Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521716/15/Ki/Ps

Linz, 28.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn R S, L, P, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R G, Dr. J K, Mag. H P und Mag. H L, L, M, vom 7. August 2007 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Juni 2007, Zl. VerkR21-926-2006/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Punkte 1., 2., 3. und 4. behoben wird und stattdessen die Herrn S mit Wirkung vom 3. April 2007 von der Bundespolizeidirektion Linz am 22. März 2006 unter Zl. 06064365 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung durch nachstehende Auflagen eingeschränkt wird:

 

Herr R S hat sich bis spätestens 21. November 2008 einer amtsärztlichen Nachuntersuchung zu unterziehen.

 

Herr R S hat sich in regelmäßigen Abständen von drei Monaten, beginnend ab 21. Februar 2007, einer ärztlichen Kontrolluntersuchung bezüglich der Laborwerte MCV, CDT und Gamma-GT zu unterziehen und die diesbezüglichen Laborbefunde unverzüglich der zuständigen Führerschein­behörde (derzeit Bezirkshauptmannschaft Linz-Land) vorzulegen.

 

Beim Lenken von Kraftfahrzeugen ist eine zur Erreichung der Mindestsehschärfe geeignete Brille zu verwenden.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und § 67a AVG iVm § 24 Abs.1 Z2 FSG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat unter VerkR21-2006 vom 19. Juni 2007 an den Berufungswerber nachstehenden Bescheid erlassen:

 

„1. Mit Wirkung vom 3.4.2007 wird Ihnen die von der BPD Linz am 22.3.2006 unter Zahl 065 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung entzogen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 24 Abs. 1 u. 4 Führerscheingesetz 1997 – FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF.

 

2. Das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen wird Ihnen ebenfalls verboten.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 32 Abs.1 iVm § 25 Abs. 1 Führerscheingesetz und

 

3. Gleichzeitig wird die Dauer der Entziehung und die Dauer des Verbotes des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen

 

für die Dauer der Nichteignung,

 

gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, festgesetzt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 25 Abs. 2 FSG, 32 Abs. 1 Führerscheingesetz 1997 – FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF.

 

4. Für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung wird Ihnen das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 30 Abs. 1 und § 32 1 Führerscheingesetz 1997 – FSG, BGBl.Nr. 120/1997, idgF.,

 

5. Die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung wird aberkannt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.2 AVG 1991“.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land stützt diese Entscheidung auf ein amtsärztliches Gutachten vom 2. Februar 2007, wonach der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B nicht geeignet sei. Das amtsärztliche Gutachten erfolgte unter Berücksichtigung einer Stellungnahme einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, welche einen dringenden Verdacht auf eine Alkoholabhängigkeitserkrankung diagnostizierte, weshalb aus fachärztlicher Sicht das Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1, Klasse B, derzeit nicht befürwortet werden könne.

 

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 7. August 2007 Berufung erhoben. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, dieser hatte durch das laut der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

Beantragt wird, der Berufung wolle stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben werden; in eventu wolle der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert werden, dass dem Berufungswerber zumindest eine befristete Lenkberechtigung ausgestellt werde, wobei einer Auflage nicht entgegengetreten würde, dass in periodischen Abständen (etwa alle drei Monate) zum Nachweis der Alkoholabstinenz Blutbefunde der Behörde zur Vorlage gebracht werden.

 

Im Wesentlichen wird argumentiert, dass beim Berufungswerber kein dringender Verdacht auf ein Alkoholabhängigkeitssyndrom bestehen würde.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde der Rechtsmittelwerber eingeladen, eine neuerliche fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vorzulegen bzw. zur psychiatrischen Untersuchung die relevanten Laborwerte mitzubringen, dies im Wesentlichen deshalb, weil das vorliegende psychiatrische Gutachten der Frau Dr. Z bereits älter als sechs Monate ist.

 

Der Berufungswerber hat daraufhin eine Führerscheinstellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie, Dr. R L, vom 2. November 2007 vorgelegt. In dieser Stellungnahme wird ein anamnestisch schädlicher Gebrauch von Alkohol, phasenweise an der Grenze zur Abhängigkeit, derzeit mit glaubhafter Abstinenz seit Monaten, attestiert und eine weitere Alkoholabstinenz dringend angeraten. Die kraftfahrspezifischen, psychophysischen Eigenschaften wurden jedoch als prinzipiell ausreichend erhalten attestiert. Unter der Voraussetzung einer weiteren Befristung, zumindest auf ein Jahr, wurde die Wiedererteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B befürwortet, wobei während der Befristung in vom Amtsarzt festgesetzten Intervallen die Abstinenzmotivation mittels einschlägiger Laborparameter zur Überprüfung der weiteren Alkoholabstinenz dokumentiert werden sollten.

 

Diese Stellungnahme wurde an die Abteilung Landessanitätsdirektion des Amtes der Oö. Landesregierung mit dem Ersuchen um gesundheitliche Beurteilung des Berufungswerbers weitergeleitet und es erfolgte eine amtsärztliche Untersuchung des Berufungswerbers durch eine Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung.

 

In ihrem Gutachten vom 21. November 2007 stellte die Amtsärztin fest, dass der Berufungswerber zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klasse B „befristet geeignet“ sei, wobei sie eine Nachuntersuchung nach einem Jahr und die Vorschreibung der Auflagen von Kontrolluntersuchungen hinsichtlich MCV, CDT und Gamma-GT im Abstand von drei Monaten sowie der Verwendung einer Brille vorgeschlagen hat.

 

In der Begründung führte die Amtsärztin aus, dass, wie aus der fachärztlichen Stellungnahme hervorgehe, es sich bei Herrn S um schädlichen Gebrauch von Alkohol phasenweise an der Grenze zur Abhängigkeit mit derzeit glaubhafter Abstinenz seit Monaten handle. Aus fachärztlicher Sicht sei weitere absolute Alkoholabstinenz dringend angeraten und als Voraussetzung für die weitere Erteilung der Lenkberechtigung gesehen worden, weshalb die weitere Kontrolle der Leberparameter unbedingt erforderlich sei.

 

Dieses Gutachten wurde den Rechtsvertretern des Berufungswerbers telefonisch zur Kenntnis gebracht und es wurde keine Einwendung dagegen erhoben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis Z4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 7 Abs.2 FSG-GV liegt eine, als Behinderung iSd § 6 geltende mangelnde Sehschärfe vor, wenn mit oder ohne Korrektur für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 eine Sehschärfe von mindestens 0,5 auf einem Auge und von mindestens 0,4 auf dem anderen Auge nicht erreicht wird.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Die durchgeführte amtsärztliche Untersuchung nach § 8 FSG hat unter Zugrundelegung der fachärztlichen Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie Dr. R L vom 2. November 2007 ergeben, dass der Berufungswerber nunmehr gesundheitlich geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B ist, wobei jedoch die im Spruch vorgeschriebenen Auflagen einzuhalten sind.

 

Die amtsärztliche Untersuchung hat weiters ergeben, dass der Rechtsmittelwerber einen Visus am rechten Auge von 0,7 und am linken Auge von 0,3 ohne Korrektur aufweist, weshalb auch als Auflage das Tragen einer entsprechenden Brille vorzuschreiben war.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet, dass sowohl die fachärztliche Stellungnahme von Dr. R L als auch das amtsärztliche Gutachten schlüssig sind und es bestehen keine Bedenken, diese Gutachten der Entscheidung zu Grunde zu legen. In diesem Sinne konnte in – teilweiser – Stattgebung der Berufung der Entzug der Lenkberechtigung behoben werden, allerdings waren die im Spruch angeführten Auflagen vorzuschreiben.

 

Ausdrücklich wird festgehalten, dass laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 14 Abs.5 FSG-GV keine Grundlage für eine Befristung bietet. Nach dieser Verordnungsstelle ist ausschließlich die Bedingung (nunmehr Auflage) ärztlicher Kontrolluntersuchungen zulässig (VwGH 2000/11/0258 vom 20.01.2001).

 

Hinsichtlich Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung (§ 62 Abs. 2 AVG) wird festgestellt, dass diese Anordnung im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit wegen Gefahr im Verzug gerechtfertigt war und daher der Berugungswerber hiedurch nicht in seinen Rechten verletzt worden ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.


2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

 

 

Beschlagwortung:

A.V.: I.S.d. § 62 Abs.4 AVG tel. richtiggestellt auf "2008"