Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162640/4/Br/Ps

Linz, 08.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn H K, geb., S, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 11. Oktober 2007, Zl. VerkR96-5562-2007, zu Recht:

 

I.    Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass im Punkt 2. die Geldstrafe auf 30 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden ermäßigt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr.51, idF BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, idF BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.   Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich im Punkt 2. auf 3 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 18 Abs.1 u. Abs.4 StVO 1960 zwei Geldstrafen [1. 36 Euro u. 2. 150 Euro] und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen [1. 14 Stunden u. 2. 45 Stunden] verhängt, weil er am 30.06.2007 um 08:10 Uhr auf der A 8 Innkreisautobahn bei km 60,000 in Utzenaich als Lenker des LKW mit Anhänger zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre und er habe dabei gleichzeitig als Lenker eines Kraftwagenzuges (eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen) beim Nachfahren hinter einem Sattelkraftfahrzeug auf einer Freilandstraße den vom Gesetz geforderten Abstand von mindestens 50 m nicht eingehalten, da der gemessene (gemeint wohl der geschätzte) Abstand nur 5 m betragen habe.

 

1.1. Darüber hat die Behörde erster Instanz rechtlich und zur Strafzumessung Folgendes erwogen:

"Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges hat stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Gemäß § 18 Abs.4 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen (Lastfahrzeuge, Kraftwagenzüge, Omnibusse udgl.) auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten.

 

Selbst vor Überholvorgängen ist im Interesse der Verkehrssicherheit der geforderte Mindestabstand einzuhalten.

 

Die hs. Behörde sieht die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen auf Grund der Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Ried i.I. und der Zeugenaussagen, in objektiver Hinsicht als erwiesen an.

 

Auf Grund der Zeugenaussagen ist ein Abstand von 5 m anzunehmen.

Zum Verschulden ist zu bemerken, dass gemäß § 5 Abs.l Verwaltungsstrafgesetz 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Umstände, welche Ihr Verschulden an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ausschließen würden, sind von Ihnen im Verfahren nicht wirksam vorgebracht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist die verhängte Strafe als angemessen zu bezeichnen.

 

Im Hinblick auf die im § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 vorgesehene Höchststrafe für Übertretungen nach § 18 Abs. 1 StVO 1960 und § 18 Abs. 4 StVO 1960 von 726,00 Euro bewegen sich die verhängten Geldstrafen von 36,00 Euro und 220 ohnedies im unteren Bereich des Strafrahmens. Auf Grund Ihrer bisherigen ha. Unbescholtenheit konnten die Geldstrafe zu 2. auf 150,00 Euro herabgesetzt werden. Die Geldstrafe entspricht dabei auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die hs. Behörde auf Grund des Umstandes, dass Sie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse trotz Aufforderung nicht bekannt geben haben, im Rahmen der Ihnen zur Kenntnis gebrachten amtlichen Schätzung davon ausgeht, dass Sie über ein monatliches Einkommen von ca. 1.300,00 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügen.

 

Als strafmildernd war Ihre ha. bisherige Unbescholtenheit zu werten, sonstige Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründe lagen hingegen nicht vor."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Darin bringt er zum Ausdruck, mit der Strafe nicht einverstanden zu sein, weil er doch schon bei der Anhaltung bereit gewesen wäre 57 Euro zu bezahlen. Dies sei lediglich daran gescheitert, dass er nicht so viel Geld  dabei gehabt habe.

 

2.1. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da in Verbindung mit den ergänzenden Feststellungen zum Umfang der Berufung, sich diese letztlich nur gegen die Strafe im Punkt 2. richtet und der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage klar hervorgeht, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

3. Auf den Anzeigeinhalt und die Rechfertigung des Berufungswerbers braucht hier angesichts der bloßen Strafberufung nicht weiter eingegangen werden.

Festzustellen ist jedoch, dass sich der Berufungswerber hier lediglich gegen das Strafausmaß im Punkt 2. wenden wollte, wenngleich er in seiner Berufung auch den Tatvorwurf relativierte. Dies konnte im Rahmen einer mit dem Berufungswerber gepflogenen Rücksprache klargestellt werden. Ebenso bestätigte der Meldungsleger BezInsp. M das ursprüngliche Anbot eines OM, dessen Bezahlung jedoch trotz grundsätzlicher Bereitschaft bloß mangels mitgeführten Geldes scheiterte. Alleine dieser Hintergrund ließ insbesondere in Verbindung mit der nun unverhältnismäßig hohen Geldstrafe betreffend das mit dem Punkt 1. in Idealkonkurrenz stehende mindergefährliche zweite Delikt vermuten, dass die Berufung nur als Strafberufung gemeint sein konnte.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die tateinheitliche Logik der Unterschreitung des 50-m-Abstandes, wenn bereits der Sicherheitsabstand nicht eingehalten wird. Ein typischer Fall einer Idealkonkurrenz lässt sich kaum konstruieren. Bedenkt man ferner, dass etwa im Falle eines Überholvorganges eines mit knapp über 80 km/h fahrenden LKW-Zuges (Länge 18,7 m) mit einer Geschwindigkeitsdifferenz von 5 km/h, aus dem hier geforderten Abstand zum Vorderfahrzeug von 50 m, bis zum Wiedereinordnen mit einem ebensolchen Abstand eine Wegstrecke von 2.339 m bedingen würde. Das bedeutet, dass ein derart überholender LKW-Zug über diese Strecke die Überholspur blockieren würde. Bei einer Verkürzung dieser Abstände im Falle eines beabsichtigten Überholvorganges im Umfang von nur 20 m wird nur mehr eine Wegstrecke von 1.319 m in Anspruch genommen. Daraus ergibt sich eine um immerhin 43 Sekunden kürzere Verweildauer auf der Überholspur der Autobahn (Berechnung mit Analyzer Pro 4,5).

Was dies für die Flüssigkeit des Verkehrs auf Autobahnen bedeutet, spricht für sich.

Damit sei in diesem Zusammenhang nur aufgezeigt, dass dem § 18 Abs.4 StVO 1960 auf Autobahnen zumindest – wenn auch formal rechtswidrig – ein ungleich geringerer Unwertgehalt zu Grunde liegt, als in der Unterschreitung des Sicherheitsabstandes und im Besonderen für den Fall der Verkürzung desselben auf 5 m der Fall ist. Dass in diesem Zusammenhang die Umstände, unter denen dies geschieht, ein wesentliches Beurteilungskriterium darstellen, sei an dieser Stelle ebenfalls erwähnt.

 

4. Zur Strafzumessung:

 

4.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hinsichtlich des Schutzzweckes auf die obigen Ausführungen verwiesen. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu.

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Weder erschwerende noch mildernde Umstände gelangen hier bei der Strafzumessung zur Wertung.

 

4.2. Während der im Punkt 2. zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit aus den oben umschriebenen für Autobahnfahrten geltenden logischen Betrachtungen kaum ein Unrechtsgehalt zugedacht werden kann, weil eine Abstandsdynamisierung bis an den erforderlichen Sicherheitsabstand der Verkehrsrealität entspricht, kam der Strafberufung in diesem Punkt Berechtigung zu. Demgegenüber wiegt die Unterschreitung des Abstandes iSd § 18 Abs.1 StVO ungleich schwerer.

Hier wurden offenbar irrtümlich die verhängten Geldstrafen in umgekehrter Proportion festgesetzt. Dies zwingt mit Blick auf das Gebot der Sachlichkeit den von der Strafberufung umfassten Punkt 2. im Verhältnis zur bindenden Vorgabe im Punkt 1. noch geringfügig zu reduzieren, um dadurch den Unrechtswert in ein sachgerechtes Verhältnis zu rücken.

Nicht zu übersehen ist, dass die Abstandsverkürzung von nur 5 m – wovon auf Grund der Rechtskraft des Schuldspruches auszugehen und inhaltlich nicht zu prüfen ist – deutlich höher zu ahnden wäre, falls dieser nicht unvermeidbar war.

Dem steht nun das Verschlechterungsverbot im Berufungsverfahren entgegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

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