Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221710/5/Kon/Mm VwSen221711/5/Kon/Mm

Linz, 05.06.2001

VwSen-221710/5/Kon/Mm

VwSen-221711/5/Kon/Mm Linz, am 5. Juni 2001

DVR.0690392

 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich entscheidet durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath im Zusammenhang mit der Berufung des Herrn R. T., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H. B. und Dr. J. B., L., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 17. 8. 2000, Ge96-40-2000-Thd und Ge96-49-8-2000-Thd, mit dem sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt wird in den nachstehenden Spruchabschnitten I und II wie folgt:
 
I. Das Erkenntnis des h Verwaltungssenates vom 14.5.2001, VwSen-221710/2/Kon/Pr wird aufgehoben.
 
II. Der Berufung gegen den oa geführten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung wird stattgegeben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt.
 
Rechtsgrundlage:
zu I.: § 52 a Abs.1 VStG.
zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
Zu I. und II.:
Um Wiederholungen zu vermeiden wird zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheides der BH Urfahr-Umgebung, sowie den Ausführungen in der dagegen erhobenen Berufung verwiesen, welche bereits in den Entscheidungsgründen des nunmehr aufgehobenen h Erkenntnisses im Wesentlichen wiedergegeben wurden.
 
Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein milderer Grad des Versehens trifft.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Ereignis unvorhergesehen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte. Das im Begriff der "Unvorgesehenheit" gelegene Zumutbarkeitsmoment ist dahin zu verstehen, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit dann noch gewahrt ist, wenn der Partei oder wie im vorliegenden Fall ihrem Vertreter in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein "minderer Grad des Versehens" unterläuft. Ein solcher "minderer Grad des Versehens" (§ 1332 ABGB) liegt nur dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht. Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten (Amtsbehörden) und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderlichen Anliegen nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben, wobei an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige Personen (siehe Walter Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1989 unter Hinweis auf zahlreiche Judikatur des VwGH).
 
Im gegenständlichen Fall hat laut Berufungsvorbringen die Versäumung der Rechtsmittelfrist ihre Ursache im Überblättern einer Seite gemeinsam mit der nächstfolgenden im Terminkalender des Beschuldigtenvertreters. Dadurch wurde das Fristende für die Berufung irrtümlich eine Woche zu spät vermerkt, wobei das tatsächliche Fristende regelmäßig nicht nur am letzten Tage der Frist, sondern auch einen Tag früher, und wenn das Fristende auf einen Montag falle, zu dem für den vorangehenden Freitag vorgemerkt.
Zum Beweis der Richtigkeit dieses Vorbringens wurden der Berufung Kopien der Kalenderblätter des Vormerkbuches betreffend den 3. bis 6. 8., sowie den 7. bis 9. 8. 2000, den 10. bis 13.8.2000 sowie den 14. bis 16.8.2000 vorgelegt.
 
Vom Unabhängigen Verwaltungssenat ist festzustellen, dass es zutrifft, dass sich zum tatsächlichen Fristende kein Eintrag findet, sondern das Fristende offensichtlich durch das Überblättern einer Seite tatsächlich erst eine Woche später, nämlich am 11.8.2000 und am 14.8.2000 eingetragen ist.
 
Was den Rechtsfreund des Berufungswerbers, Herrn Rechtsanwalt Dr. J. B. betrifft, wurde glaubhaft dargetan, dass dieser seit 1.8.1988 als Rechtsanwalt in der Kanzlei des Vaters und seit 1.1.1999 als Rechtsanwalt gemeinsam mit seinem Vater tätig ist und von ihm seither noch nie eine wahrzunehmende Frist versäumt wurde.
 
Ein Organisationsverschulden ist im gegenständlichen Fall zu verneinen, da der Rechtsanwalt die Fristvormerkung selbst vornahm. In seiner bisherigen Tätigkeit sowohl als Rechtsanwaltsanwärter in der väterlichen Kanzlei wie als Rechtsanwalt selbst ist ihm ein solches Terminversehen, wie im vorliegenden Fall, noch nie unterlaufen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 27.6.1990, 90/18/0077 und vom 21.4.1998, 98/18/0013 ausgesprochen hat, handelt es sich beim Irrtum bei der Eintragung von nach Wochen zu berechnenden Fristen um einen im täglichen Leben vorkommenden Vorgang, der, wenn er sich nicht häuft, auf keine habituelle Untüchtigkeit des Irrenden schließen lässt. Daher liegt in einem solchen einmaligen Vorgang nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bloß ein Versehen minderen Grades vor, dass der Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht entgegensteht.
 
Aufgrund dieser Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes sah sich der Unabhängige Verwaltungssenat veranlasst, sein Erkenntnis vom 14.5.2001, VwSen-221710/2/Kon/Pr, mit dem die Berufung gegen den eingangs zitierten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung abgewiesen wurde, gemäß § 51a Abs.1 VStG aufzuheben und in Stattgebung dieser Berufung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.
 
Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 
Dr. K o n r a t h