Linz, 22.11.2007
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn Dr. R A N, geb. , I, S, vertreten durch J:M Rechtsanwälte GesbR, B, T gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 14.9.2007, Zl.: 2/L-Fe-216/2007 und 2/L-NSch-110/2007 betreffend Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades u.a., Aberkennung des Rechts, von einem allfällig im Ausland ausgestellten Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, Anordnung einer Nachschulung, Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens sowie Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2007, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Dauer
– des Verbotes des Lenkens eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen
Leichtkraftfahrzeugen oder eines Invalidenkraftfahrzeuges sowie
– der Aberkennung des Rechts, von einem allfällig im Ausland erteilten
Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen
auf 4 Monate, gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides (= 18.9.2007) herab- bzw. festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und
der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlagen:
§ 32 Abs.1 Z1 iVm § 26 Abs.2 FSG,
BGBl I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl I/153/2006
§ 30 Abs.1 FSG
§ 24 Abs.3 FSG
§ 64 Abs.2 AVG
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG, der FSG-GV und der FSG-NV
- das Lenken eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder eines Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von 5 Monaten, gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides (= 18.9.2007) verboten
- für den selben Zeitraum das Recht aberkannt, von einem allfälligen im Ausland ausgestellten Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen
- verpflichtet, bis zum Ablauf der Verbotsdauer
• eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren
• ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche
Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen
• eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen.
Weiters wurde einer Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 26.9.2007 eingebracht und eingangs ausgeführt:
"Aus dem (erstinstanzlichen) Bescheid ist nicht ersichtlich, an wen sich der Bescheid tatsächlich richtet. Die Diktion des Bescheides ist so gefasst, dass nicht erkennbar ist, ob nunmehr die J. : M. Rechtsanwälte GesbR oder Dr. A. N. als Bescheidadressat gemeint war. Damit lässt der Bescheid die notwendige Deutlichkeit vermissen, mit der die Erstbehörde die im Bescheid angeordneten Sanktionen zu verkünden hatte."
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Der erstinstanzliche Bescheid wurde wie folgt adressiert:
An J. : M. Rechtsanwälte GesbR Adresse des Rechtsanwaltsbüros
vertritt: Dr. N. A. Adresse des Bw
Bei der Lenkberechtigung bzw. beim Führerschein handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht; VwGH vom 30.5.1995, 94/11/0104 mit Vorjudikatur
Besitzer einer Lenkberechtigung/eines Führerscheines kann nur eine natürliche Person, niemals jedoch eine juristische Person oder z.B. eine (Rechtsanwälte-)GesbR sein!
Somit kann eine(r) Rechtsanwälte GesbR nicht
· eine Lenkberechtigung entzogen und/oder ein Lenkverbot auferlegt werden
· verpflichtet werden, eine Nachschulung zu absolvieren, ein amtsärztliches Gutachten sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen
Allein dadurch steht bereits fest, dass Bescheidadressat Herr Dr. R. A. N. –
vertreten durch die J. : M. Rechtsanwälte GesbR – ist!
In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ist der Name des Bw mehrfach angeführt – die Begründung dient auch als "Auslegungsbehelf" für den Spruch;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E 48 zu § 59 AVG (Seite 982 f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.
An wen ein Bescheid gerichtet ist, ergibt sich aus dessen Formulierung, nämlich der Adressierung, dem Spruch und der Zustellverfügung;
Walter-Thienel, aaO, E 167 zu § 59 AVG (Seite 1003)
In der Zustellverfügung ist angeführt:
"Dr. R. N. vertreten durch J. : M. Rechtsanwälte, Adresse der Rechtsanwälte".
Für den UVS steht eindeutig fest:
Adressat des erstinstanzlichen Bescheides ist Herr Dr. R. A. N. –
Die J. : M. Rechtsanwälte GesbR ist "nur" Vertreter des Herrn Dr. R.A.N.!
Der Bw lenkte am 20.6.2007 um ca. 17.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in S.
An einer näher bezeichneten Straßenstelle kam es beim Überholen zu einer seitlichen Kollision mit einem anderen – dem Kennzeichen nach näher bestimmten – PKW, gelenkt von Herrn F. K.
Dabei wurden beide Fahrzeuge stark beschädigt und – möglicherweise – beide Fahrzeuglenker leicht verletzt.
Anlässlich der Unfallaufnahme verweigerte der Bw die Vornahme des Alkotests.
Der UVS hat mit – im Instanzenzug ergangenen – Erkenntnis vom 14.11.2007, VwSen-162598/6 über den Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO eine Geldstrafe verhängt.
Dieses Erkenntnis des UVS ist – durch die am 16.11.2007 erfolgte Zustellung an die Behörde erster Instanz – in Rechtskraft erwachsen;
VwGH vom 21.4.2006, 2005/02/0164 unter Verweis auf die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E262 zu § 51 VStG (Seite 1006 f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.
Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung ist an diese rechtskräftige Entscheidung gebunden;
VwGH vom 20.9.2001, 2001/11/0237; vom 23.4.2002, 2002/11/0063; vom 8.8.2002, 2001/11/0210; vom 26.11.2002, 2002/11/0083; vom 25.11.2003, 2003/11/0200;
vom 6.7.2004, 2004/11/0046 jeweils mit Vorjudikatur uva.
Diese Bindungswirkung besteht auch dann, wenn gegen den Strafbescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben wurde;
VwGH vom 18.01.2000, 99/11/0333; vom 20.9.2001, 2001/11/0237; vom 25.11.2003, 2003/11/0200; vom 6.7.2004, 2004/11/0046 jeweils mit Vorjudikatur;
Der Bw hat mit Stellungnahme vom 3.9.2007 auf seine Lenkberechtigung verzichtet.
Die dem Bw erteilte Lenkberechtigung ist somit gem. § 27 Abs.1 Z3 FSG erloschen.
Der erstinstanzliche Bescheid beinhaltet daher – zutreffend – nicht die Entziehung der Lenkberechtigung; VwGH vom 13.8.2003, 2002/11/0168 – Pkt. 2.3 erster Satz.
Personen, welche nicht iSd § 7 FSG verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde gem. § 32 Abs.1 Z1 FSG unter Anwendung des § 26 FSG das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.
Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges eine Übertretung gem. § 99 Abs.1 StVO begangen, so ist – sofern der Lenker bei Begehung dieser Übertretung keinen Verkehrsunfall verschuldet hat – gemäß § 26 Abs.2 FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.
Ob der Bw den gegenständlichen Verkehrsunfall (mit-)verschuldet hat, kann dem Verfahrensakt bzw. dem Unfallbericht nicht mit letzter Sicherheit entnommen werden.
Der UVS geht – ohne Präjudiz für allfällige andere Verfahren – somit davon aus, dass der Bw den gegenständlichen Verkehrsunfall nicht (mit-)verschuldet hat!
Gemäß § 32 Abs.1 Z1 iVm § 26 Abs.2 FSG war daher dem Bw das Lenken eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder eines Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von vier Monaten – gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides (= 18.9.2007) – zu verbieten.
Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von – allfällig bestehenden – ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen; VwGH vom 17.3.2005, 2005/11/0057.
Dem Bw war daher für die Dauer von vier Monaten – gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides (= 18.9.2007) – das Recht abzuerkennen, von einem allfällig erteilten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.
Wird auf Grund einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO ein Lenkverbot iSd § 32 Abs.1 Z1 FSG verhängt, ist gem. § 24 Abs.3 FSG (da § 32 Abs.1 Z1 FSG auf § 24 Abs.3 leg.cit. verweist)
- eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker
- die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gem. § 8 FSG sowie
- die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme
anzuordnen; VwGH vom 13.8.2003, 2002/11/0168 – Pkt. 2.4.
Die belangte Behörde hat daher den Bw völlig zu Recht verpflichtet,
bis zum Ablauf der Verbotsdauer
- eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren
- ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen sowie
- eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen.
Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen sowie die Beschlüsse des VfGH vom 21.10.2005, B 1282/05 und des VwGH vom 6.10.2005, AW 2005/11/0053.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.
Mag. Kofler