Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300807/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 14.12.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des A K D, W, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 11. Oktober 2007, Zl. S‑13.877/07-2, wegen einer Übertretung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, des Sicherheitspolizeigesetzes und des Oö. Polizei­strafgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die im Spruchpunkt 1) verhängte Geldstrafe mit 50 Euro festgesetzt und hinsichtlich der Spruchpunkte 2) und 3) von der Verhängung der Strafe abgesehen und stattdessen eine Ermahnung erteilt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der ange­fochtene Bescheid bestätigt.

 

II. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 5 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

           

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG, 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Strafverfügung des Polizeidirektors von Linz vom 21. Juni 2007, Zl. S‑13.877/07-2, wurden über den Rechtsmittelwerber drei Geldstrafen in einer Höhe von insgesamt 260 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen: insgesamt 130 Stunden) verhängt, weil er einerseits am 14. April 2007 von 13.55 bis 14.00 Uhr in Linz durch mehrmaliges lautes Schreien der Worte "Heil Hitler" und Ausstrecken des rechten Armes zum so genannten "Hitlergruß" nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbots­gesetzes verbreitet habe und somit eine Übertretung des Art. IX Abs. 1 Z. 4 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl.Nr. 50/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 100/2005 (im Folgenden: EGVG) begangen habe, weshalb er nach Art. IX Abs. 1 EGVG zu bestrafen gewesen sei; und andererseits dabei durch ein besonders rücksichts­loses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe, indem er lautstark gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten geschrieen und dadurch eine Übertretung des  § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 158/2005 (im Folgenden: SPG) begangen habe, weshalb er nach § 81 Abs. 1 SPG zu bestrafen gewesen sei; sowie schließlich zudem den öffentlichen Anstand dadurch verletzt habe, dass der Schlitz seiner Hose weit geöffnet gewesen sei, weshalb er eine Über­tretung des § 1 Abs. 1 des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl. Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 90/2001 (im Folgen­den: OöPolStG), begangen habe und daher nach § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

 

Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig einen lediglich gegen die Strafhöhe gerichteten Einspruch erhoben; der Schuldspruch selbst ist damit in Rechtskraft erwachsen.

 

1.2. Mit der als "Herabsetzungsbescheid" bezeich­neten Erledigung vom 11. Oktober 2007, Zl. S-13.877/07-2, hat die belangte Behörde diesem Einspruch insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe zu Spruchpunkt 1) mit 80 Euro bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe mit 40 Stunden; zu Spruchpunkt 2) mit 50 Euro bzw. die Ersatzfreiheits­strafe mit 25 Stunden; und zu Spruchpunkt 3) mit 30 Euro bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe mit 15 Stunden festgesetzt wurde.

 

1.3. Gegen diesen ihm am 22. Oktober 2007 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 2. November 2007 – und damit rechtzeitig – per e-mail eingebrachte Berufung.

 

2.1. Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde zur Strafbemessung im Wesentlichen begrün­dend aus, dass in diesem Zusammenhang die mit der Tat verbundene Schädigung bzw. Gefährdung der durch die Strafdrohung geschützten Rechtsgüter entsprechend in Anschlag zu bringen und gegenüber den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers abzuwägen gewesen sei. Insoweit seien die bisherige Unbe­scholtenheit des Rechts­mittelwerbers als mildernd zu werten und dessen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend zu berücksichtigen gewesen.

 

2.2. Dagegen wendet der Rechtsmittelwerber der Sache nach ein, dass er sich zu diesem Zeitpunkt in einem zurechnungsunfähigen Zustand befunden habe, weil er an diesem Tag schwer alkoholisiert gewesen und unter Tabletteneinfluss gestanden sei. Die Tabletten habe ihm seine Ärztin verschrieben. Die Angelegenheit tue ihm Leid, aber er sei alkoholkrank und habe auch bereits eine entsprechende Therapie erfolgreich absolviert. Im Übrigen habe er selbst nie einen Kontakt zur rechtsextremen Szene gepflogen; lediglich sein Vater hätte immer von dieser Zeit geredet, weshalb es sein könne, dass es im damaligen Ausnahmezustand zu so einem unnötigen Verhalten gekommen ist.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. S-13.877/07-2; da sich die gegenständliche Berufung lediglich gegen die Strafhöhe richtet und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 2 VStG von einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist – wenn die Tat nicht gericht­lich strafbar ist – mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Ver­bots­­gesetzes (StGBl.Nr. 13/1945 i.d.F. BGBl.Nr. 25/1947, im Folgenden: VerbotsG) verbreitet.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 SPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der durch ein besonders rück­sichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

Nach § 10 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 1 Abs. 1 OöPolStG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 360 Euro zu bestrafen, der den öffentlichen Anstand verletzt.

 

Nach § 21 Abs. 1 VStG hat die Behörde von der Verhängung einer Strafe abzu­sehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind; sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren – um ein solches handelte es sich im vorliegenden Fall – überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzu­wägen; bei der Strafbemessung ist überdies auf das Ausmaß der Schuld besonders Bedacht zu nehmen und sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhält­nisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

3.2.1 Aus dem Umstand, dass das VerbotsG für gewisse Übertretungen desselben sogar die Verhängungen von gerichtlichen Strafen vorsieht, ergibt sich, dass der Gesetzgeber dem Tatbestand der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes schon prinzipiell einen hohen Stellenwert beimisst. Dem steht nicht entgegen, dass Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG für darauf bezügliche Verwaltungsübertretungen einen relativ geringen Strafrahmen (bis 218 Euro) festlegt; denn insoweit handelt es sich um eine – etwa im Vergleich zum SPG – wesentlich ältere Verbotsnorm, die zwischenzeitlich mangels faktischer Relevanz (noch) keine sachadäquate Adaption erfahren hat.

 

Diesen Gedanken hat die belangte Behörde implizit auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie auch nach einer entsprechenden Herabsetzung noch eine Strafe im Ausmaß von rund 37% der Höchststrafe als tat- und schuldangemessen zu verhängen gefunden hat.

 

Davon ausgehend konnte – selbst wenn man berücksichtigt, dass der Berufungs­werber zum Tatzeitpunkt auf Grund des schweren Alkohol- und Tablettenkonsums nur eingeschränkt zurechnungsfähig war – insbesondere auch aus generalpräventiven Gründen nicht gänzlich von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden, weil er diese Übertretung inmitten des zum Tatzeitpunkt stark frequentierten Bahnhofsvorplatzes begangen hat und daher nicht auszuschließen war, dass die dort anwesen­den Personen solcherart negativ beeinflusst wurden.

 

Im Zuge der Strafbemessung war jedoch als mildernd zu berück­sichtigen, dass der Beschwerdeführer seine Tat offenkundig nur aus Unbesonnenheit begangen hat und trotz Vollendung der Tat kein feststellbarer Schaden herbeigeführt worden ist; dem Rechtsmittelwerber waren daher in Bezug auf Spruchpunkt 1) gemäß § 19 Abs. 2 VStG die Milderungsgründe des § 34 Z. 7 und Z. 13 StGB zugute zu halten.

 

Der Oö. Verwaltungssenat findet es daher in gleicher Weise als tat- und schuld­angemessen, die im Spruchpunkt 1) verhängte Geldstrafe auf 50 Euro herabzusetzen.

 

3.2.2 Hinsichtlich der zu Spruchpunkt 2) und 3) verhängten Geld­strafen kommt der Oö. Verwaltungssenat dagegen zum Ergebnis, dass diese im Verhältnis zu der mit Spruchpunkt 1) angelasteten Tat unverhältnismäßig hoch bemessen wurden. Unter Berücksichti­gung der bereits zuvor unter Punkt 3.2.1 angesprochenen Milderungsgründe und des Umstandes, dass das Verschulden des Berufungswerbers insoweit – in beiden Fällen – objektiv gesehen nur minder gravierend ist und diese Übertretungen auch keine bedeutenden Folgen nach sich gezogen haben, findet es der Oö. Verwaltungs­senat daher als in gleicher Weise tat- und schuldange­messen, gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen und stattdessen bloß eine Ermahnung auszusprechen.

 

3.3. Im Ergebnis war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die zu Spruchpunkt 1) verhängte Geldstrafe mit 50 Euro festgesetzt und in Bezug auf die Spruchpunkte 2) und 3) von der Verhängung einer Strafe abgesehen und stattdessen jeweils bloß eine Ermahnung erteilt wird; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und VStG auf 5 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  G r o f

 

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