Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110794/2/Kl/Rd/Pe

Linz, 03.12.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des R A, vertreten durch Rechtsanwälte L, H, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26.3.2007, VerkGe96-38-2006-GRM, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Güterbeförderungsgesetz  zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26.3.2007, VerkGe96-38-2006-GRM, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG iVm Art.6 Abs.4 der VO 881/92 idgF verhängt, weil er als Inhaber des Einzelunternehmens A R mit Sitz in, in Ausübung des Gewerbes "allgem. Gütertransporte (In- und Ausland)" nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes eingehalten wurden.

Anlässlich einer Verkehrskontrolle durch Beamte der Landesverkehrsabteilung auf der Autobahn A25 Fahrtrichtung Wels, Straßenkilometer 9.800, Gemeinde Marchtrenk, Bezirk Wels-Land, Oberösterreich, am 28.2.2006 um 13.55 Uhr wurde festgestellt, dass Hr. Y Ö, wh, welcher als Staatsbürger Staatsangehöriger eines Drittstaates ist, als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, Sattelzugfahrzeug Marke MAN, amtl. Kennzeichen (D), Anhänger 04, Marke Koegel, KZ: (D), Zulassungsbesitzer: A R, geb. am, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern durchführte, wobei festgestellt wurde, dass der Lenker keine Fahrerbescheinigung nach dem Muster der Verordnung EG 484/2002 mitführte. Lenkt ein Fahrer aus einem Drittstaat das Fahrzeug, so hat dieser eine Fahrerbescheinigung mitzuführen. Das KFZ war auf der Fahrt von Gebze/Türkei nach Zweibrücken/Deutschland und hatte Folgendes geladen: Baggerketten. Er hat dem Lenker keine entsprechende Fahrerbescheinigung im Sinne der Verordnung 484/2002 ausgefolgt. Der Lenker wies lediglich eine mit 8.2.2006 abgelaufene Fahrerbescheinigung vor.  

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und beantragt, das Verfahren einzustellen in eventu die Geldstrafe zu reduzieren. Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass sich der angetroffene Fahrer am 28.2.2006 auf seiner ersten Tour von der Türkei nach Deutschland befunden habe. Er sei im Besitz einer EU-Fahrerbescheinigung gewesen. Der Bw habe als Inhaber der Firma R A bereits die Vorbereitungen für die Beantragung der Fahrerbescheinigung für Herrn Ö getroffen. Für die Beantragung der Fahrerbescheinigung vor der Verkehrsbehörde sei allerdings die Vorlage des Originalreisepasses erforderlich, den Herr Ö bei sich getragen habe. Unmittelbar nach Ankunft am Sitz des Bw sei dann unter Vorlage des Reisepasses die Fahrerbescheinigung beantragt und am 1.3.2006 erteilt worden.

Vor diesem Hintergrund erscheine der objektiv vorliegende Verstoß nicht so gravierend. Es werde daher eine Einstellung des Verfahrens, jedenfalls aber eine Herabsetzung der Geldstrafe um mindestens 50 % für angemessen erachtet. Der Berufung wurden ua der Antrag auf Ausstellung der Fahrerbescheinigung sowie die erteilte Fahrerbescheinigung jeweils in Kopie angeschlossen.     

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß  § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1522 ff).

 

4.2. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1.         Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2.         Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen             Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3.         Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für          den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4.         aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des       Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs.4 ergangen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die  Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

 

Gemäß § 9 Abs.2 GütbefG hat der Lenker die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichtsorganen (§ 21) auf Verlangen auszuhändigen.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG begeht abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungs­übertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Berechtigung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält.

 

Strafbar nach Abs.1 Z3, Z6, Z8 oder Z11 ist ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgte.

 

Gemäß § 23 Abs.4 zweiter Satz leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z8 bis Z11 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 der GewO 1994 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ABl L95 vom 9.4.1992, S.1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 1.3.2002, ABl. L76 vom 19.3.2002, S.1., ... anzuwenden.

 

4.3. Von der belangten Behörde wurde dem Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt, dass er als Inhaber des Einzelunternehmens A R nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Bestimmungen des GütbefG eingehalten wurden, da der Lenker Y Ö keine Fahrerbescheinigung mitführte. Der Bw hat dem Lenker keine entsprechende Fahrerbescheinigung im Sinne der Verordnung 484/2002 ausgefolgt. Der Lenker wies anlässlich der Kontrolle am 28.2.2006 lediglich eine mit 8.2.2006 abgelaufene Fahrerbescheinigung vor.

 

4.4. Als erwiesen steht jedoch fest, dass der Bw zum Tatzeitpunkt über keine Fahrerbescheinigung für den Lenker Y Ö verfügt hat. Anlässlich der Amtshandlung am 28.2.2006 durch Kontrollbeamte der Landesverkehrsabteilung wurde festgestellt, dass der Fahrer lediglich eine abgelaufene Fahrerbescheinigung (8.2.2006) mitgeführt hat. Wie der Bw selbst in der Berufung aufzeigt - unter Vorlage des entsprechendes Antrages auf Ausstellung der Fahrerbescheinigung und der in der Folge erteilten Fahrerbescheinigung – wurde erst mit 1.3.2006 der Antrag auf Ausstellung einer Fahrerbescheinigung bei der zuständigen Behörde gestellt und wurde ihm diese mit 1.3.2006, sohin nach Tatbegehung, erteilt. Ein diesbezüglicher Tatvorwurf, nämlich dass eine grenzüberschreitende gewerbliche Güterbeförderung ohne die in § 7 Abs.1 GütbefG genannten Berechtigungen durchgeführt wurde, wurde dem Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zur Last gelegt und findet sich im vorgelegten Verwaltungsstrafakt auch keine taugliche Verfolgungshandlung, die den Oö. Verwaltungssenat zu einer diesbezüglichen Spruchänderung berechtigen würde.

 

Weiters trifft die Verpflichtung des "Mitführens" und des "Aushändigens" der in § 7 Abs.1 GütbefG angeführten Unterlagen den Fahrer und nicht den Unternehmer. Vielmehr hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die in § 7 Abs.1 GütbefG genannten Berechtigungen mitgeführt werden. Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer im Besitz einer dieser Berechtigungen ist. Dass der Bw über eine gültige Fahrerbescheinigung für den Lenker Y Ö zum Tatzeitpunkt verfügt hat, wurde von ihm nicht einmal behauptet und geht im Übrigen das Vorhandensein einer solchen auch aus dem vorgelegten Akt nicht hervor.

 

Sohin deckt der Tatvorwurf laut Straferkenntnis den tatsächlichen Geschehnisablauf nicht ab und korrespondiert daher das angelastete Verhalten nicht mit der als verletzte Verwaltungsvorschrift angeführten Bestimmung des Güterbeförderungs­gesetzes.     

 

4.5.  Dazu kommt noch:

Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis dem Bw § 23 Abs.1 Z9 GütbefG (... wer als Unternehmer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist;) als verletzte Verwaltungsvorschrift zur Last gelegt.

Mit Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 23/2006 zum Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl.Nr. 593/1995, in Kraft getreten am 17.2.2006, also zum Tatzeitpunkt schon in Geltung, wird im Abschnitt VIII "Schluß- und Übergangsbestimmungen" in § 25 Abs.2 GütbefG "Soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, ist die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ABl. L95 vom 9.4.1992, S.1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 ... anzuwenden", verwiesen. Dies hat zur Folge, dass bei Durchführung eines grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterverkehrs mittels Gemein­schafts­lizenz ohne im Besitz einer Fahrerbescheinigung zu sein, dieser Tatbestand unter § 23 Abs.1 Z3 GütbefG zu subsumieren ist und nicht, wie die belangte Behörde fälschlich angenommen, unter die Z9. Zudem kommt noch, dass keine Ausnahmeregelung in § 23 Abs.3 GütbefG weder in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2002 noch in der Fassung BGBl. I Nr. 23/2006 für eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG vorliegt, sodass auch kein strafbares Verhalten im Inland gegeben wäre.

 

Es war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Tatumschreibung, keine Fahrerbescheinigung

 

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