Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521771/5/Br/Ps

Linz, 14.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des B K, geb., K, W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 22.10.2007, AZ: 2-FE-306/2007, zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die von der BPD Wels zu Zl. 2-FE-306/2007 dem Berufungswerber am 22.10.2007 für die Klassen A, B, C, E, F u. G wieder erteilte Lenkberechtigung lediglich mit der Auflage eingeschränkt wird, 

·        im zeitlichen Abstand von drei Monaten – gerechnet ab Zustellung der Berufungsentscheidung (mit einer Toleranzfrist von sieben Tagen) – der Führerscheinbehörde Laborwerte (LFP, CD-Tect) vorzulegen;

·        beim Lenken von Kraftfahrzeugen eine geeignete Brille oder Kontaktlinsen zu tragen;

·        der Führerschein binnen zwei Wochen bei der Führerscheinbehörde zur Eintragung dieser Einschränkungen abzuliefern ist.

Die Befristung und die Pflicht zur Vorlage einer Bestätigung einer Alkoholberatungsstelle und eines Facharztes für Psychiatrie wird ersatzlos behoben. 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 24 Abs.1, 8 Abs.2 u. 3 FSG und § 13 Abs.5 FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 153/2006 und § 14 FSG‑GV, zuletzt geändert durch
BGBl. II Nr. 64/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat nach einem am 4.5.2007 auf § 26 Abs.1 iVm § 7 FSG ausgesprochenen Entzug in der Dauer von sechs Monaten ab 27.4.2007, mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, unter Zugrundelegung einer Niederschrift, in der ihm

a) das amtsärztliche Gutachten,

b) das verkehrspsychologische Gutachten u.

c) seine rechtskräftigen Verwaltungs- u. Gerichtsstrafen (solche sind jedoch nicht ersichtlich),

zur Kenntnis gebracht wurden, gemäß § 24 Abs.1 FSG iVm § 7 Abs.8 FSG 1997 u.a. dessen Lenkberechtigung auf ein Jahr bis 29.10.2008, befristet erteilt. Weiters erfolgte dies unter der Auflage (dazu wird der Code 104 in den Führerschein eingetragen) alle drei Monate Leberwerte + CDT-Wert, vor Fristablauf Bestätigung von der Alkoholberatungsstelle und Facharzt für Psychiatrie beizubringen.

 

1.1. Der Bescheid der Behörde erster Instanz blieb inhaltlich gänzlich unbegründet. Er verweist vielmehr nur auf den Akteninhalt.

 

2. In der fristgerecht eingebrachten Berufung tritt der Berufungswerber mit folgenden Ausführungen entgegen:

"Gegen den oben bezeichneten Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels erhebe ich innerhalb offener Frist

Berufung

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und begründe diese wie folgt:

 

Mit Bescheid vom 4.5.2007, Zahl 2-FE-306/2007, wurde mir die Lenkerberechtigung für einen Zeitraum von 6 Monaten ab 27.4.2007 bis einschließlich 27.10.2007 entzogen und gleichzeitig die Absolvierung einer Nachschulung als begleitende Maßnahme sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens vor Ablauf der Entzugsdauer angeordnet. Anlässlich meiner Vorsprache in der Bundespolizeidirektion Wels wurde mir am 22.10.2007 der Bescheid verkündet, wonach meine Lenkerberechtigung auf ein Jahr bis 29.10.2008 befristet wird.

Weiters wurden mir Auflagen (Code 104) unter Hinweis auf das gegenwärtige Vorliegen einer bedingten Eignung auferlegt, wobei die Vorlage von Leberwerten und CDT-Werten alle 3 Monate und vor Fristablauf Bestätigung von der Alkoholberatungsstelle und Facharzt für Psychiatrie angeordnet wurde.

 

Der Bescheid stützt sich auf das amtsärztliche Gutachten vom 28.6.2007, das verkehrspsychologische Gutachten (das in der Niederschrift undatiert angeführt wird) und meine rechtskräftigen Verwaltungs- und Gerichtsstrafen.

Weder im Bescheid noch in der Niederschrift begründet die BPD Wels, in welcher Weise sie zum obigen Ergebnis gelangt ist. Aufgrund der fehlenden Begründung ist es mir unmöglich die seitens der Behörde bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage nachzuvollziehen. Die Niederschrift der BPD Wels vom 22.10.2007 enthält die Absicht der Behörde, mir aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 28.6.2007, eines verkehrspsychologischen Gutachtens (undatiert) und aufgrund meiner rechtskräftigen Verwaltungs- und Gerichtsstrafen die Gültigkeit meiner Lenkerberechtigung befristet auszustellen, da ich zur Lenkung von Kraftfahrzeugen bedingt geeignet bin. Weiters wurde mir in dieser Niederschrift die Auflage erteilt, (Code 104), mich alle 3 Monate einer Kontrolluntersuchung zu unterziehen.

Entgegen  der  Niederschrift  enthält  die  schriftliche  Ausfertigung  des  mündlich verkündeten Bescheides auch die Auflage, Bestätigung von der Alkoholberatungsstelle und Facharzt für Psychiatrie beizubringen.

Der   letzte   Teil   des    Spruchs    im   obigen   Bescheid   „Bestätigung   von   der Alkoholberatungsstelle und Facharzt für Psychiatrie" ist zudem völlig unklar, da nicht erkennbar ist, was genau bestätigt werden soll.

 

Ich nehme zu den, von der Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Unterlagen wie folgt Stellung:

1. Amtsärztliches Gutachten:

Begründet wurde  in  diesem  Gutachten  die befristete Eignung  damit,  dass  ich insgesamt 2 Alkoholdelikte begangen hatte - daraus schloss der Amtsarzt auf eine ersten Rückfallsgefahr, dies leitete der Amtsarzt offensichtlich aus der vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahme ab. Besagtes amtsärztliche Gutachten wurde mir nie im Detail zur Kenntnis gebracht, sodass ich bis heute keine Möglichkeit zu einer Stellungnahme hatte. Sowohl beim Verkehrspsychologen als auch beim Amtsarzt habe  ich übermäßigen Alkoholkonsum verneint.  Da mir bewusst ist,  dass  ich Autofahren und Alkoholkonsum in Zukunft völlig trennen muss, ist ein derartiges Delikt von mir künftig auch nicht mehr zu erwarten.

Wenn der Amtsarzt mein im Jahre 2003 begangenes Alkoholdelikt und den heurigen Vorfall als „sehr schnell hintereinander gesetzte Delikte" als Grundlage für seine Befristung heranzieht und daraus eine erhöhte Rückfallgefahr ableitet, so ist dies überschießend.

Das dem Amtsarzt vorliegende verkehrspsychologische Gutachten ist überdies gerade in diesem Punkt fehlerhaft, da es in der Interpretation des Persönlichkeitsbefundes und der Vorgeschichte von „Die beiden sehr schnell hintereinander gesetzten Delikte (April 2003, April 2006) ..." spricht. Richtig ist jedoch, dass das letzte Delikt im April 2007 stattgefunden hat.

Der Amtsarzt hat in seinem Gutachten weder ausführlich begründet, aufweiche Weise er zum Ergebnis der Befristung gelangte, noch hat er in einer amtsärztlichen Stellungnahme dargelegt, worauf sich seine Entscheidung stützt. Das verkehrspsychologische Gutachten bescheinigt mir beim Explorationsgespräch einen offenen, insgesamt emotional, stabilen Eindruck. In den Persönlichkeitstests konnten keine Hinweise auf eine verringerte Selbstkontrolle, eine erhöhte Risikobereitschaft, ein geringes Verantwortungsbewusstsein und eine psychische Instabilität objektiviert werden.

Nach § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund 1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen ein oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten "geeignet" für diese Klassen zu lauten; Da bei mir durchaus positive Befunde vorliegen, ergibt sich keine sachliche Rechtfertigung für die Befristung einer Lenkberechtigung samt Auflagen.

 

2. Verkehrspsychologische Stellungnahme:

Die verkehrspsychologische Untersuchung verlief unter sehr fragwürdigen Begleitumständen - die Räumlichkeiten im Gebäude W, T, waren zum Testzeitpunkt unzumutbar. Durch plötzlich einsetzende Lärmbelästigungen (Stemm- und Bohrarbeiten) wurden während des EDV-unterstützten Tests (insbesondere beim Test S4 Zweihandkoordination) Fehler verursacht bzw. die Konzentration gestört. Zudem war die Privatsphäre beim Explorationsgespräch, in welchem doch private Details angesprochen werden, in keiner Weise gewahrt. Zum einen konnten durch die eingebauten Gipswände in benachbarten Räumlichkeiten befindliche Personen ohne technische Hilfsmittel mithören bzw. fühlte ich mich durch das während meines Tests im Nebenraum geführte Gespräch abgelenkt. Dieser Nebenraum ist zudem ein nicht abgeschlossener Teil des jedermann zugänglichen Foyers des Gebäudes. Das Explorationsgespräch erfolgte durch eine Verkehrspsychologin in Ausbildung. Diese entschuldige sich ausführlich für den Lärm. Im Laufe dieses Gesprächs wurde ich von ihr gefragt, ob ich mir ein Jahr ohne Alkohol vorstellen könne. Meine Antwort ,ja natürlich, wenn es die Umstände erfordern..." wurde von Frau H als Zustimmung für eine einjährige überprüfte Trinkkarenz interpretiert (was ich aber erst der Stellungnahme entnehmen konnte). Abschließend teilte mir die Untersuchende mit, dass das Testergebnis positiv sei und sie sich eine Befristung, eventuell abhängig vom Ergebnis der relevanten Leberwerteuntersuchung noch überlegen müsse. Das Explorationsgespräch darf gem. § 18 (3) FSG-GV nur von einem für Verkehrspsychologie qualifizierten Psychologen oder, unter seiner Verantwortung und in seinem Beisein, von einem in Ausbildung zum Verkehrspsychologen befindlichen Psychologen durchgeführt werden. Frau Mag. B H als Verkehrspsychologin in Ausbildung führte das Explorationsgespräch jedoch mit mir alleine, ohne Supervisor.

Der verkehrspsychologische Befund ergab hinsichtlich meiner kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen in allen Bereichen durchschnittliche bis gut durchschnittliche Ergebnisse, woraus lt. Befund eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit ableitbar ist.

Meine allgemeine nonverbale Intelligenz wurde als überdurchschnittlich und mein Kurzzeitgedächtnis als gut durchschnittlich ausgeprägt beurteilt. Die Befundlage zur Persönlichkeit aus dem Explorationsgespräch wurde in der Stellungnahme mit einer „beginnenden Verhaltens- und Einstellungsänderung" bewertet, aus der Tatsache, dass ich bereits vor 4 Jahren ein Alkoholdelikt begangen hatte, wurde jedoch auf eine Rückfallgefahr geschlossen, und allein aufgrund dieser Tatsache eine Alkoholkarenz empfohlen.

Zusammenfassend ergab die Gesamtbefundlage jedoch eine knapp ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung. Nur eine nicht ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung kann aber eine „bedingte, beschränkte oder keine Eignung" auslösen. Dennoch wurde die bedingte Eignung ausgesprochen, und unter der Voraussetzung, dass die relevanten Leberwerte zum Entzugsende unauffällig sind, eine Befristung der Lenkberechtigung empfohlen. Eine Befristung ist jedoch nicht Sache des Gutachters, sondern der Behörde,

 

3. rechtskräftige Verwaltungs- und Gerichtsstrafen:

Die Behörde erster Instanz hat in ihrem Bescheid vom 4.5.2005 bei der Festsetzung der Höhe der Entzugsdauer meine Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von 3 Monaten aus dem Jahr 2003 berücksichtigt. Im verkehrspsychologischen Gutachten wurden meine Angaben über Verkehrsauffälligkeiten mit Ausnahme einiger Parkzeitüberschreitungen und Geschwindigkeitsübertretungen vermerkt. Es waren dies durchwegs Organstrafverfügungen, die von mir auch jeweils bezahlt und damit sofort getilgt wurden. Gerichtsstrafen habe ich niemals erhalten.

Die Behörde hat daher offensichtlich rechtswidrig rechtskräftige Verwaltungs- und Gerichts strafen ihrer Entscheidung zugrunde gelegt.

 

Ich stelle daher den

A n t r a g,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge den angefochtenen Bescheid und die darin ausgesprochene Befristung sowie die erteilten Auflagen aufheben und im Zuge des Berufungsverfahrens meine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen feststellen.

 

W, am 29.10.2007                                                     K B"    (e.h. Unterschrift).

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde erster Instanz dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Demnach ist dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Diesem Akt angeschlossen fanden sich die im angefochtenen Bescheid angeführten Gutachten, sowie die Vormerkungen. Ergänzend wurde eine Klarstellung zu den handschriftlichen Anmerkungen im amtsärztlichen Gutachten eingeholt. Den Verfahrensparteien wurde hinsichtlich der intendierten Sacherledigung Parteiengehör gewährt.

 

4. Zur Sache:

Der Berufungswerber wurde als Lenker eines Pkw am 27.4.2007 um 01:12 Uhr im Zuge einer Routinekontrolle der PI Pernau mit einem Alkoholisierungsgrad von 0,87 mg/l betreten. Auch im April 2003 wurde er durch eine hochgradige Alkofahrt auffällig.

Zwischenzeitig nahm der Berufungswerber offenbar völlig unauffällig am Straßenverkehr teil, zumal ansonsten keinerlei Vormerkungen aufscheinen.

Dies vor dem Hintergrund, dass die Psychologin offenbar die Entscheidung zur abermaligen – wenn auch unfallfrei gebliebenen – "Alkofahrt" als Hinweis auf eine erhöhte Rückfallgefahr zu deuten scheint. Unerfindlich ist jedoch, worin die Psychologin den Zeitraum von immerhin vier Jahren als "schnell hintereinander" begangene Alkofahrten zu qualifizieren können glaubt. Wenn schließlich vermeint wird, dass laut Testergebnis (FFT) der Alkoholkonsum beim Berufungswerber gleichsam in sein  Alltagsleben integriert gelte, so träfe dies laut veröffentlichten Statistiken wohl für einen nicht unbedeutenden Prozentsatz der Gesamtpopulation in unserem Kulturkreis zu. Dies wird jedoch letztlich wieder relativiert, wenn die Gutachterin die Bereitschaft des Berufungswerbers selbst zu einer gewissen Alkoholkarenz hervorhebt. Letztlich ergaben doch die Persönlichkeitstests (IVPE, WRBTV) keine Hinweise auf eine verringerte Selbstkontrolle, eine erhöhte Risikobereitschaft, ein geringes Verantwortungsbewusstsein oder eine psychische Instabilität des Berufungswerbers.

Wenn letztlich die noch in Ausbildung befindliche Verkehrspsychologin angesichts dieser Ausgangslage von einer "noch knapp ausreichenden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung zum Untersuchungszeitpunkt" spricht, scheint dies mehr nach einer Wertung des Fehlverhaltens in Richtung von bereits absolvierten Entzugsgründen nach § 7 FSG als einem gutachterlichen Kalkül einer dem gesundheitlichen Bereich (§ 8 FSG) zuzuordnenden Prognose beurteilbar. Letztlich wird dem Berufungswerber im Persönlichkeitsbefund etwa ein offener und insgesamt emotional stabiler Eindruck bescheinigt.

 

4.1. Seitens der Berufungsbehörde kann dieses Kalkül, dem sich offenbar der Amtsarzt mit seinem nur auf handschriftliche und kaum lesbare Stichworte reduzierten "Gutachten" (erhöhte Alkoholrückfallgefahr, Alkohol in seinem Alltagsleben integriert) ohne nähere Ausführungen angeschlossen hat, nur als an sich zeitlich nicht einschränkbare gesundheitliche Eignung interpretiert werden. Nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist aber der auf die beiden hochgradigen Alkofahrten gestützte Hinweis des Amtsarztes, wonach der Berufungswerber "mit dem Trinken nicht umgehen könne".

Wohl beide Gutachter scheinen das Rechtsinstitut der Befristung zu verkennen, welches nicht als Fach- sondern primär auf der rechtlichen Beurteilungsebene zum Tragen kommt.

Dass letztlich ein zukünftiges Verhalten eines Menschen in seiner freien Entscheidung weder abschließend prognostizierbar und er auch in seinen sozialen Handlungen nicht wirklich determinierbar ist, kann eine zweite Alkofahrt nach vier Jahren nicht als Grund für eine nur "bedingte" Eignung herhalten. Die Verkehrspsychologin spricht aus unerfindlichen Gründen von "zwei sehr schnell hintereinander gesetzten Delikten" und zitiert "April 2003, April 2006" (richtig jedoch April 2007).

Die Auflage einer Selbstbeschränkung durch Vorlage von Laborwerten scheint aber angesichts der bereits zweiten hochgradigen Alkofahrt dennoch sachlich geboten. Dem tritt der Berufungswerber auch nicht entgegen. Auch die Behörde erster Instanz verzichtete auf die förmliche Erstattung einer Replik auf die h. Mitteilung über die intendierte Beurteilung der Sach- u. Rechtslage.

Jedenfalls finden sich aus der Aktenlage keine Anhaltspunkte, die auf eine Abhängigkeit iSd § 14 FSG-GV hindeuten würden. Daher gibt es auch keine stichhaltigen Fakten für die Nachbegutachtung durch einen Psychiater nach einem Jahr, sowie die Konsultation einer Alkoholberatungsstelle und die Einhaltung einer totalen Abstinenz.

 

5. Darüber hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich rechtlich erwogen:

 

Gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG hat – unter anderem – bei Personen, deren gesundheitliche Eignung zum Lenken eines Kfz nur unter der Voraussetzung angenommen werden kann, dass sie sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterziehen, das ärztliche Gutachten "bedingt geeignet" zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche und sachliche Beschränkungen der Gültigkeit der Lenkberechtigung anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind (vgl. VwGH 18.1.2000, 99/11/0266; VwGH 24.4.2001, 2000/11/0037; VwGH 13.8.2003, 2002/11/0228, und VwGH 29.9.2005, 2005/11/0120).

An formalen Voraussetzung bedarf es hierfür iSd stRsp des VwGH für die Befristung der Lenkberechtigung, konkreter, auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kfz ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss.

Insbesondere ist der Amtsarzt verpflichtet, in seinem Gutachten darzulegen, ob im Lichte der erstellten fachärztlichen Befunde nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft mit einer die Eignung zum Lenken von Kfz ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung des Gesundheitszustands gerechnet werden muss (VwGH 23.5.2003, 2002/11/0066).

 

5.1. Es kommt eben nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf an, ob der Untersuchte seine Alkoholkonsumgewohnheiten ändern wird oder nicht, sondern ausschließlich darauf, ob konkret zu befürchten ist, dass er auch in Zukunft Alkoholkonsum und das Lenken von Kraftfahrzeugen nicht werde trennen können. Gibt es keine ausreichend konkrete Hinweise auf einen gehäuften Alkoholmissbrauch, so sieht § 14 Abs.5 FSG-GV auch keine Einschränkungen der Lenkberechtigung vor. Dementsprechend sind im gegenständlichen Fall, mit Ausnahme der Brillentragepflicht und die Vorlage von Laborbefunden noch während eines Jahres die erstinstanzlich ausgesprochenen Einschränkungen der Lenkberechtigung aufzuheben (VwGH 18.3.2003, 2002/11/0143, sowie VwGH 24.11.2005, 2004/11/0121).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd Art. 8 Abs.3 Z2 FSG nur dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kfz führenden Verschlechterung des Gesundheitszustands gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kfz in diesem Sinn anzunehmen, bedarf es dieser Rsp zur Folge auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kfz ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (s. Martin Hiesel, Die Befristung der Lenkberechtigung, ZVR 2006/57, mit Hinweis auf VwGH 13.8.2003, 2002/11/0228).

Darin wird auf den im "Jahresbericht" der Volksanwaltschaft u. 28. Tätigkeitsbericht an das Parlament für das Jahr 2004 (S 234) verwiesen, wonach eine "verfassungs‑ und gesetzeskonforme Befristung einer Lenkberechtigung..." nur dann verhängt werden [kann], wenn der Behörde der Nachweis gelingt, dass die für die Vornahme der Befristung rechtlich vorgesehenen Voraussetzungen im konkreten Fall auch tatsächlich vorliegen.

Die Befristung der Lenkberechtigung setzt demnach voraus, dass auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhende konkrete Sachverhaltsfest-stellungen getroffen werden können, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung belegen, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kfz ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss.

Der Befund muss demnach erkennen lassen, wodurch der Verfasser zu diesem Ergebnis gelangt [(VwGH 20.2.2001, 2000/11/0287, mit Hinweis auf Kaltenegger/Koller, Entziehung der Lenkberechtigung und Lenkverbot (2003); so auch Grundtner/Pürstl, Führerscheingesetz, 191 ff].

Im Fall des Berufungswerbers kann dies daher alleine in zwei folgenlos gebliebenen Trunkenheitsfahrten innerhalb von vier Jahren beim Fehlen jeglichen Hinweises auf sonstige gesundheitliche Eignungseinschränkungen nicht erwiesen gelten.

5.2. Mit Blick auf den zumindest als sorglos zu bezeichnenden Umgang mit Alkohol in Verbindung mit dem Lenken von Fahrzeugen erweisen sich jedoch die in Form der

Vorlage von Laborwerten aufgetragenen gesundheits-([risiko]-eignungs-)erhaltenden und die Problemeinsicht schärfenden Auflagen als sachgerecht.

Der Umfang der Vorlagepflicht der Laborparameter lässt sich auf das amtsärztliche Gutachten stützen (vgl. h. Erk v. 20.11.2003, VwSen-520385/2/Sch/Pe, sowie v. 25.11.2003, VwSen-520394/14/Fra/Ka, sowie VwGH 24.11.2005, 2004/11/0121).

Eine auf eine Prognosebeurteilung hinauslaufende Entscheidung hat letztendlich immer die Gesamtpersönlichkeit zu erfassen, wobei das Vertrauen in das Wohlverhalten des Menschen als Teil der Risikoabwägung und am Sachlichkeitsgebot orientiert die Entscheidungsfindung unter Wahrung des Übermaßverbotes als genereller Maßstab gelten sollte (vgl. Gehrmann/Umdeutsch, das Gutachten der MPU und Kraftfahreignung, Verlag C.H. Beck, Rn. 461).

In diesem Zusammenhang bedarf es auch der Feststellung, dass eine völlige Alkoholabstinenz weder im FSG noch in den diesbezüglichen Bestimmungen der FSG-GV als zwingend abzuleiten ist. Alkoholkonsum (ohne Bezug auf das Lenken von Kraftfahrzeugen) schließt die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im gegebenen Zusammenhang nicht grundsätzlich aus. Die Empfehlung einer "totalen Abstinenz" durch den Amtsarzt wäre nur im Fall einer Alkoholabhängigkeit geboten. Von einer Abhängigkeit kann beim Berufungswerber wohl nicht die Rede sein. Da es andererseits beim Berufungswerber bereits zu Alkofahrten unter hochgradigem Alkoholeinfluss gekommen ist, könnte dies jedoch als gesundheitliche Eignungsfrage im erhöhten Umfang schlagend werden, was diese verbleibende Auflage zur gezielten Mäßigung letztlich rechtfertigt. Gilt es damit doch die Fähigkeit zu stärken, "das Trinken vom Fahren ausreichend auf Dauer trennen zu können" (vgl. VwGH 18.1.2002, 99/11/0266 u. VwGH 24.4.2001, 2000/11/0337).

Dem trat der Berufungswerber im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs unter Ankündigung dieser Auflage auch nicht entgegen.

 

5.3. Sollten die Laborwerte tatsächlich auf einen erhöhten Alkoholkonsum und/oder folglich in Richtung Alkoholabhängigkeit hinweisen, so hätte die Führerscheinbehörde die Möglichkeit die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers vor dem Hintergrund einer solchen (neuen) Sachlage zu überprüfen. Eine Befristung der Lenkberechtigung ist dazu aber weder notwendig noch sinnvoll. Die nunmehr vorgeschriebene Einschränkung der Lenkberechtigung ist in den Führerschein einzutragen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungs­gerichts­hof und/oder an den Verfassungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

Gesundheitszustand, Verschlechterung, Befristung

 

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