Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400903/5/SR/Ri

Linz, 11.09.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des B H, geboren am, Staatsangehöriger von Serbien, vertreten durch Dr. O H, Rechtsanwalt in K an der K, Dstraße, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 30. August 2007, Sich40-2578-2007, wegen rechtswidriger Anhaltung in Schubhaft im Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Steyr durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

I.          Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.         Die weitergehenden Anträge werden als unzulässig zurückgewiesen.

 

III.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80  Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006) iVm. §§ 67c und 79a AVG und der UVS-Auf­wandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) - ein Staatsangehöriger von Serbien - ist nach eigenen Angaben am 23. August 2007 von seinem Heimatstaat kommend über den Landweg ohne gültige Reisedokumente illegal in das Bundesgebiet eingereist und hat am 26. August 2007 beim Bundesasylamt, EAST-WEST (im Folgenden: EAST-WEST) einen Asylantrag eingebracht.

 

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 30. August 2007, Zl. Sich 40-2578-2007, wurde über den Bf gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 4 und § 80 Abs. 5 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung und Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Verbringung in das PAZ der Bundespolizeidirektion Steyr noch am selben Tag vollzogen.

 

In der umfassenden Begründung hat die belangte Behörde den relevanten Sachverhalt ausgeführt und dabei festgestellt, dass der Bf bereits am 1. Juni 2007 in Ungarn einen Asylantrag eingebracht habe.

 

Weiters hat sie sich ausführlich mit dem Vorbringen des Bf auseinandergesetzt, anschaulich die nicht nachvollziehbaren Aussagen dargelegt und den konkreten Sicherungsbedarf begründet.

 

Aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung des Bf ist die belangte Behörde von der Annahme ausgegangen, dass der Asylantrag des Bf nach Abschluss eines Konsultationsverfahrens mit Ungarn (Wiederaufnahmeersuchen vom 29. August 2007) mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen werde.   

 

2.1. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die am 6. September 2007 auf dem Postwege beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass das "Verfahren mangelhaft" und der relevante Sachverhalt "unrichtig rechtlich beurteilt" worden sei.

 

Neben dem Antrag zur "Korrektur der Einvernahme vom 27.08.2007" wird die "ersatzlose Behebung des Bescheides der BH Vöcklabruck vom 30.08.2007, AZ Sich40-2578-2007 allenfalls mit der Auflage mich bei der Polizeiinspektion in Gründburg/Molln wöchentlich zumindest einmal zu melden" beantragt.  

 

In der Begründung führt der Rechtsvertreter des Bf aus, dass aktenwidrig eine mangelnde Absicherung in Österreich angenommen worden sei. Da nunmehr auch eine zweite Haftungserklärung des zweiten Bruders vorgelegt werde, erscheine die Schubhaft zur Sicherung des weiteren Verfahrens nicht mehr notwendig. Der Bf sei weiterhin bereit, sich wöchentlich beim zuständigen Polizeiposten zu melden und es wäre ein gelinderes Mittel ohne weiteres möglich gewesen.

 

Da A H (Bruder des Bf) zwischenzeitig die österreichische Staatsbürgerschaft erworben habe und M H (Bruder des Bf) sich seit 8 Jahren in Österreich aufhalte und diesem in Bälde die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werde falle der Bf durch deren Unterstützung dem österreichischen Staat nicht zur Last. Beiden Brüdern sei in Österreich Asyl gewährt worden und deshalb werde die Beischaffung der entsprechenden Akten beantragt.

 

Aufgrund der beschriebenen Absicherung hätte die belangte Behörde im Sinne des  § 77 FPG gelindere Mittel anwenden können.

 

Abschließend weist der Rechtsvertreter darauf hin, dass der Bf den Asylantrag in Ungarn jedenfalls unverzüglich zurückziehen werde.

 

2.2. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Verwaltungsakt per e-mail vorgelegt und eine umfassende Gegenschrift erstattet. 

 

Ergänzend hat sich die belangte Behörde mit den Widersprüchlichkeiten des Vorbringens (u.a. zum behaupteten Reiseweg und den damit wesentlich erhöhten Reisekosten) auseinandergesetzt und auf die Möglichkeit einer legalen Einreise hingewiesen. Weiters hat die belangte Behörde vorgebracht, dass sich der Bf nach dem Aufenthalt in Ungarn nicht länger als 3 Monate außerhalb der europäischen Union aufgehalten habe und schon aus diesem Grund die behauptete Rückreise in den Kosovo rechtlich nichts verändern würde. Nachdem der Bf nicht gewillt sei, sein Asylverfahren in Ungarn zu führen und auch nicht nach Ungarn zurückkehren möchte, bestünde der im Bescheid ausführlich begründete Sicherungsbedarf nach wie vor.

 

Da ein Ausweisungsverfahren nach Ungarn bereits eingeleitet und Ungarn um Wiederaufnahme ersucht worden sei, werde die kostenpflichtige Beschwerdeabweisung beantragt.  

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu Zl. Sich40-2578-2007; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und dieser vom Bf im Grunde auch nicht bestritten wird, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.1. Aufgrund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Der Bf, ein Staatsangehöriger von Serbien, geboren am 13. April 1984, reiste laut Aktenlage illegal in Ungarn ein und stellte am 1. Juni 2007 in Bah Debrecen einen Asylantrag um einer Verbringung nach Serbien zu entgehen.

 

Am 23. August 2007 reiste der Bf illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein und stellte am 26. August 2007 bei der EAST-West einen weiteren Asylantrag. Die erkennungsdienstliche Behandlung erbrachte den EURODAC-Treffer HU1330004162702 und den Hinweis auf die Asylantragsstellung in Ungarn am 1. Juni 2007.

 

Im Zuge der niederschriftlichen Erstbefragung nach dem AsylG 2005 durch Organe der Polizeiinspektion St. Georgen im Attergau gab der Bf an, dass er in Ungarn bei der illegalen Einreise von der Polizei erwischt worden sei und nur einen Asylantrag gestellt habe, um einer Verbringung nach Serbien zu entgehen. Abschließend sagte der Bf aus, dass er nicht nach Ungarn zurück möchte, da man dort nicht die gleichen Rechte habe wie in Österreich.

 

Am 29. August 2007 wurde das Konsultationsverfahren mit Ungarn eingeleitet und das Wiederaufnahmegesuch an Ungarn gestellt.

 

Mit Fax vom 30. August 2007 teilte das EAST-West der belangten Behörde gemäß   § 29 Abs. 3 AsylG mit, dass die Zurückweisung des Asylantrages des Bf beabsichtigt sei und seit 29. August 2007 Dublin Konsultationen geführt würden.

 

3.2. Wie bereits die belangte Behörde ausführlich dargelegt hat, ist das Vorbringen des Bf widersprüchlich, nicht nachvollziehbar und entspricht auch nicht der Lebenserfahrung.

 

Den Angaben des Bf ist zu entnehmen, dass er ausschließlich Österreich als Zielland erkoren hat, hier im Kreise seiner nahen Verwandten leben und sich in Österreich integrieren möchte. Lediglich aufgrund der fehlgeschlagenen Schleppung musste er – aus seiner Sicht - zwangsläufig in Ungarn einen Asylantrag stellen. Diese Vorgangsweise zeigt auf, dass es ihm nicht um Schutz vor asylrelevanter Verfolgung gegangen ist, sondern er nur eine Zurückweisung (Zurückschiebung) nach Serbien vermeiden wollte. Da er in Ungarn nicht in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt war, konnte er leicht mit (s)einem Schlepper Kontakt aufnehmen und die weitere Reisebewegung planen. Im Hinblick auf den bezahlten Schlepperlohn von 2.400 Euro ist nicht nachvollziehbar, das sich der Bf "kostenlos" und illegal in den Kosovo zurückbringen hat lassen um anschließend wiederum gegen ein Schlepperentgelt von 1.200 Euro die neuerliche Reise aus dem Kosovo nach Österreich anzutreten. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass man knapp vor der Zielerreichung ohne erkennbaren Grund von der Weiterreise Abstand nimmt, an den Ausgangspunkt zurückfährt, neuerlich Schlepperkosten an einen anderen Schlepper zahlt, sich wiederum dem Risiko mehrerer illegaler Grenzübertritte aussetzt und eine wesentlich längere Reisebewegung in Kauf nimmt.

 

Darauf abstellend ist davon auszugehen, dass der Bf im Anschluss an seinen Aufenthalt in Ungarn illegal nach Österreich weitergereist ist um einerseits seine Kosten und andererseits das Risiko bei illegalen Grenzübertritten zu minimieren. Der Bf ist somit in Ungarn untergetaucht, hat sich dem weiteren Asylverfahren nicht mehr gestellt und sich dem Zugriff der ungarischen Behörden entzogen.

 

Die belangte Behörde hat die widersprüchlichen Angaben des Bf übersichtlich aufgezeigt und daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen.

 

Die Feststellungen zu den Verfahrensabläufen gründen sich auf die Eintragungen in der DGA zu AI/07 07.838.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat ein Fremder u.a. das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechts­widrigkeit des Schubhaftbescheides und/oder der Anhaltung anzurufen, wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Nach § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG kann die Fremdenbehörde auch über einen Asylwerber (als solcher gilt nach § 2 Abs. 14 des AsylG, ein Fremder ab der Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz - d.i. gemäß § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG das auf welche Weise auch immer artikulierte Ersuchen, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen - bis zum rechtskräftigen Abschluss, bis zur Einstellung oder bis zur Gegenstands­losigkeit dieses Verfahrens) zum Zweck der Sicherung des Verfahrens einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängen, wenn gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

 

In gleicher Weise kann über einen Asylwerber gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG die Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungs­dienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Asylantrag mangels Zuständig­keit Österreichs zu dessen Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Nach dem auch insoweit maßgeblichen § 77 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in perio­dischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden. Gegen Minderjährige muss die Behörde gelindere Mittel anwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

4.2. Der Bf wird zum Entscheidungszeitpunkt in Schubhaft angehalten.

 

Obwohl nach den Beschwerdeausführungen lediglich die "ersatzlose Behebung" des angefochtenen Bescheides "allenfalls" verbunden mit "der Vorschreibung von Auflagen" beantragt wird und diese Anträge wie nachfolgend dargestellt als unzulässig zurückzuweisen sind, hatte der Unabhängige Verwaltungssenat entsprechend der §§ 82f FPG eine umfassende Prüfung vorzunehmen.

 

Seine Beschwerde ist somit zulässig, aber unbegründet.

 

4.3. Aufgrund seines Asylantrags vom 26. August 2007 ist der Bf als Asylwerber anzusehen, weshalb die Bestimmung des § 76 Abs. 2 FPG grundsätzlich zur Anwendung kommen kann.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über Asylwerber nur verhängt werden, wenn einer der in den Ziffern 1 bis 4 angeführten Fälle gegeben ist.

 

4.3.1. Die belangte Behörde hat sich bei der Anordnung der Schubhaft in erster Linie auf    § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG gestützt. Aufgrund der Ergebnisse der Erstbefragung im Zulassungsverfahren konnte sie zu Recht davon ausgehen, dass der Bf in Ungarn einen Asylantrag eingebracht hat und dieses Verfahren noch nicht rechtskräftig entschieden ist. Vertretbarerweise konnte sie daher annehmen, dass Ungarn zur Entscheidung über diesen Antrag weiterhin zuständig ist und der in Österreich gestellte Antrag mangels Prüfungszuständigkeit zurückgewiesen werden wird.

 

Aus der Aktenlage ergibt sich kein Grund, der die belangte Behörde zu der Annahme veranlassen hätte müssen, dass der Zweck der Schubhaft auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Die Überlegungen der belangten Behörde finden auch Deckung in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe E vom 28.06.2007, Zl. 2006/21/0051-8).

 

Das jeder Lebenserfahrung widersprechende Vorbringen des Bf zeigt eindeutig auf, dass er sich über den zuletzt gestellten Asylantrag ausschließlich seinen Aufenthalt in Österreich zu sichern suchte.

 

Mit der angeblichen freiwilligen Rückkehr in den Kosovo nach dem ersten missglückten Versuch illegal nach Österreich zu gelangen (Aufgriff in Ungarn) und der Absichtserklärung, den in Ungarn (ungewollt) gestellten Asylantrag unverzüglich zurückziehen zu wollen,  versuchte der Bf einen Sachverhalt zu schaffen, nach dem die Zuständigkeit Ungarns zur Prüfung des Asylantrages ausgeschlossen werden sollte.

 

4.3.2. Abgesehen davon, dass die vom Bf behauptete Rückkehr in den Kosovo nicht glaubwürdig ist, wäre weder diese Rückkehr noch die Zurückziehung des Asylantrages in Ungarn geeignet, die Zuständigkeit Ungarns zur Führung des Asylverfahrens zu beseitigen.   

 

Nach Art. 4 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrag zuständig ist (im Folgenden: Dublin II VO) ist der Mitgliedstaat, bei dem der Asylantrag gestellt wurde, gehalten, einen Asylbewerber, der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates befindet und dort einen Asylantrag gestellt hat, nachdem er seinen Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen des Artikels 20 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen. Diese Verpflichtung erlischt, wenn der Asylbewerber zwischenzeitlich die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hat. 

 

Gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II VO ist der Mitgliedstaat, der nach der vorliegenden Verordnung zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist, gehalten, einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Antrages unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe des Artikels 20 wieder aufnehmen.

 

Diese Verpflichtung erlischt gemäß Art. 16 Abs. 3 Dublin II VO, wenn der Asylbewerber zwischenzeitlich die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hat. 

 

Nach Art. 20 Abs. 1 Dublin II VO wird gemäß Art. 4 Abs. 5 und Art. 16 Abs. 1 lit. c ein Asylbewerber u.a. nach folgenden Modalitäten wieder aufgenommen:

lit. b) der Mitgliedstaat, der um Wiederaufnahme des Asylbewerbers ersucht wird, muss die erforderlichen Überprüfungen vornehmen und den Antrag so rasch wie möglich und unter keinen Umständen später als einen Monat, nachdem er damit befasst wurde, beantworten. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen;

lit. c) erteilt der ersuchte Mitgliedstaat innerhalb der Frist von einem Monat bzw. der Frist von zwei Wochen gemäß lit. b) keine Antwort, so wird davon ausgegangen, dass er die Wiederaufnahme des Asylbewerbers akzeptiert.

 

Aufgrund der Aktenlage steht unbestritten fest, dass der Bf am 1. Juni 2007 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat und – sollte man den Angaben des Bf folgen und von einer Rückkehr in den Kosovo ausgehen –  sich nach dieser Antragstellung nicht länger als 3 Monate außerhalb des Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten aufgehalten hat.

 

4.3.3. Unwidersprochen steht fest, dass der angeführte Eurodac-Treffer vorliegt und das Bundesasylamt nach den Bestimmungen des AsylG ein Ausweisungsverfahren eingeleitet hat.

 

Auf die vorliegende Aktenlage abstellend, konnte die belangte Behörde nur zu Recht zu dem Ergebnis kommen, dass der Bf den Asylantrag nur deshalb gestellt hat, um fremdenpolizeiliche Maßnahmen hintan zu halten.  

 

Um einer Zurückschiebung oder Abschiebung und/oder einem Asylverfahren in einem anderen, zuständigen Staat zu entgehen hat der Bf äußerst allgemein gehaltene, knappe Angaben zum Fluchtweg gemacht. Die Zuständigkeit Ungarns vermeinte er durch die angebliche Rückreise in den Kosovo und die beabsichtigte Antragszurückziehung ausschließen zu können. 

 

Die belangte Behörde hat den vorliegenden Sachverhalt zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides richtig beurteilt und ist zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass der Bf aufgrund seines bisherigen Verhaltens und seines Vorbringens nicht gewillt ist, den behördlichen Anordnungen Folge zu leisten und einer Ausweisung nach Ungarn nachzukommen. Daher hat die belangte Behörde zutreffend angenommen, dass der Bf versuchen werde, sich  – wie in der Vergangenheit in Ungarn - den fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen.

 

Der konkrete Sicherungsbedarf war somit gegeben und die Anwendung gelinderer Mittel zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung ausgeschlossen. Entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters sind die vorgelegten Haftungserklärungen nicht geeignet, den konkreten Sicherungsbedarf auszuschließen und die Anwendung gelinderer Mittel geboten erscheinen zu lassen.

 

Die Verhängung der Schubhaft war im konkreten Fall auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um dieses Ziel zu gewährleisten war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit erforderlich. Der gegenläufigen Einwendung des Bf war nicht zu folgen. 

 

4.4.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

 

Nach Abs. 2 darf die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs. 3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

 

Gemäß § 80 Abs. 5 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z. 1 bis 3 vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der unabhängige Bundesasylsenat eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

 

4.4.2. Im Hinblick auf die Verfahrensführung der belangten Behörde und die derzeitige Dauer der Anhaltung in Schubhaft (knapp zwei Wochen) kann nicht erkannt werden, dass die belangte Behörde ihrer Verpflichtung nach § 80 Abs. 1 FPG nicht nachgekommen wäre.

Da sich das Asylverfahren noch im Stadium der Zulassung befindet, das Ausweisungsverfahren nach dem Asylgesetz nach wie vor geführt wird (das Konsultationsverfahren mit Ungarn ist nach Aktenlage noch nicht abgeschlossen) und die Wiederaufnahme des Bf durch die ungarischen Behörden wahrscheinlich ist, ist weder der Grund für die Anordnung der Schubhaft weggefallen noch das Ziel unerreichbar.    

 

Wie unbestritten feststeht, hat die belangte Behörde die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG angeordnet. Zum Entscheidungszeitpunkt über die gegenständliche Beschwerde ist der Grund für die Anhaltung nicht weggefallen, das Ziel noch erreichbar und es liegt auch noch keine rechtskräftige negative Entscheidung über den Asylantrag vor. Die weitere Anhaltung des Bf kann daher auf § 80 Abs. 2 und Abs. 5 FPG gestützt werden.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Gleichzeitig war gemäß § 83 Abs. 4 FPG festzustellen, dass zum Entscheidungszeitpunkt die für die Fortsetzung maßgeblichen Voraussetzungen noch vorliegen.

 

4.5. Dem unabhängigen Verwaltungssenat obliegt ausschließlich eine Rechtmäßigkeitsprüfung des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung. Dauert die Anhaltung zum Zeitpunkt der Entscheidung noch an, hat der unabhängige Verwaltungssenat festzustellen, ob die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

Stellt der unabhängige Verwaltungssenat fest, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen, ist die Schubhaft des Fremden gemäß     § 81 Abs. 1 Z.2 FPG formlos aufzuheben. Im Hinblick auf § 77 FPG kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat auch nicht die Anordnung gelinderer Mittel zu.

 

Die entsprechenden Anträge des Bf waren daher zurückzuweisen.

 

5. Gemäß § 79a AVG iVm. § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Beim gegenständlichen Verfahrensergebnis war dem Bund als dem zuständigen Rechtsträger auf Antrag der belangten Behörde der Vorlage- und Schriftsatzaufwand (51,50 Euro und 220,30 Euro) nach den Pauschalbeträgen der geltenden UVS-Auf­wandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 334/2003) und damit ein Verfahrensaufwand in der Höhe von insgesamt 271,80 Euro zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unter­schrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabe- und Beilagegebühren in Höhe von 27,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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