Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281040/5/Py/Da

Linz, 21.11.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn Ing. K H, E, K, gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. August 2007, AZ: Ge96-2007, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung gegen das Strafausmaß wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe zu Faktum 1 auf 400 Euro und zu Faktum 2 auf 460 Euro herabgesetzt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von je 36 Stunden bleibt unverändert.

 

II.                  Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird auf 40 Euro zu Faktum 1 und auf 46 Euro zu Faktum 2 herabgesetzt. Der Gesamtkostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz beträgt somit 86 Euro; für das Berufungsverfahren ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. August 2007, Ge96-38-2007, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 500 Euro sowie Ersatzfreiheitsstrafen von 36 Stunden wegen Übertretungen des § 28 Abs.1a Z4 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 175/2004 iVm Art.6 Abs.1 der Verordnung EWG Nr. 3820/85 des Rates vom 20.12.1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. der EG vom 31.12.1985, Nr. L 370/1, idF der Berichtigung ABl. Nr. L 206/36 vom 30.7.1986 verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften Verantwortlicher der H GmbH, K, E, gem. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass der im Unternehmen beschäftigte Arbeitnehmer L B, geb. am , der als Lenker eines Lastkraftwagens (amtliches Kennzeichen ) – mit mehr als 3,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht -  im internationalen Straßenverkehr auf dem Gebiet der Europäischen Gemeinschaft tätig ist, das der Güterbeförderung dient, laut Schaublatt-Auswertung zu folgenden Zeiten beschäftigt wurde:

1. vom 25. September 2006, 06.31 Uhr bis 26. September 2006, 18.55 Uhr wurde eine Tageslenkzeit von 17 Stunden 52 Minuten festgestellt,

2. vom 28. September 2006, 05.27 Uhr bis 29. September 2006, 20.42 Uhr wurde eine Tageslenkzeit von 20 Stunden 58 Minuten festgestellt,

obwohl die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten an zwei Tagen pro Woche 10 Stunden, an den übrigen Tagen 9 Stunden nicht überschreiten darf.

 

2. Dagegen wurde vom Bw rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und ersucht, das hohe Strafausmaß abzumildern. Begründend wurde ausgeführt, dass der Kraftfahrer L B nicht einen Auftrag, sondern mehrere, welche nicht zeitgebunden zur Erledigung eingeteilt worden sind, bekommen habe. Für den Bw bestehe keine Möglichkeit, die Einsatzzeiten der Lenker vorzunehmen, da die Tachoscheiben am Ende der Woche bei den zuständigen Disponenten abgegeben würden und es dem Bw nicht möglich sei, bei allen 130 Kraftfahrern des Unternehmens, die alle über das Arbeitszeitgesetz informiert wurden, Einzelkontrollen durchzuführen.

 

3. Mit Schreiben vom 27. September 2007 hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gem. § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden, da sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe der verhängten Geldstrafe richtet und keine mündliche Verhandlung beantragt wurde.

 

Dem Arbeitsinspektorat St. Pölten wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 5. Oktober 2007 als am Verfahren beteiligte Organpartei Gelegenheit gegeben, zum Berufungsvorbringen Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2007 brachte das Arbeitsinspektorat St. Pölten vor, dass mangels neuer verfahrensrelevanter Aspekte beantragt werde, das Verwaltungsstrafverfahren im Sinne der Anzeige und der Stellungnahme vom 13. April 2007 abzuschließen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Zunächst ist festzustellen, dass sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß richtet. Der Schuldspruch ist damit in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinanderzusetzen.

 

Gemäß § 28 Abs.1a Z4 Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl. Nr. 461/1969 idgF sind Arbeitgeber und der Bevollmächtigte, die Lenker über die gem. Art.6 Abs.1 Unterabsatz 1 und Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis zu 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides hinsichtlich der für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

4.2. Von der Erstbehörde wurde bei der Strafbemessung als mildernd der Umstand gewertet, dass keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen gegen den Bw verhängt wurden. Als straferschwerend wurde die Übertretung des Arbeitszeitgesetzes im Hinblick auf die Gesamtlenkzeit gewertet. Mangels Angaben durch den Bw werde von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen ausgegangen. Die verhängte Strafe sei dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen und im Sinn der Spezialprävention geeignet, den Bw von weiteren Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes abzuhalten.

 

4.3. Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Lenkzeit ist neben dem Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer/Innen jener, dass der Einsatz von übermüdeten Lenker/Innen hintangehalten wird, stellen sie doch ein immenses Gefahrenpotential für andere Verkehrsteilnehmer/Innen, etwa auf Grund erhöhter Unfallgefahr durch Sekundenschlaf, dar. Es besteht somit ein besonderes öffentliches Interesse an der Einhaltung der diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen. Die belangte Behörde hat daher nicht zu Unrecht auf Grund der doch erheblichen Überschreitung der Lenkzeit in beiden Fällen Geldstrafen verhängt, die wesentlich über der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe von 72 Euro liegen. Die vom Bw in seiner Berufung vorgebrachten Gründe sind nicht geeignet, die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen in einem milderen Licht erscheinen zu lassen, zeigen sie doch nur auf, dass die belangte Behörde zu Recht von einer zumindest fahrlässigen Tatbegehung ausgegangen ist, da auch das Berufungsvorbringen des Bw zeigt, dass ein taugliches und hinreichendes Kontrollsystem, wie vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung gefordert, im Unternehmen offenbar nicht eingerichtet ist.

 

Als berücksichtigungswürdig und somit als strafmildernd konnte vom Unabhängigen Verwaltungssenat jedoch der Umstand gewertet werden, dass – nach unwidersprochener Angabe des Bw im Verfahren – bei einer ausführlichen Überprüfung aller 130 LKW-Fahrer der H GmbH durch das Arbeitsinspektorat keine weiteren Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes festgestellt werden konnten.

 

Da vom Bw auch hinsichtlich der von der Erstbehörde vorgenommenen Schätzung seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse keine gegenteiligen Angaben in der Berufung gemacht wurden, konnte die verhängte Strafe vom Unabhängigen Verwaltungssenat nur in dem im Spruch festgelegten Ausmaß herabgesetzt werden, wobei auf Grund der unterschiedlichen Höhe der Lenkzeitüberschreitung das Strafausmaß zu Faktum 1 auf 400 Euro und zu Faktum 2 auf 460 Euro herabzusetzen war. Auch mit diesen Strafen ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die Sanktion gesetzt, die dem Bw in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abhält.

 

4.4. Zur Nichtherabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist zunächst auf § 16 Abs.2 VStG zu verweisen, wonach die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstausmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen darf. Die Behörde erster Instanz hat Geldstrafen von 500 Euro festgelegt, welche 27 % der vorgesehenen Höchststrafe (1.815 Euro) in Geld beträgt. Auch wenn ein fester Umrechnungsschlüssel nicht besteht, ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates die – im Übrigen nicht näher begründete – Festlegung der belangten Behörde der Ersatzfreiheitsstrafe mit 36 Stunden nicht schlüssig, wenn diese angeordnete Ersatzfreiheitsstrafe wesentlich weniger als 27 % (konkret 10 %) der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist daher im Verhältnis zur verhängten Geldstrafe eine geringere Strafe und wurde durch die Nichtherabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe dieses Missverhältnis zu den verhängten Geldstrafen (zu Faktum 1 : 22 % der vorgesehenen Höchststrafe und zu Faktum 2 : 25 % der vorgesehenen Höchststrafe) entsprechend gemildert.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

5. Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafen mit 10 % der verhängten Strafen neu festzusetzen. Da die Berufung hinsichtlich des Strafausmaßes Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gem. § 65 VStG nicht zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Panny

 

 

 

 

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