Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162601/9/Bi/Se

Linz, 17.12.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn O P, L, vom 5. Oktober 2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 18. September 2007, VerkR96-11460-2007-Ni/Pi, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 11. Dezember 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird im Zweifel Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 eine Geldstrafe von 240 Euro (66 Stunden EFS) verhängt, weil er am 29. Jänner 2007, 8.12 Uhr, mit dem Fahrzeug Kz.       in der Gemeinde St. Georgen bei Obernberg/I., Ortsgebiet Hub, B148 Altheimer Bundesstraße bei km 8.450, im Bereich der außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrs­­zeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 51 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 24 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 11. Dezember 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw sowie der Zeugen Meldungsleger GI K W (Ml) und RI J S durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei bei der Anhaltung überrascht gewesen und habe deshalb gesagt, er sei wohl in Gedanken gewesen. Nachher seien aber insofern Zweifel aufgetaucht an der Richtigkeit des Messergebnisses, als zum einen die Uhrzeit nicht gestimmt habe und zum anderen die Messentfernung nie genannt worden sei. Dort seien in beiden Richtungen Geschwindigkeitsbe­schränkungen auf 70 km/h, die aber Beginn und Ende nicht in beiden Richtungen gleichzeitig hätten, sondern so versetzt seien, dass er in seiner Fahrtrichtung ein um über 100 m versetztes Ende hätte als die Beschränkung in der Gegenrichtung anfange. Es sei daher fraglich, ob ihn der Beamte auch tatsächlich innerhalb der für ihn geltenden 70 km/h-Beschränkung gemessen habe. Außerdem habe damals der Sturm "Olli" geherrscht, sodass das Messergebnis auch deshalb fraglich sei. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört und die von ihm vorgelegten Fotos eingesehen und erörtert, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die ange­führten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einver­nommen wurden. 

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens lenkte der Bw den in Ungarn zugelassenen Pkw am 29. Jänner 2007 kurz nach 8.00 Uhr auf der B148 in Richtung Altheim. Dort befindet sich im Bereich bei km 8.450 eine Kreuzung, auf der wegen der Unfallhäufung eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h mit Verordnung der BH Ried/I. vom 2. Februar 2001, VerkR10-G38-2000, so verordnet wurde, dass der Beschränkungsbereich in Fahrtrichtung des Bw von km 8.326 bis 8.540, in der Gegenrichtung von km 8.649 bis 8.435 reicht – zwischen dem Ende der 70 km/h- Beschränkung in Fahrtrichtung des Bw und dem Beginn in der Gegenrichtung liegen somit 109 m. Nach der Kreuzung ca bei km 8.8 befinden sich auf beiden Seiten der B148 Ausweichstellen in Form von Feldzufahrten, wobei die Zufahrt aus der Sicht des Bw links als häufiger Standort für Polizeifahrzeuge für Lasermessungen auf den in Richtung Altheim ankommenden Verkehr verwendet wird. Von dort aus lässt sich speziell im Winter ein Fahrzeug in bereits vor der Linkskurve vor km 8.2 durch die unbelaubten Sträucher hindurch in Herannahen verfolgen und ein Anvisieren ist bei der Einfahrt in die Kurve leichter möglich, zumal die 70 km/h-Strecke für Fahrzeuge in Richtung Altheim relativ kurz ist, da sie nur bis kurz nach der Kreuzung reicht. Der Bw hat in der Verhandlung von ihm fotografierte Lichtbilder zum einen aus seiner Sicht in Richtung Altheim, zum anderen aus der Sicht der Polizeibeamten von einer Position beim Feldweg aus gemäß der damaligen Lasermessrichtung, das ist Richtung Ort/I., vorgelegt. Dabei lässt sich ersehen, dass aus der Sicht des Messbeamten die B148 zunächst gerade verläuft, jedoch beim Ende der 70 km/h-Beschränkung in Richtung Altheim eine Linkskurve beschreibt, dh wenn ein Fahrzeug im 70 km/h-Bereich gemessen werden soll, muss es im Bereich der Linkskurve anvisiert werden. 

 

Bei der Verhandlung wurde geklärt, dass der damals dem Bw bei der Anhaltung vorgehaltene Messwert von 125 km/h mittels Lasermessgerät LTI 20.20 TS/KM-E Nr. 5696 festgestellt wurde, das laut vorgelegtem Eichschein zuletzt vor dem Vorfall am 4. Dezember 2006 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2009 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht wurde. Messbeamter war RI S, der im in Blickrichtung B148 in rechtem Winkel dazu abgestellten Polizeifahrzeug auf dem Beifahrersitz saß und den in Richtung Altheim ankommenden Verkehr anvisierte. Die Anhaltung wurde vom Ml durchgeführt, der den Bw zum Polizei­fahrzeug winkte, wo auch die Amtshandlung stattfand.

 

Zum einen tauchen bereits auf den ersten Blick insofern Diskrepanzen auf, als aus dem Messprotokoll als Zeit für den Messbeginn von diesem Standort aus bzw Zeit der Einstiegstests 8.15 Uhr aufscheint, wobei hingegen als Tatzeit in der Anzeige 8.12 Uhr angeführt ist. Selbst wenn, wie beide Zeugen behaupten, jeder Beamte auf seine Armbanduhr gesehen hat und beide Uhren offensichtlich nicht überein­stimmten, ist nicht eindeutig geklärt, wie spät es bei der Messung des Bw tatsächlich war, dh die Tatzeit steht seit 29. Jänner 2007 nicht eindeutig fest – allerdings hat der Bw nie behauptet, er sei zweimal hintereinander dort gefahren.  

Viel auffälliger ist aber, dass seit 29. Jänner 2007 keine Messentfernung festgestellt wurde, was aber insofern von Bedeutung ist, als damit nicht feststeht, ob der vom Bw gelenkte Pkw tatsächlich innerhalb der für ihn geltenden 70 km/h-Beschränkung gemessen wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde die Frage offenbar nicht gestellt; in der Berufungsverhandlung konnte der Ml darauf keine Antwort geben. Der Messbeamte RI S teilte seine Displaydaten offenbar dem Ml mit, der Messge­schwindigkeit und -entfernung notieren sollte, aber diesbezüglich keine Aussagen machen konnte. Für den Fall, dass er seine damaligen handschriftlichen Aufzeichnungen noch finde, wurde im Rahmen der Zeugeneinvernahme die Über­mittlung dieser Notizen mittels Fax in der Form vereinbart, dass die Amtshandlung damit nachvollziehbar dokumen­tiert würde, dh auch vor und nach der Amtshandlung mit dem Bw im Zusammenhang. Der Ml hatte in der Verhandlung Zweifel, ob er die Aufzeichnungen noch habe bzw finde, sagte dies aber gegebenenfalls zu. Er übermittelte jedoch mit Fax vom 15. Dezember 2007 den bloßen "Bericht", der Standort des Messorganes habe sich damals bei km 8.876 der B148 befunden und die Messung habe eine Entfernung von 426 m ergeben.   

 

Abgesehen davon, dass der Ml seine Aufzeichnungen nicht mehr gefunden haben dürfte, ist daraus für den UVS nur ersichtlich, dass der Ml  ausgehend vom Standort des Polizeifahrzeuges – die Feldeinfahrt kann durch die Entfernung von der letzten Kilometrierung 8.8 mittels Laser ausgemessen werden – einfach die Entfernung bis zum in der Anzeige genannten km 8.450 genommen hat, der tatsächlich 426 m vom Standort entfernt ist, allerdings auf der Straße. Dass aber die Lasermessung nicht in Straßenverlauf stattgefunden haben kann, sondern, wie das vom Bw vorgelegte Bild, aufgenommen von der Feldeinfahrt in Richtung Linkskurve, zeigt, die für den Bw geltende 70 km/h-Beschränkung innerhalb der Linkskurve liegt, sodass der Mess­strahl in der Luftlinie eine vom Straßenverlauf abweichende Linie beschreiben musste, liegt auf der Hand. Damit lässt sich aus dem "Bericht" des Ml zum einen die tatsächliche, naturgemäß kürzere Messentfernung nicht ersehen, zum anderen ist damit nicht erkennbar, ob er den vom Bw gelenkten Pkw tatsächlich innerhalb der für ihn geltenden 70 km/h-Beschränkung gemessen hat.

   

Der Tatvorwurf ist nach Ansicht des UVS somit nicht schlüssig nachvollziehbar und daher war in rechtlicher Hinsicht im Zweifel zugunsten des Bw spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskosten nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Messentfernung nicht erweisbar -> Einstellung im Zweifel

 

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