliche Ablieferung des Führerscheines nach Rechtskraft des Bescheides bei der BH Vöcklabruck oder der PI Vöcklamarkt angeordnet.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 22. Oktober 2007.

 

2. Gegen die Entziehungsdauer wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, eine 12monatige Entziehungsdauer sei nicht nachvollziehbar. Er habe nicht die Möglichkeit gehabt, sich vor Bescheid­erlassung zu äußern. Bisher habe er noch keine Entziehung gehabt, das sei eine erstmalige Angelegenheit. Durch den FS-Entzug sei es ihm nicht mehr bzw nur erschwert möglich, seine Arbeitsstelle in Haag/H., die er nach der Inhaftierung in Aussicht habe, zu erreichen. Somit hänge seine Existenz vom Besitz des Führerscheines ab. Er ersuche daher um Herabsetzung der Entzugsdauer auf ein Mindestmaß.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 8. März 2007, 25 Hv 4/07 s, ua wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils ver­suchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch gemäß §§  127, 128 Abs.2, 129 Z1 und 2, 130 1., 3. und 4. Fall und 15 Abs.1 StGB (in 67 Fällen, Tatzeitraum 2004 bis zuletzt August 2006) sowie wegen des Vergehens der schweren Körperver­letzung gemäß §§ 83 Abs.1, 84 Abs.1 Z4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, davon ein Jahr unbedingt unter Anrechnung der Vorhaft vom 23.10.2006 bis 8.3.2007, verurteilt wurde. Insbesondere wurde ihm angelastet, am 23. Oktober 2006 in Vöcklamarkt den Polizeibeamten CI H., der eine Festnahme durchführte, durch einen Biss in den rechten Oberschenkel vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, wobei die Tat einen Bluterguss zur Folge hatte und an einem Beamten während und wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten begangen wurde.

Laut Urteilsbegründung ist der 1981 geborene Bw insofern gerichtlich vorbestraft, als er ua mit Urteil des BG Frankenmarkt vom 7. November 2006, 7 U 118/05v, wegen § 83 Abs.1 StGB zu einer Geldstrafe und mit Urteil des BG Vöcklabruck vom 2. Juni 2006, 4 U 108/06m, wegen § 83 Abs.1 StGB zu einer teil­bedingten Geldstrafe verurteilt wurde.  ­

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht
mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrs­sicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen Z1 die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr ... gefährden wird, Z2 sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken eines Kraftfahrzeuges gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß § 83 StGB begangen hat.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuver­lässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Die oben angeführte strafbare Handlung gemäß §§ 83 und 84 Abs.1 Z4 StGB vom 23. Oktober 2006 stellt zweifellos eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z9 FSG dar.

Gemäß §7 Abs.3 Z10 FSG gilt eine strafbare Handlung gemäß § 131 StGB (räuberischer Diebstahl: "Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen eine Person anwendet oder sie mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben bedroht, um sich oder einem Dritten die weggenommene Sache zu erhalten, ist ... zu bestrafen.") als bestimmte Tatsache, wobei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch andere besondere Diebstähle dem in § 7 Abs.3 Z10 FSG genannten räuberischen Diebstahl an Unrechtsgehalt und Bedeutung gleichge­halten werden und daher eine bestimmte Tatsache gemäß Abs.3 darstellen können, nämlich als Ver­brechen qualifizierte wiederholte Einbruchs­dieb­stähle über einen langen Begehungs­zeitraum mit zahlreichen Diebstahlshand­lungen (vgl VwGH 11.4. 2000, 99/11/0328; uva).

Der Bw hat in insgesamt 67 Tathandlungen im Zeitraum von Frühjahr 2004 bis August 2006 durch Einbrüche in Fahrzeuge und Gebäude, Aufbrechen von Behältnissen, Fenstern, Garagentüren und Sperrvorrichtungen allein und zusammen mit Beteiligten gewerbsmäßig Diebstähle begangen (bzw dieses in 12 Fällen versucht), weshalb auch die im Urteil des Landesgerichtes Wels angeführten strafbaren Handlungen gemäß §§ 127, 128 Abs.2, 129 Z1 und 2, 130 1., 3. und 4. Fall und 15 Abs.1 StGB als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z10 FSG anzusehen sind. Dass die Begehung derartiger Delikte durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischer­weise erleichtert wird, besteht kein Zweifel.   

Die genannten bestimmten Tatsachen sind unter Berücksichtigung der Mindestent­ziehungsdauer gemäß § 25 Abs.3 FSG, das sind drei Monate, einer Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG zu unterziehen, wobei dabei auch zu berücksichtigen ist, dass der Bw bereits Straftaten gemäß § 83 StGB wiederholt begangen hat (Urteile vom 2. Juni 2006 und vom 7. November 2006), auch wenn ihm die Lenkberechtigung bisher noch nicht wegen gerichtlich strafbarer Handlungen entzogen wurde.

 

Der VwGH hat  wiederholt ausgeführt, dass von Kraftfahrzeuglenkern wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden muss (vgl ua E 22.10.2002, 2001/11/0142).  

Das Verhalten des Bw vom 23. Oktober 2006 lässt an einer solchen Einstellung erheblich zweifeln. Im Hinblick auf die Einbruchsdiebstähle erstreckt sich der Tatzeitraum bis August 2006, dh die Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab diesem Zeitpunkt anzunehmen. Unter Zugrundelegung der Entziehungsdauer laut angefoch­tenem Bescheid geht die Erstinstanz – zutreffend – davon aus, dass beim Bw seit August bzw Oktober 2006 Verkehrsunzuverlässigkeit vorliegt und für weitere 12 Monate ab Rechtskraft (Zustellung) der Berufungsentscheidung eine solche besteht. 

 

Unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 7 Abs.4 FSG ist der seit den Taten vergangenen Zeit deshalb keine allzu große Bedeutung beizumessen, weil sich der Bw zumindest seit 23. Oktober 2006 in U-Haft befand und der Ausgang des Strafverfahrens offen war (vgl VwGH 20.302001, 99/11/0074; uva). Auch die Verurteilung zu einer zumindest teilbedingten Freiheitsstrafe vermag diesbezüglich nichts zu ändern, auch wenn der Bw offenbar erstmals eine Haftstrafe tatsächlich verbüßt hat und ihm dadurch die Konsequenzen seines strafbaren Handelns auf diese Weise deutlich vor Augen geführt wurden.

Nach der Bestätigung der Tischlerei H vom 30. Oktober 2007 war er zumindest seit Juni 2007 dort als Freigänger beschäftigt und wurde ihm eine sofortige Einstellung zugesagt, wobei aber aus Sicht des Unternehmens aus verständlichen Gründen der Besitz einer gültigen Lenkbe­rechtigung der dort Beschäftigten Voraussetzung dafür ist.

Persönliche und berufliche Interessen des Beschwerdeführers am Besitz der Lenk­berechtigung haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses, ua verkehrsunzuverlässige Lenker von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, außer Betracht zu bleiben (siehe VwGH 24.8.1999, 99/11/0166; uva).

 

In der Zusammenschau ist der von der Erstinstanz angenommenen Entziehungs­dauer, die zugleich einer Zukunftsprognose dahingehend entspricht, wann der Bw seine Verkehrszuver­lässigkeit voraussichtlich wieder­erlangt haben wird, insofern nichts entgegen­zusetzen. Schlüssige und nachvollziehbare Argumente für eine Herabsetzung waren auch im Hinblick auf die in Aussicht gestellte Beschäftigung nicht zu finden und damit eine Verringerung der Entziehungsdauer nicht zu rechtfertigen. Auch wenn der Bw inzwischen als Freigänger im Besitz einer Lenk­berechtigung war, die ihm die Fahrt zur Arbeit von Wels nach Pram ermöglicht hat, sind die oben zusammengefassten Überlegungen im Hinblick auf seine mangelnde Verkehrzuverlässigkeit und seine grund­sätzliche Einstellung samt den daraus für die Zukunft zu ziehenden Konsequenzen vorrangig. Zu betonen bleibt, dass dem Bw kein Lenkverbot gemäß § 32 FSG erteilt wurde, dh ihm die Möglichkeit, seine Arbeitsstelle mit einem der in § 32 FSG genannten Kraftfahrzeuge (dh zB einem Motorfahrrad) zu erreichen, nicht ausdrücklich verwehrt ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Einbruchsdiebstähle in 67 Fällen gewerbsmäßig = bestätigte Tatsache nach § 7 Abs.3 Z10 FSG; Biss einen Polizisten bei der Verhaftung in den Oberschenkel = § 84 Abs.1 Z4 StGB -> bestätigte Tatsache nach § 7 Abs.3 Z9 FST 26 Monate Verkehrsunzuverlässigkeit nicht unzulässig den 12 Monate Führerscheinentzug ab Rechtskraft der Berufungsentscheidung gerechtfertigt -> Bestätigung

 

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