Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162623/7/Br/Ps

Linz, 26.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des H K, geb., S, N, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E H und Dr. R L, L, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28. September 2007, Zl. VerkR96-34619-2005/Bru/Pos, nach der am 26. November 2007 im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.     Der Berufung wird im Punkt 1) mit der Maßgabe Folge gegeben, dass in Bestätigung des Schuldspruches und der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe auf 23 Stunden ermäßigt wird. Im Punkt 2) wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.    Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf
5,00 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber zwei Geldstrafen von je 50 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit je 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe ausgesprochen und ihm Folgendes zur Last gelegt:

"1) Sie haben auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen „ÜBERHOLEN VERBOTEN" gekennzeichnet ist, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt.

Tatort: Gemeinde Bad Leonfelden, Leonfeldener Bundesstraße, B 126, km. 25.950 Tatzeit: 09.11.2005,16.35 Uhr

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften) verletzt: §16 Abs. 21it. aStVO

2) Sie haben die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren.

Tatort: Gemeinde Bad Leonfelden, Leonfeldener Bundesstraße, B 126, km. 25.950 Tatzeit: 09.11.2005,16.35 Uhr

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 9 Abs. 1 StVO."

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion Hellmonsödt vom 11.11.2005 wurden Ihnen mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 24.11.2005 die umseits genannten Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt.

 

Gegen diese Strafverfügung haben Sie durch Ihren rechtsfreundlichen Vertreter Einspruch erhoben und die Einleitung des ordentlichen Verfahrens beantragt.

 

Aufgrund Ihres Wohnsitzes wurde das Strafverfahren an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abgetreten.

 

Seitens der hs. Behörde wurden Sie mit Schreiben vom 27.12.2005 aufgefordert, sich für die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu rechtfertigen.

 

Mit Schriftsatz vom 16.01.2006 brachte Ihr rechtsfreundlicher Vertreter folgende Stellungnahme ein:

 

„Der Beschuldigte bestreitet am 9.11.2005 um 16.35 Uhr auf der B 126 bei Straßenkilometer 25,950 als Lenker des Pkw Kennzeichen die in der Strafverfügung angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen zu haben.

Es ist zwar richtig, dass der Beschuldigte mit seinem Pkw zur angeführten Zeit auf der B 126 in Fahrtrichtung Linz gefahren ist.

Soweit erinnerlich hat der Beschuldigte auch - der genaue Straßenkilometer kann allerdings nicht angegeben werden - einen Traktor überholt, wobei allerdings dieser Traktor nach rechts abgebogen ist, und daher im eigentlichen Sinne kein „Überholen" gem. § 2 Abs 1 Z 29 StVO vorgelegen   hat,   da   dieser   Traktor   nicht   die   gleiche   Fahrtrichtung   wie   das   vom Beschuldigtengelenkte Fahrzeug aufgewiesen hat, da eben zum Zeitpunkt des Vorbeibewegens des Beschuldigtenfahrzeuges an diesem Traktor dieser bereits die Richtungsänderung zum Abbiegen eingeleitet hatte.

Abgesehen davon war es bedingt durch die vorhandene Fahrbahnbreite der B 126 im fraglichen Bereich keinesfalls erforderlich, eine dort allenfalls angebrachte Sperrlinie zu überfahren, wie dies nunmehr angelastet wird Es geht auch aus der Anzeige der Polizeiinspektion Hellmonsödt nicht hervor, ob es sich bei den angezeigten  Übertretungen um  eine  dienstliche  Wahrnehmung  eines  Polizeibeamten  der Polizeiinspektion Hellmonsödt gehandelt hat oder eventuell eine Privatanzeige vorliegt. Dem Beschuldigten wäre nämlich nicht aufgefallen, dass im näheren örtlichen Zusammenhang mit dem von ihm getätigten Fahrmanöver irgendwo ein Polizeistreifenfahrzeug sich befunden hätte. Wäre beispielsweise eine Polizeistreife hinter dem Beschuldigtenfahrzeug nachgefahren so kann wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Polizeistreife den Beschuldigten vor Ort angehalten hätte, wenn dieser eine Verwaltungsübertretung begangen hatte, was aber nicht der Fall war.

 

Es werden daher aus diesem Grunde die angelasteten Delikte bestritten und beantragt, den anzeigenden Beamten H L, pA Polizeiinspektion Hellmonsödt zeugenschaftlich dahingehend einzuvernehmen, ob er selbst die angeblichen Übertretungen wahrgenommen hat, wie er diese und von welcher Position aus er diese wahrgenommen hat, und weshalb gegebenenfalls eine Anhaltung des vom Beschuldigten gelenkten Fahrzeuges unterblieben ist: Nach Einlangen der Zeugenaussage behält sich der Beschuldigte eine weitergehende Einlassung vor."

Aufgrund Ihres Einspruchs wurde der Meldungsleger, Abt.Insp. L, im Wege eines Rechtshilfeersuchens von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als Zeuge vorgeladen.

Anlässlich seiner Einvernahme am 09.02.2006 gab Abt.Insp. L unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht Folgendes an:

 

„Ich lenkte den Dienstwagen vom Ortsgebiet Bad Leonfelden zur B 126. Ich musste bei der Kreuzung mit der B 126 (Halt) wegen des Querverkehrs anhalten. Aus meiner Halteposition hatte ich wie auf den beigelegten Fotos ersichtlich einwandfreie Sicht auf die B 126 insbesondere auf den Bereich des beschilderten Überholverbotes und auch auf die Sperrlinie. Ich konnte daher deutlich sehen, dass der Beschuldigte im beschilderten Überholverbot eine Zugmaschine überholte und dabei die deutlich sichtbare Sperrlinie überfuhr, Auf Grund des Verkehrsaufkommens konnte ich dem Beschuldigten nicht gleich nachfahren und war mir daher eine Anhaltung nicht möglich. Meine Angaben entsprechen den Tatsachen."

Mit Schreiben vom 10.03.2006 wurde Ihnen diese Zeugenaussage zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme dazu abzugeben.

 

Ihr rechtsfreundlicher Vertreter brachte mit Schriftsatz vom 05.04.2006 folgende Stellungnahme ein:

 

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die vom Zeugen Inspektor L im Zuge seiner Zeugenaussage vorgelegten Fotos nicht den angeblichen „Tatort" zeigen, und ergibt sich dies auch aus der Zeugenaussage des Inspektor L direkt.

Der Anzeige kann entnommen werden, dass die angelasteten Delikte begangen worden sein sollen auf der B126 Straßenkilometer 25,950 Fahrtrichtung Zwettl. Dieser „Tatort" ist deutlich außerhalb des Ortsgebietes von Bad Leonfelden gelegen.

Nun behauptet aber der Zeuge Inspektor L anlässlich seiner Zeugenaussage vom 9.2.2006, dass er den Dienstwagen vom „Ortsgebiet Bad Leonfelden zur B 126" gelenkt habe, dort wegen Querverkehrs anhalten musste, und aus dieser Halteposition die angelasteten Delikte wahrge­nommen hätte.

Wenn es aber den Tatsachen entspricht, dass der Zeuge vom Ortsgebiet Bad Leonfelden zu einer Kreuzung mit der B 126 gefahren ist, dann musste dies zwangsläufig eine ganz andere Kreuzung gewesen sein, als diejenige, wie sie auf der Fotobeilage ersichtlich ist, da diese Kreuzung deutlich außerhalb des Ortsgebietes Bad Leonfelden liegt.

Beweis: ergänzende Einvernahme des Zeugen Inspektor L vom PI Hellmonsödt, wobei dem Zeugen insbesonders der Widerspruch zwischen „Tatort" laut Anzeige und seiner eigenen Zeugenaussage vorgehalten werden möge.

Desweiteren hat der Beschuldigte schon im Rahmen seiner Stellungnahme vom 16.1.2006 darauf hingewiesen, dass er sich erinnern kann, einen Traktor im fraglichen Bereich überholt zu haben, wobei jedoch der Traktor nicht die gleiche Fahrtrichtung eingehalten hat, sondern nach rechts abgebogen ist, sodass kein „Überholen" im Sinne des § 2 Abs. 2 Ziff. 29 StVO vorgelegen hat, da zum Zeitpunkt des Vorbeibewegens des Beschuldigtenfahrzeuges an diesem Traktor dieser bereits   die   Richtungsänderung   zum   Abbiegen   eingeleitet   hatte.   Wegen   dieser   bereits eingeleiteten Richtungsänderung befand sich daher der Traktor nur mehr zum Teil auf der B 126, weshalb es auch fahrtechnisch gar nicht erforderlich war, die dort angebrachte Sperrlinie zu überfahren.

Zu diesem Einwand des Beschuldigten dahingehend, dass der im Raum stehende „Traktor" rechts abgebogen ist, wurde jedoch der Zeuge Inspektor L von der Rechtshilfebehörde, nämlich der BH Urfahr-Umgebung nicht einvernommen. Dieses Vorbringen betrifft allerdings ein wesentliches Element der Verantwortung des Beschuldigten, weshalb beantragt wird, den Zeugen   Inspektor   L   auch   zu   diesem   Einwand   des    Beschuldigten   ergänzend zeugenschaftlich einzuvernehmen.

Derzeit sind die Beweisergebnisse so, dass daher keine abschließende Stellungnahme in der Sache selbst abgegeben werden kann, weil wesentliche Sachverhaltsfragen offen geblieben sind.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Behauptung des Anzeigers dahingehend, er habe „aufgrund des Verkehrsaufkommens" dem Beschuldigten nicht gleich nachfahren können und daher keine Anhaltung möglich gewesen sei, geradezu absurd ist:

Der 9.11.2005 war ein Mittwoch. Es wird doch wohl niemand ernsthaft annehmen, dass an einem Wochentag um 16.35 Uhr von Bad Leonfelden Fahrtrichtung Linz so ein starkes Verkehrsaufkommen vorhanden ist,  dass  ein unverzügliches  „Nachfahren" nicht möglich gewesen wäre.

Aus  den oben  genannten Gründen wird daher gestellt der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens."

 

Aufgrund  Ihrer  Angaben wurde  der  Zeuge  Abt.Insp.  L  am   10.07.2006  neuerlich einvernommen, der unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht Folgendes zu Protokoll gab:

 

"Ich verweise auf meine Aussagen in der Niederschrift vom 9. Februar 2006 und halte diese vollinhaltlich aufrecht. Der Tatort ist nicht im Ortsgebiet, wurde dies von mir auch nicht gesagt.

Ich bin, wie in der letzten Niederschrift schon bereits angegeben vom Ortsgebiet gekommen und zur Kreuzung zur B126 gefahren. Dort befindet sich das Vorschriftszeichen "HALT" und musste ich deswegen und auf Grund des Querverkehrs anhalten. Dabei konnte ich die gegenständliche Übertretung wahrnehmen.

Ich lenkte den Dienstkraftwagen und war alleine im Fahrzeug.

Der Beschuldigte überholte den vor ihm fahrenden Traktor und überfuhr dabei die Sperrlinie und auch den für entgegenkommende Fahrzeuge vorhandenen Linksabbiegestreifen. Auch befindet sich in diesem Bereich eine Kuppe. Das Zugfahrzeug fuhr geradeaus weiter.

Die Fahrbahn weist dort keine so große Breite auf, um ein Zugfahrzeug überholen zu können ohne  die   Sperrlinie  zu überfahren.  Ein unverzügliches  Nachfahren  war  auf Grund  des Querverkehrs nicht möglich. Der Traktor war schon rechts von mir und der Beschuldigte überholte diesen gerade im Kreuzungsbereich. Ich konnte dann gleich nach dem Traktor in die B 126 einfahren, musste jedoch ein Stück hinter diesem nachfahren da ein Überholen nicht möglich war. Nachdem ich diesen überholen konnte, schloss ich zum Beschuldigten auf Ich hatte einwandfreie Sicht und konnte die Übertretung zweifelsfrei wahrnehmen. Meine Angaben entsprechen den Tatsachen."

Mit Schreiben vom 21.08.2006 wurde Ihnen diese Zeugenaussage zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme dazu abzugeben.

 

Am 08.09.2006 brachte Ihr rechtsfreundlicher Vertreter folgende Stellungnahme ein:

 

„Die Verantwortung des Beschuldigten, wie sie schon in der Stellungnahme vom 5,4.2006 in das Verfahren eingebracht wurde, bleibt ungeachtet der Zeugenaussage des Inspektor L vollinhaltlich aufrecht.

Der Zeuge führt im Wesentlichen an, dass er mit dem Dienstkraftwagen im Querverkehr zur B 126 befindlich, die gegenständliche Übertretung wahrnehmen konnte.

Wesentlich ist, dass vom Zeugen behauptet wird, dass der Beschuldigte den besagten Traktor gerade im Kreuzungsbereich überholt habe.

Der Zeuge sei weiters nach dem Traktor in die B 126 eingefahren, habe den Traktor überholt und zum Fahrzeug des Beschuldigten aufgeschlossen.

Vorweg stellt sich in diesem Zusammenhang schon die Frage, aus welchem Grunde der Zeuge Abteilungsinspektor L, welcher nicht etwa mit einem Privatfahrzeug sondern mit einem Dienstfahrzeug unterwegs war (siehe Zeugenaussage!) dann in weiterer Folge - wenn er schon zum Fahrzeug des Beschuldigten aufgeschlossen hat - das Fahrzeug des Beschuldigten nicht angehalten hat, um dem Beschuldigten die Übertretung vorzuhalten.

Dies stellt für einen Polizeibeamten eine etwas merkwürdige Vorgangsweise dar.

Davon abgesehen wurde die gegenständliche Kreuzung in Hinblick auf die Zeugenaussage des Herrn Inspektor L vom Beschuldigten bzw dessen Rechtsvertreter am 5.9.2006 im Wege eines Lokalaugenscheines besichtigt und hat sich dabei folgendes ergeben:

In Fahrtrichtung Linz gesehen ist zwar vor der Kreuzung in Fahrbahnmitte eine Sperrfläche angebracht, welche aber am Beginn des Kreuzungstrichters endet.

Im unmittelbaren Kreuzungsbereich - dort soll das Überholmanöver nach Behauptung des anzeigenden Polizeibeamten durchgeführt worden sein - sind keine Bodenmarkierungen angebracht,  insbesonders  keine   Sperrlinie.   Erst  nach  der  Kreuzung     -  der  eigentliche Kreuzungsbereich weist eine Trichterbreite von 25 bis 30 m auf- ist dann wieder eine Sperrlinie angebracht, an welche sich (in Fahrtrichtung Leonfelden gesehen) ein Linksabbiegestreifen anschließt. Unstrittig ist, dass der Beschuldigte einen Traktor überholt hat, wobei am Traktor kein Anhänger angehängt war und der Traktor sehr langsam gefahren ist (etwa 15 bis 20 km/h).

Divergenzen sind lediglich dahingehend vorhanden, ob der Traktor nach rechts abgebogen ist (in Richtung Ortsgebiet Bad Leonfelden) - wie dies vom Beschuldigten behauptet wird - oder die Kreuzung geradlinig in Fahrtrichtung Linz überquert hat (Darstellung des Anzeigers).

Diesbezüglich wird darauf verwiesen, dass der Traktor selbstverständlich nach rechts in Fahrtrichtung Bad Leonfelden abgebogen ist. Selbst dann, wenn aber der Traktor geradeaus weitergefahren sein sollte (Darstellung des Anzeigers) und das Überholmanöver (ebenfalls Darstellung  des  Anzeigers)  gerade  im Kreuzungsbereich  stattgefunden hat,  ist  es  völlig auszuschließen, dass in diesem Bereich der Beschuldigte eine Sperrlinie überfahren hat, da im Kreuzungsbereich eben keine Sperrlinie angebracht ist, sondern diese erst nach der Kreuzung wiederum beginnt.

Im   Hinblick   auf  die   gefahrene   Differenzgeschwindigkeit   zwischen   dem   Fahrzeug   des Beschuldigten ist es selbst unter Zugrundelegung der Darstellung des Anzeigers möglich, im Kreuzungsbereich ein Überholmanöver durchzuführen und auch zu beenden, ohne gleichzeitig die nach der Kreuzung angebrachte Sperrlinie (in Fahrtrichtung Linz) überfahren zu müssen.

Beweis: Beischaffung einer maßstabsgetreuen Skizze betreffend die Kreuzung auf der Leonfeldner Bundesstraße 126 bei Str.Km 25,950 samt der dort aufgebrachten Bodenmarkierungen; Einholung eines Gutachtens eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen; ergänzende Einvernahme des Zeugen Abteilungsinspektors H L pA Polizeiinspektion Hellmonsödt.

Was den Vorhalt anbelangt, dass der Beschuldigte trotz „Überholen verboten" ein Überhol­manöver durchgeführt hat, so wird auf die bisherige Verantwortung dahingehend verwiesen, dass es sich keinesfalls um ein „Überholen" im Sinne des § 2 Abs 1 Z 29 Stvo gelegen hat, da der Traktor zum Zeitpunkt des Vorbeibewegens des Beschuldigtenfahrzeuges bereits die Richtungs­änderung zum Abbiegen nach rechts Richtung Ortsmitte Leonfelden eingeleitet hat. Es wird daher gestellt der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens."

 

Die Behörde hat hiezu Folgendes erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 2 lit. a StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen.

 

§ 9 Abs. 1 StVO zufolge dürfen Sperrlinien (§55 Abs. 2) nicht überfahren, Sperrflächen (§55 Abs. 4) nicht befahren werden.

 

Wenn Sie in Ihrem Einspruch die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen bestreiten und angeben, es habe sich nicht um ein Überholen gehandelt, da der Traktor nach rechts abgebogen sei und Sie die Sperrlinie beim Vorbeifahren an dem abbiegenden Fahrzeug nicht überfahren hätten, wird Ihnen die Zeugenaussage des Meldungslegers entgegengehalten, wonach der Traktor geradeaus weitergefahren ist und Sie beim Überholen die Sperrlinie überfahren haben. Wie aus den im Akt einliegenden Fotos ersichtlich ist, befindet sich im Kreuzungsbereich - wie vom Meldungsleger angeführt - eindeutig eine Sperrlinie.

 

Die Behörde sah keinerlei Veranlassung, an den glaubwürdigen und unbedenklichen Aussagen der fachlich geschulten und unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen zu zweifeln, zumal dieser wohl kaum das Risiko einer falschen Aussage, auf deren strafrechtliche Folgen die Zeugen anlässlich ihrer Einvernahme hingewiesen wurden, auf sich nehmen würden, während Sie als Beschuldigter einer solchen Wahrheitspflicht nicht unterliegen und sich in jede Richtung verantworten können.

 

In diesem Zusammenhang wird auch auf das VwGH-Erkenntnis vom 28.09.1988, ZI. 88/02/0007 verwiesen, wonach es den zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs bestellten und geschulten Organen der Sicherheitswache zugebilligt werden muss, dass sie in der Lage sind, Verkehrssituationen richtig zu erkennen und wiederzugeben.

 

Es erscheint daher für die Behörde zweifelsfrei als erwiesen, dass Sie die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Hinsichtlich Ihrer für die Strafbemessung zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde mangels Bekanntgabe von folgender Schätzung ausgegangen: Einkommen: mtl. 1.400 Euro netto, kein Vermögen, keine Sorgepflichten.

 

Strafmildernd wurden Ihre bisherige Unbescholtenheit im hs. Verwaltungsbezirk sowie die lange Verfahrensdauer gewertet, straferschwerende Umstände waren nicht bekannt."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung, worin er ausführt wie folgt:

" In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt sohin der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter binnen offener Frist gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28.09.2007, VerkR96-34619-2005 nachstehende

 

BERUFUNG

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich.

 

Mit der gegenständlichen Berufung wird die gänzliche Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren angestrebt.

 

An Berufungsgründen werden geltend gemacht unrichtige Sachverhaltsfeststellung aufgrund Vorliegens von Verfahrensmängel sowie unrichtiger Beweiswürdigung; weiters wird Berufung hinsichtlich des Strafausmaßes erhoben.

 

Die Berufungsgründe werden im Einzelnen wie folgt ausgeführt:

 

A)  Unrichtige Sachverhaltsfeststellung aufgrund Vorliegens von Verfahrensmängel

 

Die Erstbehörde begründet die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretungen ausschließlich damit, dass " der Meldungsleger als Zeuge einvernommen worden sei, hiebei den Inhalt der Anzeige bestätigt habe und es einem geschulten Polizeibeamten zumutbar wäre, Verkehrssituationen richtig zu erkennen.

 

Auch würde sich im Kreuzungsbereich, wie vom Meldungsleger angeführt, und aus den Fotos ersichtlich „eindeutig" eine Sperrlinie befinden.

 

Dem ist folgendes entgegen zu halten:

 

1.   Der Beschuldigte hat nach Durchführung eines Lokalaugenscheines am 5. 9. 2006 an der gegenständlichen Kreuzung festgestellt, dass im unmittelbaren Kreuzungsb ereich - und dort soll das Überholmanöver nach Aussage des Meldungslegers durchgeführt worden sein ~ keine Bodenmarkierungen, daher auch keine Sperrlinie angebracht ist, und zwar auf der gesamten Trichterbreite von 25-30 Meter.

Aus dem im Akt liegenden Fotos ist lediglich ersichtlich, dass (in Fahrtrichtung des Beschuldigten gesehen) vor der Kreuzung eine Sperrfläche schraffiert ist, welche am Beginn des Kreuzungstrichters endet (dies hat der Beschuldigte auch in seiner Stellungnahme vom 8.9.2006 dargelegt). Erst nach der Kreuzung ist eine Sperrlinie angebracht, welche am zweiten Foto ersichtlich ist (ebenfalls unstrittig).

 

Festzustellen ist demnach, dass es kein einziges Foto im Akt gibt, aus welchem ersichtlich wäre, dass im K r e u z u n g s b e r e i c h  eine Sperrlinie angebracht ist.

 

Es hat daher der Beschuldigte konsequenterweise in seiner Stellungnahme vom 8.9.2006 ausdrücklich beantragt, dass eine maßstabsgetreue Skizze betreffend die Kreuzung auf der Leonfeldener Bundesstraße 126 bei Straßenkilometer 25.950 samt der dort aufgebrachten Bodenmarkierungen beigeschafft wird bzw. auch diesbezüglich die ergänzende Einvernahme des Polizeibeamten H L beantragt. Diese Beweisanträge sind jedoch von der Erstbehörde nicht durchgeführt worden, wobei die Erstbehörde im Straferkenntnis zwar darauf verweist, dass aus den Fotos die Sperrlinie ersichtlich sei, diese Feststellung jedoch aktenwidrig und daher objektiv falsch ist.

 

Selbst dann, wenn nämlich die Erstbehörde im Rahmen der Beweis Würdigung davon ausgehen sollte, dass der Beschuldigte trotz des Vorschriftzeichens „Überholverbot" einen Traktor gegenständlich überholt hätte (Faktum 1), so wäre in Hinblick auf die zu Faktum 2 angelastete Übertretung gesondert verfahrensmäßig zu klären gewesen, ob hierbei auch eine Sperrlinie überfahren worden ist oder nicht.

Die Nichtdurchführung der diesbezüglich eingebrachten Beweisanträge begründet einen wesentlichen Verfahrensmangel, welche die erschöpfende Beurteilung der Rechtssache hindert und somit schon aus diesem Grunde das Straferkenntnis zu beheben sein wird. 2.  

 

KFZ-SV-Gutachten

Der Beschuldigte hat zu diesem Beweisthema (Überfahren der Sperrlinie in Verbindung mit einem angeblich von ihm getätigten Überholen eines Traktors) weiters in seiner Stellungnahme vom 8.9.2006 auch die Einholung eines Gutachtens eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen beantragt, zum Beweise dafür, dass es selbst nach der Darstellung des Meldungslegers (Überholen eines Traktors im Kreuzungsbereich) technisch möglich ist, im Kreuzungsbereich ein Überholmanöver durchzuführen und auch zu beenden, ohne gleichzeitig die nach der Kreuzung angebrachte Sperrlinie überfahren zu müssen.

Auch dieser Beweisantrag wurde nicht durchgeführt, obwohl vom Beschuldigten vorgebracht und behauptet wurde, dass unter Einhaltung der hochstzulässigen Fahrgeschwindigkeit im Kreuzungsbereich auf der B 126 es fahrtechnisch unter Bedachtnahme auf die Differenzgeschwindigkeit zum Traktor möglich ist, in dem Kreuzungsbereich mit einer Ausdehnung zwischen 25 und 30 Meter einen in der gleichen Fahrtrichtung fahrenden Traktor so zu überholen, dass nicht notwendigerweise die nach der Kreuzung angebrachte Sperrlinie überfahren werden muss. Die Erstbehörde hat es in diesem Zusammenhang überhaupt nicht für erforderlich erachtet, mit einem einzigen Satz die Nichtdurchführung dieses Beweisantrages zu begründen. Der Meldungsleger hatte nämlich immer behauptet, dass das (angebliche) Überholmanöver gerade im Kreuzungsbereich (also im Trichter) stattgefunden hätte (Zeugenaussage H L vom 10.7.2007), und nicht vorher aber auch nicht nachher. Gerade deswegen, weil sich eben im eigentlichen Kreuzungsbereich keine Sperrlinie befindet, wäre eine Abklärung durch einen KFZ-Sachverständigen erforderlich gewesen, in wie weit ein Überholmanöver eines Traktors unter Bedachtnahme auf die zur Verfügung stehende Fahrbahnbreite und Ausdehnung des Trichters durchgeführt werden kann ohne dass vorher die Sperrfläche überfahren wird bzw. nach der Kreuzung die dort angebrachte Sperrlinie, Die Nichtdurchführung dieses weiteren, vom Beschuldigten eingebrachten Beweisantrages begründet einen zusätzlichen schwerwiegenden Verfahrensmangel, und ist schon aus diesem Grunde das Straferkenntnis zu beheben.

 

3.   Unrichtige Sachverhaltsfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung

 

Die   im   Straferkenntnis   vorgenommene   Beweiswürdigung   der   Erstbehörde  ist standardisiert (einem geschulten Polizisten, welcher als Zeuge seine eigene Anzeige unter Wahrheitspflicht stehend bestätigt ist mehr Glauben beizumessen als einem Beschuldigten,  welcher  der  Wahrheitspflicht nicht unterliege)  und   würde  dies konsequent weiter gedacht zu dem Ergebnis führen, dass ein Polizist geradezu der Idealtypus eines Menschen ist:

fehler-  und  irrtumsfrei,  gerecht,  wahrheitsgetreu  und  alles  Erdenkliche  richtig wahrnehmend.

Das es in Wahrheit diesen Idealtypus eines Polizisten, welcher nach Auffassung der Erstbehörde offenbar der irdischen Vollkommenheit schon sehr nahe kommt, gar nicht geben kann, beweisen diverse Strafprozesse gegen Polizisten (H, O, Folterung eines Asylanten) und dies sollte zum Anlass genommen werden, auch Aussagen von Meldungslegern auf ihren Wahrheitsgehalt näher zu prüfen.

Stellt sich nämlich  gegenständlich heraus, dass es „im Kreuzungsbereich" gar keine Sperrlinie gibt (was leicht durch einen Lokalaugenschein überprüft werden kann!), dann würde nämlich vom Vorliegen einer falschen Zeugenaussage des Meldungslegers auszugehen und die Staatsanwaltschaft Linz einzuschalten sein.

 

Bezogen auf den gegenständlichen Anlassfall ist hinsichtlich des Beschuldigten darzulegen, dass dieser bereits zum Vorfallszeitszeitpunkt über 60 Jahre alt und demnach sicherlich kein „Raser" mehr gewesen ist; weiters der Beschuldigte mit mehreren älteren Freunden einen Ausflug ins Mühlviertel unternommen hatte, auf der Heimfahrt war und keine Veranlassung gehabe hätte, im Kreuzungsbereich bei einem Überholverbot einen Traktor unter Überfahren einer Sperrlinie zu überholen, zumal weder er noch irgendeiner seiner Insassen unter Zeitdruck gewesen sind (sämtliche Insassen sind bereits Pensionisten).

 

Es entspricht daher sehr wohl der Erinnerung des Beschuldigten, dass er im Kreuzungsbereich an einem im Rechtsabbiegen begriffenen Traktor „ganz normal" vorbei gefahren ist, welches Fahrmanöver aber nicht als „Überholen" im Sinne des §2 Abs. 1, Ziff 29 StVO zu werten ist.

Die Insassen im Fahrzeug wurden deswegen vom Beschuldigten nicht als Zeugen geführt, weil der Beschuldigte zwar diese nach Erhalt der Strafverfügung zum gegenständlichen   Vorfall befragt hatte, übereinstimmender „Tenor" der Aussagen jedoch gewesen ist, dass man sich an nichts erinnern könne, weil „nichts Besonderes" aufgefallen sein.

Hätte der Beschuldigte tatsächlich wie ein Verkehrsrowdy an der gegenständlichen Kreuzung einen Traktor unter Missachtung des Vorschriftzeichens „Überholverbot" und Missachtung einer Sperrlinie überholt, wäre dies sicherlich einem der Insassen aufgefallen und hätte anzunehmender weise zu einer Diskussion hierüber geführt.

 

Auch der Umstand, dass der Beschuldigte - dies hat auch die Erstbehörde ausdrücklich angeführt - unbescholten ist, das heißt trotz des Umstand es, das er langjähriger Lenker von Kraftfahrzeugen ist, bislang keine Verwaltungsübertretungen gesetzt hat, lässt darauf schließen, dass der Beschuldigte sich beim Lenken von Kraftfahrzeugen absolut den entsprechenden Vorschriften gemäß verhält und ist daher von dieser Ausgangssituation her - bezogen auf die Beweiswürdigung - keinesfalls davon auszugehen, dass die Aussage eines Meldungslegers „glaubwürdiger" sein müsse als die Verantwortung des Beschuldigten.

 

Zur Glaubwürdigkeitsfrage sei auch abschließend darauf verwiesen, dass es mehr als merkwürdig erscheint, dass der Zeuge L mehrfach angeführt hat, dass er mit dem Dienstfahrzeug fahrend dem Fahrzeug des Beschuldigten nachgefahren ist und bis zum Fahrzeug des Beschuldigten aufgeschlossen hatte, jedoch in weiterer Folge -eigentlich aus nicht nachvollziehbaren Gründen - nicht das Fahrzeug des Beschuldigten angehalten hatte, um diesem die (angeblich wahrgenommene) Übertretung vorzuhalten. Dies wäre noch verständlich, wenn etwa der Meldungsleger als Privatperson die Übertretung bemerkt hätte, nicht jedoch dann, wenn er im Dienstfahrzeug unterwegs gewesen ist. Eine derartige Vorgangsweise entspricht einfach nicht der üblichen Vorgangsweise von Polizeibeamten, nach Wahrnehmung einer Übertretung nicht sofort gegenüber demjenigen einzuschreiten, welcher eine Verkehrsübertretung gesetzt hat.

 

Die im Rahmen der Beweiswürdigung von der Erstbehörde ins Treffen geführte Begründung stellt sich inhaltlich jedoch nichts anders dar als eine standardisierte Floskel, welche im Bezug auf den gegenständlichen Vorfall in Wahrheit keine Aussagekraft hat.

 

Es ist daher auch im gegenständlichen Fall der Berufungsgrund der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung gegeben.

 

3. Zur Berufung wegen Strafe

Der Beschuldigte hat schon dargelegt, dass er schon zum Vorfallenheitszeitpunkt und daher natürlich auch zum gegebenen Zeitpunkt bereits Pensionist war. Bezüglich der Einkommens Verhältnisse muss davon ausgegangen werden, dass das Einkommen in einer ASVG-Pension besteht, welche € 1.300,— Netto ausmacht.

 

Entgegen den Annahmen der Erstbehörde ist jedoch der Beschuldigte sehr wohl sorgepflichtig, und zwar für eine Ehegattin ohne eigenes Einkommen.

 

Richtig ist, dass der Beschuldigte kein Vermögen besitzt.

 

Dazu kommt noch die Unbescholtenheit, die lange Verfahrensdauer sowie der Umstand, dass die angelasteten Verwaltungsübertretungen (so man überhaupt davon auszugehen hätte, dass der Beschuldigte sie zu verantworten hätte) ohne Folgen geblieben sind.

 

Es ist daher unter Bedachtnahme auf diese Umstände der jeweils verhängte Strafbetrag von € 50,-- als überhöht anzusehen und hätte jeweils mit € 30,— der Höhe nach (das waren nach dem alten Geld immerhin gerundet ATS 420,—) das Auslangen gefunden werden müssen, so dass auch der Berufung wegen des Strafausmaßes Folge zu geben sein wird.

Aus den obgenannten Gründen stellt sohin der Beschuldigte nachstehende

 

BERUFUNGSANTRÄGE

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich:

 

1.   wird beantragt, dieser Berufung Folge zu geben, und das angefochtene Straferkenntnis der  Bezirkshauptmannschaft Linz-Land VerkR96-34619-2005 ersatzlos zu beheben, und das gegen den Beschuldigten geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

2.   wird ausdrücklich die Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Berufungs­verhandlung beantragt, wobei für den Fall, dass diese nicht an Ort und  Stelle stattfinden sollte, beantragt wird, zumindest eine maßstabsgetreue Skizze von der gegenständlichen     Kreuzung     samt     angebrachten     Bodenmarkierungen      zur Berufungsverhandlung beizuschaffen;

      3.  In eventu wird beantragt, der Berufung hinsichtlich des Strafausmaßes Folge zu geben,            und   die über den Beschuldigten verhängten Geldstrafen auf jeweils € 30,--herabzusetzen.

 

L, am 2007-10-22, Dr. H/H                                              H K"

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung im Rahmen eines Ortsaugenscheins war angesichts des im Ablauf strittigen Sachverhaltes in Wahrung der durch Art. 6 intendierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes und durch Beweisaufnahme im Rahmen der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Dabei wurden als Zeugen der Anzeiger AbtInsp. L und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

4. Zum Sachverhalt:

Der Kreuzungsbereich von Bad Leonfelden zur B126 ist weitläufig und in beiden Richtungen besteht in Straßenmitte in die B126 eine Sichtweite im Bereich von 200 m. Der Kreuzungstrichter vor der B126 ist außen ca. 20 m breit und ist in der Mitte in einer Länge von ca. sechs Metern und einer Breite von etwa zwei Metern mit einer tropfenförmigen Kopfsteinbepflasterung ausgestattet. Die Stopptafel befindet sich ca. fünf Meter hinter der Haltelinie, die in einer Breite von etwa vier Metern parallel zur B126 und für Linksabbieger im Winkel von etwa 20 Grad in etwas kürzerer Ausführung schräg angesetzt ist. Wie auf den vom Meldungsleger aufgenommenen Fotos ersichtlich, findet sich in Fahrtrichtung des Berufungswerbers (in Fahrtrichtung Linz) etwa 60 m vor dem Kreuzungstrichter beidseitig ein Überholverbot für alle Kraftfahrzeuge kundgemacht. Ab diesem Bereich ist auf der etwa sieben bis acht Meter breiten B126 bis zum beginnenden Kreuzungstrichter eine sich auf etwa zwei Meter verbreiternde Sperrfläche angebracht. In Gegenrichtung findet sich ebenfalls bis zum Kreuzungstrichter zur Geradeausspur eine Linksabbiegespur mit Richtungspfeilen, wobei sich auf Höhe des relativ weiten Kreuzungstrichters keine Bodenmarkierungen auf der B126 befinden. Dies ist jener Bereich, auf dem die Rechts- und Linksabbiegevorgänge von der und in die B126 stattfinden. Die Gefahrensichtweite in den Gegenverkehr konnte auf der B126 in Höhe der Mitte des Kreuzungstrichters (Abzweigung zum Ortszentrum Bad Leonfelden) in Fahrtrichtung Linz mit zumindest 150 m festgestellt werden.

 

4.1. Während der Meldungsleger vor diesem zur Anzeige gebrachten Vorfall mit seinem Dienstfahrzeug nach rechts in die B126 einzubiegen beabsichtigte, hielt er an der Haltelinie an, wobei er die Annäherung des Berufungswerbers in etwa 60 bis 80 m, also noch deutlich vor der beginnenden Sperrfläche wahrnahm. Die Fahrgeschwindigkeit war dem Meldungsleger anlässlich der Berufungsverhandlung mit einem auf 60 km/h zu schätzenden Ausmaß noch in Erinnerung. Zu dieser Zeit passierte eine Zugmaschine mit einer ebenfalls geschätzten Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h in Richtung Linz den Kreuzungsbereich der B126. Unmittelbar danach beobachtete der Meldungsleger das Ausscheren des Fahrzeuges des Berufungswerbers nach links, um die zu diesem Zeitpunkt vielleicht 60 m vor ihm befindliche Zugmaschine zu überholen. In dieser Phase herrschte kein Gegenverkehr. Im Zuge des Überholvorganges wurde vom Fahrzeug des Berufungswerbers vorerst die Sperrfläche und anschließend die Linksabbiegespur etwa mit einer halben Fahrzeugbreite befahren. Der Überholvorgang wurde im Bereich der beginnenden Linksabbiegespur beendet.

 

4.2. Diese auf die Angaben des Meldungslegers gestützten Feststellungen konnte der Meldungsleger glaubwürdig und nachvollziehbar anlässlich der Berufungsverhandlung darlegen. Im Ergebnis widersprechen diese sich auch nicht mit der Verantwortung des Berufungswerbers, welcher dieses Manöver nicht als Überholen, sondern als Vorbeifahren an einer langsam fahrenden Zugmaschine im Sinne der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs darstellte bzw. zu rechtfertigen versuchte.

Es ergaben sich anlässlich der Berufungsverhandlung jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Meldungsleger ein Irrtum in seiner Darstellung des Vorfalles unterlaufen sein könnte. Der Meldungsleger machte einen glaubwürdigen Eindruck und er überzeugte mit seiner Sachlichkeit der Schilderung des Vorganges, welchem er dezidiert keine wie immer geartete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zuordnete. Er nahm ob dieses geringfügigen Deliktes letztlich auch von einer Anhaltung Abstand, weil diese auf Grund des herrschenden Gegenverkehrs nur mittels Blaulicht möglich gewesen wäre.

Auch im Sinne des Weg-Zeitablaufes erweist sich die Schilderung der Wahrnehmung des Meldungslegers als schlüssig, wobei diese vom Berufungswerber nicht entkräftet zu werden vermochten. Der Ablauf kann auch durch eine Berechnung des Überholdiagramms (Analyzer Pro, Version 6) schlüssig nachvollzogen werden. Legt man die vom Zeugen angegebenen Fahrgeschwindigkeiten zu Grunde ergibt sich unter Grundlegung eines normalen Nachfahrabstandes und einem ebensolchen Abstand beim Einscheren nach Ende des Überholvorganges eine Überholwegstrecke von 101 m.

Wenn hier der Berufungswerber aus praktischen Überlegungen in seinem Verhalten ein Vorbeifahren erblicken wollte, mag dies mit der Praxis im Straßenverkehr nachvollziehbar sein, ändert aber nichts an der Beurteilung eines solchen Fahrverhaltens als Überholen[1]. Obwohl es durchaus nicht der Leichtigkeit u. Flüssigkeit des Verkehrs förderlich sein mag, hinter einem Traktor herzufahren, und damit allenfalls eine Kolonnenbildung zu fördern, ist ein Überholen mehrspuriger Kraftfahrzeuge (bei fehlender Ausnahme für Zugmaschinen) unzulässig. Für die Beurteilung, ob ein Überholen ohne das Befahren der Sperrfläche bzw. der Linksabbiegespur möglich war, bedurfte es nicht der Beiziehung eines SV, weil dieser letztlich die Wahrnehmung des Meldungslegers auf fachlicher Ebene nicht zu beurteilen gehabt hätte. Letztlich wurden die in der Berufung gestellten Beweisanträge nicht mehr aufrecht erhalten. Gefolgt kann dem Berufungswerber durchaus darin werden, dass er vor dem Hintergrund der gegebenen Gefahrensichtweite mit dem Überholen des Traktors keinerlei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer herbeiführte, sich demnach sein Fehlverhalten in der Übertretung der Schutznorm erschöpfte.

Wenn dabei auch zwingend eine Sperrfläche befahren wurde, ist dieses als zwingende Folge des Überholens zu beurteilen, wobei den Markierungen wiederum kein anderer Schutzzweck als eben mit dem Überholverbot normiert zuzuordnen ist. Das Überholverbot schützt typischer Weise Abbiegevorgänge im Kreuzungsbereich, wobei den Markierungen weitgehend ein der Orientierung auf der Fahrbahn dienender Charakter zukommt. Somit ist das Befahren empirisch besehen vom Unwertgehalt des Überholens mitumfasst.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 darf außer in den im Abs.1 angeführten Fällen der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen:

  a) mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind; es darf jedoch überholt werden, wenn rechts zu überholen ist.

Eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung wird auf Grund des Art. 4 des MRK 7. ZP  grundsätzlich (erst) dann unzulässig, wenn sie bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war; dies ist der Fall, wenn der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodass ein weiter gehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst. Strafverfolgungen bzw. Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, die auf Straftatbeständen fußen, die einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion jedenfalls bei eintätigem Zusammentreffen ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein- und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird (VwGH 3.7.2007, 2006/05/0026 mit auf VfGH 7.10.1998, VfSlg. 15293 A/1998). Diese Sichtweise gilt demnach zwingend auch für die Fälle der Kumulation bei eintätigem Zusammentreffen von Tatbildern, bei denen das Eine eine "conditio sine qua non" des Anderen bildet, dh. dieses zwingend nach sich zieht und insbesondere auch wenn dies in einem (einzigen) Verwaltungsstrafverfahren Gegenstand ist.

 

Die verfassungsrechtliche Grenze einer Doppel- oder Mehrfachbestrafung im Sinne dieses Konventionsprotokolls scheint auch der Verfassungsgerichtshof im genannten Erkenntnis etwa dann zu erblicken, "wo der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodass ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst" (vgl. auch VfGH 11.3.1998, G262/97,G328/97; mit Hinweis auf Kienapfel, Grundriss des österreichischen Strafrechts, 6. Aufl., 1996, 245). Da der Verstoß des Überholverbotes einerseits zwingend auch das Befahren der Sperrfläche nach sich zieht, welchem kein anderer als der dem Überholverbot § 16 Abs.2 lit.a StVO inhärente Schutzweck zuzusinnen ist, ist demnach der Strafbedarf des Überfahrens der Sperrlinie im Unwert- und Schuldgehalt als vollumfänglich (mit)erledigt zu sehen (vgl. Kucsko-Stadlmayer, "Ein Leben für die Rechtskultur", in der Festschrift Robert Dittrich, Seite 818).

Demnach war der Punkt 2) in verfassungs- und konventionskonformer Gesetzesvollziehung zu beheben und das Verfahren diesbezüglich einzustellen.

 

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch – StGB sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt etwa dann vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist mit Blick auf den hier bis 726,00 Euro reichenden Strafrahmen nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Als strafmildernd konnte hier die gänzliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet werden, wobei auch die Interessenschädigung und die Tatschuld hinter jenem Ausmaß zurückbleibt als damit in der Regel einhergeht.

Auf den zusätzlichen Milderungsgrund der langen Verfahrensdauer ist ebenfalls noch hinzuweisen, was aber dennoch die mit 50,-- Euro nun als Gesamtstrafe ausgesprochene Geldbuße nicht als überhöht erscheinen lässt. Die Ersatzfreiheitsstrafe war rechnerisch dem Verhältnis der Geld- zur Ersatzfreiheitsstrafe anzupassen.

Der Anwendung des § 21 VStG steht der Umstand entgegen, dass angesichts des offenkundig ganz bewusst ausgeführten Überholmanövers von einem bloß geringfügigen Verschulden nicht auszugehen war. Auch der Schutzinhalt des Überholverbotes lässt darüber hinaus aus Gründen generalpräventiver Überlegungen ein Absehen von einer Bestrafung nicht indiziert erscheinen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof   erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

nebis in idem, Idealkonkurrenz, Subsidiarität, Unrechts- und Schuldgehalt

 



[1] das Vorbeibewegen eines Fahrzeuges an einem auf derselben Fahrbahn in gleicher Richtung fahrenden Fahrzeug, § 2 Abs.1 Z29 StVO 1960)

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