Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300802/2/SR/Eg/Ri

Linz, 08.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der G S, Bstraße, K-T, vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. F W, Sgasse, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 20. Juli 2007, Zl. Pol 96-2-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 (LGBl Nr. 53/1999) zu Recht erkannt:

 

 

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben, wie am 11.12.2006, um 10.20 Uhr, im Zuge einer Kontrolle festgestellt worden ist, als verantwortliche Beauftragte i.S. des § 9 Abs. 2 VStG der Fa. P-T, spol.sr.o., somit als Verfügungsberechtigte über den Aufstellort, zumindest an diesem Tag in 4910 Ried im Innkreis, Linzer Gasse 10, im von besagter Firma betriebenen Lokal "Wettbüro" das Aufstellen von Spielapparaten, und zwar 1 "Silverball", Nr. 102148, Serien-Nr. GE 0028600, 1 "Silverball Strato", Nr. 101772, Serien-Nr. GE 0023210, ohne die dafür erforderliche Spielapparatebewilligung geduldet, obwohl dies verboten ist."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 10 Abs 1 Z 3 iVm  § 3 Abs 1 Z 4 Oö. Spielapparategesetz 1999 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 eine Geldstrafe von 2000 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 32 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 200 Euro (10 % der Strafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Rechtsvertreter der Bwin am 24. Juli 2007 zugestellt worden ist, richtet sich die verspätet am 8. August 2007 bei der belangten Behörde eingelangte Berufung. Gleichzeitig stellte der Rechtsvertreter der Bwin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, welchen die belangte Behörde mit Bescheid vom 27. September 2007, Pol96-2-2007, bewilligte und somit die ursprünglich verspätet eingebrachte Berufung nunmehr als rechtzeitig eingebracht gilt.

 

In seiner 15 Seiten umfassenden Berufung machte der Rechtsvertreter der Bwin unter anderem Verfahrens- und Begründungsmängel geltend, bekämpfte die Beweiswürdigung, die Beurteilung der Rechtsfragen und der Strafbemessung.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich im Wesentlichen der folgende Sachverhalt:

 

2.1. Mit Anzeige der Sicherheitswache der Stadt Ried im Innkreis vom 9. Jänner 2007, GZ. P-1167/2006-Pri, die aufgrund einer über Ersuchen der Finanzabteilung der Stadtgemeinde Ried im Innkreis durchgeführten Überprüfung erstellt worden ist, wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Bwin "von ubk  bis mindestens 11.12.2006, als Bevollmächtigte der Geschäftsführung der Fa. 'P T spol.sr.o.', etabl. R i I, L G, die Aufstellung der Spielapparate 'Silverball', Nr. 102148, Serien-Nr. GE 0028600 und 'Silverball Strato', Nr. 101772, Serien-Nr. GE 0023210, geduldet" habe, obwohl für diese keine Spielapparatebewilligungen vorgelegen seien.

 

Anlässlich einer telefonischen Nachfrage der Sicherheitswache Ried habe sich die Bwin selbst als Verantwortliche für das "Wettbüro" in R i I, L G, und als Bevollmächtigte der Geschäftsführung der Fa. "P-T", W, Hstraße, bezeichnet.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9. März 2007, Pol96-2-2007, wurde der Bwin die unter Punkt 1 dargestellte Verwaltungsübertretung angelastet.

 

In seiner 6 Seiten umfassenden Rechtfertigung wandte der Rechtsvertreter der Bwin im Wesentlichen ein, dass die belangte Behörde vorerst ein Ermittlungsverfahren durchführen und Feststellungen darüber treffen hätte müssen, auf welcher Grundlage das von ihr der Strafverfolgung zugrunde gelegte Gesetz anwendbar sei. Die Ausspielung über Gewinn und Verlust hänge nahezu ausschließlich von der Geschicklichkeit des Spielers ab, weshalb zur Beurteilung die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers sowie die Beiziehung eines Amtssachverständigen für Sport-, Spiel- und Geschicklichkeit aus dem Fachgebiet für Automatengruppen "60,8701 – Automaten aller Art" beantragt wurde.  

 

2.2. Die belangte Behörde erließ daraufhin das angefochtene Straferkenntnis vom 20. Juli 2007, GZ. Pol96-2-2007, ohne den Sachverhalt durch weitere Ermittlungen aufzuklären.

 

Begründend führte die belangte Behörde unter Anderem an, dass sich ein Eingehen auf die gestellten Beweisanträge und die Einholung eines Sachverständigengutachtens und einer Zeugeneinvernahme erübrige, da es sich bei den in Rede stehenden Spielapparaten um bewilligungspflichtige Spielapparate im Sinne des Oö. Spielapparategesetzes und nicht um verbotene Geldspielapparate handle, weil die Firma P-T für diese beiden  Spielapparate bei der belangten Behörde um Erteilung der Spielapparatebewilligung angesucht habe und diese mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. März 2007, Zl. Pol10-1-2007, erteilt worden sei.

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon auf Grund der Aktenlage aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 4 Abs 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 bedarf an öffentlichen Orten das Aufstellen von Spielapparaten oder die Verwendung von Spielprogrammen einer Bewilligung der Behörde (Spielapparatebewilligung), wenn nicht eine Ausnahme nach § 4 Abs 1 Z 1 (unentgeltliches Anbieten und Vorführen in Verkaufsstellen) oder Z 2 (Anzeigepflichten nach § 5 leg.cit.) in Betracht kommt.

 

Nach § 3 Abs 1 Z 4 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist das Aufstellen von Spielapparaten oder die Verwendung von Spielprogrammen ohne die dafür erforderliche Spielapparatebewilligung (§ 4) verboten.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort einen Verstoß gegen ein Verbot gemäß § 3 duldet.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] Anm 2 zu § 44a VStG)

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

4.2. Schon der Spruch des Straferkenntnisses erscheint derart mangelhaft, dass er einer zulässigen Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs 4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf auszutauschen. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint.

 

Ein wesentlicher Spruchmangel liegt darin, dass der Vorwurf der Duldung des Aufstellens in zeitlicher Hinsicht nicht konkretisiert wurde. Es genügt nicht, den Zeitpunkt der Kontrolle anzugeben, weil dieser regelmäßig ein ganz anderer ist als der des Aufstellens. Die belangte Behörde hat diesen Kontrollzeitpunkt angeführt, weil sie nicht näher geklärt hat, wann der Spielapparat mit angeblicher Duldung von einer verfügungsberechtigten Person tatsächlich im "Wettbüro" öffentlich zugänglich aufgestellt worden ist. Das gesetzliche Verbot des Aufstellens eines Spielapparates betrifft ein aktives Verhalten des Täters, während das Dulden ein bloßes "Gewährenlassen" durch eine verfügungsberechtigte Person meint, die etwas dagegen unternehmen müsste. Diese beiden Tatbestände sind streng auseinander zu halten. Die belangte Behörde hat sie dagegen in eigenartiger Weise vermengt und damit einen eigenständigen, dem Oö. Spielapparategesetz 1999 aber nicht entsprechenden Tatvorwurf erhoben.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenats wird vom gesetzlichen Verbot des Aufstellens nach § 3 Abs 1 Z 1 oder Z 4 (1. Fall) Oö. Spielapparategesetz 1999 der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Spielapparaten, nicht aber der Zustand des "Aufgestelltseins" in einem bestimmten Zeitpunkt erfasst (vgl ua. VwSen-300371 vom 27.09.2001; VwSen-300378 vom 12.11.2001; VwSen-300435 vom 23.10.2001; VwSen-300388 vom 14.03.2002; VwSen-300528 und 300535 je vom 20.01.2004; VwSen-300653 und 300654 je vom 22.12.2005).

 

5. Da die Erstbehörde keine nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 strafbare Tat vorgeworfen hat, ist das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und muss es schon aufgrund der aufgezeigten rechtlichen Überlegungen zu seiner Aufhebung führen.

 

Im Ergebnis war aus all den genannten Gründen das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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