Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162381/12/Bi/Se

Linz, 12.11.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn T P, L, vom 6. Juni 2007 gegen die Punkte 2) und 3) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 14. März 2007, VerkR96-19917-2006, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 9. November 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung), zu Recht erkannt:

 

 

     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis in den Punkten 2) und 3) behoben und das jeweilige Verwaltungs­strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.1 StVO 1960, 2) §§ 7 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 3) §§ 20 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 720 Euro ( 168 Stunden EFS), 2) 40 Euro (24 Stunden EFS) und 3) 100 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 30. September 2006 den Pkw .... 1) zwischen 3.50 und 4.20 Uhr in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand auf Gemeindestraßen im Ortsgebiet Lenzing gelenkt habe, 2) das Fahrzeug auf der A1, Gemeindegebiet Regau, um 3.55 Uhr nicht so weit rechts gelenkt habe, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da er trotz wenig Verkehr beide Fahrstreifen benötigt habe, 3) um 4.05 Uhr in der Gemeinde Aurach am Hongar, "Landesstraße Freiland", infolge nicht richtig gewählter Fahrgeschwindigkeit  einen Verkehrunfall verursacht habe, indem er von der Fahrbahn abgekommen sei. 

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 86 Euro auferlegt.

 

2. Gegen die Punkte 2) und 3) hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht – dass er fahruntauglich war, hat er ausdrücklich im Rechtsmittel zugestanden und auch die Strafhöhe nicht angefochten – die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzel­mitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Da der Bw auf das Schreiben des UVS vom 13. September 2007 – die Adresse Feldgasse 8/1 in 4850 Lenzing scheint im Zentralen Melderegister auf und wurde er nach seiner Haft in Wels auch dorthin entlassen – nicht reagiert und dieses auch nicht behoben hat, wurde am Sitz des UVS eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung für 15. Oktober 2007, 9.30 Uhr, anberaumt und der Bw dazu geladen, wobei die Zustellung der Ladung durch Hinterlegung am 16. Oktober 2007 ausgewiesen ist. Der Bw hat in seinem Fax vom 15. Oktober 2007, 12.16 Uhr, ohne entsprechenden Nachweis erklärt, er sei krank, zugleich aber inhaltlich die Argumente in seiner Berufung vom 6. Juni 2007 wiederholt.  

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er könne nicht an drei Orten gleichzeitig gewesen sein. Er könne sich auch an keinen Autounfall erinnern und habe auch nie von einem Geschädigten gehört. Nach dem Krankenhaus habe ihn die Polizei zu seinem Auto gefahren anstatt nach Hause. Wären ihm Führerschein, Autoschlüssel oder Kennzeichen abgenommen worden, wäre nichts passiert. Er sei fahruntauglich gewesen und es wäre die Pflicht der Polizeibeamten gewesen, ihn vom Lenken abzuhalten. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Argumente beider Parteien berücksichtigt wurden.

Nach der Anzeige ist zugrundezulegen, dass ein Herr A C (eine Adresse scheint nicht auf) am 30. September 2006 um 4.05 Uhr telefonisch Anzeige  bei der PI S am A über die Fahrweise des Lenkers des Pkw VB- erstattete, weil dieser auf der A1 im Bereich Regau in Schlangenlinien auf beiden Fahrstreifen gefahren sei. Nach der Abfahrt sei das Fahrzeug mit Vollgas weiter­gefahren und er habe es vor dem Kreisverkehr Aurach/H. wieder angetroffen, wo der Lenker rechts von der Straße abgekommen und in den Straßengraben gefahren sei. Er sei ohne fremde Hilfe herausgekommen und Richtung Lenzing weiter­gefahren. Schaden sei laut Anzeige dabei nur am Pkw des Bw entstanden – daher wurde dem Bw auch kein Geschädigter genannt.

Aufgrund des Telefonanrufs sei der Pkw gesucht worden. Die Streife Schörfling, Meldungsleger BI G K, habe den Bw um 4.30 Uhr an seinem Wohnort in der Feldgasse 8 in Lenzing angetroffen, wo der Pkw geparkt war und der Bw vor der geöffneten Fahrertür gestanden sei. Er habe sofort zugestanden, den Pkw gelenkt zu haben. um 5.35 Uhr sei er Dr. G, KH V, zur klinischen Untersuchung vorgeführt worden, nachdem ein Alkotest 0,0 mg/l AAG ergeben habe.

Dem Bw wurde Blut abgenommen und vom Gerichtsmedizinischen Institut in Salzburg, Dr.  T K, ausgewertet.

 

Laut diesem Gutachten vom 23. Oktober 2006, S 061992/Ke/Ga Ch 866/06, hat der Bw "neben Cannabisprodukten (vermutlich Haschisch und/oder Marihuana) auch in massiv übertherapeutischer Dosierung eine morphinhaltige Zubereitung (vermutlich Substitol) neben einem oxazepamhaltigen Präparat (vermutlich Praxiten) zu sich genommen und danach aktiv am Straßenverkehr teilgenommen. Er stand zum Zeitpunkt der Blutprobenerhebung noch immer unter massivster Wirkung des Opiats Morphin in Kombination mit der Wirksubstanz Oxazepam. Bezüglich der im Arm­venen­blut nachgewiesenen Morphinkonzentration wie auch der Oxazepamkon­zentration ist zu konstatieren, dass Herr P. bereits eine sehr hohe Toleranz gegen­über dem Opiat Morphin wie auch gegenüber dem Benzodiazepin Oxazepam entwickelt hat. Sowohl die vom Exekutivbeamten wie auch vom blutentnehmenden Arzt festgestellten physischen und psychomotorischen Ausfallserscheinungen sind zwanglos mit den durchgeführten chemisch-toxikologischen Analysenergebnissen in Einklang zu bringen. Somit war Herr P. nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug mit der notwendigen Sicherheit und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr zu bewegen. Seine Fahrtüchtigkeit zum Vorfallszeitpunkt war somit nicht mehr gegeben.

Bei Herrn P. dürfte es sich vielmehr um eine polytoxikomane Person handeln. Aufgrund der Tatsache, dass Herr P. neben Cannabisprodukten auch eine opiat­haltige Zube­reitung (vermutlich Substitol) wie auch ein oxazepamhaltiges Präparat (vermut­lich Praxiten) in massiv übertherapeutischer Dosierung konsumiert, Substanzen also, die sich in ihren Wirkungen und Nebenwirkungen sogar noch gegenseitig verstärken, und danach aktiv am Straßenverkehr teilnimmt, empfehlen wir die Überprüfung seiner Fahreignung (Fahrtauglichkeit) durch die entsprechende Behörde."

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Sowohl der angelastete Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot als auch der Vorwurf der Einhaltung einer "unrichtig gewählten" Fahrgeschwindigkeit gehen auf die telefonische Anzeige eines offensichtlich hinter dem Bw nachfahrenden Lenkers zurück. Jedoch ist zu sagen, dass im ggst Fall die Ursache für das Abkommen von der Fahrbahn nicht unbedingt eine unrichtig gewählte Fahrgeschwindigkeit sein musste – nach den Ausführungen im Gutachten des Gerichtsmediziners kann auch eine mangelnde Koordinationsfähigkeit, eine verspätete Reaktion oder überhaupt mangelnde Aufmerksamkeit der Grund gewesen sein. Hinsichtlich der "Schlangen­linien" ist der Tatbestand zudem örtlich nicht ausreichend konkretisiert. 

Auf dieser Grundlage war in beiden Punkten, naturgemäß ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen, im Zweifel zugunsten des Bw mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen und somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Tatvorwürfe telefonisch angezeigt -> nicht erweisbar -> Einstellung

 

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