Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300796/22/Ste/AB

Linz, 26.11.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der J A P, B, S a I, vertreten durch Dr. K W, R, U S, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmanns des Bezirks Schärding vom 23. August 2007, Zl. Pol96-2007, wegen einer Verwal­tungs­übertretung nach dem Oö. Polizeistrafgesetz – nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung – zu Recht erkannt:

 

 

I.          Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Tatvorwurf und die verletzte Rechtsvorschrift im Spruch wie folgt lauten:

„Sie haben es als persönlich haftende Geschäftsführerin und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P KG,  S. F, S, zu verantworten, dass Räume des Nachtlokals ‚B-B-E’,  S. F, B, in der Nacht vom 5. Jänner 2007, 23.00 Uhr, bis 6. Jänner 2007, 01.30 Uhr, für Zwecke der Anbahnung der Prostitution zur Verfügung gestellt wurden, da dort von Frau F G  W die Prostitution gegen Bezahlung von 200 Euro zum Zweck der Erzielung eines Erwerbs angebahnt wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 lit. c Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl. Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 61/2005.“

 

Im Übrigen wird der angefochtene Be­scheid bestätigt.

 

II.    Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster In­stanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unab­hängigen Verwaltungssenat in Höhe von 400 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 23. August 2007, Zl. Pol96-2007, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) gemäß § 10 Abs. 1 lit. b Oö. Polizeistrafgesetz eine Geldstrafe von 2.000 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden verhängt, weil sie es als persönlich haftende Geschäftsführerin der Firma P KG zu verantworten hätte, dass im Nachtlokal „B-B-E“ in der Nacht vom 5. auf 6. Jänner 2007 gegen Mitternacht bis 01.15 Uhr, die Räumlichkeiten zum Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt wurden, da dort von F G  W Geschlechtsverkehr gegen Bezahlung eines Entgelts in der Höhe von 200 Euro angebahnt wurde. Sie habe dadurch § 2 Abs. 3 lit. e iVm. Abs. 2 Oö. Polizeistrafgesetz iVm. der Verordnung des Gemeinderats von S. F  vom 11. Oktober 1993 verletzt.

 

Begründend führt die Behörde erster Instanz dazu im Wesentlichen aus, dass der Sachverhalt auf Grund Anzeige der kontrollierenden Polizisten sowie der Zeugeneinvernahmen erwiesen sei. Darüber hinaus setzt sich die belangte Behörde in der Begründung mit der Rechtfertigung der Bwin aus dem bis dahin geführten Verfahren auseinander. Die Behörde erster Instanz schließt ihre Begründung mit Ausführungen zur Strafbemessung, wobei weder besondere Milderungs- noch Erschwernisgründe zur Anwendung kamen, mit Ausnahme der Tatsache, dass bereits einschlägige Verwaltungsvorstrafen vorliegen würden. Im Übrigen ging die Behörde erster Instanz von einem „enormen Unrechtsgehalt“ der Tat aus.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin zu Handen ihres Rechtsvertreters am 31. August 2007 zugestellt wurde, richtet sich die am 12. September 2007 - und somit rechtzeitig – bei der Behörde erster Instanz persönlich eingebrachte Berufung.

 

Darin wird in erster Linie beantragt, den erstinstanzlichen Bescheid zur Gänze aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung an die Behörde erster Instanz zu verweisen, allenfalls die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen herabzusetzen.

 

Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass die Beweiswürdigung im Straferkenntnis unrichtig wäre, weil von der Behörde erster Instanz eine völlig unglaubwürdige Aussage eines Zeugen her­an­gezogen worden sei. Darüber hinaus hätte die Behörde erster Instanz den Sachverhalt auch unrichtig rechtlich beurteilt, weil es an einem konkreten Tatvorwurfe fehle, und wäre die Strafhöhe unangemessen hoch.

 

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Ober­österreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungs­vorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständig­keit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser – da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch das nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde, die vorgelegten Schriftsätze sowie insbesondere die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2007.

 

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2007 wurde die Bwin im Rahmen des Parteiengehörs vom Oö. Verwaltungssenat davon informiert, dass auf Grund der Berufung und des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2007 beabsichtigt ist, die Berufung mit der Maßgabe als unbe­gründet abzuweisen, dass im Spruch die Tat präzisiert und die verletzte Rechts­vorschrift „§ 9 VStG iVm. § 2 Abs. 3 lit. c Oö. Polizeistrafgesetz“ lautet.

 

In der darauf ergangenen Stellungnahme der Bwin vom 2. November 2007 bringt diese lediglich vor, dass eine Korrektur und Ergänzung des Spruchs aus Gründen der eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich wäre, nimmt im Übrigen jedoch weder zur Tat noch zu deren rechtlichen Beurteilung Stellung.

 

2.2. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) sowie aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Die Bwin ist als persönlich haftende Geschäftsführerin der P KG verantwortlich für den Ablauf der Geschäfte in der „B-B-E“ in B,  S. F.

 

In der Nacht vom 5. auf 6. Jänner 2007 bot sich Frau d W, die sich dort mehrmals im Monat aufhält und tanzt und sich so eine Einkommensquelle verschafft, in den Räumen der „B-B-E“ zur Ausführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs Herrn E an, traf mit ihm eine Entgeltvereinbarung für dessen Vornahme und verabredete sich mit ihm, in den Räumen der „B-B-E“ in ein gesondertes Zimmer zu gehen um sich dort zu einem Geschlechtsverkehr gegen Entgelt von 200 Euro zur Verfügung zu stellen. Dies erfolgte in Anwesenheit mehrerer Personen und war allgemein erkennbar. Herr E trank und zahlte die an der Bar konsumierten Getränke bar. Den mit Frau d W vereinbarten Preis zur Vornahme sexueller Handlungen zahlte er mittels Kreditkarte bei der Bwin, die der Frage der Gegenleistung nicht weiter nachging, insbesondere nicht nachfragte, welche Getränke denn Herr E konsumiert hätte oder warum er nunmehr mit Kreditkarte und nicht bar bezahlte, und auch nicht kontrollierte, ob Herr E tatsächlich etwas konsumiert hatte oder serviert bekommen hat oder zumindest hinterfragte, warum Herr E vorweg gleich für zwei Flaschen Sekt zahlen wollte. Frau d W und Herr E wurden in einem Zimmer im Dachbodengeschoß angetroffen, in dem sich ein großes Bett befand (vgl. Amtliche Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung, Tonbandprotokoll – RI S RZ 07).  Im Übrigen waren weitere Zimmer im 1. Ober­geschoß mit französischen Betten, auf dem Nachtkästchen einer Küchenrolle, jedoch ohne Kleiderschrank eingerichtet (vgl. Tonbandprotokoll – RI S RZ 06; RI R RZ 29). Ein Geschlechtsverkehr zwischen Frau d W und Herrn E fand nicht statt. Ohne die Störung durch die polizeiliche Kontrolle wäre es zu einem Geschlechtsverkehr zwischen Frau d W und Herrn E gekommen.

 

2.3. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Schilderungen der Polizisten und von Herrn E, der sowohl von der Behörde erster Instanz als auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat als Zeuge einvernommen wurde. Seine Schilderung, die auch seinen Angaben bei der Erstbefragung vor Ort durch die Polizei entspricht, ist in sich schlüssig und wird durch den Kreditkarten-Zahlungsbeleg sowie die Zeugenaussagen der einschreitenden Polizeibeamten gestützt.

 

Die gegenteiligen Aussagen der Zeugin d W, die angab, dass sie nur Tänzerin sei und es zu keinerlei Kontakt im umschriebenen Sinn mit Herrn E gekommen wäre, scheint demgegenüber unglaubwürdig und ist wohl auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass gegen Frau d W ein Verwaltungsstrafverfahren wegen unerlaubter Prostitution eingeleitet wurde und diese sich nicht selbst belasten wollte. Es widerspricht auch der Lebenserfahrung, dass in einer Bar Gäste in nicht für den allgemeinen Aufenthalt vorgesehene Zimmer in Obergeschoßen gehen, um dort Sekt zu trinken.

 

Die Behauptungen der Bwin sind ebenso nicht glaubwürdig. Zum einen hatte sie offenbar keinen Überblick über die anwesenden Personen oder wollte die einschreitenden Polizisten über diese täuschen, zum anderen hat sie offenbar in Kauf genommen, dass Frau d W mit Herrn E eine Zahlung für die Vornahme eines Geschlechtsverkehrs vereinbarte. Sie hat jedenfalls Frau d W nicht hinreichend auf eine allfällige Anbahnung hin kontrolliert, obwohl einem solchen Kontrollsystem gerade auch im Fall neuer Gäste besondere Bedeutung zukommt. Es widerspricht auch der Lebenserfahrung, dass für (auch nach Angaben der Bwin) maximal vier Personen vorweg gleich einmal zwei Flaschen Sekt zum Preis von je 100 Euro bezahlt werden.

 

Auch aufgrund des Gesamteindrucks aller bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommenen Personen, scheinen dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats die Geschehensversion des Zeugen E und der Polizisten glaubwürdiger, weil schlüssiger, als jene der Zeugin d W und der Bwin. Insbesondere besteht auch kein Grund, an der Darstellung der als Zeugen einvernommenen und langjährig diensterfahrenen Polizisten zu zweifeln, die vor Ort die genauen Umstände gesehen haben und diese auch zeitnah dokumentierten.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. c Oö. Polizeistrafgesetz – Oö. PolStG, LGBl. Nr. 36/1979, in der im Zeitpunkt der Tat geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 61/2005, begeht eine Verwaltungsübertretung, ua. wer in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe ausgeübt wird, Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung der Prostitution zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet.

 

Nach § 10 Oö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 2 Abs. 3 leg. cit. mit Geldstrafe bis 14.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Oö. PolStG ist im Anwendungsbereich dieses Landesgesetzes unter Prostitution die sexuelle Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken zu verstehen.

Unter „Anbahnung“ der Prostitution ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH – vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Mai 2006, 2005/09/003, mwN.) jedes erkennbare Sichanbieten zur Ausführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs oder die Bereitschaft zur sexuellen Interaktion in der Absicht zu verstehen, sich hierdurch eine Einnahmequelle zu verschaffen. Sie umfasst auch das Herumstehen in der erkennbaren Absicht, „Kunden“ anzulocken, die Kontaktaufnahme oder das Treffen von Preisabsprachen für den Vollzug eines Geschlechtsverkehrs. Die Subsumtion eines konkreten Verhaltens unter den Begriff der „Anbahnung“ setzt voraus, dass das jeweilige Verhalten, nämlich die Bereitschaft zu sexuellen Interaktionen gegen Entgelt oder die Absicht, sich gegen Entgelt fremden Personen hinzugeben, allgemein erkennbar zum Ausdruck bringt; es muss allgemein und nicht nur von einem eingeweihten Personenkreis als Anbieten zum entgeltlichen Geschlechtsverkehr verstanden werden.

 

3.2. Im vorliegenden Fall steht außer Zweifel, dass die fraglichen Räumlichkeiten als Bar in Form eines Gastgewerbes geführt werden. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, sind im Gebäude Zimmer so eingerichtet, wie es typisch für Zwecke der Ausübung der Prostitution ist (keine Kleiderschränke, französisches Bett, Küchenrolle auf Nachtkästchen). Die Bwin stellt als Verfügungsberechtigte diese Räumlichkeiten zur Verfügung.

 

Durch die im Lokal vor mehreren Personen vorgenommene Vereinbarung eines Entgelts für die Vornahme sexueller Handlungen und die Verabredung, zur Durchführung eines Geschlechtsverkehrs in ein gesondertes Zimmer zu gehen, sowie dem tatsächlichen Aufenthalt in einem entsprechend eingerichteten Zimmer (großes Bett) mit Herrn E und den vorhandenen – offensichtlich zu Zwecken der Prostitution eingerichteten – Zimmern (keine Kleiderschränke, französisches Bett, Küchenrolle auf Nachtkästchen), im Zusammenhang mit dem von der Zeugin d W zugestandenen Umstand, dass sie mehrmals im Monat in die Bar komme, um dort zu „tanzen“, ist der Tatbestand der Anbahnung der Prostitution jedenfalls erfüllt, da nicht glaubhaft ist, dass es beim bloßen Tanzen blieb. Dies auch deswegen, weil es ohne die Polizeikontrolle zweifellos zu einem Geschlechtsverkehr gekommen wäre. Fest steht jedenfalls, dass ein entgeltlicher Geschlechtsverkehr vereinbart wurde und dieser damit angebahnt wurde. Ob die Initiative dafür von der Zeugin d W oder vom „Kunden“ ausgegangen ist, spielt dabei keine Rolle (vgl. VwGH vom 27. November 1989, 89/10/0124). Im Übrigen ist auch die Erwerbsabsicht aus den Umständen des konkreten Falls durch die Vereinbarung des Entgelts von 200 Euro klar ersichtlich und ergibt sich insbesondere auch aus der Zeugenaussage des „Kunden“, wonach die Entgeltvereinbarung ohne weiteres von Statten ging sowie der Aussage der Bwin, die das Geld (im Weg einer Kreditkartentransaktion) kassierte.

 

Im Übrigen kann nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenats auch in der Vereinnahmung des Entgelts (in der Form einer Kreditkartenabrechnung) durch die Bwin selbst der Tatbestand der Anbahnung gesehen werden, kennt doch das Oö. PolStG nicht nur eine Anbahnung durch die Prostituierte selbst, sondern auch eine Anbahnung durch andere Personen (vgl. VwGH vom 7. September 1998, 98/10/0018).

 

Wenn die Bwin in der Berufung und auch in ihrer Stellungnahme vom 2. November 2007 rügt, dass die Behörde erster Instanz ihr das Anbahnen nicht zeitgerecht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 VStG vorgeworfen hat, so widerspricht dies der Aktenlage. In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18. Juni 2007 sind alle Elemente genau genannt, insbesondere etwa auch das Kassieren der 200 Euro mittels Kreditkarte. Mit dem Einwand der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung zu einer Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. c Oö. PolStG räumt die Bwin zumindest indirekt wohl auch ein, dass eine solche Übertretung stattgefunden hat.

 

Die Bwin war als Geschäftsführerin zweifellos in der Lage, die Art und Weise zu bestimmen, wie die Bar geführt wurde. So hatte sie auch dafür zu sorgen und ist dafür iSd. § 9 VStG verantwortlich, dass dieses Lokal nicht zur Anbahnung der Prostitution verwendet wurde. Tatsächlich wurde das Lokal aber zu solchen Zwecken verwendet. Dass dies nicht gegen den Willen der Betreiberin geschehen konnte, liegt auf der Hand. Unbeachtlich ist dabei, dass es im konkreten Fall tatsächlich nicht zu einem Geschlechtsverkehr gekommen ist.

 

Die Bwin hat jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass die Räumlichkeiten des fraglichen Lokals zur Anbahnung dienen können, und hat damit das objektive Tatbild der Zur-Verfügung-Stellung von Räumlichkeiten zum Zweck der Anbahnung der Prostitution in einem Gebäude, in dem ein Gastgewerbe ausgeübt wird, erfüllt.

 

Da im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vom 23. August 2007, Pol96-15-2007/Fr durch die Wortfolge „als persönlich haftende Geschäftsführerin der Firma P KG“ eindeutig zum Ausdruck kommt, dass der Bwin die Tat nicht in eigener Verantwortung sondern vielmehr als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich Verantwortlichen vorgeworfen wird, ist es nach Rechtsprechung des VwGH unproblematisch, wenn der Bwin erstmals im Berufungsbescheid zur Last gelegt wird, die Übertretung in ihrer Eigenschaft als Verantwortlicher nach § 9 VStG begangen zu haben. Insbesondere liegt keine Verjährung vor (vgl. VwSlg. 12.375A/1987 [verst Sen]; VwGH vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0077; vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/04/0022; vom 9. November 1988, Zl. 88/03/0052; vom 16. Dezember 1997, Zl. 96/09/0328; vom 15. September 1998, Zl. 95/09/0247; mwN aus der Rechtsprechung eingehend Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1285 f zu § 9 VStG.)

 

Im Ergebnis kann der Unabhängige Verwaltungssenat der belangten Behörde daher nicht entgegentreten, wenn sie grundsätzlich von der verwaltungsbehördlichen Straf­barkeit der Bwin auf der Basis des Oö. PolStG ausging.

 

3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Straf­barkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungs­übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Täterin nicht glaubhaft macht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des VwGH hat die Bwin initiativ alles darzu­legen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht (vgl. für viele VwGH vom 29. September 2000, Zl. 99/02/0132; vom 1. Oktober 1997, Zl. 96/09/0007; vom 24. Februar 1993, Zl. 92/03/0011).

 

Die Bwin musste als Betriebs­inhaberin einerseits über die Anforderungen und den Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen auch im Detail informiert sein und wirksame Maßnahmen ergreifen, insbesondere auch deshalb, weil es im Lokal bereits zu mehreren Vorfällen gekommen ist und jedenfalls eine einschlägige rechtskräftige Bestrafung der Bw auch beim Oö. Verwaltungssenat aktenkundig ist (vgl. VwSen-300695/26 vom 16. Oktober 2006). Sie hat auch nicht darlegen können, warum ihr die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften nicht möglich gewesen sein sollte. Sie hat offenbar zumindest in Kauf genommen, dass in ihrem Lokal Prostitution jedenfalls angebahnt wird.

 

Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis die Ansicht der Behörde erster Instanz.

 

Die Strafbarkeit der Bwin ist daher gegeben.

 

3.4. Die verhängte Strafe ist tat- und schuldangemessen. Bei der Fest­setzung dieses Strafbetrages blieb die Erstbehörde mit knapp über 14 % der möglichen Höchststrafe im unteren Bereich des Strafrahmens, da nach § 10 Abs. 1 lit. b Oö. PolStG für derartige Verwaltungsüber­tretungen Geld­strafen bis 14.500 Euro ver­hängt werden können. Gerade auch vor dem Hintergrund der (auch durch die Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde S. F vom 11. Oktober 1993 betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution dokumentierten) für das Gebäude bestehenden besonderen und auch allgemein anerkannten Notwendigkeit, die Prostitution strengen Regelungen zu unterwerfen und zu kontrollieren, war im vorliegenden Fall das Verhalten und die Einstellung der Bwin durch offenbare Sorglosigkeit gekennzeichnet und wäre wohl auch eine höhere Strafe vertretbar gewesen.

 

Abgesehen davon sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ohnedies nur ausnahmsweise, nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage iSd. § 34 Abs. 1 Z 10 StGB zu berücksichtigen. Eine solche „drückende Notlage“ wurde von der Bwin auch selbst nicht behauptet. Im Übrigen haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse im Zusammenhang mit der Wertung der Milderungs- und Erschwerungsgründe außer Betracht zu bleiben (VwGH vom 3. November 2005, 2005/15/0106, vom 15. April 2005, 2005/02/0086 und vom 20. September 2000 2000/03/0074).

 

Der von der Bwin in der Berufung ins Treffen geführte Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z. 13 StGB war nicht heranzuziehen, da es eben gerade nicht bei einem bloßen Versuch geblieben ist, sondern – wie oben festgestellt – tatsächlich sogar mehrere Anbahnungshandlungen stattgefunden haben. Die Bwin verkennt, dass zur Anbahnung die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs nicht notwendige Voraussetzung ist.

 

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher insgesamt die Auffassung, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

 

3.5. Die Korrektur des Spruchs stellt sicher, dass dieser in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 44a VStG entspricht. Entgegen dem Vorbringen der Bwin in der Berufung und ihrer Stellungnahme vom 2. November 2007 liegt keine Verfolgungsverjährung vor, wurde ihr doch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18. Juni 2007 die Tat hinreichend konkret vorgeworfen und war damit auch eine ausreichende Grundlage dafür geschaffen, dass sich die Bwin entsprechend verantworten konnte. Im Übrigen ist für die Verfolgung des Beschuldigten der Vorhalt des Tuns oder Unterlassens innerhalb der Verjährungsfrist, nicht aber der Vorhalt der rechtlichen Qualifikation der Tat maßgebend, dh. dass durch eine andere rechtliche Qualifikation der Tat im Berufungsbescheid als bei der Verfolgungshandlung, die Tat deshalb nicht verjährt ist (vgl. VwGH vom 12. Dezember 1975, 399/75).

 

Bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verfolgungshandlung iSd. § 32 Abs. 2 VStG kann es deren Wesen nicht beeinträchtigen, wenn die rechtliche Qualifikation der Verwaltungsübertretung noch nicht außer jeden Zweifel steht, da in vielen Fällen diese Qualifikation erst das Ergebnis der Verfolgungshandlung und des weiteren Verfahrens sein kann. Vielmehr genügt es nach der Rechtsprechung des VwGH, wenn das Verhalten, dessen die als Beschuldigte in Betracht kommende Person verdächtig ist, aller Wahrscheinlichkeit nach oder auch nur möglicherweise den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung bildet (vgl. VwGH 6. April 1979, 1409/78, VwSlg. 9.816 A/1979). Auch jüngst hat der VwGH bekräftigt, „dass eine taugliche Verfolgungshandlung vorliegt, wenn die genannten Sachverhaltselemente keinen Zweifel darüber lassen, weswegen der Beschuldigte verfolgt wird, auch wenn die verletzte Verwaltungsvorschrift in der Verfolgungshandlung nicht angeführt wird“ (VwGH vom 23. Oktober 2007, Zl. 2006/06/0125 mwN aus der jüngeren Rechtsprechung). Da der Bwin im angefochtenen Straferkenntnis vom 23. August 2007, Pol96-15-2007/Fr vorgeworfen wurde, dass sie in ihrer Eigenschaft als persönlich haftende Geschäftsführerin der Firma P KG zu verantworten habe, dass die Räumlichkeiten des betreffenden Nachtlokals zum Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt wurden, da dort von Frau d W Geschlechtsverkehr gegen Bezahlung eines Entgelts in der Höhe von 200 Euro angebahnt wurde, sowie bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18. Juni 2007 der Bwin der Verstoß gegen das Oö. Polizeistrafgesetz (noch konkreter) unter Angabe von Zeit, Ort und zahlendem Freier zur Last gelegt worden ist, wurden der Bwin die maßgeblichen Sachverhaltselemente für den in Frage stehenden verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf ausreichend zur Kenntnis gebracht. Eine taugliche Verfolgungshandlung lag somit jedenfalls vor.

 

Der Bwin war auch aus zumindest einer rechtskräftigen Bestrafung (vgl. die bereits zitierte Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats VwSen-300695/26 vom 16. Oktober 2006) die Rechtsansicht des Oö. Verwaltungssenats bekannt. Im Übrigen hatte die Bwin auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung die Möglichkeit, sich persönlich und durch ihren Rechtsvertreter hinreichend zu verteidigen. Die Korrektur der im Spruch angegebenen verletzten Rechtsvorschrift war möglich und notwendig, weil die bewiesene Tathandlung nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats dieser nunmehr gewählten Verwaltungsvorschrift (exakter) entspricht. Bei der Zitierung der Strafsanktionsnorm handelt es sich nämlich nicht um ein innerhalb der Verjährungsfrist zu verfolgendes Sachverhaltselement (VwGH vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0162; vom 25. November 1997, Zl. 97/02/0399; vom 23. April 1998, Zl. 96/07/0227; mN aus der Rechtsprechung Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1446 f zu § 31 VStG).

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bwin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 400 Euro, vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Wolfgang Steiner

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 15.10.2009, Zl.: 2008/09/0011-8

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