Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300798/4/Ste/AB

Linz, 14.12.2007

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der J A P, F, vertreten durch Dr. K W, Rechtsanwalt, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmanns des Bezirks Schärding vom 24. September 2007, Zl. Pol96-2006, wegen einer Verwal­tungs­übertretung nach dem Oö. Polizeistrafgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.          Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Tatvorwurf und die verletzte Rechtsvorschrift im Spruch wie folgt lauten:

„Sie haben es als persönlich haftende Geschäftsführerin und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P KG, S, zu verantworten, dass Räume des Nachtlokals B, S, in der Nacht vom 30. Oktober 2006 gegen Mitternacht, bis 31. Oktober 2006, 00.20 Uhr, für Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt wurden, da dort von Frau E d J die Prostitution gegen Bezahlung von 220 Euro (inkl. eines Getränks) zum Zweck der Erzielung eines Erwerbs angebahnt und vollzogen wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 lit. c Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl. Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 61/2005.“

 

Im Übrigen wird der angefochtene Be­scheid bestätigt.

II.    Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster In­stanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unab­hängigen Verwaltungssenat in Höhe von 400 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 24. September 2007, Zl. Pol96-2006, wurde – nach einer Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. Januar 2007, Pol96-2006 durch die belangte Behörde – über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) gemäß § 10 Abs. 1 lit. b Oö. Polizeistrafgesetz eine Geldstrafe von 2.000 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden verhängt, weil sie es als persönlich haftende Gesellschafterin der Firma P KG zu verantworten hätte, dass im Nachtlokal „B“ in der Nacht vom 30. auf 31. Oktober 2006 gegen Mitternacht bis 00.20 Uhr, die Räumlichkeiten zum Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt worden seien, da dort von E d J, geboren am, Geschlechtsverkehr gegen Bezahlung eines Entgelts in der Höhe von 220 Euro (inkl. eines Getränks) angebahnt und vollzogen worden sei. Sie habe dadurch § 2 Abs. 3 lit. e iVm. Abs. 2 Oö. Polizeistrafgesetz iVm. der Verordnung des Gemeinderats von St. Florian am Inn vom 11. Oktober 1993 verletzt.

 

Begründend führt die Behörde erster Instanz dazu im Wesentlichen aus, dass der Sachverhalt auf Grund der Anzeige des Landespolizeikommandos vom 16. November 2006, GZ 1040/2006-LKA10, sowie aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der Zeugenaussage des Herrn W S erwiesen sei. Darüber hinaus setzt sich die belangte Behörde in der Begründung mit der Rechtfertigung der Bwin aus dem bis dahin geführten Verfahren auseinander. Die Behörde erster Instanz schließt ihre Begründung mit Ausführungen zur Strafbemessung, wobei weder besondere Milderungs- noch Erschwernisgründe zur Anwendung kamen, mit Ausnahme der Tatsache, dass bereits einschlägige Verwaltungsvorstrafen vorliegen würden. Im Übrigen ging die Behörde erster Instanz von einem „enormen Unrechtsgehalt“ der Tat aus.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin zu Handen ihres Rechtsvertreters am 28. September 2007 zugestellt wurde, richtet sich die am 5. Oktober 2007 – und somit rechtzeitig – bei der Behörde erster Instanz persönlich eingebrachte Berufung.

 

Darin wird in erster Linie beantragt, den erstinstanzlichen Bescheid zur Gänze aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung an die Behörde erster Instanz zu verweisen, allenfalls die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen herabzusetzen.

 

Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass die Beweiswürdigung im Straferkenntnis unrichtig wäre, weil von der Behörde erster Instanz eine völlig unglaubwürdige Aussage eines Zeugen her­an­gezogen worden sei. Darüber hinaus hätte die Behörde erster Instanz den Sachverhalt auch unrichtig rechtlich beurteilt, weil es an einem konkreten Tatvorwurfe fehle, und wäre die Strafhöhe unangemessen hoch.

 

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Ober­österreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungs­vorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständig­keit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser – da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch das nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde sowie die vorgelegten Schriftsätze. Sowohl die Bwin als auch die belangte Behörde haben auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet (§ 51e Abs. 5 VStG). Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war nach Einschätzung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats auch nicht erforderlich. Die mangelnde Erforderlichkeit der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich vor allem daraus, dass im vorliegenden Fall bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, im Kern im Wesentlichen lediglich eine Rechtsfrage zu klären ist und insgesamt dem nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK entgegen steht.

 

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2007 wurde die Bwin im Rahmen des Parteiengehörs vom Oö. Verwaltungssenat davon informiert, dass auf Grund der vorliegenden Berufung beabsichtigt ist, die Berufung mit der Maßgabe als unbe­gründet abzuweisen, dass im Spruch die Tat präzisiert und die verletzte Rechts­vorschrift „§ 9 VStG iVm. § 2 Abs. 3 lit. c Oö. Polizeistrafgesetz“ lautet.

 

In der darauf ergangenen Stellungnahme der Bwin vom 2. November 2007 bringt diese lediglich vor, dass eine Korrektur und Ergänzung des Spruchs aus Gründen der eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich wäre, nimmt im Übrigen jedoch weder zur Tat noch zu deren rechtlicher Beurteilung Stellung.

 

2.2. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Die Bwin ist als persönlich haftende Geschäftsführerin der P KG verantwortlich für den Ablauf der Geschäfte in der „B“ in S.

 

In der Nacht vom 30. auf 31. Oktober 2006 bot sich Frau E d J, die in der besagten Bar als Animierdame arbeitet und sich so eine Einkommensquelle verschafft, in den Räumen der „B“ zur Ausführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs Herrn S an und traf mit ihm eine Entgeltvereinbarung (konkret: "Geschlechtsverkehr und Aufenthalt im Whirlpool zum Preis von 220 Euro sowie ein Getränk für die Dame"). Der Geschlechtsverkehr wurde anschließend wie verabredet vollzogen. Den mit Frau d J vereinbarten Preis zur Vornahme sexueller Handlungen zahlte Herr S bereits vor Beginn der vereinbarten Handlungen bei der Bardame, die die Bwin war. Die vereinbarte sexuelle Interaktion war kurz vor der Polizeikontrolle durch die Bordellstreife des LKA-, EB-10 (namentlich Herrn BI E und Herrn BI L) beendet. (Vgl. die Angaben des Herrn S in der Niederschrift über die Zeugenvernehmung durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28. August 2007, Pol96-2006 sowie in der Anzeigeschrift des Landespolizeikommandos vom 16. November 2006, GZ 1040/46541/2006-LKA10.) Den Polizeibeamten wurde bei dieser Polizeikontrolle die Zimmertür (Zimmer 1) erst nach mehrmaliger Aufforderung geöffnet. Frau d J war dabei nur leicht bekleidet, Herr S trug lediglich eine Unterhose und war im Begriff, sich anzuziehen. Das Zimmer war mit einem großen Bett und einem Whirlpool, der offensichtlich unmittelbar vor der Polizeikontrolle benutzt worden ist, eingerichtet (vgl. die Anzeigeschrift des Landespolizeikommandos vom 16. November 2006, GZ 1040/46541/2006-LKA10).

 

2.3. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Anzeigeschrift des Landespolizeikommandos vom 16. November 2006, GZ 1040/46541/2006-LKA10 und den Angaben von Herrn S, der sowohl von der Behörde erster Instanz als auch im Rahmen der Anzeige durch das Landespolizeikommando am 16. November 2006 als Zeuge einvernommen wurde. Seine Schilderung ist jedenfalls in sich schlüssig.

 

Die gegenteiligen Aussagen der Zeugin d J, die angab, dass sie nur Animierdame sei und sie sich mit Herrn S im besagten Zimmer nur unterhalten habe, ein Geschlechtsverkehr aber nicht stattgefunden hätte (vgl. die Anzeigeschrift des Landespolizeikommandos vom 16. November 2006, GZ 1040/2006-LKA10), scheint demgegenüber unglaubwürdig. Es widerspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass in einer Bar Gäste in nicht für den allgemeinen Aufenthalt vorgesehene Zimmer gehen, um sich dort (mitunter in einem Whirlpool) zu unterhalten.

 

Die Behauptungen der Bwin sind ebenso nicht glaubwürdig. So hat sie offenbar zumindest in Kauf genommen, dass Frau d J mit Herrn S eine Zahlung für die Vornahme eines Geschlechtsverkehrs vereinbarte und sich mit diesem zur Vornahme des vereinbarten Geschlechtsverkehrs in ein entsprechendes Zimmer zurückzog. Sie hat jedenfalls Frau d J nicht hinreichend auf eine allfällige Anbahnung bzw. Ausübung hin kontrolliert, obwohl einem solchen Kontrollsystem gerade in dieser Berufsbranche besondere Bedeutung zukommt.

 

Gesamtbetrachtet scheinen dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats die Geschehensversion des Zeugen S und der Polizisten glaubwürdiger, weil schlüssiger, als jene der Zeugin d J und der Bwin. Insbesondere besteht auch kein Grund, an der Darstellung der Polizisten zu zweifeln, die vor Ort die genauen Umstände gesehen haben und diese auch zeitnah dokumentierten.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. c Oö. Polizeistrafgesetz – Oö. PolStG, LGBl. Nr. 36/1979, in der im Zeitpunkt der Tat geltenden Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 61/2005, begeht eine Verwaltungsübertretung ua. wer in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe ausgeübt wird, Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet.

 

Nach § 10 Oö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 2 Abs. 3 leg. cit. mit Geldstrafe bis 14.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Oö. PolStG ist im Anwendungsbereich dieses Landesgesetzes unter Prostitution die sexuelle Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken zu verstehen.

 

Unter „Anbahnung“ der Prostitution ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH – vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Mai 2006, 2005/09/003, mwN.) jedes erkennbare Sichanbieten zur Ausführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs oder die Bereitschaft zur sexuellen Interaktion in der Absicht zu verstehen, sich hierdurch eine Einnahmequelle zu verschaffen. Sie umfasst auch das Herumstehen in der erkennbaren Absicht, „Kunden“ anzulocken, die Kontaktaufnahme oder das Treffen von Preisabsprachen für den Vollzug eines Geschlechtsverkehrs. Die Subsumtion eines konkreten Verhaltens unter den Begriff der „Anbahnung“ setzt voraus, dass das jeweilige Verhalten, nämlich die Bereitschaft zu sexuellen Interaktionen gegen Entgelt oder die Absicht, sich gegen Entgelt fremden Personen hinzugeben, allgemein erkennbar zum Ausdruck bringt; es muss allgemein und nicht nur von einem eingeweihten Personenkreis als Anbieten zum entgeltlichen Geschlechtsverkehr verstanden werden.

 

3.2. Im vorliegenden Fall steht außer Zweifel, dass die fraglichen Räumlichkeiten als Bar in Form eines Gastgewerbes geführt werden. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, ist das Zimmer 1 im Gebäude so eingerichtet, wie es typisch für Zwecke der Ausübung der Prostitution ist (großes Bett, Whirlpool). Die Bwin stellt als Verfügungsberechtigte diese Räumlichkeiten zur Verfügung.

 

Durch die im Lokal vorgenommene Vereinbarung eines Entgelts für die Vornahme sexueller Handlungen und die Verabredung, zur Durchführung eines Geschlechtsverkehrs in ein gesondertes Zimmer zu gehen, sowie dem tatsächlichen Vollzug des Geschlechtsverkehrs in einem entsprechend eingerichteten Zimmer (großes Bett, Whirlpool) mit Herrn S im Zusammenhang mit dem von der Zeugin d J zugestandenen Umstand, dass sie in der Bar als Animierdame arbeitet, ist der Tatbestand der Anbahnung und Ausübung der Prostitution jedenfalls erfüllt, da nicht glaubhaft ist, dass es beim bloßen Animieren blieb. Fest steht jedenfalls, dass ein entgeltlicher Geschlechtsverkehr einerseits vereinbart und damit angebahnt wurde, andererseits auch tatsächlich vollzogen und daher ausgeübt wurde. Ob die Initiative dafür von der Zeugin d J oder vom „Kunden“ ausgegangen ist, spielt dabei keine Rolle (vgl. VwGH vom 27. November 1989, 89/10/0124). Im Übrigen ist auch die Erwerbsabsicht aus den Umständen des konkreten Falls durch die Vereinbarung des Entgelts von 220 Euro (inklusive Getränk) klar ersichtlich und ergibt sich insbesondere auch aus der Zeugenaussage des „Kunden“, wonach dieser das Entgelt "bereits zu Beginn an die Bardame [Bwin] bezahlen musste" (vgl. die Anzeigeschrift des Landespolizeikommandos vom 16. November 2006, GZ 1040/46541/2006-LKA10) sowie der Aussage der Bwin, dass sie das Geld kassierte (wenn auch unter Vorgabe, dass sie das Geld nur für Getränke, keinesfalls für Geschlechtsverkehr kassiert habe – vgl die Anzeigeschrift des Landespolizeikommandos vom 16. November 2006, GZ 1040/46541/2006-LKA10).

 

Im Übrigen kann nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenats auch in der Vereinnahmung des Entgelts durch die Bwin selbst der Tatbestand der Anbahnung gesehen werden, kennt doch das Oö. PolStG nicht nur eine Anbahnung durch die Prostituierte selbst, sondern auch eine Anbahnung durch andere Personen (vgl. VwGH vom 7. September 1998, 98/10/0018).

 

Wenn die Bwin in der Berufung und auch in ihrer Stellungnahme vom 2. November 2007 rügt, dass die Behörde erster Instanz ihr das Anbahnen und Ausüben nicht zeitgerecht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 VStG vorgeworfen hat, so widerspricht dies der Aktenlage. In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. Jänner 2007 sind alle Elemente genau genannt, insbesondere etwa auch das Entgelt in Höhe von 220 Euro. Mit dem Einwand der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung zu einer Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. c Oö. PolStG räumt die Bwin zumindest indirekt wohl auch ein, dass eine solche Übertretung stattgefunden hat.

 

Die Bwin war als Geschäftsführerin zweifellos in der Lage, die Art und Weise zu bestimmen, wie die Bar geführt wurde. So hatte sie auch dafür zu sorgen und ist dafür iSd. § 9 VStG verantwortlich, dass dieses Lokal nicht zur Anbahnung und Ausübung der Prostitution verwendet wurde. Tatsächlich wurde das Lokal aber zu solchen Zwecken verwendet. Insbesondere ist es im vorliegenden Fall auch tatsächlich zum Vollzug des Geschlechtsverkehrs gekommen. Dass dies nicht gegen den Willen der Betreiberin geschehen konnte, liegt auf der Hand.

 

Die Bwin hat jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass die Räumlichkeiten des fraglichen Lokals zur Anbahnung und Ausübung dienen können, und hat damit das objektive Tatbild der Zur-Verfügung-Stellung von Räumlichkeiten zum Zweck der Anbahnung und Ausübung der Prostitution in einem Gebäude, in dem ein Gastgewerbe ausgeübt wird, erfüllt.

 

Da im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vom 24. September 2007, Pol96-2006 durch die Wortfolge „als persönlich haftende Gesellschafterin und somit nach außen vertretungsbefugte Person der Firma P KGbzw. in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. Jänner 2007, Pol97-2006 ("als persönlich haftende Geschäftsführerin der Firma P KEG"), eindeutig zum Ausdruck kommt, dass der Bwin die Tat nicht in eigener Verantwortung sondern vielmehr als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich Verantwortlichen vorgeworfen wird, ist es nach Rechtsprechung des VwGH unproblematisch, wenn der Bwin erstmals im Berufungsbescheid zur Last gelegt wird, die Übertretung in ihrer Eigenschaft als Verantwortlicher nach § 9 VStG begangen zu haben. Insbesondere liegt keine Verjährung vor (vgl. VwSlg. 12.375A/1987 [verst Sen]; VwGH vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0077; vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/04/0022; vom 9. November 1988, Zl. 88/03/0052; vom 16. Dezember 1997, Zl. 96/09/0328; vom 15. September 1998, Zl. 95/09/0247; mwN aus der Rechtsprechung eingehend Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1285 f zu § 9 VStG.)

 

Im Ergebnis kann der Unabhängige Verwaltungssenat der belangten Behörde daher nicht entgegentreten, wenn sie grundsätzlich von der verwaltungsbehördlichen Straf­barkeit der Bwin auf der Basis des Oö. PolStG ausging.

 

3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Straf­barkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungs­übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Täterin nicht glaubhaft macht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des VwGH hat die Bwin initiativ alles darzu­legen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht (vgl. für viele VwGH vom 29. September 2000, Zl. 99/02/0132; vom 1. Oktober 1997, Zl. 96/09/0007; vom 24. Februar 1993, Zl. 92/03/0011).

 

Die Bwin musste als Betriebs­inhaberin einerseits über die Anforderungen und den Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen auch im Detail informiert sein und wirksame Maßnahmen ergreifen, insbesondere auch deshalb, weil es im Lokal bereits zu mehreren Vorfällen gekommen ist und jedenfalls eine einschlägige rechtskräftige Bestrafung der Bw auch beim Oö. Verwaltungssenat aktenkundig ist (vgl. VwSen-300695/26 vom 16. Oktober 2006). Sie hat auch nicht darlegen können, warum ihr die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften nicht möglich gewesen sein sollte. Sie hat offenbar zumindest in Kauf genommen, dass in ihrem Lokal Prostitution angebahnt und ausgeübt wird.

 

Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis die Ansicht der Behörde erster Instanz.

 

Die Strafbarkeit der Bwin ist daher gegeben.

 

3.4. Die verhängte Strafe ist tat- und schuldangemessen. Bei der Fest­setzung dieses Strafbetrages blieb die Erstbehörde mit knapp über 14 % der möglichen Höchststrafe im unteren Bereich des Strafrahmens, da nach § 10 Abs. 1 lit. b Oö. PolStG für derartige Verwaltungsüber­tretungen Geld­strafen bis 14.500 Euro ver­hängt werden können. Gerade auch vor dem Hintergrund der (auch durch die Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde St. F vom 11. Oktober 1993 betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution dokumentierten) für das Gebäude bestehenden besonderen und auch allgemein anerkannten Notwendigkeit, die Prostitution strengen Regelungen zu unterwerfen und zu kontrollieren, war im vorliegenden Fall das Verhalten und die Einstellung der Bwin durch offenbare Sorglosigkeit gekennzeichnet und wäre wohl auch eine höhere Strafe vertretbar gewesen.

 

Abgesehen davon sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ohnedies nur ausnahmsweise, nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage iSd. § 34 Abs. 1 Z 10 StGB zu berücksichtigen. Eine solche „drückende Notlage“ wurde von der Bwin auch selbst nicht behauptet. Im Übrigen haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse im Zusammenhang mit der Wertung der Milderungs- und Erschwerungsgründe außer Betracht zu bleiben (VwGH vom 3. November 2005, 2005/15/0106, vom 15. April 2005, 2005/02/0086 und vom 20. September 2000 2000/03/0074).

 

Bei Vorbringen ihres Arguments, dass in der B noch niemals Geschlechtsverkehr zwischen Gästen und Tänzerinnen bzw. Kellnerinnen vollzogen worden sei, verkennt die Bwin, dass zur Anbahnung die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs nicht notwendige Voraussetzung ist. Überdies ist – entgegen den Behauptungen der Bwin – in der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 16. Oktober 2006, VwSen-300695/26/Bma/Be, das angefochtene Straferkenntnis sehr wohl nicht nur hinsichtlich der Anbahnung, sondern auch hinsichtlich der Ausübung der Prostitution dem Grunde nach bestätigt worden.

 

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher insgesamt die Auffassung, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

 

3.5. Die Korrektur des Spruchs stellt sicher, dass dieser in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 44a VStG entspricht. Entgegen dem Vorbringen der Bwin in der Berufung und ihrer Stellungnahme vom 2. November 2007 liegt keine Verfolgungsverjährung vor, wurde ihr doch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. Jänner 2007 die Tat hinreichend konkret vorgeworfen und war damit auch eine ausreichende Grundlage dafür geschaffen, dass sich die Bwin entsprechend verantworten konnte. Im Übrigen ist für die Verfolgung des Beschuldigten der Vorhalt des Tuns oder Unterlassens innerhalb der Verjährungsfrist, nicht aber der Vorhalt der rechtlichen Qualifikation der Tat maßgebend, dh. dass durch eine andere rechtliche Qualifikation der Tat im Berufungsbescheid als bei der Verfolgungshandlung die Tat deshalb nicht verjährt ist (vgl. VwGH vom 12. Dezember 1975, 399/75).

 

Bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verfolgungshandlung iSd. § 32 Abs. 2 VStG kann es deren Wesen nicht beeinträchtigen, wenn die rechtliche Qualifikation der Verwaltungsübertretung noch nicht außer jeden Zweifel steht, da in vielen Fällen diese Qualifikation erst das Ergebnis der Verfolgungshandlung und des weiteren Verfahrens sein kann. Vielmehr genügt es nach der Rechtsprechung des VwGH, wenn das Verhalten, dessen die als Beschuldigte in Betracht kommende Person verdächtig ist, aller Wahrscheinlichkeit nach oder auch nur möglicherweise den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung bildet (vgl. VwGH 6. April 1979, 1409/78, VwSlg. 9.816 A/1979). Auch jüngst hat der VwGH bekräftigt, „dass eine taugliche Verfolgungshandlung vorliegt, wenn die genannten Sachverhaltselemente keinen Zweifel darüber lassen, weswegen der Beschuldigte verfolgt wird, auch wenn die verletzte Verwaltungsvorschrift in der Verfolgungshandlung nicht angeführt wird“ (VwGH vom 23. Oktober 2007, Zl. 2006/06/0125 mwN aus der jüngeren Rechtsprechung). Da der Bwin in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. Jänner 2007, Pol96-2006, vorgeworfen wurde, dass sie in ihrer Eigenschaft als persönlich haftende Geschäftsführerin der Firma P KG zu verantworten habe, dass die Räumlichkeiten (Zimmer 1) des betreffenden Nachtlokals zum Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt wurden, da dort von Frau Elcina d J mit einem zu diesem Zeitpunkt anwesenden Gast Geschlechtsverkehr gegen Bezahlung eines Entgelts in der Höhe von 220 Euro vereinbart und durchgeführt wurde und der Bwin der daraus resultierende Verstoß gegen das Oö. Polizeistrafgesetz zur Last gelegt wurde, wurden der Bwin die maßgeblichen Sachverhaltselemente für den in Frage stehenden verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf ausreichend zur Kenntnis gebracht. Eine taugliche Verfolgungshandlung lag somit jedenfalls vor.

 

Der Bwin war auch aus zumindest einer rechtskräftigen Bestrafung (vgl. die bereits zitierte Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats VwSen-300695/26 vom 16. Oktober 2006) die Rechtsansicht des Oö. Verwaltungssenats bekannt. Die Korrektur der im Spruch angegebenen verletzten Rechtsvorschrift war möglich und notwendig, weil die bewiesene Tathandlung nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats dieser nunmehr gewählten Verwaltungsvorschrift (exakter) entspricht. Bei der Zitierung der Strafsanktionsnorm handelt es sich nämlich nicht um ein innerhalb der Verjährungsfrist zu verfolgendes Sachverhaltselement (VwGH vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0162; vom 25. November 1997, Zl. 97/02/0399; vom 23. April 1998, Zl. 96/07/0227; mN aus der Rechtsprechung Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1446 f zu § 31 VStG).

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bwin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 400 Euro, vorzuschreiben.

 

Zwar normiert § 65 VStG, dass die Kosten des Berufungsverfahrens dem Berufungswerber dann nicht aufzuerlegen sind, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs greift diese Bestimmung allerdings dann nicht Platz, wenn die Berufungsbehörde bloß die rechtliche Qualifikation der Tat ändert (vgl. VwGH vom 24. April 1991, Zl. 90/03/0029; vom 25. März 1992, 92/02/0005 sowie Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1744 zu § 65 VStG). Dass der Oö. Verwaltungssenat die rechtliche Qualifikation der Tat ändert, bewirkt somit keinen auch nur teilweisen Berufungserfolg der Bwin im Sinne des § 65 VStG. Insofern waren der Bwin die genannten Kosten gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG sehr wohl aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Wolfgang Steiner

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 15.10.2009, Zl.: 2008/09/0033-5

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