Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105797/21/Sch/Rd

Linz, 16.07.2001

VwSen-105797/21/Sch/Rd Linz, am 16. Juli 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des G vom 9. September 1999, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 19. August 1998, VerkR96-11290-1998-Pre, wegen einer Übertretung des Führerscheingesetzes, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 13. Oktober 1999 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
 
II. Der Berufungswerber hat 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 1.000 S (entspricht 72,67 €), als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.
 
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.
zu II.: §§ 64ff VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
Zu I.:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 19. August 1998, VerkR96-11290-1998-Pre, über Herrn G, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 14 Abs.8 FSG eine Geldstrafe von 5.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen verhängt, weil er am 7. Juni 1998 um 3.50 Uhr den PKW, Marke Mercedes 190, mit dem Kennzeichen im Ortsgebiet 5233 Pischelsdorf, Bezirk Braunau/Inn, auf der Engelbach Landstraße aus Richtung Wagenham in Richtung Ortszentrum Pischelsdorf bis zur Anhaltung auf der Engelbachstraße im Ortsgebiet Pischelsdorf bei Straßenkilometer 5,6 gelenkt habe, obwohl aufgrund der am 7. Juni 1998 um 4.09 Uhr durchgeführten Atemluftuntersuchung mittels Alkomat ein Atemalkoholgehalt von über 0,25 mg/l festgestellt worden sei.
 
Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 500 S verpflichtet.
 
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben, welche vom Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 2. November 1999, VwSen-105797/11/Sch/Rd, als unbegründet abgewiesen wurde.
Der Verfassungsgerichtshof hat der gegen dieses Erkenntnis eingebrachten Beschwerde mit Erkenntnis vom 12. Juni 2001, B 1850/99-7, Folge gegeben und den Bescheid des Oö. Verwaltungssenates aufgehoben. Begründend führt der Gerichtshof im Wesentlichen aus:
"Mit Erkenntnis vom 12. Juni 2001, G 159/00 ua, hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge '§ 21 und' in § 37 Abs.5 des Bundesgesetzes über den Führerschein (Führerscheingesetz - FSG), BGBl. I 1997/120 idF BGBl. I 1998/2, als verfassungswidrig auf.
Gemäß Art. 140 Abs.7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zu Grunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art. 140 Abs.7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren bzw bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10616/1987, 11711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren G 159/00 ua fand am 12. Juni 2001 statt. Die vorliegende Beschwerde langte beim Verfassungsgerichtshof am 17. November 1999 ein, war also zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zu Grunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Der Beschwerdeführer wurde in seinen Rechten durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung verletzt, weil die belangte Behörde eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet hat und es nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war (vgl. zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben."
 
3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte somit eine neuerliche Berufungsentscheidung zu treffen und dabei Folgendes erwogen:
 
Eingangs ist zu bemerken, dass vom Berufungswerber, obwohl der entscheidungsrelevante Sachverhalt im Rechtsmittel unbestritten geblieben ist, die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt wurde. In Stattgebung dieses Antrages wurde am 13. Oktober 1999 eine solche abgeführt, worin aber wiederum nichts gegen die Sachverhaltsfeststellungen der Erstbehörde eingewendet, sondern lediglich auf die Ausführungen im Rechtsmittel verwiesen wurde.
 
Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber diesbezüglich - mit Ausnahme der Behauptung, der verwendete Alkomat sei nicht geeicht gewesen - nichts entgegenzusetzen hat. Auf Anfrage des Oö. Verwaltungssenates hin hat das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen schriftlich mitgeteilt, dass das verwendete Gerät zum Vorfallszeitpunkt, das war der 7. Juni 1998, geeicht war.
 
4. Zu den auf rechtlicher Ebene befindlichen Einwendungen des Rechtsmittelwerbers ist Folgendes zu bemerken:
Das Vorbringen des Berufungswerbers zur Kompetenzlage iZm § 14 Abs.8 FSG ist durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Juni 2000, G 206/98 bzw G 113/99, obsolet geworden, sodass sich nunmehr Ausführungen dazu erübrigen.
 
Zur behaupteten Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes wird bemerkt:
 
Gemäß § 4 Abs.7 FSG darf der Lenker ein Kraftfahrzeug während der Probe(-führerschein-)zeit nur in Betrieb nehmen und lenken, wenn der Alkoholgehalt des Blutes nicht mehr als 0,1 g/l (0,1 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft nicht mehr als 0,05 mg/l beträgt. Er darf während der Fahrt - einschließlich der Fahrtunterbrechungen - keinen Alkohol zu sich nehmen. Verstöße gegen diese Bestimmung sind nur mit der Anordnung einer Nachschulung (Abs.3) zu ahnden, sofern nicht auch ein Verstoß gegen die StVO 1960 vorliegt.
 
Der letzte Satz wird vom Berufungswerber so verstanden, dass Inhaber eines Probeführerscheines mit einem Alkoholgehalt der Atemluft zwischen 0,06 mg/l und 0,39 mg/l (gleichheitswidriger Weise) straffrei blieben, da die Strafbarkeit nach der StVO 1960 erst bei 0,4 mg/l beginne. Demgegenüber bestimmt § 37a leg.cit., dass, wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs.8 ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt, eine Verwaltungsübertretung begeht und, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs.1 StVO 1960 vorliegt, mit einer Geldstrafe von 3.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen ist.
 
Die Bestimmung des § 4 Abs.7 FSG deckt sich wortgleich mit der vor Erlassung dieses Gesetzes geltenden Norm des § 64a Abs.4 KFG 1967. Die oben erwähnte Strafbestimmung des § 37a FSG bzw das Verbot des § 14 Abs.8 leg.cit. wurden erst mit der Führerscheingesetz-Novelle, BGBl.I 2/1998, eingeführt. Im Bestand der Rechtsordnung stellen diese beiden Bestimmungen sohin die späteren dar. Aus der globalen Formulierung des § 14 Abs.8 FSG erhellt, dass der Gesetzgeber offenkundig für alle Kraftfahrzeuglenker ein niedrigeres Alkohollimit einführen wollte als jenes der StVO 1960. Der Wille des Gesetzgebers, Probeführerscheininhabern, abgesehen von der Nachschulung, Straffreiheit für den Falle der Nichterreichung eines gesetzlich normierten Alkoholwertes zu gewähren, ist offenkundig. Angesichts dessen bzw der später eingeführten 0,25 mg-Regelung im Führerscheingesetz kann dieser Wille des Gesetzgebers sich nunmehr nach hiesigem Dafürhalten nur mehr bis zu dieser Grenze beziehen.
 
Zumal kein nachvollziehbarer Grund vorhanden sein kann, Probeführerscheinbesitzer bei den Alkoholbestimmungen zu bevorzugen - nach der Bestimmung des § 4 Abs.7 FSG mit der niedrigen Alkoholgrenze ist vom Gegenteil auszugehen - muss der letzte Halbsatz dieser Bestimmung in einer entsprechenden Weise interpretiert werden
 
5. Zur Strafzumessung wird eingangs auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen, denen der Berufungswerber nicht entgegengetreten ist. Einer allfälligen Anwendung des § 20 VStG bzw erst recht des § 21 Abs.1 leg.cit. stand der Umstand entgegen, dass beim Berufungswerber ein Alkoholgehalt der Atemluft im Ausmaß von 0,31 mg/l festgestellt wurde, also schon eine bedeutende Überschreitung des Wertes von 0,25 mg/l vorlag. Des weiteren musste der Berufungswerber bereits einmal wegen einer Übertretung des § 5 StVO 1960 bestraft werden, welcher Umstand einen Erschwerungsgrund darstellt. Damit konnte aus spezialpräventiven Gründen auch nicht mehr mit der Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden, vielmehr musste eine Strafe in der Höhe von 5.000 S festgelegt werden, um den Berufungswerber künftighin doch noch zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen zu bewegen. Aber auch in generalpräventiver Hinsicht scheint es geboten, bei einem Wiederholungstäter nicht mehr mit der Mindeststrafe vorzugehen.
 
Die von der Erstbehörde im Straferkenntnis angenommenen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, insbesondere sein geschätztes Mindesteinkommen von 10.000 S monatlich, werden ihm die Bezahlung der Verwaltungsstrafe ermöglichen.
Zu II.:
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.
 
 
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